Via PREVIEWSworld gibt es ein neues Interview mit J. W. Rinzler und Mike Mayhew sowie neue Einblicke in die Comicadaption von The Star Wars:
Die Comicadaption des ersten Krieg der Sterne-Films umfasste gerade einmal 4 Einzelhefte, Ihnen steht für The Star Wars nun doppelt soviel Platz zur Verfügung. Was macht diese Geschichte so viel länger?
J. W. Rinzler: Die Rohfassung umfasst zwar etwa 180 Seiten, aber in mancher Hinsicht ist auch sie nur ein Konzept, in dem einige Szenen nur angerissen werden, während andere eingehender geschildert werden. Wäre dieses Drehbuch umgesetzt worden, hätte sich daraus wohl ein 3- oder vielleicht sogar 4stündiger Film ergeben, und deshalb brauchen wir auch diese 8 Einzelhefte, um die ganze Geschichte zu erfassen. Ursprünglich waren einmal sechs Hefte angedacht, aber als ich das Drehbuch auf Hefte, Seiten und Einzelbilder herunterbrach, stellte sich heraus, dass wir fast genau die 8 Hefte erreichten.
Nebenhandlungen spielen hierbei keine große Rolle, und die Hauptgeschichte ist ziemlich direkt aufgebaut. George [Lucas] war zwar eigentlich immer ein Verfechter mehrerer paralleler Handlungsstränge, was sich z.B. in American Graffiti, aber auch in den späteren Krieg der Sterne-Filmen zeigt, aber in The Star Wars sieht man davon deutlich weniger: Ähnlich wie der spätere Film hält sich die Geschichte an die Haupthandlung, auch wenn es hier noch stärker ausgeprägte Zusatzabenteuer mit Leia, einem Sith, einem Geheimagenten und Rebellen gibt. Ich würde diese aber nicht als echte Nebenhandlungen bezeichnen.
Zum Ausgleich dazu ist die Haupthandlung allerdings sehr dicht gefasst und zeichnet sich durch häufige Szenen- und Schauplatzwechsel aus. Außerdem tauchen immer wieder Elemente auf, die unglaublich teuer wären, würde man sie tatsächlich anfertigen, nur um eine Szene später zu verschwinden. Es ist eben eine echte Rohfassung, und George wusste, dass er sie nie würde verfilmen können. Aber als Comic können wir all das problemlos tun, auch wenn es selbst hier für Mike eine enorme Herausforderung ist, teilweise auf einer Seite bis zu dreimal hintereinander den Schauplatz zu wechseln, und das immer wieder über mehrere Seiten. Entsprechend grandios wird es dann aber sein, das Endresultat zu lesen.
Mike Mayhew: Acht Hefte sind wirklich nur eben gerade genug, um dieses Epos zu erzählen. Die Handlung unterscheidet sich fundamental vom späteren Krieg der Sterne. Die Struktur ist völlig anders aufgebaut. Es ist ungefähr so, als ob die Handlung aller sechs Filme in Episode IV nur Luke, Obi-Wan und Leia zugestoßen wäre. Ich denke, das gibt einem eine ungefähre Vorstellung, wieso die Handlung so dicht und komplex ist.
Und die Figuren unterscheiden sich auch deutlich von ihren späteren Inkarnationen. Die ganzen Beziehungen sind völlig anders als in Episode IV. Manchmal gibt es Riesenunterschiede, z.B. der junge Held Annikin, der als Jedi weit erfahrener und gleichzeitig weit barbarischer ist als der unerfahrene und naive Bauernjunge Luke aus Episode IV. Ein anderes Mal besteht der Unterschied z.B. darin, dass R2D2 sprechen kann, was seine Beziehung zu C3PO völlig verändert und einen komplett anderen Eindruck hinterlässt.
Und dann sind da noch brandneue Figuren, die die Geschichte erweitern und völlig unerwartet handeln. Ein neuer Rebellenagent namens Klieg Whitsun schließt sich z.B. General Luke und Annikin an und wird zum Erfolg ihrer Mission entscheidend beitragen. Außerdem gibt es einen neuen Schurken, der zu den Sith 100 zählt und eine Entwicklung durchläuft, mit der er sich deutlich von jedem Filmschurken im Krieg der Sterne abhebt.
