Zugegebenermaßen sehr spät kommt nun unsere Rezension zu Phasma - Delilah S. Dawsons Debütroman im Star-Wars-Universum. Der Roman erschien am 1. September.
Phasma von Delilah S. Dawson" />Inhaltlicher Abriss
Vi Moradi, eine Spionin von Widerstands wird von Cardinal, einem Captain der Ersten Ordnung, gefangen. Unter all den Dingen, welche Moradi ergründet hat, befinden sich auf hochsensible Kenntnisse über die mysteriöse Captain Phasma. Cardinal lechzt nach diesem Wissen. Sein Ziel: Die Ergründung der Vergangenheit seiner Rivalin Phasma – und damit auch ihrer Geheimnisse. Denn er weiß, dass alles Wissen, welches er gegen Phasma verwenden kann, ihm dabei helfen kann, sich gegen seine Rivalin in der Hierarchie der Ersten Ordnung durchzusetzen.
Also fesselt Cardinal die Spionin und foltert sie. Wird es ihm gelingen, Phasmas Vergangenheit zu ergründen – und damit einen Weg zu finden, sich gegen seine Rivalin durchzusetzen?Strukturelles und Sprachliches
Wie vielleicht schon an diesem inhaltlichen Abriss ersichtlich wird, gliedern sich die Szenen des Romans in zwei wesentliche zeitliche Handlungsstränge: Der irgendwo zwischen Bloodline und Episode VII angesiedelte Basishandlungsstrang mit Cardinal und Vi Moradi und die daraus erwachsenden, umfangreicheren Flashbackszenen zu Phasmas Vergangenheit.
Hier fällt Delilah S. Dawson schon zu Beginn eine sehr gute Entscheidung: Sie nutzt das Präsens für die Cardinal-und-Moradi-Szenen und die Vergangenheit für Phasmas Vergangenheit. Dies mag nur ein subtiles Detail sein, doch hieran zeigt sich schon von Anfang des Romans, dass Delilah S. Dawson ihren Roman nicht nur sprachlich durchdenkt, sondern auch ein glückliches Händchen für gute bis sehr gute sprachliche Entscheidungen hat.
Zusätzlich zu dieser sehr gut umgesetzten Trennung zwischen Vergangenheit und Gegenwart möchte ich auch generell Delilah S. Dawsons wundervolle Sprache loben. Ihre Schreibstil ist eingängig, der Roman liest sich wunderbar angenehm und auch ihre Wort- und Satzbauwahl ist exzellent. Auf diese Weise gelingt es ihr schon von Anfang an, eine Atmosphäre zu erzeugen, die mich von Anfang bis Ende gefesselt hat.Inhaltliche Elemente
Delilah S. Dawsons aus meiner Sicht herausragender Sprachstil verschafft der Autorin eine ideale Basis für einen gelungen Roman. Doch nur Sprachliches reicht nicht aus; auch die Handlung des Romans muss stringent und spannend sein, um den Leser weiterlesen zu lassen. Glücklicherweise beweist Delilah S. Dawson nicht nur in sprachlicher Hinsicht, sondern auch inhaltlich, dass sie ein Händchen für glückliche Entscheidungen hat.
Der Roman reist schnell in Phasmas Jugendjahre zurück. Weite Teile der ersten zwei Drittel des Romans spielen in dieser Vergangenheit, erst auf den letzten hundert Seiten gewinnt die relative Gegenwart des Romans an Gewicht. So gelingt es Delilah S. Dawson wunderbar, Phasmas Geschichte quasi von Anfang an zu erzählen und anschließend auf dieser Basis einen Blick in die Gegenwart zu werfen, und so nicht nur Phasmas Status Quo, sondern gegen Schluss des Romans auch das Verhältnis zwischen Phasma und Cardinal zu beleuchten.
Bemerkenswert ist in diesen ersten zwei Dritteln des Romans insbesonders das phänomenal gute Worldbuilding, welches Dawson auf Phasmas karge und harte Heimatwelt Parnassos projiziert. Sie gestaltet hier eine interessante und spannende Welt mit vielen Extras und guten Ideen, die zwar bis gegen Ende irgendwie nebulös bleibt, aber nie die Unschärfe atmet, welche einige Romane des neuen Kanons negativ auszeichnet. Obwohl man eigentlich versteht, wie die Welt funktioniert, möchte man trotzdem immer noch mehr über Parnassos wissen: Wie kam es zu den im Roman thematisierten sozialen Strukturen? Wie haben diese Strukturen auf Phasma gewirkt? Wie wurde diese Welt zu dem, was sie jetzt ist? Und wie wirkt diese Umwelt auf Phasma?
