Herr Zahn, vor knapp anderthalb Jahren wurde das alte Erweiterte Universum ad acta gelegt. Hatten Sie mit dieser Entwicklung gerechnet oder hat Sie dieser Schritt eher überrascht?
So wirklich ad acta gelegt wurde es ja nicht, sondern sie haben die Bezeichnung "Legenden" eingeführt und damit faktisch gesagt: Wir wissen nicht, ob diese Ereignisse wirklich stattgefunden haben. Es ist also ein wenig so, als hätte es einen Wasserschaden im Hauptarchiv auf Coruscant gegeben und all diese Aufzeichnungen wären zerstört worden. Die Situation stellt sich damit in etwa so dar wie bei den Legenden von Robin Hood oder Wilhelm Tell: Wir glauben, es wird wohl etwas Wahres daran sein, aber wir wissen es einfach nicht.
Lucasfilm wird damit in die Lage versetzt, Versatzstücke aus dem Erweiterten Universum weiterzuverwenden. Wenn es eine Figur gibt, die ihnen gefällt, können sie sie nehmen und sagen: Aha, diese Aufzeichnung wurde wiederentdeckt, Talon Karrde existiert wirklich, denn jetzt taucht er plötzlich vielleicht in einem Film auf. Meines Erachtens ist das die beste Kompromisslösung, die sie finden konnten. Sich durch das Erweiterte Universum einschränken zu lassen, das ja in sich auch nicht immer ganz zusammenpasst, war für sie keine Option, und sie konnten auch nicht jedes Einzelwerk durcharbeiten, um einzelne Elemente zu kanonisieren und andere eben nicht, denn um das zu tun, müssten sie jetzt schon genau wissen, was sie in den nächsten 25 Jahren mit dem Krieg der Sterne anfangen wollen, und das tun sie offensichtlich noch nicht.
Der Legendenstatus versetzt all dieses Material also in eine Art Dämmerschlaf, aus dem sie einzelne Elemente herausholen können, wenn sie das wollen.
Hatten Sie selbst schon Gelegenheit, einige der neuen, kanonischen Werke zu lesen?
Ich lese offen gestanden nur noch wenige belletristische Bücher, weil ich das Lesen nicht mehr wirklich genießen kann. Ich verfalle dabei viel zu schnell in meinen Lektorenmodus und hinterfrage die Figuren und die Handlung, überlege mir, wie ich etwas geschrieben hätte und denke mir, 'ach nein, diese Figur würde das doch nie tun'. Anstatt dabei entspannen zu können, fühlt sich das für mich also eher wie Arbeit an. Beim Krieg der Sterne kommt noch hinzu, dass ich nie die Zeit finden werde, alle Bücher zu lesen.
Gehen wir zurück zu Ihrem ersten Werk im Krieg der Sterne, zur Thrawn-Trilogie. Sie standen damals vor einer Aufgabe, die der sehr ähnelt, die Lucasfilm aktuell umtreibt: Wie setzt man eine solche Geschichte fort? Mit welchen Gedanken haben Sie sich an diese Arbeit gemacht?
Ich wollte eine Geschichte erzählen, die zwar einerseits in den Krieg der Sterne passte, andererseits aber etwas anderes war als das, was Lucasfilm, bzw. George Lucas schon selbst erzählt hatten: Ein Krieg der Sterne ohne Todesstern also, ohne Imperator-Figur und ohne neuen Vader. Stattdessen wollte ich die Helden vor eine neue Herausforderung stellen und entwickelte deshalb Großadmiral Thrawn und Mara Jade und Maras Beziehung zu Luke und zur Neuen Republik. Ganz generell habe ich mir die Frage gestellt, vor welche Herausforderungen eine neue Republik wohl gestellt würde, denn es ist eine Sache, eine Rebellion anzuzetteln und etwas ganz anderes, eine stabile Regierung auf die Beine zu stellen. Dazu kam dann noch der Gedanke, dass das Imperium wieder an Kraft gewinnen könnte, und auf dieser Grundlage fügte sich dann eins zum anderen.
Hat Lucasfilm Ihnen dabei bestimmte Vorschriften gemacht oder gab es konkrete Erwartungen wie z.B. die Etablierung einer neuen Republik oder einer urbanen Metropole als Hauptwelt?