Mit diesem Projekt stellen Sie uns faktisch George Lucas' "Bibel" vor. Wie kam es dazu? Wieso erscheint diese Geschichte ausgerechnet jetzt? Und wie haben Sie sich auf diese Herausforderung vorbereitet?
Rinzler: Es war nicht minutiös geplant, The Star Wars zum Leben zu erwecken, sondern dieses Projekt entstand, als ich noch an The Making of Star Wars arbeitete. Ich las all diese Rohentwürfe und war einfach nur erstaunt, wie George die Geschichte schrittweise ausgearbeitet hatte, bevor daraus das fertige Drehbuch wurde, das sich dann natürlich noch einmal veränderte, wie das mit scheinbar fertigen Drehbüchern immer geschieht. Und ich fand, dass gerade die Rohfassung eine tolle Vorlage für einen Comic bieten würde. Ich bin mit den Geschichten von Jack Kirby und Stan Lee großgeworden, und dies passte so gut in diese Tradition. Außerdem waren die Bezüge zu Kurosawas Die verborgene Festung unübersehbar.
Einige Jahre später erwähnte ich diese Idee gegenüber George, und der hatte massive Zweifel. Eine Weile später hörte ich allerdings, dass Dark Horse und Randy Stradley ähnliche Gedanken umtrieben. Also haben wir uns zusammengetan: Ich habe einige Szenen ausgewählt, von denen ich glaubte, dass sie George gefallen würden, ein Comicmanuskript daraus gemacht und einen Zeichner dazugeholt, der sie zeichnete und kolorierte. Das Ganze haben wir dann, noch ohne Sprechblasen, George vorgelegt, weil ich wusste, dass George sehr visuell ausgerichtet ist.
George hat sich das Ganze angesehen, und ihm gefiel das Ergebnis. Also hat er uns grünes Licht gegeben, und wir waren überglücklich, weil wir schon wussten, dass es einfach nur jede Menge Spaß machen würde. Uns und unseren Lesern. Und ich hoffe, die lesen mehr als nur das erste Heft, denn das ist noch relativ langsam aufgebaut. Im zweiten Heft gibt es dann deutlich mehr Action, inklusive eines Angriffs auf die Weltraumfestung, die Vorlage für den späteren Todesstern.
Und Mike leistet herausragende Arbeit: Jedes Bild, jedes Kästchen ist absolut umwerfend. Ich denke, das ist ganz ehrlich der beste Comic, den ich seit langer Zeit gelesen habe. Und ich glaube, dass die Fans es genießen werden, die erste Krieg der Sterne-Geschichte zu lesen, die George je geschrieben hat. Das ist eine seltene, eine wirklich sehr seltene Gelegenheit.
Trotzdem habe ich mich nicht besonders darauf vorbereitet. Ich kenne mich in Georges Welt ja aus: Ich habe über die Produktion seiner Filme geschrieben, habe selbst fiktionale Geschichte entwickelt und für Scholastic sogar ein Indiana-Jones-Buch geschrieben. Ich verstehe mehr oder weniger, worauf er in seinen Szenen hinauswill und ich habe ihn bei der Arbeit erlebt: Beim Dreh, bei ILM, beim schneiden. Wir haben miteinander über Filme, Politik und Kunst gesprochen. Verständnisprobleme habe ich keine.
Spielte bei der grafischen Ausgestaltung der Adaption Ralph McQuarrie eine besondere Rolle? Dienten seine Zeichnungen als Grundlage für Ihre Figurenskizzen und Konzepte? Oder haben Sie auch auf andere Referenzquellen zurückgegriffen?
Mayhew: Jede nur denkbare Konzeptzeichnung war für unsere Herangehensweise entscheidend. Wir haben uns quasi ausgemalt, wie dieser Film ausgesehen hätte, wenn George Lucas ihn auf Grundlage des Drehbuchs von 1974 und der ihm damals zur Verfügung stehenden Konzeptzeichnungen realisiert hätte. Jonathans umfassende Arbeit an The Making of Star Wars und meine eigenen Bildbände rund um den Krieg der Sterne, die ich seit meiner Kindheit besitze, haben unseren Entwicklungsprozess wesentlich geprägt. Wo immer es keine älteren Konzepte gab, konnte Jonathan mit seinen Kenntnissen über Anekdoten und Hintergründe die Punkte für uns zu einem Bild verbinden, das dem Geist, in dem George und seine Kollegen im Jahr 1975 gearbeitet haben, nahekam. Ich gebe Ihnen ein Beispiel für diese Gedankengänge: Eine Figur im ersten Heft trägt einen Ring, der Geheiminformationen für die Rebellen aufzeichnen kann. Auf diesem Ring findet sich ein Siegel, das einen schwarzen Falken zeigt, und genau so - Black Falcon - hieß auch Georges Lizenzverwaltungsfirma, die er vor dem ersten Film gründete.
