Dominik Kuhn ist der Übersetzer des letzten Jugendromans von Krieg der Sterne. „Die Rache der Sith“, der die alte und neue Trilogie verbindet, und Dominik Kuhn durfte als einer der ersten in Deutschland das Ende lesen:
Bist Du schon vor den Übersetzungen an den Krieg der Sterne-Büchern ein Krieg der Sterne-Fan gewesen und hast Du Bücher gelesen zu dem Thema?
Ich bin mit meinen mittlerweile 35 Jahren ein alter Krieg der Sterne-Knacker der ersten Stunde – fast, denn mein erster Krieg der Sterne-Film war erst „The Empire Strikes Back“. Den seinerzeit ersten Teil „A New Hope“ habe ich erst zwei Jahre später bei der Wiederaufführung im Kino gesehen. Bis dahin kannte ich ihn nur von den Fotos und von der Geschichte aus meinem Panini-Klebealbum. Selbstredend war ich dann auch gleich an einem der ersten Spieltage in „Return of the Jedi“. Ich war seinerzeit ohnehin schon ein Science-Fiction-Freak und von den Filmen natürlich so weggeblasen, dass es fast schon krankhaft war. Ich hatte fast alle Kenner-Spielfiguren, besaß fast alle der damals erhältlichen Bücher und Comics, baute ziemlich viele Modelle und drehte sogar mit der Super-8-Kamera zwei eigene kurze Krieg der Sterne-Puppentrickfilme. Damals hätte ich mir natürlich nie träumen lassen, dass ich mal für das Krieg der Sterne-Universum arbeiten würde, obwohl ich ja dann viel später einen Weg im Unterhaltungsbusiness eingeschlagen habe.
Dein erstes Buch im Krieg der Sterne-Universum, welches Du übersetzt hast, war „Jedi-Padawan 1 – Die geheimnisvolle Macht“. Wie kamst Du dazu und wie war es für dich ein Teil des Universum zu werden?
Die Geschichte kann ich eigentlich gar nicht erzählen, so blöd ist sie... :) Ich bin im „richtigen Leben“ ja Film- und Musikproduzent und hatte 1999 für den Dino-Verlag Musik für MAD-Werbespots produziert. Irgendwann hatte ich mit meinem damaligen Ansprechpartner bei Dino, Volker Lauster, eine angeregte abendliche Diskussion in meinem Studio darüber, wie schlecht ich doch die meisten deutschen Film-Synchronfassungen finde, und dass ich gerne mal die Dialoge einer US-Sitcom übersetzen würde. Ich selber sehe mir nämlich seit Jahren Filme am liebsten im Originalton an, weil ich es so schrecklich fand, wie viel bei einer Übersetzung verloren geht. Volker sagte damals zu mir: „Du, wir machen jetzt bald STAR TREK VOYAGER-Comics, besorg dir doch mal ein US-Original und mach eine Probeübersetzung.“ Gesagt getan, und drei Tage später rief er mich an, um mir zu eröffnen, dass die VOYAGER-Comics zwar jemand anders machen würde (Michael Nagula), aber ich solle doch dafür die bei Dino ebenfalls neu ins Programm kommenden JEDI-PADAWAN-Bücher machen.
