2005, kaum 2 Monate nach dem Kinostart von Episode III: Die Rache der Sith, stellte Steve Sansweet auf der Comic-Con in San Diego erstmals das vor, was damals noch als Clone Wars 3D bezeichnet wurde. Mit an Bord, wenn auch noch ohne Funktionsbezeichnung: Ein junger Trick-Regisseur namens Dave Filoni, der seither zu einem der wesentlichen Kreativmotoren für Star Wars geworden ist. Mit The Mandalorian wechselt Filoni nun ins Realserienfach. Ein guter Anlass für die Vanity Fair, Filoni ein Porträt zu widmen. Hier die interessantesten Auszüge:
Filoni ist ein Cowboy-Hut tragender, Hockey liebender, Wolf besessener Autor, Regisseur und Produzent aus Pittsburgh. Er war ein junger Animationsregisseur, als George Lucas ihn fragte, ob Filoni mit ihm zusammen die letzten Star-Wars-Geschichten des Lucasfilm-Gründers gestalten wollte. Dieses Projekt war die Trickserie The Clone Wars, die 2008 an den Start ging und nach sechs Staffeln abrupt endete, als Lucas das Unternehmen 2012 an Disney verkaufte. George zog davon, Dave blieb. Was Obi-Wan Kenobi für Luke Skywalker war, das war Lucas für Filoni.
Fünfzehn Jahre später wird Filoni, 45, nicht nur scherzhaft als Auserwählter bezeichnet, als Träger des Wissens des Weltenschöpfers. Diese Mentorschaft hat er mit seinen eigenen Fähigkeiten und Interessen vermischt, um die erfolgreichen animierten Serien Rebels und Resistance zu gestalten. Nun ist er als Produktionsleiter und einer der Regisseure an The Mandalorian beteiligt, der Star-Wars-Realserie, die das Hauptfeature des am 12. November startenden Disney+-Streaming-Angebots sein wird. Im Februar bringt er The Clone Wars für eine siebte und letzte Staffel zurück. Und man darf wohl damit rechnen, dass der Name Filoni in den kommenden Jahren noch in Zusammenhang mit einigen Großprojekten genannt werden wird.
Im Star-Wars-Fandom ist er inzwischen so beliebt, dass die Leute im Filoni-Kostüm auf Conventions auftauchen. Diese Zuneigung kommt nicht nur von den Geschichten, die er erzählt hat, sondern auch daher, dass er so eindeutig ein Fan ist wie sie.
Die Leute aus Filonis Heimat in West-Pennsylvania neigen dazu, sich an das Vertraute zu halten. Star Wars aber ließ ihn von fernen Sonnen träumen. Er kam nach Südkalifornien, um Trickprojekte umzusetzen. Und doch ist für ihn selbst die Entwicklung vom Fanboy zum Jedi-Meister nicht recht nachvollziehbar. „Ich dachte, mir spielt jemand einen Streich”, erinnert er sich an den Telefonanruf von 2005, in dem er gebeten wurde, nach San Francisco zu reisen, um Lucas wegen einer offenen Stelle zu treffen. Damals war Filoni Regisseur und Story Artist und arbeitete an Nickelodeons mystischer Kampfkunstserie Avatar: The Last Airbender. Er dachte, die Mitarbeiter von SpongeBob SquarePants würden ihn auf den Arm nehmen. Selbst als ihm klar wurde, dass es sich nicht um einen Scherz handelte, fühlte sich die Situation denkbar irreal an. „Meine Erwartung war ehrlich gesagt nur: Okay, ich werde George Lucas treffen, und ich werde eine tolle Geschichte zu erzählen haben, wenn ich später in der Schlange stehe, um [Die Rache der Sith] zu sehen. Aber ich werde diesen Job sicher nicht bekommen”, erzählt Filoni.
Er flog für das Vorstellungsgespräch nach San Francisco, und sein Flug hatte ebenso Verspätung wie sein Fahrer. Zwar rief er bei Lucasfilm an, um sich für die Verspätung zu entschuldigen, doch schon zu diesem Zeitpunkt fühlte sich die Reise wie eine große Katastrophe an. „Als ich meinen Ansprechpartner bei Lucasfilm am Handy hatte, fiel etwas von der Richmond Bridge und beschädigte das Schiebedach des Autos. Ich sagte dem Fahrer: Fahren Sie einfach weiter, ich werde George Lucas treffen und nichts wird mich aufhalten.”