Die galaktische Hauptwelt als einzige große Stadt war ursprünglich eine Erfindung von George Lucas, der diesen Ort "Imperiales Zentrum" genannt hatte. Ich habe dieser Welt nur noch einen Namen gegeben. Mein Gedanke dabei war, dass eigentlich jede Hauptstadt zunächst einmal nur eine x-beliebige Stadt war, egal ob wir nun nach Bonn, Wien oder Paris schauen: Überall finden wir Orte, die Stadt waren, bevor sie Hauptstadt wurden, und nicht viel anders, so mein Gedanke, hätte sich wohl auch ein "Imperiales Zentrum" entwickelt.
Den Namen Coruscant habe ich dann ausgewählt, weil dieses Wort - etwas anders ausgesprochen - glitzernd bedeutet, und das schien mir für eine Welt sehr passend, die aus einer einzigen großen Stadt besteht und nachts funkeln und glitzern muss. Als dann die Prequels entstanden, hat sich Herr Lucas dann überreden lassen, den Namen weiterzuverwenden, was enorm dazu beigetragen hat, die Filme und Bücher noch enger zu verknüpfen.
Eine Ihrer Erfindungen, die im Erweiterten Universum immer gerne aufgegriffen und verwendet wurde, ist der Imperiale Palast mit all seinen Geheimgängen, verwinkelten Räumen und natürlich der Delta-Quelle. Im neuen Kanon ist der alte Jedi-Tempel kurzerhand zum Imperialen Palast umgewidmet worden, aber welche Hintergrundgeschichte hatten Sie für den Palast?
Ich habe mir immer vorgestellt, dass Palpatine sich den Palast schlicht und ergreifend hat bauen lassen, nach seinen Vorgaben und mit all den Fallen und Winkelzügen, die seiner Natur entsprechen. Einen Planeten baut man nicht an einem Tag, aber einen Palast kann man durchaus in kurzer Zeit hochziehen. Im Falle von Palpatine eben mit den Besonderheiten, die zu einem Manipulator, wie er es ist, passen, denn genau auf diese Art und Weise hält er sich ja an der Macht: Er manipuliert Menschen.
Eine der Kernherausforderungen, vor der Sie standen, war es, auch die Geschichte von Luke Skywalker weiterzuführen. In Ihren Büchern ist Luke noch kein Jedi-Meister, obwohl er manchmal so bezeichnet wird, was ihm so gar nicht behagt, weil er noch nicht auf diesem Level angekommen ist. Für Episode VII haben wir nun ein Foto gesehen, das Luke in seinem Kostüm zeigt und auf dem er sehr nach einem Jedi-Meister aussieht. Das legt nahe, dass man bei Lucasfilm einen größeren Sprung gemacht hat. Wieso haben Sie das nicht getan?
In erster Linie, weil es nur einen Menschen gibt, der ihn zum Jedi-Meister ernennen könnte, und das ist er selbst. Die meisten Leute, die ich kenne und die etwas wirklich gut können, können auf jemanden verweisen, von dem sie sagen: Er oder sie ist so viel besser darin als ich, und ich würde mich in ihrer Anwesenheit nie als Meister bezeichnen.
Luke weiß zum Zeitpunkt der Handlung noch nicht wirklich, was er kann, wie gut er wirklich ist und wo sein Platz in dieser Gesellschaftsordnung ist, und die einzige Person, die ihm dabei helfen könnte, sich zu orientieren, ist Ben Kenobi, den ich ihm ganz am Anfang des ersten Buchs weggenommen habe. Damit kann nur noch er selbst sich zum Meister erklären, und ich fand, das passte nicht zu seinem Charakter.
Im neuen Film sieht er nun tatsächlich wie ein Jedi-Meister aus, aber noch ist denkbar, dass er sich selbst nicht als Meister sieht. Er kann ja den direkten Vergleich ziehen, er kannte Ben Kenobi und Yoda. Sich selbst zum Meister zu machen, fand ich persönlich zu arrogant, denn ich glaube nicht, dass Luke so arrogant ist.
Springen wir kurz von der Zukunft zurück in die Vergangenheit: In der Thrawn-Trilogie gibt es immer wieder Querverweise auf die Vergangenheit, z.B. durch Pellaeon, der erwähnt, seit 50 Jahren in der imperialen Raumflotte zu dienen. Sie hatten also offensichtlich eine Vorstellung der ursprünglich geplanten zeitlichen Abfolge, die dann später von George Lucas geändert wurde. Wie sah der ursprüngliche Plan aus?