Mir klappte ehrlich gesagt fast die Kinnlade runter, weil ich eigentlich nicht echt damit gerechnet hatte, dass aus unserer Unterhaltung ein konkreter Job entstehen würde. Aber Volker wusste erstens um meine Sprachkenntnisse und zweitens, dass ich schon immer ein STAR WARS- und SF-Freak war. Der Anfang war allerdings nicht gerade leicht, denn ich war zu dieser Zeit noch kein geübter Übersetzer und mein erstes Werk las sich recht hakelig. Ich glaube, meine Lektorin Inken Bohn dachte damals, sie hat es mit einem Idioten zu tun. Übrigens bei dieser Gelegenheit einen Riesendank an sie – wir arbeiten jetzt seit sechs Jahren bestens zusammen, und sie muss immer das ausbaden, was mir in der Hektik an Fehlern durch die Lappen geht. Und dann herrschte damals auch im Hause Dino noch eine gewisse Unsicherheit, wie mit dem Krieg der Sterne-Universum umzugehen war. Ihr müsst wissen, dass es im Gegensatz zu heute zur Zeit der Orginal-Trilogie noch keine solche strenge Qualitätskontrolle von Seiten Lucasfilm gab – will heißen, dass damals keine festen Guidelines (Richtlinien) aus Kalifornien existierten, wie was zu übersetzen war. Wenn ihr mal in den Erstauflagen der Filmromane aus dem Goldmann-Verlag aus den 80ern blättert, dann werdet ihr feststellen, dass es damals noch solche Begriffe wie „Lichtsäbel“ gab, oder „Artoo“ eben noch „Erzwo“ hieß. Das war eben auch mein letzter Stand (EPISODE I war ja grade erst in den Kinos, als ich anfing), und so geschah es, dass mich die damalige Redaktions-Chefin von Dino nach Abgabe der ersten Übersetzung etwas aufgelöst anrief und mich fragte, ob ich denn wirklich Ahnung von Krieg der Sterne hätte. Ihr lagen nämlich die seinerzeit frisch von Lucas herausgegebenen Übersetzungs-Guidelines vor, die sie aber leider vergessen hatte, mir zuzuschicken. Ich erklärte ihr dann, wo ich meine „Lichtsäbel“ und Konsorten her hatte, und der Fall war schnell erledigt. Ich konnte meine Übersetzung nochmals gemäß der Guidelines überarbeiten, und die Geschichte nahm ihren Lauf. Aber für den Augenblick herrschte helle Panik, das könnt ihr mir glauben!
Das Gefühl, für das Krieg der Sterne-Universum zu arbeiten, war damals ziemlich abgefahren. Ich kann mich noch erinnern, dass ich dachte: „Boah, jetzt darf ich entscheiden, wie Yodas Satzstellung verdreht wird.“ Es ist aber trotz allem wie mit jedem Hobby, das zum Beruf wird: Die Dinge verlieren ein wenig an Magie, an Unnahbarkeit, wenn man so dicht dranhängt. Erst im Kontakt mit den Fans wird mir dann immer wieder klar, dass meine Arbeit anscheinend doch bewusst wahrgenommen wird und durch das Label „Krieg der Sterne“ auch unsterblich geworden ist. Mein Schwager lag mal im Krankenhaus, und als im Bett neben ihm ein Junge ein PADAWAN-Buch las und er ihm sagte, er wäre der Schwager des Übersetzers sei, fielen dem Jungen wohl fast die Augen raus. Und ich selber habe vor allem in letzter Zeit auch vermehrt solche Begegnungen, obwohl ich ja echt nicht mit meinen Übersetzungen hausieren gehe. Doch diese Reaktionen – und teils auch Kritik – weiß ich schon sehr zu schätzen, und es macht mich auch stolz – auch wenn ich mir manchmal morgens um drei fast die Haare raufe, weil ich wieder an einem Manuskript verzweifle, das schon längst abgegeben sein müsste...
Seit sechs Jahren übersetzt Du schon für Dino-Panini. Du hast mit Episode III das 40. Krieg der Sterne-Buch übersetzt, war es für dich etwas besonderes?
Ja, in der Tat, das war es. Witzig auch, dass euch das aufgefallen ist. Die runde Zahl, die schiere Menge und auch die Tatsache, dass sich jetzt mit EPISODE III ein 28jähriger Kreis meiner eigenen Kindheitsgeschichte schließt, hat mich schon ins Nachdenken gebracht – und mich stolz gemacht, so pathetisch sich das auch anhören mag.
Ich hab mir dann allerdings auch solch banal-niedere Gedanken gemacht, ob ich denn jetzt langsam nicht Rekordhalter mit den meisten deutschen Krieg der Sterne-Übersetzungen sein müsste :)... Aber ehrlich gesagt hab ich keinen Überblick, wie viele Comics und Bücher mittlerweile überhaupt existieren und ob es nicht noch einen anderen Übersetzer gibt, der viel mehr Publikationen auf dem Buckel hat als ich. Wenn’s einer von euch weiß: Her mit der Info, dann hab ich wieder was zum Angeben! :)
Kommen wir jetzt zum Jugendroman, war die Übersetzung genauso viel Arbeit wie schon bei Episode II oder war die Arbeit komplizierter, weil die Geheimhaltung größer war?