Als er schließlich zur Skywalker Ranch kam, lud Lucas ihn in sein Büro ein und Filoni versuchte, seine Fragen zu beantworten, während er sich die Buchtitel in seinen Regalen einprägte und im Geiste Bilder von all dem Nippes und den Kunstwerken machte, die die Wände und Tische schmückten. Lucas saß ihm gegenüber und blätterte durch Filonis Portfolio von Zeichnungen. Er schien sehr schnell von einem Bild zum nächsten zu springen.
„Dann schloss er die Mappe und sagte: Wenn ein Jedi-Ritter in einer Situation ist, wo er mit jemandem verhandelt, legt er sein Lichtschwert auf den Tisch und sagt, okay, wir machen es so”, berichtet Filoni. „Und dann fing er an zu beschreiben, wie ein Jedi in einer Verhandlungssituation agieren würde, wie er mit der Macht verbunden ist und wie all das mit dem Szenario von The Clone Wars zusammenhing.” Filoni brauchte einen Moment, um zu begreifen, was geschehen war: Sie legten den Modus ihrer Zusammenarbeit fest. Und die Stelle gehörte ihm.
Filoni und seiner Frau Anne, einer Schriftstellerin und Lehrerin, fiel die Entscheidung, nach San Francisco zu ziehen, leicht. Die nächsten acht Jahre arbeitete er Seite an Seite mit Lucas, um zu erzählen, wie Anakin Skywalker vor seiner Verwandlung in Darth Vader auf den Schlachtfeldern mit Obi-Wan Kenobi und seiner Padawanschülerin, der nicht-menschlichen Ahsoka Tano, kämpfte, einem jungen Mädchen mit unverwechselbaren weißen und blauen Kopfzöpfen anstelle von Haaren und genauso trotzig und klug wie sein Meister. Die Metapher könnte nicht passender sein. Filoni wusste zu überzeugen und Entwicklungen zu forcieren und das Vertrauen, das er sich dabei erwarb, erlaubte es ihm, Lucas' Vision so umzusetzen, dass Beide stärker daraus hervorgingen.
„Eines Tages sagte George: 'Weißt du, warum ich gerne mit Dir zusammenarbeite?'' Und ich sagte: 'Nein, ich habe keine Ahnung'”, erinnert sich Filoni. „Er sagte: 'Nun, Du hörst mir zu.'” Filoni hält kurz inne. „Viele Leute glauben, man müsste ankommen und jemanden beeindrucken. Sie denken, sie werden es ihrem Gegenüber so richtig zeigen und alles basseren machen. Nur selten ist ihnen klar, dass man jemanden beeindruckend kann, indem man einfach nur zuhört.”
Als wir Lucas über Filoni befragten, sagte er das Gleiche: „Ich empfand ihn sofort als sehr aufgeschlossen und als hervorragenden Zuhörer, was ich bewundere, weil es einen Menschen für neue Erfahrungen öffnet.” Für Filonis Erfolge wollte Lucas weit weniger Ehre, als Filoni ihm zugestehen wollte. „Ich habe ihm auf seinem Weg nur Ratschläge gegeben”, so Lucas. Doch Lucas leitete Filoni stets an, die Serie kinoreifer zu gestalten, und gemeinsam prägten Beide jeden Handlungsbogen. Der Rat, den er Filoni für die Zukunft geben würde? „Aufgeschlossen bleiben und erkennen, dass es noch viel zu lernen gibt. Es gibt immer etwas zu lernen.”
Jon Favreau, seines Zeichens kreativer Kopf hinter The Mandalorian, meint, Filoni verstehe „intuitiv, wie man gleichzeitig Lehrer und Schüler sein kann”. Die Beiden sind seit mehr als 10 Jahren befreundet. Damals, 2008, war Filoni damit beschäftigt, die erste Staffel von The Clone Wars abzuschließen, während Favreau bei Skywalker Sound die Tonmischung von Iron Man erstellte. Filoni warb Favreau nicht lange danach an, um dem mandalorianischen Aufständischen Pre Vizsla in der Serie seine Stimme zu leihen.
Als Favreau begann, eine Star-Wars-Fernsehserie zu entwickeln, die auf einem ähnlichen Mietkiller-Antihelden basierte wie dereinst Boba Fett, bat er Filoni, sowohl die erste als auch eine weitere Episode als Regisseur umzusetzen und ihn als Produktionsleiter zu begleiten. Favreau wollte diese direkte Verbindung zum Lucas-Stil des Geschichtenerzählens, und Filoni war begierig darauf, sich endlich an einer Realproduktion zu versuchen. Dave kommuniziert seine Gedanken und Meinungen sehr offen, wenn er denkt, dass ich den falschen Weg einschlage, oder wenn er etwas hat, das er präsentieren will. Gleichzeitig wird er jederzeit bereit sein, umzuschwenken und sich darauf zu konzentrieren, zu lernen, zu fragen und zu verstehen”, beschreibt Favreau die Zusammenarbeit. An der Serie zu arbeiten, so fügt er hinzu, sei für die Beiden, als seien sie Kinder, die mit Actionfiguren im Hinterhof spielen.