Was Ralph McQuarrie angeht, so ist er für Krieg der Sterne das, was Jack Kirby für Marvel ist. Ich habe mein Bestes getan, um das zu keinem Zeitpunkt zu vergessen. Seine Verständnis für Design und seine Fähigkeit, auch die phantastischste Welt noch realistisch aussehen zu lassen, sind bei unserer Arbeit stets unser Leitstern.
Ich habe mich außerdem daran erinnert, wie es war, in den 70ern aufzuwachsen. Ich war 7, als Krieg der Sterne herauskam. Damals las ich das Famous Monsters of Filmland-Magazin, ich sah mir viele Sci-Fi-Filme an und war ein Riesenfan von Abenteuergeschichten. Ich habe mich später sehr für die Filmemacher der späten 60er und frühen 70er Jahre interessiert, und ich glaube zu begreifen, was George und seine Kollegen damals hinsichtlich ihrer Herangehensweise an das Erzählen und das Kino bewegt hat. Ich habe versucht, mir vorzustellen, wie andere Filmemacher im Jahr 1974 gedacht haben mögen, Leute wie John Boorman, Francis Coppola und John Milius. Gerade auch internationale Filmerfolge haben Krieg der Sterne damals beeinflusst: Fellinis Satryicon und Kurosawas Die verborgene Festung. Auch das wollte ich grafisch erfassen. Und ich liebe Sci-Fi-Zeichnungen und -Comics, also die gleichen Dinge, die auch George beeinflusst haben, darunter Taschenbuchtitelbilder von John Berkey oder die Flash-Gordon-Comics von Alex Raymond. All das konnte ich mir einfach aus meinem Bücherregal ziehen und zur Grundlage meiner Arbeit machen.
Am spannendsten war für mich als Fan von Krieg der Sterne aber, wie wenig ich teilweise über die Entwicklung dieser frühen Figuren und Konzepte wusste. In vielen Bildbänden, die ich besaß, tauchte dieser Aspekt entweder gar nicht auf oder Figuren waren schlicht falsch bezeichnet. Ich habe damals immer gedacht, die ersten Jedi-Bilder würden einen frühen Ben oder einen frühen Luke zeigen. Und in Wahrheit waren General Luke Skywalker oder Kane Starkiller darauf zu sehen. Das war ein unglaublicher Schock, als ich erstmals im Geiste dieses Puzzle zusammensetzte. Und da wurde mir auch klar, wie gut diese Adaption bei langjährigen Fans, aber auch gerade bei Neueinsteigern oder gar Außenstehenden ankommen könnte. Vielleicht gefällt dem einen oder anderen Krieg der Sterne nicht, aber die Kraft dieser Geschichte und ihrer Figuren lässt sich einfach nicht verleugnen.
Wie hat Sie dieses Projekt kreativ herausgefordert? Welche Elemente mussten Sie z.B. mehrfach verfeinern oder anpassen? Und was wollen Sie sich bei Ihrer Arbeit selbst beweisen?
Rinzler: Dies ist mein erster Comic, aber ich habe das Glück, dass Randy Stradley als Herausgeber beteiligt ist und mich auf all die Dinge hinweist, die ein erfahrener Comicautor schon instinktiv beachtet. Aber ich habe nie aufgehört, Comics zu lesen - Will Eisner ist mein Held -, also fühlt sich diese Arbeit insgesamt doch sehr natürlich und heimisch an.
Mayhew: Für mich ist dies die Herausforderung meines Lebens. Meine Olympischen Spiele. Die letzten 20 Jahre als professioneller Comiczeichner haben mich nur auf diesen Augenblick vorbereitet, und jetzt verlangt mir dieses Projekt absolut alles ab. In sehr kurzer Zeit muss ich allein, bzw. unterstützt von unserem genialen Koloristen Rain Beredo, eine visuelle Leistung abliefern, die an das heranreichen muss, was George in 4 Jahren mit einer Armee einiger der einflussreichsten Techniker und Künstler der Kinogeschichte erreicht hat. Das ist schon mehr als eine Herausforderung, aber gleichzeitig ist es auch eine einmalige Gelegenheit. Es ist ein Segen, an einem derartigen Projekt schon in meinem Alter arbeiten zu dürfen, und ich gebe absolut alles, um mich dieser Chance würdig zu erweisen.
