Das Leben und Wirken von George Lucas beschäftigt Journalisten und Filmhistoriker bereits seit den Anfängen seiner Karriere, als Lucas mit seinem Studentenfilm Electronic Labyrinth: THX 1138 4EB im Jahr 1967 für Aufsehen sorgte, bevor er in den 70er Jahren zuerst zu einem der prägenden Vertreter der New-Hollywood-Generation wurde und wenige Jahre später mit dem Erfolg seines Blockbusters Krieg der Sterne deren Ende einleitete.
Die ersten zwei Jahrzehnte von Lucas' Arbeit beleuchtete der amerikanische Filmprofessor Dale Pollock in detailreichen Hintergrundberichten bereits 1983. Damals entstand in Zusammenarbeit mit Lucas und gestützt auf umfangreiche Recherchen und Gespräche mit Lucas' Mentor Francis Ford Coppola und zahlreichen Zeitgenossen die authorisierte Biographie Skywalking. 1999 legte Pollock zum Start der Prequel-Trilogie eine erweiterte Ausgabe dieser Biographie vor, die jedoch deutlich distanzierter ausfiel, da Lucas mit Pollocks Arbeit reichlich unzufrieden gewesen war und sein Verhältnis zu Coppola als verzerrt dargestellt empfand.
Nach Skywalking folgten wohl auch deshal praktisch nur noch Magazinartikel und Essays über ihn, die im besten Fall auf authorisierte Interviews zurückgriffen, sich für gewöhnlich aber auf Filmbesprechungen oder technische Beschreibungen von innovativen Lösungen bei Industrial Light & Magic und Lucasfilm beschränkten, weil Lucas kein zweites Mal einen Autor so nah an sich heranlassen wollte. Eine vollwertige Biographie über Lucas' gesamte Karriere, die der heute 73 Jahre alte Filmemacher 2012 offiziell beendete, um sich auf seine jahrzehntelang angekündigten Kunstfilme, die Förderung von Bildungsprojekten in Amerika, sein Museum über erzählende Kunst in Los Angeles und seine Familie zu konzentrieren, lag damit bislang nicht vor.
In diese Lücke stößt nun der amerikanische Autor Brian Jay Jones, der sich mit Biographien über den amerikanischen Autor Washington Irving und den Filmemacher und Puppenspieler Jim Henson einen Namen gemacht hat und, wie ein Rezensent über ihn schrieb, „eine Vorliebe für leicht schräge amerikanische Genies zu haben scheint”. Jones selbst formuliert seinen Anspruch etwas anders: „Ich mag Menschen, die wir verrückte Träumer nennen und schreibe gerne über ihren kreativen Prozess. Was brachte Washington Irving dazu, Rip van Winkle in einer einzigen fiebrigen Nacht zu verfassen? Wie machte Jim Henson das Handwerk des Puppenspielers massentauglich? Wie fühlt sich George Lucas, der Schreiben mit Bluten verglich, wenn er vor einem leeren Blatt sitzt und versuchte, Ideen für sein Flash-Gordon-Ding zu Papier zu bringen?”
Sein Buch George Lucas: A Life, das im vergangenen Dezember in den USA und heute unter dem Titel George Lucas: Die Biografie im Hamburger Verlag Edel-Books in deutscher Sprache erscheint (Übersetzung: Ursula Fethke, Ronit Jariv, Kathrin Jurgenowski), setzt – anders als Skywalking – mehrheitlich nicht auf neue Interviews mit Lucas oder seinen Wegbegleitern, sondern stützt sich vor allem auf bereits vorliegendes Material wie die oben genannten Presseartikel. Dazu fließen Informationen aus Interviews mit den Regisseuren Randal Kleiser, John Korty und Paul Golding sowie Star-Wars-Produzent Gary Kurtz und Jim Hensons Produzent Lawrence Mirkin ein.