Wenn Lucasfilm-Präsidentin die Lucas-Sicht der Dinge kennenlernen will, ruft sie den Star-Wars-Schöpfer einfach an. Die Beiden kennen sich ein Leben lang. Für sie ist Filoni nicht deshalb eine lebenswichtige Ressource, weil er eine Lucas-Enzyklopädie auf zwei Beinen ist, sondern weil er sich das, was er von ihm über Mythos, Filmemachen und Technologie gelernt hat, zu Herzen genommen hat. „Es gibt nichts, was wir in Sachen Storytelling tun, was ich nicht mit Dave bespreche”, erzählt Kennedy. „Mit Dave setzt man sich nicht einfach zusammen, um eine Diskussion über die Handlung zu führen oder Figuren innerhalb der Welt von Star Wars zu betrachten. Mit ihm führt man stets bedeutsame, durchdachte Debatten darüber, was wir innerhalb unserer Geschichten zu sagen versuchen. Er hat enorm viel Einfühlungsvermögen.”
Als Filoni Interesse an der Regie von Realproduktionen bekundete, schickte Kennedy ihn auf Erkundungsmissionen zum Dreh von Star Wars: Das Erwachen der Macht und Star Wars: Die letzten Jedi, um zu sehen, wie J.J. Abrams und Rian Johnson arbeiteten. Dieser Tage ist Filoni damit beschäftigt, an der zweiten Staffel von The Mandalorian mit Favreau zusammenzuarbeiten und gleichzeitig den Abschluss von The Clone Wars fertigzustellen. Danach ist alles möglich, außer Lucasfilm zu verlassen. „Es steckt zu viel von Pittsburgh in mir”, meint er. „Ich habe mich hier sehr bequem eingelebt.”
Die Reise des Helden endet natürlich immer mit der Verwandlung. Nach all der Zeit ist Filoni zum weisen Alten geworden, und es ist nun an ihm, weiterzugeben, was er gelernt hat. Noch ist sein Bart nicht so grau wie der von Lucas, doch eines Tages wird er derjenige sein, der einer neuen Generation, die mit der Liebe zu seinen Geschichten aufgewachsen ist, seine Erfahrungen mitgibt.
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L0rd Helmchen
Darth Duster
Administrator
Sehr schönes Porträt. Ich schätze Filoni auch sehr. Er hat einfach genau verstanden, worauf es bei Star Wars ankommt. Ich hoffe wirklich, "The Mandalorian" öffnet ihm den Weg, bald auch einen Kinofilm im Star Wars Universum umsetzten zu dürfen. Dabei muss es dann gar nicht über die Klonkriege, oder die Crew der Ghost gehen. Bei Filoni dürfte jedes Star Wars-Thema in guten Händen sein.
CmdrAntilles
Man hätte ihn mit dem Schreiben einer verbindliche Outline für die Sequel-Trilogie betrauen sollen. Die Leute die mit der Sequel-Trolige zufrieden sind wären auch damit sicherlich zufrieden gewesen und von den Leuten die die Sequels hassen, davon gäbe es vermutlich ein paar weniger.
Ich bin erstaunt das man ihm noch keine größere Rolle und mehr Kontrolle über die Marke gegeben hat denn er ist vermutlich einer der Wenigen bei Disney die Star Wars verstehen und sich abseits von monitären Interessen dafür begeistern können. Liegt es nur daran das der Name nicht groß genug ist?
(zuletzt geändert am 08.11.2019 um 15:16 Uhr)
Sylend
Schönes Potrait!
Aber weder Rebels noch Resistance konnten an den Erfolg von CW anknüpfen, folgt man diesem absteigenden Ast, ist fraglich, ob The Mandalorian wirklich mehr bieten kann. Daher kann ich die Huldigung Filonis hier in den Kommentaren nicht wirklich nachvollziehen. Vor allen soll er bitte die Finger von lieb gewonnenen Legend-Charakteren lassen.
murksSP
Nach der unschönen Sache mit Benioff & Weiss liegt jetzt irgendwo bei Lucasfilm eine Trilogie ohne geistigen Vater, bzw. Väter rum. Und sollte Rian Johnson - aus welchen Gründen auch immer - doch nicht noch mit dieser Aufgabe betraut werden, dann kann, soll und muss die Lösung für die vakante Stelle Dave Filoni lauten.
