Seit langem steht Hollywood dafür in der Kritik, der jüngeren Generation falsche Vorbilder vorzusetzen und oberflächliche Standards zu definieren. Schönheit und auch nur schöner Schein gehen offenbar vor Wahrheit, die Idealversion eines Menschen ist Bo Derek. Doch gäbe man Kindern bei der anstehenden US-Präsidentschaftswahl das Wahlrecht, würde sich wohl schon bald jemand durchsetzen, den niemand als Inbegriff der Schönheit bezeichnen würde. Der neue Mr. Right ist ein körperlich wenig ansprechender Prophet, 1 Meter kleiner als Jimmy Carter und 800 Jahre älter als Ronald Reagan. Die Rede ist selbstverständlich von Yoda, dem Apostel der Macht, der in der brandneuen Krieg der Sterne-Fortsetzung Das Imperium schlägt zurück eine entscheidende Rolle einnimmt. Schon jetzt stimmt Amerika mit den Füßen ab. In der Eröffnungswoche des Films waren die Schlangen an den Kinokassen noch länger als beim ersten Teil, der, wie jedermann weiß, mit Einnahmen von über 400 Millionen Dollar jeden Film in der Geschichte in den Schatten stellte.
Die Weltpremiere von Das Imperium schlägt zurück - und damit auch von Yoda - war ein Benefizspektakel im Kennedy Center in Washington zugunsten von Eunice Shrivers Special Olympics-Organisation. Mark Hamill, Carrie Fisher, Harrison Ford und Billy Dee Williams vertraten das Schauspielensemble, genau wie Kenny Baker, der erneut - buchstäblich - in die Rolle von R2-D2 schlüpfte. Doch obwohl R2 noch immer großen Charme besitzt, ist er nur ein geistiger Grashüpfer verglichen mit Yoda, der von der Menge - darunter Präsidententochter Amy Carter - in Sprechchören gefeiert wurde. "Ich glaube, die Kinder haben erwartet, dass er mit Zylinder, Frack und Limousine auftaucht.", meint Hamill schmunzelnd. "Aber ich glaube, wir müssen uns keine Sorgen machen, dass Yoda nach Hollywood kommen könnte." Da dürfte er Recht haben, denn die Produzenten haben die 66 cm große Yoda-Puppe von allen öffentlichen Auftritten ausgenommen, um die Magie zu erhalten.
Amy Carter überredete ihre Eltern, sie den Film noch einmal sehen zu lassen und war besonders enttäuscht, Yoda nicht live und in Farbe sehen zu können. "Oh, ich liebe ihn einfach und die Art, wie er mit den Ohren wackelt.", erklärte sie. "Er war so süß. Er hat die Stimme von einem Muppet, oder? Ich bin nur nicht sicher, von welchem." Amy hat wirklich gute Ohren. Der Mann hinter, oder vielmehr unter Yoda ist Frank Oz, der ebenfalls Bert, Grobi und das Krümelmonster in der Sesamstraße spielt und natürlich auch das Tier, Fozzie Bär, Marvin Suggs, Sam den Adler und die große Diva Ms. Piggy in der Muppetshow, sowie dem Muppet-Kinofilm von 1979.
Wenn die Hand, die die Wiege schaukelt, tatsächlich die Welt regiert, muss die Hand, die diese beliebten Figuren zum Leben erweckt, zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten im Showgeschäft gehören, doch der 36jährige Oz, der in Großbritannien geboren wurde und später die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm, ist ein zurückhaltender Mann. "Mir wurden ein wunderschönes Konzept, gute Dialogzeilen und die eigentliche Figur gegeben.", zählt er den Beitrag der von dem genialen Krieg der Sterne-Erfinder George Lucas geführten Kreativabteilung auf. "In Yoda konnte ich Geduld, Weisheit, Stärke und Humor sehen. Ich war einfach nur die Person, die all das in einer warmen, lebendigen Person vereint hat." Yoda wurde von dem britischen Maskenbildner Stuart Freeborn geschaffen, der bereits an Chewbacca dem Wookiee maßgeblich mitgearbeitet hatte. Genau genommen schuf Freeborn nicht einen, sondern ein halbes Dutzend Yodas und verwendete dazu bündelweise Draht, Elektrokabel, eine komplexe Hydraulik, jede Menge Latexhaut und echtes menschliches Haar. Yodas weltkluge Augen beruhen auf denen Albert Einsteins.