Nein, im Gegenteil, es war alles einfacher. Das liegt in erster Linie daran, dass ich aus den Erfahrungen mit dem Jugendbuch zu EPISODE II gelernt habe, was ja mein erstes Buch zu einem Film war. Ich habe mir unter anderem mehr Zeit gelassen, denn mir ist schon klar, dass das Jugendbuch zu EPISODE II einige schlechte Kritiken bekam. Das liegt zwar weniger an mir, sondern mehr an dem im Vergleich zum „dicken“ Buch etwas ausgedünnten Inhalt, aber irgendwie nimmt man sich eine solche Kritik dann doch auch zu Herzen. Ich habe mich also beim Buch zu EPISODE III um eine insgesamt erwachsenere Sprache bemüht, damit es im eine echte Alternative zum „dicken“ Filmbuch ist. Mich hat beim Übersetzenauch der Gedanke beschäftigt, dass so ein Buch zum Film ein Stück Pop-Art ist, das auch in 30 Jahren noch gelesen wird. Deswegen saß ich bei so mancher Übersetzungsentscheidung echt wie auf Kohlen, wo ich bei den Spin-Offs zugegebenermaßen etwas freier entschieden hätte.
Leider hat das mit dem Abgleich zum Synchron-Dialogabgleich ja dieses Mal aus zeitlichen Gründen nicht mehr gereicht, aber dazu später mehr. Ich habe bei den Dialogen dann eben versucht, mich in die Sprachwelt der bisherigen Filme einzudenken, habe viel in den DVDs hin und her gespult, um trotz dem fehlenden Abgleich mit dem Dialogbuch wenigstens die richtige „Tonality“ zu treffen. Aber die Fans werden erst nach dem 19. Mai wissen, ob’s was genutzt hat...
Das mit der Geheimhaltung ist ein interessantes Thema, denn mir persönlich wurde bei diesem Projekt zu keinem Zeitpunkt gesagt oder mitgeteilt, dass ich einer Geheimhaltungspflicht unterliege. Das liegt aber eher daran, dass meine Kollegen bei Panini-Dino wissen, dass ich mir dieser Pflicht bewusst bin, weswegen sie mich weder irgendwas unterschreiben lassen, noch mich überhaupt darauf hinweisen. Und da ich selbst aus der Entertainment-Branche komme, honoriere ich eine solche Pflicht natürlich. Aber ich musste oft vor mich hingrinsen, weil ich mir dachte, dass mich ja nicht mal jemand verklagen könnte, wenn ich die ganze Story einfach rumerzählte. Aber das würde ich nie tun, weil ich es selber asozial fände und ich bekäme wohl kaum mehr einen Job in dieser Industrie. Die Geheimhaltung hat mich bei der Übersetzung nicht behindert, weil ich ja allein im stillen Kämmerlein übersetze. Und Guidelines für die neuen Begriffe existierten schon.
Was waren deine ersten Eindrücke, als Du zum ersten Mal im Januar als einer der ersten Menschen in Deutschland Episode III lesen durftest?
Auch hier war ich von mir selbst überrascht, denn – siehe oben – nach 39 Büchern ging ich zunächst recht nüchtern an das Thema ran. Doch dann legte sich so zu sagen der Mantel der Geschichte über mich, um unseren Ex-Kanzler Helmut Kohl zu zitieren. Dazu muss ich aber noch was zu meiner Vorgehensweise erzählen (jetzt packe ich was aus, was ich noch niemandem erzählt habe): Ich lese die englischen Manuskripte vor dem Übersetzen nicht durch, sondern lese und übersetze gleichzeitig. Bedeutet zwar, dass ich nach dem ersten Übersetzen nochmal mindestens zwei Korrekturdurchgänge machen muss, aber für mich ist das Ganze dann spannender. Bei EPISODE III hab ich’s natürlich auch so gemacht, und je tiefer ich in das Buch vordrang, desto emotionaler wurde ich auch. Mir wurde Stück für Stück klar, was ich da eigentlich grade mache.
