Im Bereich der Sachbücher hat sich Lucasfilm seit dem Neustart des Literatur-Universums eher zurückgehalten. Abgesehen von den üblichen Enzyklopädien, Risszeichnungen, Art-Büchern und diversen Wissensbücher wagte sich Lucasfilm im Star-Wars-Bereich bislang an kein innovatives Produkt. Mit dem neuesten Sachbuch An vorderster Front beginnt sich das nun zu ändern. Nachdem uns Panini freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat, möchten wir euch das Buch hier genauer vorstellen:
Seine Verbundenheit zu Star Wars nahm bei Daniel 'Dan' Wallace mit einer Kurzgeschichte im Adventure Journal 1997 ihren Anfang. Anschließend bekam er die Gelegenheit verschiedene Hindergrundbücher zu schreiben, unter anderem The Essential Guide to Droids oder auch das damalige Standardwerk The Essential Chronology, welches er mit Kevin J. Anderson zusammen schrieb und das in Deutschland beim Heyne-Verlag aufgelegt wurde. Neben seiner Tätigkeit für den Star Wars Insider schrieb er zuletzt unter anderem das Handbuch der Imperialen Streitkräfte, welches zwar noch zum alten Kanon zählte, aber gleichzeitig die perfekte Vorbereitung für sein aktuelles Werk darstellte.
Der neue Kanon ist noch nicht von diesem jahrzehntelangen erzählerischen Wechsel von Ebbe und Flut geprägt. Aber ich bin davon überzeugt, dass sich dieser einstellen wird und sich der Unterbau als deutlich stabiler erweisen wird.
- Daniel Wallace im Interview von Eleven-ThirthyEight
Nach einer kurzen Einführung ist das Buch in drei Teile untergliedert:
Abschließend wird uns eine kurze zeitliche Einordnung der Schlachten präsentiert und eine kleine Danksagung darf natürlich auch nicht fehlen.
Die Grundidee war es, ein Hardcover-Art-Book über berühmte Schlachten zu schreiben, das sich stilistisch an Darstellungen des Zweiten Weltkriegs oder des amerikanischen Bürgerkriegs orientiert.
- Daniel Wallace im Interview von Eleven-ThirthyEight
In An vorderster Front stehen, wie der Titel es schon andeutet, die tatsächlichen Frontkämpfer im Mittelpunkt. Jede Schlacht wird in sechs Schritten dargestellt:
Hier werden kurz die politische Situation und die zeitliche Einordnung der Schlacht beschrieben.
Neben einer Darstellung der Ausgangslage und der Rollenverteilung der beteiligten Parteien folgt hier ein Überblick über das Kampfgeschehen. Zusätzlich werden kurz Auswirkung und Bedeutung der Schlacht analysiert.
Außerdem erhalten wir Informationen über die Kommandanten der Schlacht auf beiden Seiten.
Die beteiligten Piloten und Soldaten werden kurz vorgestellt, und es erfolgt eine Einordnung ihrer Rolle im Kampf.
Die Schlacht wird aus Sicht eines Beteiligten im Stile eines Erlebnisberichts beleuchtet. Dadurch erhalten wir einen besseren Einblick in bestimmte Situationen oder Entscheidungen.
Ein kurzer Überblick über Schiffe, Waffen, Transportmittel oder Gegenstände, die eine wichtige Rolle in dem jeweiligen Konflikt spielten.
Ein kurzer Abriss über einen besonderen Helden der Schlacht, der nicht unbedingt die Schlacht entschieden hat, aber einen großen Beitrag zum Sieg leistete.
Obwohl ihre letzten Worte niemals aufgezeichnet wurden, bin ich ein stummer Zeuge des Opfers, das unsere Kammeraden gebracht haben.
- Leutnant Buscon zur Schlacht von Scarif
Daniel Wallace schreibt zwar das Sachbuch, macht aber schon direkt in der Einleitung klar, dass es sich um ein In-Universum-Buch handelt, das in Wahrheit von einem Geschichtsschreiber aus dem Star-Wars-Universum verfasst wurde. Wer genau für diese Aufzeichnungen verantwortlich ist, wird nicht explizit erläutert. Durch die Erlebnisberichte und Beiträge von anderen Personen wechselt der Schreibstil zwischen Ich-Perspektive, personalem und auktorialem Erzähler. Stellenweise liest sich das Sachbuch damit wie ein großer Roman, und genau dadurch hebt sich der Band von den bisherigen Sachbüchern ab.
Die Schlachtenauswahl wirkt auf den ersten Blick zwar einfallslos, da wieder nur die großen Kämpfe im Mittelpunkt stehen, die man schon aus den Filmen und Serien kennt, doch man merkt dem Werk an, dass Daniel Wallace zwei Jahre Arbeitszeit darauf verwendet hat: So spielen zum einen die üblichen Filmhelden nur Nebenrollen und zum anderen wird mit großem Aufwand die Schlacht um Jakku präsentiert. Dabei merkt man schnell, dass hier nicht nur Informationen aus Chuck Wendigs Nachspiel-Trilogie und Claudia Grays Verlorene Welten eingeflossen sind, sondern auch aus den aktuellen Comics und dem Spiel Battlefront. Daniel Wallace gelingt es dabei erstmalig, einen ganzheitlichen Überblick der Schlacht zu bieten, wie es ihn bisher noch nie gab. Und auch bei bereits umfänglich bekannten Schlachten bietet An vorderster Front neue Perspektiven, zumal das Buch neue und interessante Hintergrund-Geschichten enthält.