Die Yoda-Szenen wurde in zwei jeweils sechstägigen Drehperioden in England gefilmt, wo Lucas nur 15 Minuten von Ozs Haus in London entfernt, eines der größten Filmstudios der Welt errichtet hat. "Mach ihn einfach wunderbar.", wies Lucas Oz an. Nach etwas Lampenfieber, tat Oz genau das. "Zuerst weiß der Körper, was er tut, dann weiß der Verstand, was er tut, und dann fängt man an zu arbeiten.", erklärt Oz frei nach Yoda. "In 20 Jahren als Puppenspieler stand ich nie vor einer größeren Herausforderung."
Regisseur Irvin Kershner gibt bereitwillig zu, dass er Yoda zunächst - aufgrund von Problemen bei den Dreharbeiten - hasste. "Er hat mir Angst gemacht. Aber im Laufe der Dreharbeiten habe ich ihn lieben gelernt. Er war völlig real." Die Kulissen von Yodas Sumpfplaneten Dagobah waren so triefend echt, dass alle in Gummistiefel herumliefen und den Planeten nur noch den "Kloplaneten" nannten. Um sich vor der schlechten Luft zu schützen, die durch Mineralöl verursacht wurde, mussten Oz und Kershner Sauerstoffmasken tragen. Außerdem war Oz - ein 1,90m-großer Mann - gezwungen, sich in einen kleinen Bunker zu zwängen, von dem aus er Yoda steuern musste. "Was die technischen Schwierigkeiten angeht, war es, als hätte man Ketten um den Hals und an Händen und Füßen, würde ins Wasser gestoßen und müsste dann aus 8 Metern Entfernung Anweisungen geben.", stöhnt Kershner. Am Ende verwendete der Regisseur Fernsehbildschirme und Funkgeräte, um Oz und seinen Assistenten dabei zu helfen, Yodas Augäpfel, -lider, Wangen, Zunge, Lippen und Ohren mit unsichtbaren Fäden zu steuern und Yoda so mit den Augen rollen, ihn zwinkern, essen und die Stirn runzeln zu lassen. Einzig in einer Szene kam ein kleinwüchsiger Darsteller als Ersatzmann für Yoda zum Einsatz.
Da überrascht es nicht, dass es jeweils vier Stunden dauerte, um zwei Zeilen Dialog zu filmen. Als es dann zu Spannungen im Filmteam kam, lockerte Oz die Atmosphäre mit Witzen im Yoda-Stil auf. In Das Imperium schlägt zurück übernimmt Yoda Obi-Wan Kenobis (Alec Guinness) Rolle, dem ungestümen Luke Skywalker (Hamill) die Weisheiten der Jedi-Ritter einzutrichtern. Als Hamill Yoda an einem besonders schwierigen Drehtag mit ernster Stimme erklärte, er folge nur seinen Gefühlen, ließ Oz plötzlich Ms. Piggy auftauchen, angetan mit einem lavendelblauen Kostüm und langen Handschuhen. "Gefühle? Du willst Gefühle? Komm hinter dieses Sofa, und ich zeige Dir Gefühle, Du kleines Ferkel!", quiekte Ms Piggy. "Wo zum Teufel sind wir hier überhaupt? Ruft sofort meinen Agenten an. Ich bin ja schon in so einigen miesen Schuppen aufgetreten, aber so was habe ich noch nie erlebt." Während das Drehteam in wildes Gelächter ausbrach, stimmten Hamill und Piggy gemeinsam Morris Alberts Lied Feelings an. Kershner zuckte währenddessen merklich zusammen. "Über alles andere konnte ich lachen, aber nicht über Yoda.", erzählt der Regisseur. "Er musste für mich eine echte Person mit Geist und Gefühlen bleiben."
Diese Haltung ist selbstverständlich der Brillianz des Mannes geschuldet, der als Richard Frank Oznowicz zur Welt kam, einen Namen, den er offiziell natürlich stolz weiterführt. Ozs jüdisch-katholische Familie floh vor den Nazis aus Belgien nach England und ließ sich schließlich im kalifornischen Oakland nieder. Sein Vater arbeitete als Schaufensterdekorateur, und beide Eltern waren leidenschaftliche Amateurpuppenspieler. Schon mit 12 Jahren verdiente Oz mit Marionettenvorführungen bei der Eröffnung von Einkaufszentren und Geburtstagsfeiern bis zu 50 Dollar pro Auftritt.