Man hat mir nur sehr wenig erzählt, aber mir wurde ein Zeitverlauf vorgelegt, in dem eine 15jährige Lücke zwischen dem Ende der Klonkriege und dem Aufstieg des Imperators vorgesehen war. Aus diesem Grund weichen alle Zeitangaben in der Thrawn-Trilogie um 15 Jahre von den tatsächlichen Ereignissen ab: Pellaeon hat also vermutlich nur 35 Jahre in der imperialen Flotte gedient, nicht 50. Mir persönlich hat das erzählerische Potential dieser Lücke übrigens immer gut gefallen, aber George hat sich letztlich entschieden, die Geschichte zusammenzufassen, um sie in den Filmen besser darstellen zu können.
Kommen wir damit zum großen Genie Ihrer Trilogie: Großadmiral Thrawn. Jahre nach Ihren ersten Büchern haben Sie das Imperium der Hand und die Chiss vorgestellt, aber inwieweit war diese Hintergrundgeschichte bereits zur Zeit der Thrawn-Trilogie ausgearbeitet?
Ganz ehrlich: So gut wie gar nichts davon. Man darf nicht vergessen: Ich hatte einen Vertrag über drei Bücher, und mehr war gar nicht vorgesehen. Weder bei Lucasfilm, noch bei Bantam Books wusste irgendjemand, ob diese Bücher überhaupt jemanden interessieren würden, ob es überhaupt noch Fans des Kriegs der Sterne gab und falls ja, ob diese Fans auch Bücher lesen würden oder nur Fans der Filme wären. Deshalb hat sich auch niemand getraut, sich eine Zukunft auszumalen, in der es mehr geben würde als die Thrawn-Trilogie, die noch dazu nicht einmal so hieß: Auf dem Buchdeckel stand meiner Erinnerung nach "ein Buchzyklus".
Ich habe mir deshalb auch keine allzu weitreichenden Gedanken gemacht: Ich wollte nur einen Schurken, der anders war als frühere Bösewichter in diesem Universum, also weniger gnadenlos, überlegter, ein strategisches und taktisches Genie. Erst später, als Lucasfilm weitere Verträge über neue Bücher einging, habe ich mir Gedanken über die Hintergrundgeschichte gemacht, aber ursprünglich gab es gar keinen Anlass dazu, zu viel Mühe auf eine Vor- oder Folgegeschichte zu verwenden, die vielleicht nie erzählt werden würde, denn zum damaligen Zeitpunkt musste man annehmen, dass es niemals mehr geben würde als diese drei Bücher.
Am Ende des Hand-von-Thrawn-Zweiteilers, der in Deutschland übrigens als Dreiteiler erschienen ist...
Ich habe heute erst gesehen, dass hier eine Trilogie daraus gemacht wurde, und von der Länge her ist das auch stimmig: Es steckt tatsächlich der Gegenwert von drei Büchern darin, etwa 200.000 Wörter.
Sie haben dort Thrawns Klon eingeführt. Haben Sie je überlegt, ihn am Leben zu lassen, ihn vielleicht sogar auf die Seite der Helden umschwenken zu lassen, oder war immer geplant, ihn zu töten?
Ich hatte tatsächlich immer vor, ihn umzubringen, denn wenn der Schurke überlebt, ist das Ende offen, und ich wollte immer, dass meine Bücher tatsächlich ein Ende haben. Der einzige Grund, weshalb ich überhaupt je Klone thematisiert habe, ist, dass George Lucas die Klonkriege erwähnt hatte, und nun stand dieser Begriff im Raum. Mein Gedanke war: Wenn es in diesem Universum eine Technologie gibt, wird Thrawn sie mit Sicherheit einsetzen, im Falle der Klone von Baron Fel als Schläfer hinter feindlichen Linien. Ein guter Taktiker wird alles einsetzen, was er hat, und deshalb schien es mir auch nur natürlich, dass Thrawn auch sich selbst klonen würde.
Ich dachte mir dabei eigentlich nur, dass es eines Tages eine Krisensituation geben könnte, in der ein Thrawn-Klon, der auf irgendeiner entlegenen Welt aufgewachsen ist, um Hilfe gebeten werden könnte. Dieser Klon hätte dann gewusst, dass er zwar Thrawns Gene in sich trägt, aber nicht Thrawn ist. Das wäre dann ein bisschen so, als hätte man einen älteren Bruder, der vor einem eine Schule besucht hat, und alle Lehrer erinnern sich daran, wie wunderbar und brillant dieser Bruder doch war, und dann kommt man selbst auf diese Schule, und alle Welt erwartet große Dinge von einem, aber man ist nun einmal nicht sein Bruder. Und so wäre es bei einem Thrawn-Klon: Er kann nicht sein, was alle von ihm erwarten, oder kann er es doch? Er wüsste es nicht, er hat es ja nie versucht.