Mittendrin hatte ich mir dann irgendwann auch noch den Teaser-Trailer zu EPISODE III runtergeladen, und als ich sozusagen das erste Mal nach 23 Jahren die Stimme von James Earl Jones als Darth Vader hörte („Yes, Master“), lief’s mir derart kalt den Rücken runter, das könnt ihr euch nicht vorstellen. Ich hab dann auch neben der teils nächtlichen Übersetzerei her die Filmmusiken der Ur-Filme laufen lassen, sozusagen noch zur Unterstützung – ganz schön krank, oder? :) Als ich die letzten Seiten des Buches übersetzte, erreichte das Ganze den Höhepunkt, denn ich muss sagen, dass George Lucas die beiden Trilogien wirklich großartig aneinander gekittet hat. Mal ganz ehrlich: Ich finde an der „neuen“ Trilogie nicht alles toll. Das mag vielleicht daran liegen, dass ich nicht mehr 15 bin, dass ich selber in dieser Branche arbeite, dass ich mit Filmprofi-Kollegen natürlich viel über die Dramaturgie der Drehbücher diskutiere usw., und dass mir heute bei einem Film halt auch andere Sachen wichtig sind als tolle Spezialeffekte. Und so musste ich mir bei EPISODE I und II im Kino schon hin und wieder an den Kopf fassen und denken „Oh George, da haste dir aber eine oberflächliche Story zusammenstrickt.“ Aber Asche auf mein Haupt, denn EPISODE III hat mich eines Besseren gelehrt. George Lucas hat eine Menge Umstände, die mich bislang als dumme „Film-Zufälle“ genervt haben, einfach schlüssig erklärt. Nur ein Beispiel: Es hat mich immer gestört, dass C3PO ausgerechnet von Anakin erbaut wurde. Warum dieser dumme Zufall? Aber nein, es ist andersherum. Wir erfahren jetzt erst, dass es kein Zufall ist, warum C3PO in „A New Hope“ an der Seite von Prinzessin Leia rumwackelt! Und so weiter. Also echt: Hut ab. Ob mir der Film an sich gefallen wird, weiß ich noch nicht, aber die Story passt jetzt einfach gut zusammen und ich konnte mir beim Übersetzen der letzten Zeilen geradezu vorstellen, wie Obi-Wan ins Exil in die Wüste hinaus reitet...
War es schwer, die Handlung für sich zu behalten oder durftest Du es deinen Bekannten erzählen?
Nein, wie schon gesagt, ich respektiere die Geheimhaltung im „Showbusiness“ und würde niemals jemandem den Spaß durch Spoiler verderben (so wie die Leute mir immer, ich HASSE Spoiler) oder mich mit sowas wichtig machen wollen. Auch nichts Dümmeres, als die Zeitgenossen, die sich einen im Kino mies abgefilmten Film runterladen, nur um dann erzählen zu können „Den hab ich schon gesehen.“ Das wäre echt nix für mich, ich steh auf fettes Kino und gute Bild- und Tonqualität.
Nur einem sehr guten Freund, der auch Cutter beim Film ist und mit dem ich mir immer den Kopf über die Krieg der Sterne-Filme heißdiskutiere, musste ich immer eine Mail schicken, wenn ich grade wieder was Historisches übersetzt habe. Das las sich dann so: „Jetzt ist es passiert. Anakin ist grade endgültig zur Dunklen Seite übergelaufen.“ Reicht wohl kaum als Spoiler... :)
Wie eng war die Arbeit mit Andreas Brandhorst (Übersetzer des Episode III-Romans von Stover), Michael Nagula (Übersetzer des Episode III-Comics) und Tobias Meister (Dialogregie des dt. Drehbuchs) bei der Übersetzung des Romans?
