Der Star-Wars-Day ist eine ideale Gelegenheit für eine Retrospektive, und besonders dafür geeignet ist Das Star Wars Archiv (Episoden I-III: 1999-2005) von Paul Duncan, welches letzten Monat beim TASCHEN-Verlag erschienen ist. Hier ein Versuch, das opulente Werk in Worte zu fassen:
Paul Duncan fand bereits als Teenager zu seiner Leidenschaft, dem Schreiben, als er ein eigenes Comic-Magazin herausbrachte. Er schrieb Kurzgeschichten und Novellen und gründete 1995 das Magazin Crime Time, für das er bis heute als Verleger und Autor tätig ist. Über die Werke von Gerald Kersh entdeckte Duncan die phantastische Belletristik für sich. Ab 1999 schrieb er im Rahmen der Pocket-Essentials-Reihe kurze Darstellungen von Themen wie Hitchcock, Kubrick, den Film Noir und mehr. Zur gleichen Zeit wurde Benedikt Taschen auf ihn aufmerksam und holte ihn 2003 zu seinem Verlag, um prestigeträchtige Filmbücher zu schreiben, darunter das preisgekrönte Ingmar Bergman Archiv, Das James Bond Archiv, Das Charlie Chaplin Archiv und das vor zwei Jahren erschienene Hardcover Das Star Wars Archiv (Episoden IV-VI: 1977-1983), welches vergangenes Jahr neu in einer etwas handlicheren Version aufgelegt wurde.
Die ersten zehn Minuten werden ein riesiges Spektakel sein. Man hat keine Ahnung, was passiert, außer dass es die Klonkriege sind. Das ist der Moment, unserer Fantasie freien Lauf zu lassen und so weit zu gehen, wie wir nur können!
- George Lucas zu Ryan Church (Leitender Konzeptzeichner - Episode III) - Seite 407
Das halbleinene Hardcover bringt es auf gigantische Maße: 41,1 x 30 cm, ein Gewicht von 6,9 kg und ganze 602 Seiten.
Der Band ist in sechs Kapitel untergliedert:
Das komplette Star Wars Archiv ist als Timeline konzipiert und folgt chronologisch den Ereignissen, die zur Entstehung der beschriebenen Star-Wars-Filme beigetragen haben. Neben der textlichen Darstellung findet man Abbildungen vieler Originaldokumente, Drehbuchseiten, Produktionsunterlagen, Konzeptentwürfe, Storyboards sowie eine Fülle an Fotos aus den Filmen und von den Dreharbeiten. Die Texte sind teilweise aus Interviews zusammengetragen, die Paul Duncan schon vor seiner Arbeit an diesem Buch mit den Machern geführt hatte, bestehen aber auch aus exklusiven Interviews u.a. mit George Lucas, die speziell zur Recherche für diesen Band geführt wurden.
Das Thema des Buchs ist offensichtlich nicht neu, gab es doch bisher schon jede Menge Literatur, Making-Ofs, Dokumentationen und Panels auf Conventions, bei den Mitwirkende über ihre Erfahrungen bei der Arbeit an Star Wars berichtet haben. Wieso also noch ein weiteres Buch?
Die Frage ist schnell beantwortet: Es gibt nichts vergleichbares. Obwohl ich persönlich mit den Prequels aufgewachsen bin (mit 15 Jahren saß ich in der Mitternachtspremiere von Die dunkle Bedrohung) und wirklich jedes Sachbuch im Regal stehen habe, das es zu den Filmen gibt, hat mich das Archiv-Buch wirklich beeindruckt. Paul Duncans Werk hat zum einen den Vorteil, mit erheblichem zeitlichen Abstand zu den Filmen geschrieben worden zu sein - nächstes Jahr feiert Episode II immerhin schon ihren 20. Geburtstag - und zieht seine Stärken zum anderen daraus, dass Duncan nicht allein auf das Lucasfilm-Archiv zurückgreifen konnte, sondern auch mit George Lucas und allen anderen, auch früheren, Fachleuten bei Lucasfilm sprechen konnte.
Kaum dass ein Set fertig bemalt war, brachten wir auch schon die Schauspieler rein, um zu drehen. An ein paar Drehtagen kam Natalie Portman herein, nur um festzustellen, dass ihre Schuhe an der noch frischen Farbe festklebten.
- Rick McCallum - Seite 141
Bereits im Vorwort von George Lucas wird dem Leser klar, worum ist in diesem Buch geht. Es ging George Lucas darum, nicht nur seine Geschichte fertigzuerzählen, sondern auch die technische Entwicklung voranzutreiben, um seine Träume verwirklichen und auf emotionale Weise ins Kino bringen zu können. Es ist nur angemessen, dass Lucas selbst das erste und auch das letzte Wort im Star Wars Archiv zukommt, aber auch andere bekannte Gesichter hinter der Saga kommen zu Wort, darunter die Effektspezialisten Tom Kennedy, Dennis Muren und John Knoll, Produzent Rick McCallum, Konzeptkünstler Doug Chiang und eine ganze Reihe von Darstellern, die alle spannende Einblicke in den Entstehungsprozess der Filme bieten.