Mehr hatte ich mit einem Klon eigentlich nie vor, und bevor ich je dazu gekommen bin, etwas derartiges auszuprobieren, wurde das Erweiterte Universum Legende, und soweit ich weiß, wird es keine neuen Legenden-Bücher mehr geben.
Standen Ihre Thrawn-Klon-Pläne in Zusammenhang mit Ihrer Version einer galaktischen Invasion?
Wir wussten damals, dass die New Jedi Order in Arbeit war, und Mike Stackpole und ich hatten eine alternative Version in den letzten Jahren des Bantam-Vertrags eingereicht, ungefähr ein Jahr, bevor die Lizenz an Del Rey ging. Mike gehörte danach zu dem Team, das die Geschichte der New Jedi Order ausarbeitete, und er hat dabei auch einige unserer Ideen einfließen lassen. Aber wir hatten an eine Invasion gedacht, und in Outbound Flight habe ich dann die Information einfließen lassen, dass Thrawn und die Chiss von einem gefährlichen Feind wissen, der sich langsam nähert, ohne direkt sagen zu dürfen, wer da genau anrückt. Thrawn gibt dieses Wissen an Sidious, den zukünftigen Imperator Palpatine, weiter.
Mein Gedanke dahinter war immer, dass der Todesstern gebaut wurde, um diese Invasion zurückzuschlagen, obwohl ich das nie in einem Buch direkt so sagen durfte. Aber mir gefiel der Gedanke, dass der Todesstern gegen diese scheinbar endlose feindliche Flotte geschaffen wurde, und da er nunmal schon existierte, hat man ihn dann eben gegen die Rebellen eingesetzt. Für Palpatine würde es Sinn ergeben, eine solche Waffe zu bauen, auch wenn die Prequels das ein wenig unwahrscheinlicher gemacht haben. Outbound Flight spielt ja vor den Klonkriegen, und die Pläne sind schon kurz darauf fertig, was bedeuten würde, dass Palpatine hier sehr sehr schnell reagiert haben müsste. Ich hätte diese Erklärung dennoch gerne eingebaut, durfte es aber leider nicht.
Sie haben sich über die Jahre immer wieder gerne mit den Unbekannten Regionen befasst und diesem geheimnisvollen Gebiet ein Gesicht gegeben. Hatten Sie je vor, in weiteren Büchern noch mehr Kulturen von dort vorzustellen?
Die Unbekannten Regionen an sich gab es ja schon immer, auf allen Karten der Galaxis, die je zusammengestellt wurden. Sie sind über die Jahre nur deutlich kleiner geworden: Früher waren sie, um im europäischen Maßstab zu denken, so groß wie die alte Sowjetunion, heute sind sie nur noch so groß wie Rumänien. Ich finde das schade, denn je größer so ein Gebiet ist, desto mehr Möglichkeiten hat ein Erzähler, dort Abenteuer und neue Entdeckungen unterzubringen.
Allerdings habe ich offen gesagt nie allzu detaillierte Pläne für Bücher geschmiedet, an denen ich nicht gerade direkt gearbeitet habe, weil es sich, wie schon angesprochen, nicht wirklich lohnt, Arbeit in etwas zu stecken, das es vielleicht nie geben wird. Ich schreibe mir allerdings immer mal wieder eine kleine Idee in mein Notizbuch. Würde ich je angefragt werden, einen neuen Krieg-der-Sterne-Roman zu schreiben, hätte ich problemlos 20 oder 25 Ideen auf Lager.
Was die Unbekannten Regionen angeht, gibt es da einige Figuren, die ich gerne wieder aufgreifen würde. Ich wollte ursprünglich einmal eine neue Romantrilogie dazu anstoßen, aber daraus ist nie etwas geworden. Würden sie mich für einen Roman im neuen Kanon haben wollen, wäre ich natürlich daran interessiert zu hören, was sie im Sinn haben und welche Epoche, welche Figuren und welche generelle Handlung ihnen vorschweben würde. Ich persönlich hoffe, dass es in Episode VII eine Reihe von Nebenfiguren geben wird und dass sie dann Autoren bitten, deren Hintergrundgeschichte zu erzählen. Vor einem spannenden Hintergrund kann man mit einer interessanten Figur alle möglichen großartigen Bücher schreiben. Ich hoffe, dass das passieren wird und sie mich für ein derartiges Projekt heranziehen, aber im Moment schweigen sich Lucasfilm und Del Rey noch aus.