Gute Frage. Mit Andreas Brandhorst fand gar keine Zusammenarbeit statt, ebenso wie bei EPISODE II nicht mit Regina Winter. Das ist jetzt aber nicht negativ gemeint, es kam halt einfach nicht dazu. Ehrlich gesagt hat mich das aber schon immer gewundert, seit ich als Übersetzer für Krieg der Sterne tätig bin, vor allem im Fall der Filmbücher. Es kam mir schon ein wenig so vor, als koche jeder sein ei/star-wars/genesis-die-entstehung-der-saga/ Süppchen, anstatt im Sinne der Fans eine fruchtbare Zusammenarbeit zu erwägen. Den Schritt, die Synchronfirma zu kontaktieren, hat wohl einfach noch niemand vor mir gemacht. Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie sehr es mich in meiner Jugend aufgeregt hat, dass in den Büchern, Klebebilderalben und Comics zum Film andere Dialoge standen als im Film zu hören waren, und dass Begriffe immer unterschiedlich übersetzt waren. Das wollte ich ja anders machen, weswegen ich vor zwei Jahren bei der Arbeit an EPISODE II Kontakt mit Tobias Meister aufnahm, und er mir auf dem offiziellen Dienstweg sein Dialogbuch mailte.
Ich dachte anfangs, dass ich ihm mit meiner Anfrage auf den Zeiger gehe, doch es stellte sich schnell heraus, dass er für meine Hilfe ebenso dankbar war wie ich für seine. Wir telefonierten dann mehrfach hin und her – er rief mich teils sogar während der Aufnahmen aus dem Studio an, um mich um meine Meinung zu der einen oder anderen Dialogstelle zu fragen. Es gibt jetzt auch zwei oder drei Dialogstellen in EPISODE II, die er falsch übersetzt hätte, und jedes Mal, wenn ich mir die deutsche Synchronfassung ansehe, schwillt mir an diesen Stellen stolz die Brust. :) Abgesehen davon, dass es witzig ist, wenn man von Brad Pitts deutscher Stimme angerufen wird, empfand ich diese Zusammenarbeit als sehr fruchtbar, weswegen ich ihn für EPISODE III ja wieder angerufen hatte. Leider waren wir mit dem Buch dieses Mal viel früher dran, das heißt, er hatte sein Synchronbuch noch nicht fertig. So haben wir dieses Mal den Spieß umgedreht und ich sagte ihm ein paar meiner Dialoge, damit er sie ggf. im Film verwenden kann. Ob das so kommen wird, sei aber mal dahingestellt, denn das Jugendbuch hat zum Teil andere Dialoge bzw. befand sich der Film zu dieser Zeit noch im gröbsten Stadium der Postproduktion. Ihr müsst wissen, dass Tobias und seine Sprecher zum Teil Dialoge aufnehmen, zu denen es noch gar kein Bild gibt. Sie nehmen dann einfach viele verschieden Takes auf, damit die Toningenieure bei Skywalker Sound einen passenden raussuchen können (Jawohl, der deutsche Ton wird ebenfalls bei Lucas gemischt, nicht bei der Berliner Synchron). Außerdem ist das Band, das Tobias vorliegt, nur in Schwarzweiß und so datenreduziert, dass man nicht alles deutlich erkennen kann. Das alles sind halt Maßnahmen, um den Film vor Piraterie zu schützen. Aber jetzt komm ich vom Thema ab. Also mal sehen, was im Kino dann so aus den Boxen tönt. Ich hab im Augenblick noch keine Ahnung, obwohl die Aufnahmen natürlich abgeschlossen sind. Mit Michael Nagula hatte ich übrigens direkt nie zu tun, ich habe aber von den Panini-Dinos vor dem Druck seine Übersetzung mit der Bitte um Gegenlesen bekommen, da ich ja in Kontakt mit Tobias Meister stand. Hat ja aber aufgrund der Terminierung nix genutzt, und Michael ist von Haus aus ein treffsicherer Übersetzer, also hatte ich da nichts anzumerken. Außerdem haben wir mit Chefredakteur Jo Löffler beim Panini-Dino-Verlag einen weiteren Krieg der Sterne-Freak, der in seinem Elefantenhirn oft Sachen hat, bei denen ich grade mal ein Brett vor dem Kopf habe. Und dann ist noch was anderes passiert: Wolfgang Adenberg, der Übersetzer des Klebebild-Sammelalbums hat mich aus demselben Grund angerufen: Er bat mich um Hilfe, weil dies sein erster Krieg der Sterne-Job war und ich konnte ihm bei ein paar Begriffen am Telefon aus der Patsche helfen. Ich finde, dass es ein Produkt mit einer Fanbase wie Krieg der Sterne verdient hat, dass wir alle das Beste draus machen und gegenseitige Eifersüchteleien vergessen. Wer hat was davon, wenn in 25 Jahren noch ein schlecht übersetztes Buch kursiert? Niemand.
