Als Verlorene Welten angekündigt wurde, erwarteten die meisten Fans wohl, wie in der Vergangenheit ein etwas ernsteres Kinderbuch zu bekommen. Stattdessen haben Sie einen vollwertigen Jugendroman abgeliefert: Wie würden Sie die Herausforderung beschreiben, den Krieg der Sterne dieser für die Saga eher neuen Zielgruppe näherzubringen?
Jugendromane und die Young-Adult-Literatur an sich sind inzwischen generell auf Teenager ausgerichtet, während jüngere Leser inzwischen mit sogenannten Middle-Grade-Büchern angesprochen werden. Dies ist eine eher junge Entwicklung, die in den letzten zehn Jahren sichtbar geworden ist. Für mich als Autorin war es allerdings einerlei, wie alt meine Leser nun letztlich waren, denn das Krieg-der-Sterne-Universum bietet ja durchweg Abenteuer, die alle Altersgruppen interessieren.
Mit Verlorene Welten erweiten Sie den erst vor vergleichsweise kurzer Zeit neu gestarteten Kanon. Hatten Sie dabei Gelegenheit, die anderen neuen Romane zu lesen? Oder haben Sie sich gar von alten Werken des Erweiterten Universums inspirieren lassen?
Ich hatte leider nicht die Möglichkeit, die anderen neuen Romane zu lesen, weil wir es bei diesem Buch mit einem sehr, sehr engen Zeitrahmen zu tun hatten. Aktuell liegen die Bücher aber bei mir im Regal und warten auf mich.
Die alten EU-Bücher habe ich schon seit einer ganzen Weile nicht mehr gelesen, aber ich war damals ein Riesenfan vor allem von Timothy Zahns Büchern.
Sie beginnen Ihren Roman weit entfernt von den Kinofilmen und nähern sich ihnen dann mit der Zeit immer weiter an. Was davon haben Sie beim Schreiben mehr genossen?
Ganz ehrlich: Es war richtig toll, meinen eigenen Planeten zu entwickeln. Zwar hatte ich auch viel Spaß dabei, so viele zentrale Ereignisse der klassischen Trilogie Revue passieren zu lassen, aber Jelucan war für mich ein sehr faszinierender Ort, und es war toll, immer tiefer in diese Kultur und diesen Planeten einzutauchen.
Aber: Tarkins Stippvisite und die Mon-Monthma-Szene waren auch sehr vergnüglich.
Da Sie Jelucan schon ansprechen: Wenn man mal von den gesellschaftlichen Schwierigkeiten absieht, ist das offenbar ein wunderbarer Urlaubsort. Haben Sie sich bei der Entwicklung des Planeten an einem tatsächlichen Ort angelehnt?
Jelucan ist das Ergebnis der Überlegung, dass es in Krieg der Sterne eigentlich nur noch eine Klimazone gibt, die nicht in irgendeiner Form gezeigt wurde, und das ist eine Art Himalaya-Klima: Sehr bergig, kalt, ohne deshalb Hoth zu sein, eine raue, aber spirituelle Bevölkerung. Kulturell ist Jelucan aber mehrheitlich reine Erfindung und hat mit Nepalesen und Tibetern nichts zu tun. Nur die Idee einer Gipfelbestattung unter freiem Himmel habe ich direkt übernommen, weil mir das für einen solchen Ort am plausibelsten erschien.
Kommen wir auf Ihre Hauptfiguren Ciena und Thane zu sprechen: Diese entwickeln sich im Buch zu einem tragischen Liebespaar, und da denkt man ja direkt an Romeo und Julia. Hatten Sie je geplant, das Ende der Geschichte entsprechend tödlich zu gestalten?
Nein. Nie. Keine Chance. Es gab ursprünglich Leute, die der Auffassung waren, dass das Buch ein tragischeres Ende haben sollte, und ich habe damals direkt gesagt: Ohne mich. Wenn ich eine meiner Hauptfiguren umbringen muss, mache ich das nicht. Vielleicht geht es da nur mir so, aber ich finde, dass es erzählerisch häufig der schnelle, leichte Weg ist, jemanden einfach umzubringen. Wenn man hingegen mit den Folgen seines Handelns leben muss, ist das viel schwieriger und komplizierter, und deshalb wollte ich genau das näher betrachten.
Und wo wir bei Ciena und Thane sind: Die Sexszenen im Buch sind erstaunlich explizit geraten.