Und obwohl auf dem Cover Episoden I-III: 1999-2005 steht, beginnt Paul Duncan sein Werk mit der Darstellung der Special Edition der Original-Trilogie, die bekanntlich schon 2 Jahre vor Episode I in die Kinos kam. Hier wählt er einen interessanten Ansatz, stellt er doch verschiedene Filme der 80er und 90er vor, die George Lucas nach und nach dazu bewegten, seine ursprüngliche Version der Geschichte zu verbessern und noch einmal ins Kino zu bringen. Noch während der Arbeit an der Special Edition begann George Lucas am 10. Februar 1994, eine erste Drehbuchfassung für Episode I: Die dunkle Bedrohung zu schreiben.
Im Laufe des Buchs erfährt man als Leser allerdings nicht nur eine Menge über die Produktion der Filme, sondern auch über private Details aus dem Leben von George Lucas, die einen direkten Einfluss auf die Entstehung der neuen Trilogie hatten. Duncan hangelt sich an wichtigen Kernereignissen durch die Geschichte und verliert darüber trotzdem nicht das Ziel aus den Augen, eine neue Sicht auf die Saga aufzutun. Aus Duncans Perspektive erleben wir mit, wie Lucas fast 2 Jahre am Drehbuch von Episode I feilte und auf den letzten Metern unter Zeitdruck geriet, sodass die letzte Schnitt-Entscheidung des Films, aber in den USA am 16. Mai seine Vorpremiere feierte, erst am 4. Mai 1999 fiel.
Paul Duncan beleuchtet auch die schwierigen Aspekte des Drehs von Die dunkle Bedrohung, so z.B. wie kompliziert es war, Filmrollen in Tunesien zu benutzen, zu entscheiden, ob Fledermausvögel auf Tatooine Sinn ergäben und wie man einen ersten 3-Stunden-Schnitt auf einen 2-Stunden-Film herunterkürzt. Auf vielen Seiten wird auch die Detailliebe von George Lucas sehr deutlich. Statt wie heute üblich nur einen Ball über dem Kopf eines Darstellers zu befestigen und den Schauspielern zu sagen, „Das hier ist das Gesicht von Hulk, schaut beim Reden hier hin”, ließ Lucas z.B. einen kompletten Kampfdroiden modellieren und ans Set stellen.
Im nächsten Kapitel der Saga Angriff der Klonkrieger steht der digitale Filmprozess im Fokus. Dabei verzichtete Lucas – als erster Regisseur eines Multimilllionendollar-Spielfilms – auf die klassische Filmrolle und drehte seinen Film direkt auf Festplatte. Geschnitten wurden Filme schon bis dato digital, doch noch stand die Digitalisierung des analogen Filmaterials am Anfang dieses Prozesses. Lucas entschied, diesen Zwischenschritt wegzulassen und war damals wesentlich daran beteiligt, der Digitalisierung der Filmindustrie einen entscheidenden Schub zu geben. Welche Rolle Sony damals spielte, war mir bis zum Lesen des Buches offen gesagt nie so bewusst gewesen. Neben der Digitalisierung des Filmens werden rund um Episode II auch neue Aspekte der Prävisualisierung beleuchtet, die während der Vor- und Nachproduktion einen riesigen Sprung nach vorn machte (wenn ihr mehr zum Thema Prävisualisierung wissen wollt, sei euch das Making-Of von Deadpool empfohlen).
Das ist einer der Hauptgründe, auf digitale Projektion umzusteigen. All die Bild- und Tonprobleme verschwinden. Was man in seinem eigenen Vorführraum im Studio sieht, hat dieselbe Qualität wie der Film im Kino. So etwas gab es noch nie.
- George Lucas - Seite 263
Der umfangreichste Teil des Buchs ist Die Rache der Sith gewidmet. Hier beleuchtet Duncan das Problem, ein würdigen Abschluss der Prequels und gleichzeitig eine Brücke zur Original Trilogie zu entwickeln. Zusätzlich versuchte George Lucas nach der Entwicklung des digitalen Drehens bei Episode II, den Drehprozess insgesamt kosteneffizienter zu gestalten, ohne sich dabei künstlerisch oder qualitativ einschränken zu müssen. Weitere Themen dieses Kapitels sind die Musik, das Sound Editing und die besondere Herausforderung digitaler Kinosäle. Zum Abschluss erzählt George Lucas in einem sehr persönlichen Interview, warum er sich entschied, nicht selbst eine weitere Trilogie zu machen und wie seine konkreten Pläne für Episode VII bis IX aussahen.
Als Hayden endlich in den Anzug schlüpfte, schloss sich der Kreis dieser Filme. Das war das letzte fehlende Puzzleteil; jetzt ist alles miteinander verbunden.
- George Lucas - Seite 492
Erst beim Lesen dieses letzten Teils des Buchs versteht man als Leser, dass Paul Duncan mit dem Buch im Kopf einen Film inszeniert. Er konzentriert sich bei Episode I sehr stark auf die Vorproduktion, beim zweiten Teil eher auf die Dreharbeiten und bei Episode III auf die Postproduktion. Duncan schafft es damit, einen organischen Lesefluss zu erzeugen und vermeidet jene Wiederholungen, die ähnlich gelagerte Making-Of-Bücher und -Dokumentationen plagen.