Welche Stelle findest Du am besten im Buch und welche Szene würdest Du gerne im Kino sehen?
Ich beantworte die Frage mal von hinten, muss aber dann gleich sagen, dass ihr hier den Falschen fragt, denn ich würde den Film am liebsten vollkommen unvoreingenommen sehen, ohne die Story schon zu kennen. Das ist für mich der größte Nachteil an diesem Job: Jetzt erfahre ich nach 28 Jahren endlich, wie Darth Vader zu seinem Helm kommt, und muss es zuerst aus einem Jugendbuch erfahren!!! Verdammt!!! Das ist eigentlich nix für mich.
Für 20th Century Foxy mache ich ja den Episoden-Guide zur Serie „Twenty-Four“, und das ist genauso schlimm, das könnt ihr mir glauben. Wer „Twenty-Four“ kennt und liebt, der weiß wovon ich rede. Bei Season 2 war für mich die ganze Spannung weg, weil ich den Guide schon vorher fertig hatte. Daher hab ich mir Season 3 auch VOR dem Übersetzen in einer Marathon-Woche auf einem Satz Vorab-DVDs von Fox reingezogen.
Zum ersten Teil der Frage: Ganz klar: Vaders „Auferstehung“, die wir ja aber schon im Teaser-Trailer gesehen haben.
Fällt dir die Übersetzung leichter als früher und treten immer noch Probleme auf?
Viel leichter, denn abgesehen von meiner Unerfahrenheit von 1999 (siehe oben) war es auch so, dass Lucasfilm am Anfang recht streng kontrollierte, was ich da im Deutschen so zu Papier bringe. Es gab Anfangs neben Inken Bohn noch eine US-Lektorin, die des Deutschen mächtig ist und meine Übersetzungen überprüfte. Außerdem muss ich bis heute die Glossare, die ich für die meisten Krieg der Sterne-Jugendbücher ja als Originalautor verfasse, ins Englische übersetzen, damit sie bei Lucas gegengelesen werden können. Es wird mir also schon auf die Finger geschaut, und damals waren sowohl der Verlag als auch ich noch recht unsicher, wie weit man denn vom Original weggehen darf, ohne dass jemand bei Lucas die Alarmglocken schlägt. Das hat sich mittlerweile gelegt. Ich weiß jetzt auch, dass man mir bei Lucas vertraut, und so sind die Texte in den Büchern im Vergleich zu früher doch viel runder zu lesen. Ich traue mir einfach mehr und variiere etwas mehr. Beispiel: Aus „He reached for the Force“ mach ich halt manchmal auch „Er ließ die Macht fließen“, so wie früher in den alten Goldmann-Büchern :). So gebe der deutschen Übersetzung natürlich auch ein wenig meine persönliche Note mit – das aber immer, ohne den Stil der Originalautoren kaputt zu machen.
Es gibt aber doch ein paar Krieg der Sterne-spezifische Hürden, die andauernd für Diskussion sorgen. Berühmtestes Beispiel: Count Dooku. „Count“ heißt auf Deutsch nun mal „Graf“, Lucas hat aber beschlossen, dass dieser Titel nicht übersetzt wird und Count Dooku auch im Deutschen Count Dooku heißt. Ist ja schön und gut, aber leider findet sich in den Original-Büchern immer wieder so ein Satz wie „The Count said...“ Das müsste ich eigentlich mit „Der Graf sagte...“ übersetzen. Darf ich aber nicht, und da „Der Count sagte...“ ja überhaupt gar keinen Sinn macht, muss ich mich immer drumherum mogeln. Dasselbe Problem findet sich bei allen Wesen, die so heißen wie „Jabba the Hutt“. Oder auch der Umstand, dass „R2“ auch in der deutschen wörtlichen Rede „Artoo“ geschrieben wird, ist halt etwas eigenartig. Wir Krieg der Sterne-Übersetzer finden das alle auch nicht sonderlich toll und verstehen auch nicht, weshalb Lucas so sehr darauf beharrt, alle Namen in fremden Sprachen Englisch zu lassen, aber so ist das eben.