Damit bleibt noch eine Figur, über die wir unbedingt sprechen sollten: Mara Jade. Haben Sie eine konkrete Vorstellung, woher sie vor dem Hintergrund des aktuellen Kanons gekommen ist, wo sie geboren wurde und wie sie vom Imperator entdeckt wurde? War sie beispielsweise einmal eine Schülerin im Jedi-Tempel oder etwas in der Art?
Es gibt da draußen zwei gegensätzliche Arten von Fans: Die eine Gruppe will alles über ihre Vergangenheit und ihre Kindheit und Jugend wissen, die andere Gruppe will genau das auf keinen Fall wissen, um das Mysterium Mara Jade aufrechtzuerhalten. Egal, was ich dazu also auch sage: Eine der beiden Gruppen wird wütend werden. Im Moment denke ich mir deshalb: Sofern mir dazu nicht etwas wirklich außergewöhnlich Gutes einfällt, bleibt dieser Punkt besser ein Mysterium, und angesichts des neuen Kanons, werde ich wohl ohnehin nie dazu kommen, mich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Hatten Sie für Mara eigentlich immer geplant, dass sie mit Luke zusammenkommt oder hat sich das ganz natürlich mit der Zeit entwickelt?
Ursprünglich sollte sie für Luke das sein, was Han Solo für Leia ist: Leia ist die Rechtschaffene, Han ist der Schurke, Luke ist der rechtschaffene Bauernjunge, Mara ist die Frau mit der dunklen Vergangenheit und eine tödliche Attentäterin. Ich wusste, dass sie ein tolles Paar abgeben würden, aber am Ende der Thrawn-Trilogie hat sich gerade einmal eine erste Freundschaft zwischen ihnen entwickelt, also war es zu diesem Zeitpunkt noch viel zu früh für mehr. Erst mit der Hand-von-Thrawn-Geschichte, die 10 Jahre später spielt, konnte mehr daraus werden.
Und wenn ich mich recht entsinne, wollten sie schon Ende 1993, als Das letzte Kommando gerade erschienen war, dass ich das letzte Buch der Bantam-Reihe schreibe. Ich sagte ihnen, ich hätte zwei Bedingungen: Ich wollte den Krieg gegen das Imperium beenden, der schon viel zu lange andauerte, und ich wollte Luke und Mara zusammenbringen. Mit der ersten Bedingung waren sie einverstanden, aber was Luke und Mara anging, wollten sie, dass die Beziehungsfrage offenbleiben würde. Deshalb sagte ich ihnen, dass ich unter diesen Umständen kein Interesse hätte. Danach vergingen ein paar Wochen, und dann erhielt ich einen weiteren Anruf, wo es dann hieß: Na gut, einverstanden, mach es so.
Schon von Anfang an fand ich aber, dass sie Luke ein guter Partner sein würde, und das war auch einer der Aspekte an Survivor's Quest, der mir besonders viel Spaß bereitet hat: Dort konnten wir nämlich erleben, wie die Beiden nach einigen Ehejahren zusammenarbeiten. Sie kennen die Stärken und Schwächen des jeweils anderen und spielen sich die Bälle zu: Das kannst Du besser, das kann ich besser. Das hat Spaß gemacht, denn in meinen Augen sollte ein Jedi-Ehepaar genau so aufeinander eingespielt sein: Sie sollten zusammen absolut tödlich sein.
In Survivor's Quest waren die Beiden das zum Beispiel im Kampf gegen einen Droideka, mit dem Sie die Prequels und das Post-Endor-EU zusammengeschweißt, haben, in Outbound Flight haben Sie in ähnlicher Weise aus der Kampfeinheit des Imperators eine Handelsföderationseinheit von Darth Sidious gemacht. Gäbe es da noch ähnliche Anpassungen, bzw. Retcons, die Sie nachträglich gerne vornehmen würden?