Das Buch greift dabei nicht nur auf bekannte Figuren zurück, sondern führt auch neue Charaktere ein, wie zum Beispiel Honor Salima (die Kommandantin der Schlacht von Coruscant), die so regulärer Bestandteil des neuen Kanons werden und eventuell in weiteren Geschichten auftauchen können. Gleichzeitig werden aber auch Charaktere wie Kes Dameron oder Biggs Darklighter werden interessant verpackt und neu beleuchtet.
Die vielfältigste Kategorie Ich war dabei gibt auch neue Einsichten, wie zum Beispiel eine Funkspruch-Aufzeichnung von Scarif oder den Erlebnisbericht des Gunganers Oma Prumba, der leider nur sehr schlecht Basic schreiben kann. Eine besondere Empfehlung ist die Schlacht von Hoth wert, die mit einer kleinen Änderung einer herausgeschnittenen Filmszene aufwartet, welche den neuen Kanon sicherlich beeinflussen wird.
Doch An vorderster Front sticht nicht nur mit seinen einfallsreichen Texte heraus, sondern auch durch das Artwork, welches an Kunstwerke aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs erinnert (besonders die 2-seitigen Artworks und die Kommandanten-Gemälde). Die Bilder unterstützen nicht nur das geschriebene Wort, sondern veranschaulichen, wie in einem richtigen Geschichtsbuch, die Schlachten auf ihre ganz eigene Weise. Dabei greift das Buch bewusst auf verschiedene Künstler zurück (Adrián Rodriguez, Thomas Wievegg, Aaron Riley und Fares Maese), um auch damit den Eindruck zu verstärken, dass wir ein echtes Geschichtsbuch vor uns liegen haben.
Einmal mehr wird die Zukunft vom Kampf zweier Ideologien geprägt, bei dem nicht bloß Soldaten leiden werden.
- Zitat Seite 119
Die Idee eines In-Universum-Buchs ist zwar nicht neu, wird hier aber originell verpackt, ohne auf jene kindlich vage Weise abzudriften, wie das zum Beispiel beim Galaktischen Atlas zu beobachten war. Dabei werden stellenweise geschickt Informationen nicht im Detail beleuchtet, um Raum für weitere Geschichten zu lassen. Wallaces lange Arbeit an dem Sachbuch hat sich auch durch die vielen Querverweise zu anderen Publikationen ausgezahlt, durch die es besonders viel Spaß macht, das Sachbuch öfters zur Hand zu nehmen.
Im Vergleich zu allen Sachbüchern seit 2015 ist An vorderster Front ohne Zweifel dasjenige, das den neuen Kanon am meisten beeinflussen und auch in Zukunft als Grundlage neuer Geschichten im Star-Wars-Universum dienen wird. Daniel Wallace hat mit dem Werk nicht nur ein originelles, sondern auch ein inhaltlich lebendiges Sachbuch abgeliefert, welches in keiner Star-Wars-Bibliothek fehlen sollte.
Star Wars: An vorderster Front ist ab heute als Hardcover zum Preis von 49 € im Handel erhältlich und kann bei Interesse bei Amazon.de bestellt werden.
Was hat euch an dem Sachbuch An vorderster Front besonders gefallen?
Seite 1
Sawru In
Redakteur
McSpain
"Eine besondere Empfehlung ist die Schlacht von Hoth wert, die mit einer kleinen Änderung einer herausgeschnittenen Filmszene aufwartet, welche den neuen Kanon sicherlich beeinflussen wird."
General Veers und Hobbie sind tot, na toll. War schon schlimm genug wie Veers niemals ein großes Augenmerk bekam ausser Handwaves in einen tie-in Buch für Dark Empire, wo sein Sohn ein Rebell ist, was aber niemals eine Rolle in einer Geschichte gespielt hat. Aber anstelle das besser zu machen und ihm ein paar gute Geschichten diesmal zu geben killt man ihn wieder sofort um mehr Platz für identische schwarze Frauen zu machen.
(zuletzt geändert am 18.08.2017 um 18:17 Uhr)
Sarlacc
Bin eher weniger begeistert. Das Buch war eine tolle Idee aber die Ausführung ist eher Mangelhaft. Das beginnt beim billigen Cover, das nicht mal fürs Buch gemacht wurde, sondern einem Standard Rogue-One Artbook für Tassen, Sammelkarten und T-Shirts, geht dann über das eher schwache innere Design und endet bei der Auswahl der Schlachten, den Inkonsistenzen und dem wirklich hohen Preis, der in Euro zumindest dem Buch nicht gerecht wird. Zu den Inkonsistenzen zählen btw. so Sachen wie, dass die V-19 Sternjäger erst spät in den Klonkriegen eingesetzt werden, obwohl sie schon im ersten Jahr auftauchten oder die falsche Sternzerstörerklasse bei der Schlacht von Jakku und das Vader der einzige Überlebende der Schlacht um Yavin war, dem Inferno Squad nun wirklich sehr klar widerspricht. Die Story Group beweist da ein Mal mehr, dass sie keinen guten Job macht.
Insgesamt nett aber 50 Euro würde ich dafür nicht zahlen.
Parka Kahn
Seite 1
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