In Aufbau und Informationsfülle erreicht kein anderes Buch, welches sich umfassend mit der Prequel-Trilogie beschäftigt, die Qualität von Duncans Werk. Ein wahrer Augenschmauß sind zudem die zahlreichen hochauflösenden Bilder und Schnappschüsse, die jeden Fan begeistern werden. Vielleicht gibt es ein paar Themen, die tiefer hätte beleuchtet werden können, aber solchen Themen wurden längst speziellere Sachbücher gewidmet. Duncan gelingt es, persönliche Einblicke in die Prequels zu gewähren, ohne das Gesamtbild aus den Augen zu verlieren. Der einzige negative Punkt, der öfters auffällt, ist, dass die Bilder nicht zum geschriebenen Wort passen und manchmal asynchron angeordnet sind.
Unter dem Strich gelingt es Paul Duncan mit seinem opulenten Buch ein neues Standartwerk abzuliefern, welches noch lange in Erinnerung bleiben wird und nicht so schnell beiseite gelegt werden kann. Es bleibt die Hoffnung, dass Duncan noch die Gelegenheit erhalten wird, sich auch den anderen Werken von George Lucas anzunehmen und ähnlich umfangreiche Archiv-Bücher über The Clone Wars, Die dunkle Bedrohung 3D und Lucas' Projekte aus den 80er-Jahren zu schreiben.
Das Star Wars Archiv (Episoden I-III: 1999-2005) kostet 150 €, kann direkt beim TASCHEN-Verlag bezogen oder bei Amazon.de bestellt werden.
Viel Spaß beim Schmökern und Entdecken!
Seite 1
Das hier habe ich mal geschrieben nachdem ich mir ein Durchblätter-Video zu Gemüte geführt hatte:
Das Buch scheint vor allem aus Konzeptzeichnungen und Skizzen sowie hinter den Kulissen aufgenommenen Bildern zu bestehen, von denen einige durchaus interessant sind. Dazu kommen hin und wieder Standbilder aus dem fertigen Film, aber die halte ich allgemein meist für Platzverschwendung da man sich dafür auch einfach die DVD kaufen kann. Übersprungen wurde leider der gesamte Bereich den ich am interessantesten finde: Ich will die fertigen Designs sehen - aber in Einzelteilen, von allen Seiten, und mit allen Details. Referenzbilder von Schauspielern in ihren Kostümen, Miniaturen, Requisiten, Hintergrundgemälden, und, da es um die Prequels geht, natürlich vor allem CGI-Modellen. Die illustrierten Enzyklopädien sind in dieser Hinsicht ganz nett, "Star Wars Chroniken: Episode 1-3" und "Dressing a Galaxy" noch viel besser, aber zusammen enthalten sie immer noch nur eine Auswahl, die höchstens zwei Drittel von dem abdeckt was ich gerne sehen würde. Dieses dicke Buch hier wäre eine gute Gelegenheit gewesen, weitere Bilder abzudrucken, die es bisher nicht in die gedruckten Werke geschafft haben. Kostümschneiderei, Kreaturen- und Modellbau und Computeranimation sind bei diesen Filmen doch von zentraler Bedeutung. Ich finde, ein Buch das sich Archiv nennt sollte auch wirklich alle Bereiche abdecken zu denen Archivbilder existieren.
dantini
CC 09002
Ich hab es mittlerweile auch ausgepackt und reingeschaut - auch ganz OK für den Klopper
Zwar ne menge zaster aber in der Sammlung definitiv auch wieder wert, weil das ganze teil ja wieder wie schon das schwarze der Episoden 4-6 ja ein ordentlicher Brocken geworden ist
Es sind eben nicht mehr so viele Modellfotos wie bei den alten Teilen , aber trotzdem noch genügend Und je weiter man duchblättert kommen später öfters Green-Screen-Fotos zu tage
Zumindest die ersten gelesenen Seiten sind doch interessant, auch wenn man bei
>Rinzler's Making of ...< Reihe
mehr hintergrundinfos zu sehen/lesen bekommt,
Die Making of Bücher von 4-6 sind trotzdem der ungeschlagene Spitzenreiter wenn es um Infos, Hintergründe oder Fotos geht
Es gibt hier zu viele Pre-Visualisierungsfotos
Jetzt hoffe ich auch noch nächstes oder besser erst frühestens übernächstes Jahr ein weiteres der Episoden 7-9 in mindestens gleicher grösse und gewicht
PS: beim Buch von 4-6 war der Umkarton ja noch in schwarz eingefärbt gewesen, bei diesem dachte ich er wäre dann wohl rot
aber:
leider nur in dem typischen (Schuh-)-Karton-ton, einzig die beschriftung war gefärbt in roter Schrift
sieht ein bisschen wie zu gross geratener Schuhkarton aus
(zuletzt geändert am 04.05.2021 um 20:56 Uhr)
SaschaSW77
DirectorKrennic
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