Dawson fokussiert sich ihn ihrer Erzählung auf nur wenige Figuren, die aber (fast) alle irgendwie tragenden Charakter für Phasmas Entwicklung haben: Da ist zum einen Brendol Hux, zum anderen seine Sturmtruppler und zum dritten Phasmas Sippe; eine Figur namens Siv wird in weiten Teilen zum Nabel der Erzählperspektive, über Siv erfuhr Vi Moradi von Phasmas Vergangenheit und berichtet darüber (in der Gegenwart) Cardinal. Dieser Umstand wirkt auf den ersten Blick vielleicht unklar und unnötig indirekt – doch Delilah S. Dawson nutzt diese Basis gekonnt, um ein ganz besonderes Bild von Phasma zu entwerfen: Es geht nicht so sehr darum, wie Phasma als Figur selbst denkt, sondern eher, wie sie wahrgenommen wird und folglich, wie ihre Beziehung zur ersten Ordnung und ihrer Umwelt ist. Sehr schön ist auch, dass Phasma ergänzend zu der bereits angesprochenen Fremdwahrnehmung durch diese Erzählperspektive in weiten Teilen ihre Nebulosität/Mysteriösität beibehält bzw. diese nach Episode VII positiv gefärbt wird und keine Entzauberung erfährt. Im Gegenteil, dadurch, dass Phasma sich in diesem Roman durch ihre Taten und nicht ihre Gedanken definiert, und man anderseits als Leser Einblicke in die Fremdwahrnehmung der Phasma erhält, wird die Figur zwar einerseits plastischer und interessanter, aber bleibt anderseits ein Mysterium. Man sieht, was passiert und ahnt aufgrund ihrer Taten, was beides mit Phasma machen muss, aber man weiß es nicht sicher, weil man ihre Gedanken nicht erfährt - symbolisch dafür ist im Roman auch der Umstand, dass man zwar Phasmas Rüstung und damit verbunden ihre Taten sieht; aber nicht sicher, was hinter dem Chrom lauert und, welche Dispositionen diese Figur antreiben. Man begreift, abschließend, Phasma besser - doch die Nebulosiät aus Episode VII ist nun positiver und spannender gefärbt.
Mit Ausnahme der Sturmtruppler der Ersten Ordnung erfahren neben Phasma auch die anderen Figuren ausreichend Platz und Tiefe. Zwar bricht Dawson die Figuren auf ihre Rolle für Phasms Leben und ihre Lebensweise in dieser widerspenstigen Umgebung herunter, doch anders als in anderen Romanen habe ich mich an dieser Simplifizierung nicht weiter gestört. Erstens, weil man trotzdem begreift, was die Figuren antreibt und welche Charakteristika sie prägen (anders als in anderen Romanen des neuen Kanons treiben sie nicht nur unkontextualisiert im Raum) – und zweitens, weil sich diese Rollen wunderbar in Phasmas Leben einfügen und damit nicht nur der Figur, sondern dem ganzen Mikrokosmos Parnassos mehr Tiefe verleihen. Man leidet mit den Figuren, feuert sie an und es schmerzt, wenn manche davon aus dem Leben scheiden. Dasselbe gilt übrigens auch für die Figuren der 'Gegenwart' – also Vi Moradi und Cardinal – was ich schon sehr beachtlich finde, wenn man berücksichtigt, wie wenig Handlungszeit diese beiden Figuren insbesonders in den ersten beiden Dritteln des Romans haben.
Kritisieren würde ich – auf sehr hohem Niveau allerdings – lediglich den Umstand, dass sich die Handlung auf Parnassos machmal etwas zieht (was durch die gelungenen Figuren und das überaus gelungene Worldbuilding allerdings mehr als kompensiert wird) und das Ende des Romans. Hier hätte ich mir an einer Stelle klarere Verhältnisse gewünscht – und ganz zu Schluss wären an zumindest einer Stelle noch mehr eigene Gedanken Phasmas als Ergänzung zur Fremdwahrnehmung und ihrer Selbstdefinition durch Taten eine erfrischende Abwechslung gewesen. Dies sind allerdings nur kleine Änderungsvorschläge von meiner Seite, die auf sehr hohem Niveau Kritik üben und subjektiv meiner eigenen Person und meinen Interessen geschuldet sind. Objektiv kann man sowohl dem Ende als auch der Perspektive aus meiner Sicht nichts ankreiden; die Frage ist nur, ob man sich selbst noch etwas anderes vorgestellt hätte.Fazit:
Ich selbst stand dem Roman von Anfang an kritisch bis desinteressiert gegenüber, weil mich die Figur der Captain Phasma schon in The Force Awakens nicht besonders begeistert hat. Es ist nicht so, als ob mich die Figur gestört hätte – aber sie blieb weit hinter den neuen und alten Hauptfiguren auf meiner Prioritätenliste zurück und ich habe sie als nicht wichtig genug für einen eigenen Roman wahrgenommen. Erschwerend kommt hinzu, dass mir die bereits bestehenden biografisch orientierten Romane zu imperialen Figuren wie Thrawn oder Tarkin absolut nicht gefallen – ich sah es also fast kommen, dass dies auch für die Erste Ordnung gelten würde.