Anakin 68
Darth Duster
Administrator
@murksSP
Also mir persönlich hat zum Beispiel Rebels sogar besser gefallen als TCW. Ob die Serie jetzt mehr oder weniger erfolgreich ist, spielt für mein persönliches Empfinden keine Rolle. Und auf der anderen Seite fand ich es immer toll, wie Filoni bekannte Figuren aus dem EU in den neuen Kanon eingebaut hat.
CmdrAntilles
Filoni ist wahrlich ein Schüler des Meisters, ja.
TCW stieß damals natürlich auch auf Kritik. Aber die Serie half, die Prequels besser zu machen.
Für mich ist Dave Filoni einer der besten Leute, die mit Star Wars involviert sind. Hier sieht man ganz, ganz schnell: Der Mann ist ein Fan. Der liebt das Franchise genau so, wie wir alle.
TCW und Rebels haben das Franchise echt wieder belebt. Und ich hoffe, wir bekommen noch so einige tolle Sachen von ihm zu sehen.
Das Foto ist schön! Und ich glaub, Jon Favreau kann man da genau so vertrauen.
Man kann von den Sequels halten, was man will. Aber Star Wars lebt - und bleibt lebendig, dank solchen wunderbaren Leuten. "Von Fans für Fans" ist immer noch das Beste.
Sashman
Als grosser Fan von TCW muss ich leider sagen, daß ich den Hype rund um Dave Fillioni nicht verstehen kann.
Fande Star Wars Rebels über weite Strecken sehr schwach und dieses Serie bot leider einige peinliche Dinge, sowas habe ich zuletzt beim Holiday Spezial gesehen.
Singende Droiden im Weltall, Helicopter Lichtschwerter, Machtsensitive riesen Wölfe und Zeit Reisen
Über Resistance schreibe ich lieber nichts, klar werde viele jetzt schreiben, Rebels und Resistance sind für ein noch Jüngeres Publikum aber trotzdem kann man einiges besser machen.
BeTa
Ich hatte mal vor längerer Zeit - trotz meiner frühen Begeisterung für TCW - meine Zweifel darüber geäußert, ob ich Filoni ein Real-SW-Projekt zutrauen würde.
Aber spätestens nach dem 1. Teaser zu TM, wenn nicht schon nach dem Bühnentalk zusammen mit Jon Favreau auf der Celebration, sah ich mich gezwungen, dieses Vorurteil zu revidieren. Da sieht man gut, dass man allein anhand von ein, zwei Animationsserien gar nicht voll über die Leistungsmachenschaften eines Menschen urteilen kann. Und wie wenig man einen Lucasfilm-Angehörigen einschätzen kann, wenn man kaum etwas über seinen Werdegang weist.
Gut, dass es heute anders ist, auch dank dieses schönen Porträt-Artikels (glücklicherweise aber auch schon früher; diversen Interviews, dem "Art-of-TCW"-Buch und dem generellen Auftreten Filonis sei Dank).
Ich bin überzeugt, dass Filoni & Co mit TM astreine Arbeit abgeliefert haben - und denke, wenn mal wirklich eine Real-Life-Adaption von Ahsoka irgendwo in irgendeinem SW-Projekt in der Mache sein sollte, werden die ubei Lucasfilm/Disney genau wissen, an wen sie sich zu wenden haben ...
STARKILLER 1138
Redakteur
BeTa
@ BeTa
TM ist für mich das Beispiel einer Serie in der viele fähige Köpfe zusammengefasst sind und etwas besonderes auf die Beine gestellt haben. Diese Arbeitsweise ist ganz weit weg von der One Man Show George Lucas. Und mittendrin ist Filoni der als wirklicher SW Versteher Impulse geben kann, aber auch von anderen lernen kann. Für mich ist er " das " Bindeglied zwischen Alt LF und Disney LF, dazu ist er Fan durch und durch. Sagen wir mal so, wenn die kommende Trilogie wirklich was reißen soll, gehört er für mich dazu. Da muß es auch kein Regieposten erstmal sein, gibt genügend andere Vakanzen in der er rein passt, diese Vielseitigkeit die ihm gegeben ist zeichnet ihn mehr als nur aus.
Ich kann diese ganze vorgeschobene Kritik von einigen Fans an seine Person nich verstehen, frage mich da öfters ob der Hang der Unzuftiedenheit mehr wiegt, als die Begeisterung über das Franchise. Die moderne Internet Inquisition hat bei LF immer die drei gleichen Köpfe als Ziel. Sehe seine Mitarbeit an TM doch positiv, er bringt sich mit ein und lernt gleichzeitig noch dazu, ein Filmprojekt mit seiner Beteiligung sähe ich persönlich gerne.
Henry Jones Jr
Darth PIMP
benborchie
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