Hat die Arbeit an The Star Wars Ihre Sichtweise auf den Krieg der Sterne verändert? Glauben Sie, dass einige Figuren durch die Comics in neuem Licht erscheinen werden, wie das bei Anakin Skywalker durch The Clone Wars der Fall war? Und könnte es weitere Adaptionen unverfilmter Drehbücher geben?
Rinzler: Das ist schwer zu sagen. Es ist andere Drehbücher - insbesondere für Die Rückkehr der Jedi-Ritter -, die von einer Comicadaption profitieren würden. Man sollte allerdings nicht vergessen, dass diese Figuren nicht dieselben sind wie in den Filmen. General Luke Skywalker, Graf Sandage, der Jedi Annikin Starkiller, Clieg Whitsun, Biggs und Windy, sie alle sind nur die Prototypen späterer Figuren. Sie entwickeln sich anders. Was wir hier sehen, ist nur die frühe Fassung eines Films oder Gemäldes, die später vom gleichen Künstler überarbeitet wurden, und dadurch bieten sich hier großartige Einblicke in seine Arbeitsweise. Und man sieht vielleicht auch einige Elemente in einem neuen oder entspannteren Licht.
Mayhew: Ich würde die Arbeit an diesem Projekt mit einer Analogie beschreiben wollen. Sagen wir, wir hätten die frühesten Aufnahmen der ersten Fassung von Sgt. Pepper's Lonely Hearts Club Band entdeckt. Niemand hat sich das jemals angehört. Die meisten Songs sind völlig anders als auf dem späteren Album. Selbst die bekannten Songs weisen Unterschiede auf, aber sie sind durchaus so gut wie die Originale. Und wir sollen diese Songs nun veröffentlichungsfertig machen und der Welt präsentieren. In dieser Lage befinde ich mich gerade. Ob das meine Sicht auf den Krieg der Sterne erweitert? Mehr als sich irgendwer auch nur entfernt vorstellen kann!
Seite 1
Was für eine interessante Lektüre, steigert meine Vorfreude auf die Serie enorm! Finde, das ist mit Abstand eines der interessantesten Projekte auf dem Star-Wars-Comicsektor schlechthin, und die Bilder und Aussagen weisen darauf hin, dass hier wohl die Idealbesetzung dafür am Werk ist! Herz und Sachkenntnis vom Allerfeinsten ...
Vom visuellen Standpunkt her hauen mich die neuen Bilder echt um. Atmosphärisch, die Farben und Lichter, die Plastizität, der filmische Charakter, die Dynamik ... und die Liebe fürs Detail im entstehungshistorischen Kontext! Man wird wirklich denken, man "sieht" den Film, den es nie gegeben hat. Und überall schimmert der Einfluss Kurosawas durch, sei es in den Frisuren oder der japanesk-drachenartigen Maske des Sith.
PalpFiction
BobaFett1981
Ich weiß das ist ziemlich Off-Topic (leider gibts ja kein Forum mehr), aber weiß jemand ob jemals ein Blu Ray Release der 3D Version von Episode I geplant ist?
Der Film lief vor 1 1/2 Jahren in der Fassung im Kino und ich würde ihn mir gerne wieder so ansehen, aber erst jetzt bemerke ich, dass es diese Fassung nirgendwo zu kaufen gibt.
(zuletzt geändert am 16.07.2013 um 18:02 Uhr)
horstfx
Ziemlich Off-Topic ist ein Wort dafür, ja...
Ganz kurz, um es wegzukriegen: Nein, es gibt keine Informationen. Eine Weile gab es Gerüchte, dass die 3D-Fassung als Panasonic-Exklusiv-Blu-ray erscheinen könnte, aber das war lange vor der Lucasfilm-Übernahme. Und da Disney die 3D-Welle komplett auf Eis gelegt hat, dürfte sich in dem Punkt in naher Zukunft - gerade auch vor dem Hintergrund der noch schwierigen Vertriebsrechte - auch nichts tun.
Master Talon
Seite 1
RSS-Feed für diesen Kommentarthread abonnieren
RSS-Feed für alle Kommentare