Das stimmt, ich bin da offenbar weiter gegangen als die Erwachsenenromane. Zumindest haben mir meine Herausgeber das so erzählt.
Kommen wir kurz zum Galaktischen Imperium: In Verlorene Welten wird es von einigen Hauptfiguren nicht als böse wahrgenommen, sondern als modernisierende Kraft. Wie kam das zustande?
Zunächst einmal würde ich behaupten wollen, dass das Imperium auch in Verlorene Welten äußerst böse ist, aber das allein heißt nicht, dass alle Personen, die ihm folgen, ebenfalls böse ist. Die breite Masse ist wohl der Meinung, das Richtige zu tun oder zumindest nicht das Falsche. Und das Imperium hat ja durchaus seine Vorteile: Es ist effizient, es verkörpert eine gemeinsame galaktische Kultur. Die Zerstörung Alderaans wiegt das natürlich nicht auf. Nicht einmal ansatzweise.
Als wir die Geschichte entwickelten, habe ich mich dafür eingesetzt, die idealistische Figur auf die Seite des Imperiums zu bewegen, weil ich das Imperium aus ihrer Sicht zeigen wollte. Cienas Sichtweise ist dabei aber nicht vollkommen, und das wird ihr mit der Zeit ja auch klar.
Im Buch führen Sie uns zur imperialen Akademie auf Coruscant, und die entsprechenden Kapitel erinnern ein wenig an Hogwarts. Wieviel Freiraum hatten Sie bei der Gestaltung der Akademie? Haben Sie sich mit Jason Fry abgesprochen, der ja bei Diener des Imperiums ebenfalls eine Akademie beschreibt?
Ich hatte unglaublich viel Freiraum, und es hat großen Spaß gemacht, sich Dinge auszumalen und Neues zu erfinden. Direkt habe ich mit Jason nicht zusammengearbeitet, aber unsere Herausgeber haben sich zusammengesetzt, um dafür Sorge zu tragen, dass wir uns nicht widersprechen.
Sie haben sich mit Verlorene Welten gleich doppelt auf unerforschtes Gebiet gewagt: Mit einer kurzen Erwähnung des Raubs der Todessternpläne, den wir in Rogue One demnächst erleben werden, und mit einem Ausflug nach Jakku. Welche Richtlinien gab es für den Umgang mit diesem Material? Oder anders gefragt: Was wissen Sie, das sonst niemand weiß?
Es gab sehr indirekt Vorgaben, weil ich darum gebeten habe, nichts über Das Erwachen der Macht oder andere künftige Kinofilme zu erfahren, das ich nicht unbedingt wissen musste. Meine Herausgeber haben wir also hier und da empfohlen, bestimmte Themen zu meiden. Und nein, ich werde nicht verraten, um welche Themen es dabei ging.
Ich will den Film einfach nur ungespoilt erleben, wenn das möglich ist, denn ich glaube, es wird ein phantastisches Erlebnis werden. Und das, was wir in Verlorene Welten ansprechen, ruiniert einem Das Erwachen der Macht in meinen Augen kein bisschen, insofern war es schön, damit zu spielen.
Die meisten Liebesgeschichten enden mit einem Kuss, Ihre nicht: Werden wir Thane und Ciena wiedersehen? Und welche anderen Projekte stehen bei Ihnen als nächstes an?
Wir haben ja in New York bereits angekündigt, dass ich einen weiteren Krieg-der-Sterne-Roman geschrieben habe, der im kommenden Frühjahr erscheint. Mehr als den Titel - New Republic: Bloodline - kann ich dazu im Moment gar nicht verraten. Den und dass der Roman sechs Jahre vor Das Erwachen der Macht spielt und keine Fortsetzung von Verlorene Welten ist.
Was eine solche Fortsetzung angeht, haben wir im Moment keine konkreten Pläne. Ich würde allerdings liebend gerne eine schreiben, und je mehr Fans sich eine wünschen, desto eher wird wohl etwas daraus.
Abseits vom Krieg der Sterne bin ich gerade dabei, meinen neuen Roman Ten Thousand Skies Above You in die Buchläden zu entlassen, Teil 2 meiner Firebird-Trilogie. Ich bin also nach wie vor eifrig beschäftigt.
Lost Stars und die deutsche Fassung Verlorene Welten sind im Buchhandel erhältlich.