Doch weit gefehlt: Delilah S. Dawson hat mit Phasma einen sprachlich herausragenden und inhaltlich sehr spannenden und stimmigen Roman geschrieben, den ich allen Phasma-Fans sehr empfehlen würde. Wer sich für die Figur der Captain Phasma interessiert, kann aus meiner Sicht mit diesem Roman keinen Fehler machen – außer, man wünscht sich einen Roman wie Thrawn oder Tarkin, der in erster Linie in der Flotte und den Machtstrukturen spielt. Wer Interesse an genialem Worldbuilding und/oder einer spannenden Handlung mit wenigen (spannend gezeichneten) Figuren hat, die sich im Wesentlichen auf zwei Mikrokosmen (Parnassos und der Raum des Sternzerstörers, in dem Vi gefoltert wird) konzentriert, der kann mit diesem Roman aus meiner Sicht nichts falsch machen.
Ich ziehe meinen Hut tief vor der Autorin; nicht nur habe ich jetzt echte Interesse an der Figur Captain Phasma, sondern sie hat es auch geschafft, meine Interesse an/mit diesem Roman trotz meinem vorab bestehenden Desinteresse zu wecken - indem sie Phasma näher kontextualisiert, aber nicht entzaubert hat. Im Gegenteil, jetzt macht mir die Figur Spaß und ich schätze ihre Nebulosität. Ich würde mir sehr wünschen, dass die Autorin dem Kanon erhalten bleibt – und ich freue mich sehr auf weitere Romane aus ihrer Feder.
Der Roman erschien als Hardcover am 1. September und lässt sich hier bestellen. Das Taschenbuch erscheint im März und lässt sich bereits vorbestellen.
Seite 1
Ich persönlich werde das Buch wahrscheinlich nicht lesen, da Star Wars für mich primär ein visuelles Medium darstellt und ich nur wenige der erschienenen Bücher für eine echte Bereicherung des visuelles Kosmos halte.
Es ist schon bezeichnend, dass es eines Romans bedarf, der im Vorfeld derart stark gehypten, dann im Film aber derart nebensächlichen Captain Phasma Profil zu verleihen.
Ich war von "Brienne von Tarth als Captain Phasma" extrem angefixt und wurde im Film so enttäuscht von ihr, dass mich weiteres Material zu ihr nun nicht wirklich interessiert.
Cmdr Perkins
Wie war das eigentlich damals mit Phasma, im Vorfeld zu TFA? Ich kann mich garnicht mehr erinnern, ob und in welchem Umfang sie von offizieller Seite gehyped wurde. Die Filmindustrie kann heute darauf vertrauen, dass ihre Konsumenten die Aufgabe, einen Hype zu generieren, über soziale Medien selbst übernehmen. Dazu muss man nur ein paar Krümel streuen. Welche Rolle haben wir also in dem Hype gespielt, den wir Disney/Lucasfilm heute anlasten?
(zuletzt geändert am 08.10.2017 um 11:39 Uhr)
George W Lucas
@GWL
Zumindest war sie auch auf der Bühne bei der celebration mit den anderen Hauptdsrstellern und etliche Fotos, sogar Titelbilder gab es auch im Vorraus. Und da erwartet man dann schon eine angemessen große Rolle. Und sie hat ne coole Rüstung und Namen. Man könnte es den Boba Fett Effekt nennen.
Ich bin froh, dass ihre Rolle jetzt ausgebaut wurde in TLJ. Ich mag sie wirklich.
Und hier kann man sich mit dem Roman schonmal darauf einstimmen.
Darth PIMP
Tolle Rezension! Da hat dir das Buch anscheinend noch besser gefallen als mir. Auch ich war ja absolut positiv überrascht von "Phasma", da mein Desinteresse an der Figur kaum größer hätte sein können. Aber das Worldbuilding und die gut ausgearbeiteten Figuren haben mich absolut überzeugt. Lediglich in einem Punkt weicht meine Wahrnehmung von deiner ab: Die Figur der Phasma hat der Roman für mich nicht interessanter gemacht. Ich habe eher mit Cardinal und Siv mitgefiebert - Phasma bleibt unsympathisch und teilweise undurchsichtig. Ich verstehe sie zwar ein wenig besser, da ich ihre Hintergründe nun kenne, aber als Figur begeistert sie mich immer noch nicht.
Trotzdem ist das Buch wirklich die Überraschung des Jahres: mit null Erwartung rangegangen und einen super Roman bekommen!
Liebe Grüße von Ines (Jedi-Bibliothek)
MaraJade333
Phasma ist mir bisher völlig egal.
Sie fiel bei mir unter das "TFA-Problem": Wie soviele andere Figuren erfuhr sie einen Hype. Sie bekam einen Namen, ein cooles Outfit und frühzeitig eine Actionfigur. Und im fertigen Film war sie dann unbedeutend.
Wobei man ihr wenigstens zu Gute halten kann, dass ihre Rolle zumindest noch vorhanden war, nicht wie Constable Zuvio, der FO-Snowspeeder und der Jakku Dessertspeeder die der Scheere zum Opfer gefallen waren. Und Rolle war auch grösser als die vieler Figuren der 2. Actionfiguren-Wave, die nur mal duchs Bild liefen, im Hintergrund standen oder in ihrem X-Wing starben.
Wobei ich sagen muss, die Captain Phasma-Actionfigure war für mich eine der schönsten der TFA-Line.
Mal sehen, was Johnson aus der Figur macht und ob ihre Rolle dann wirklich grösser und bedeutender ist.
Grausamer Ewok
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