Auf einer Puppenspielermesse wurde Muppet-Mogul Jim Henson auf Ozs Talent aufmerksam. Vier Jahre später hatte Oz eigentlich bereits beschlossen, dass es "dämlich war, weiter mit Puppen zu spielen" und studierte Journalismus am Merritt-College in Oakland, als er von Henson das Angebot bekam, sich dem Muppet-Team in New York beizutreten. Seine erste Begegnung mit dem Muppets war der Hund Rowlf in der Jimmy-Dean-Show, bevor er über die Sesamstraße zur Muppetshow kam. Als die Krieg der Sterne-Produzenten Jim Henson nach einem Puppenspieler für Yoda fragten, empfahl er ihnen Oz.
"Jim hat mich so vollkommen unterstützt, dass ich mir nie vorstellen könnte, ihn zu verlassen.", erzählt Oz über seine 17jährige Zeit bei den Muppets. Zurzeit ist er der Koproduzent des nächsten Muppet-Kinofilms und arbeitet mit Henson zusammen an einem muppetfreien Fantasyfilm namens Der Dunkle Kristall. Frank würde gerne weiter als Regisseur arbeiten, Filme produzieren und auch vor der Kamera mitwirken. Im neuen Film Blues Brothers mimte er einen Gefängniswärter. "Für mich geht es langsam aber stetig aufwärts.", meint Oz. "Alles läuft so wunderbar wie es nur laufen kann. Das Einzige, was mir jetzt fehlt, ist Zeit."
Das spürt er vor allem seit seiner Heirat mit der 27jährigen Robin Garsen, einer aufstrebenden Malerin und früherem Fotomodell, im letzten Dezember. Sie begegneten einander bei den Dreharbeiten zum Muppet-Kinofilm, wo sie in der künstlerischen Abteilung aushalf. Robin war geschieden, und als sie zusammenzogen, war dies Ozs erste derartige Beziehung. Später musste er ihre Flitterwochen auf Hawaii um zwei Tage abkürzen, um Yodas Stimme aufzunehmen. Zur Zeit leben die Beiden zur Miete in einem Dreizimmerhaus im Londoner Stadtteil Hampstead. Außerdem haben sie eine 6-Zimmer-Eigentumswohnung in Manhattan und wollen sich nun noch ein Haus am Lake Tahoe, auf der Grenze zwischen Kalifornien und Nevada zulegen, um Ski zu fahren und zu segeln. In London pflegen die beiden konservativere Hobbys: Theaterbesuche, Lesen und Joggen, was es Oz erlaubt, sich seiner Vorliebe für Junk Food hinzugeben. Ab und zu raucht er Zigarre oder Pfeife - "wenn ich intellektuell wirken möchte" - und trinkt Champagner oder Wein. Robin meint, dass "Frank jedes Thema ernst nimmt, sogar den Humor." Ab und zu verfällt er trotzdem in die Albernheiten eines Fozzie Bärs, und sie sieht hier und da all seine Puppencharaktere in ihm. "Frank ist sehr süß", fasst sie ihren Mann zusammen, "und lässt sich von seinem Erfolg nicht benebeln."
Angesichts von Lucas' großen Plänen für 7 weitere Krieg der Sterne-Fortsetzungen und seine Neigung, seinen Mitarbeitern Prozentpunkte einzuräumen, sollte Oz für die nächsten Jahre in Sachen Zigarren, Junk Food und Erfolg ausgesorgt haben. Noch hat er den Vertrag für den nächsten Teil, Die Rache der Jedi-Ritter, der in drei Jahren ansteht, zwar nicht unterzeichnet, aber die Macht scheint mit ihm zu sein - und mit Yoda. Wie Kershner meint, "auf eine verrückte Weise, hoffe ich, dass Yoda eine Person der 80er Jahre ist, dass die Menschen ihrer selbst mehr und mehr bewusst werden und dass sie Yodas Mitgefühl und Weisheit in sich aufnehmen. Wir könnten das zumindest gut gebrauchen."