Ein großes Krieg der Sterne-Problem ist natürlich auch die „Macht“. Bekanntermaßen ist das ja „The Force“, und da wird’s schwierig, wenn im Deutschen der Einsatz des Wortes „Macht“ in einer anderen Bedeutung notwendig wird. Beispiel: „The fear of losing power is a weakness of both the Jedi and the Sith.“ „Power“ heißt in diesem Fall „Macht“, jetzt kann ich aber kaum schreiben, „Die Angst, Macht zu verlieren...“, denn das könnte beim Leser irrtümlicherweise den Eindruck erwecken, als ginge es hier um den Verlust der mystischen „Macht“. In Wirklichkeit reden wir aber nur von politischem Einfluss. Also mach ich halt „Einfluss“ draus, obwohl das Wort viel weniger stark ist und auch weniger den Punkt trifft. Vor diesem Problem stehe ich immer wieder.
Ein weiteres interessantes Beispiel, wo die Übersetzerkünste einfach versagen: Wenn im Original eine spezielle englische Redewendung mit einem Krieg der Sterne-Begriff vermischt wird. In einem der letzten Bücher stand der Satz: „It may be nothing more than a wild Bantha chase.“ Das ist eine Anspielung auf die englische Redewendung „A wild goose chase“, was nichts anderes bedeutet als ein „Fruchtloses Unterfangen“. Jetzt kann ich aber schlecht übersetzen: „Das könnte nur wieder eine wilde Bantha-Jagd werden“, denn NIEMAND würde kapieren, was damit gemeint ist. Dieser Gag geht also im Deutschen komplett verloren, weil er einfach nicht funktioniert – ich muss eben was ganz Banales schreiben wie „Das wäre ein nutzloses Unterfangen.“
Es gibt aber noch genügend andere Probleme beim Übersetzen, die überhaupt nichts mit Krieg der Sterne-Begriffen zu tun haben. Die Übersetzung von Englisch nach Deutsch unterliegt nämlich einem Hauptproblem, das einem zunächst gar nicht so bewusst ist: Die englische Sprache hat viel mehr Wörter als die Deutsche. Beipiel: Es kann sein, dass sich auf einer einzigen Manuskriptseite die Worte „Fear“, „Dread“, „Fright“ und „Scare“ finden, im Deutschen sind die alle eigentlich nur mit „Angst“ oder „Furcht“ zu übersetzen. Wenn ich das jetzt also nicht zu frei übersetzen will (Ja OK, Möglichkeiten gäbe es immer), dann wird meine deutsche Übersetzung voller Wiederholungen stecken und sich recht langweilig lesen. Das ist ein Problem. Hier gilt es immer die Waage zu halten und den Stil des Originalautors zu wahren, ohne dass es für den deutschen Leser zu langweilig wird.
Den umgekehrten Fall gibt es natürlich auch, also mehrere deutsche Bedeutungen für dasselbe englische Wort. „Room“ wird im Englischen sehr oft sowohl für „Zimmer“, „Raum“ oder „Saal“ benutzt. Der Jedi-Ratssaal ist beispielsweise der „Council Room“. Da muss man dann als Übersetzer aufpassen, dass man versteht, was für ein Raum gemeint ist und den passenden deutschen Begriff wählen. Oft erschließt sich das gar nicht aus dem Text,weil der Raum nicht näher beschrieben wird, oder erst viele Seiten später. „Room auf Thousand Fountains“ ist da ein tolles Beispiel, das könnte nämlich der „Raum der tausend Brunnen“, „Halle der tausend Quellen“ etc. etc. sein. Ich habe damals offiziell den Begriff „Saal der Tausend Quellen“ etabliert.