Diese Verknüpfung kam damals dadurch zustande, dass ich ursprünglich eigentlich Outbound Flight so schreiben sollte, dass das Buch kurz vor Beginn der Klonkriege, also vor Angriff der Klonkrieger, erscheinen würde, weil es ja genau da auch spielt. Das Buch wurde dann aber um einige Jahre verschoben, und in der Zwischenzeit arbeitete ich die Handlung für Survivor's Quest aus und dachte mir, ich könnte beide Bücher ja eigentlich miteinander verknüpfen, in Form eines umgekehrten Zweiteilers. Damit bot sich mir die Gelegenheit, Dinge in Survivor's Quest anzusprechen, die erst in Outbound Flight - 50 Jahre vorher - aufgeklärt werden würden.
Da ich Outbound Flight erst nach Angriff der Klonkrieger schrieb, hatte ich dann aber schon all die Informationen aus dem Film, also die neuen Schiffe und technischen Systeme, die George in Angriff der Klonkrieger eingesetzt hatte. Anstatt eigene Schiffe erfinden zu müssen, konnte ich also die technischen Handbücher studieren und mir Schiffe aussuchen, ihre Schwachstellen analysieren und verwenden und das Ganze mit dem nun neuen Zeitverlauf verbinden. Ein Retcon im eigentlichen Sinne fand also nicht statt, sondern ich konnte es mir zunutze machen, dass die Veröffentlichung verschoben worden war, ich den Film sehen konnte und entsprechend alle Informationen daraus zur Verfügung hatte.
Das hat perfekt funktioniert.
Und was den Droideka angeht: Diese Szene am Anfang von Die dunkle Bedrohung, in der Qui-Gon und Obi-Wan davonrennen, hat mich immer etwas gewurmt, und ich wollte unbedingt sehen, wie Jedi so einen Kampfdroiden erledigen. Deshalb habe ich sie im Extragalaktischen Flugprojekt eingesetzt.
In The Clone Wars lernen Anakin und Ahsoka mit der Zeit, Droidekas relativ effizient zu bekämpfen, aber selbst die Beiden müssen es tatsächlich lernen. An sich bleiben sie starke Gegner.
Ich konnte mich nie so recht an den Krieg der Sterne in animierter Form gewöhnen, aber in Angriff der Klonkrieger habe ich es immer ein wenig bedauert, wie Anakin und Obi-Wan auf den Angriff dieser Droiden-Käfer auf Amidala reagieren: Obi-Wan und Anakin schalten sie aus, und danach springt Obi-Wan durch das Fenster. Ich kann mir nicht so recht vorstellen, dass Glas in dieser Höhe so leicht kaputtgehen würde. Mir hätte es insofern besser gefallen - und die Zusammenarbeit der Beiden wäre dadurch auch besser demonstriert worden -, wenn sie gesehen hätten, wie sich der Droide am Fenster entfernt, Obi-Wan rennt auf das Fenster zu, und Anakin wirft sein Schwert, um ein Loch ins Fenster zu schneiden, und Obi-Wan springt - perfekt aufeinander abgestimmt - durch das Loch. Kein Signal, keine langwierige Absprache, sondern die perfekte Synchronität der Beiden nach 10 Jahren als Meister und Schüler.
Dass ihre Freundschaft nicht deutlicher sichtbar wird, ist tatsächlich ein Schwachpunkt der Prequels, wobei sie am Anfang von Die Rache der Sith nach den Klonkriegen natürlich als nahezu perfekte Einheit operieren.
Es wäre schön gewesen, das früher zu sehen. Die Chemie zwischen ihnen stimmt nicht so wie bei Han, Luke und Leia. Man sieht das auch bei anderen Geschichten, in Star Trek zum Beispiel, wo Kirk, Spock und McCoy miteinander auf eine Weise harmonisieren, die in Das nächste Jahrhundert nicht mehr erreicht wurde. Manchmal findet man diese perfekte Kombination in einem Film oder auch einem Buch, aber man kann so etwas nicht erzwingen. Es gehört Glück dazu.
Das sieht man zum Beispiel auch bei Firefly, wo ein Ensemble tatsächlich perfekt zusammenpasst.
Genau, das ist ein weiteres gutes Beispiel: Auch in dieser Gruppe stimmt die Chemie von Anfang an.
Herr Zahn, vielen Dank für dieses Gespräch, und wir hoffen, in Zukunft mehr von Ihren Krieg-der-Sterne-Romanen lesen zu dürfen.
Sie wissen, wo ich bin und dass ich Interesse habe. Mal schauen, was sie vorhaben.