Noch ein Problem: Die fehlenden männlichen und weiblichen Artikel im Englischen. „The Officer“ kann eine Frau oder ein Mann sein. Wie oft habe schon mit „Der Offizier“ übersetzt, um dann drei Seiten später zu lesen, dass es sich um eine Frau handelt! Man findet das erst heraus – wenn man es nicht am Namen errät – wenn da das erste Mal „she said“ oder „he said“ steht. Im Falle der Fantasy-Buchreihe „Der siebte Turm“ gab es bis zum Schluss Diskussionen, ob eine bestimmte Garde eigentlich komplett weiblich oder männlich war, und das ging dann so weit, dass ich den australischen Autor fragen musste!
Letztes Problem, zumindest eines, das ich habe: Wenn man Englisch liest und denkt, dann vergisst man beim Übersetzen ganz schnell im Deutschen eingeschliffene Redewendungen. Der Anglikaner schreibt zum Beispiel: „He stood frozen from fear“. Man übersetzt dann gerne mal „Er stand regungslos vor Angst da“, dabei ist es viel naheliegender und deutscher, „Starr vor Schreck“ zu schreiben. Solche Dinge fallen mir dann immer erst beim erneuten Durchlesen meiner eigenen Arbeit auf, und ohne Lektorin wäre das ganz schlimm, weil ich manchmal vor lauter Zeitdruck gar nicht aufmerksam genug kontrollesen kann. Und je mehr ich englisch lese und schreibe, desto schlimmer wird es. Dann kommt in meinem Fall auch dazu, dass meine Freundin Niederländerin ist, und wenn ich mich mit ihr mal den ganzen Tag auf Holländisch unterhalte und dann Abends von Englisch nach Deutsch übersetzen muss: Gute Nacht, kann ich da nur sagen.
Auf jeden Fall weiß ich erst jetzt, sechs Jahre nach meiner großen Klappe gegenüber Volker Lauster von Dino-Panini, welchen Problemen Übersetzer gegenüber stehen. Deswegen muss ich auch eine Lanze für alle meine Kollegen brechen, die sich so oft im Kreuzfeuer der deutschen Fans befinden. Es ist wirklich nicht einfach, und vor allem nicht unter dem Zeitdruck, unter dem wir meistens stehen.
Übrigens: Was glaubt ihr, was am langweiligsten zu übersetzen ist? Lichtschwert-Kämpfe! Was sich nachher so spannend liest, ist unglaublich zäh zu übersetzen, weil man sich da von Hieb zu Hieb hangelt, immer nach passenden deutschen Worten ringt, ohne sich zu wiederholen (siehe oben) und es kaum überlebt, bis man endlich damit fertig ist und die Handlung weitergeht...
Das nächste Buch „Das Geheimnis des Jedi“ ist bestimmt auch schon fertig, wirst Du auch die neue Jude Watson-Serie übersetzen, was für Projekte gehst Du als nächstes an?
Ja, das „Geheimis“ habe ich am 10. März abgegeben. Es ist übrigens ein sehr interessantes Buch, denn es schließt noch eine Lücke zwischen den jetzten QUEST- und PADAWAN- Büchern und EIII. Wir erfahren etwas über Obi-Wans Vergangenheit, das uns bislang gefehlt hat – etwas sehr Interessantes, wie ich finde. Die Krieg der Sterne-Saga wird auch durch dieses Buch irgendwie immer runder. Ohne Werbung machen zu wollen, aber ich kann’s euch nur empfehlen.
Was die neue Jude-Watson-Serie anbetrifft, so werde ich die sicher auch machen, wenn sich die Paninis nicht von mir trennen, und es sieht nicht danach aus – oder vielleicht doch, nach diesem Interview? :). Ansonsten schreibe und übersetze ich derzeit viel für Twentieth Century Fox, arbeitete an meinem zweiten eigenen Science-Fiction-Roman (der erste ist leider nie erschienen, nur um Fragen vorzubeugen) und natürlich nimmt mich meine kleine Filmproduktionsfirma stark in Anspruch – wir drehen zwar keine solchen Großwerke wie Krieg der Sterne, aber was nicht ist, kann ja noch werden! Möge die Macht mit uns sein! Ach, und mit euch natürlich auch.
Dominik, vielen Dank für das Gespräch!