Auch Jones selbst bezeichnet sein Buch „größtenteils [als] Archivprojekt, was bedeutet, dass ich dafür so ziemlich alle verfügbaren Bücher und Zeitungs- oder Zeitschriftenartikel gelesen und alle Interviews mit Lucas studiert habe, die ich auftreiben konnte.” Das Buch setzt mit einem Prolog ein, der ins Jahr 1976 zurückführt, als Lucas in der Wüste Tunesiens sicher war, dass sein laufendes Projekt – Krieg der Sterne – zum Scheitern verurteilt war, und ist danach als Trilogie gestaltet: Im ersten, Hoffnung überschriebenen Teil wird Lucas' Kindheit und Jugend in den 40er und 50er Jahren, sein Weg zum Film und die Entwicklung hin zu seinem ersten Kinoerfolg American Graffiti geschildert, Teil 2 widmet sich unter dem Titel Empire den Jahren der klassischen Trilogie. Teil 3 schließt die Betrachtung von Lucas' Leben mit den 33 Jahren zwischen dem Abschluss der klassischen Trilogie und dem Erscheinungstermin der Biographie 2016 ab.
Diese Dreiteilung ist gerade vor dem Hintergrund von Skywalking gleichermaßen die Stärke und Schwäche von Jones' Buch: Völlig zurecht widmet er sich ausführlich den prägenden Jahren von Lucas' Leben – seiner Kindheit als gelangweilter Schüler und begeisterter Comic- und TV-Fan, seiner Jugend als Möchtegern-Rennfahrer und leidenschaftlicher Auto-Bastler und seinem Weg zum filmischen Übervater Coppola und ins Filmgeschäft – und den wichtigen 10 Jahren von der Idee zu Krieg der Sterne bis zum Abschluss der klassischen Trilogie, die den Namen George Lucas unsterblich gemacht haben. In diesen ersten beiden Teilen kann Jones glänzen, indem er das umfangreich vorhandene Material klug kombiniert und so ein chronologisches Narrativ schafft, das in Einzelbetrachtungen, wie auch wir sie in diversen Zeitreisen immer wieder mal in Erinnerung rufen, natürlich untergeht.
Oberflächlich bleibt das Buch aber leider da, wo dieser reiche Quellenschatz fehlt, d.h. bei der Betrachtung des vielleicht spannendsten Teils von Lucas' Leben: Die Jahre nach dem großen Erfolg, die persönliche und auch wirschaftliche Krise nach Lucas' Scheidung, der Weg hin zur digitalen Revolution, die Entwicklung der Prequels und die Neuausrichtung von Lucasfilm nach 2003 sowie Lucas' Ausstieg aus seinem eigenen Lebenswerk. Für diesen dritten Teil hätte Jones, um dem Anspruch gerecht zu werden, den er sich in Teil 1 und 2 selbst setzt, neue Quellen aus Lucas' Umfeld erschließen, bzw. selbst Recherchen anstellen müssen. Da dies nicht geschehen ist, überrascht es nur wenig, dass 30 Jahre von Lucas' Leben knapper abgehandelt werden, als zuvor 10.
Kleinere Details sind aber selbst in diesem dritten Teil einen Blick wert. Ein Beispiel hierfür ist die Neueinordnung des Wegs hin zum Verkauf von Lucasfilm an Disney. Jones sieht diesen nicht in Zusammenhang mit negativen Reaktionen auf die Star-Wars-Blu-rays, wie teilweise vermutet, oder auf Probleme mit dem Bau seines eigenen Filmstudios in Kalifornien, sondern verknüpft ihn mit der niederschmetternden Premiere von Red Tails, nach der Lucas erklärt habe, er wolle aufhören und seine Firma hinter sich lassen. Daneben gibt es im Buch Aussagen zu vertraglichen Zusagen zu Lucas' Konzepten für die Sequels, die durchaus für Diskussionen sorgen könnten.
So ist Jones' Darstellung unterm Strich als Erfolg zu werten: Zum einen, weil nun überhaupt eine Biographie vorliegt, die das „gesamte” Lebenswerk von Lucas beleuchtet, auch wenn dies teils nur oberflächlich geschieht und zum anderen, weil es Jones gelingt, gerade für die Zeit bis Mitte der 80er Jahre ein Bild von Lucas zu zeichnen, das die Widersprüche von dessen Persönlichkeit plastisch einfängt: Gesellschaftlicher Rebell und konservativer Geschäftsmann, technischer Erneuerer und traditioneller Erzähler, Hollywood-Exilant und gefeiertes Idol einer ganzen Generation von Filmschaffenden.
George Lucas: Die Biografie ist ab heute für 24,95 € im gut sortierten Buchhandel oder direkt bei Amazon.de erhältlich.
Seite 1
Wird das erste Buch sein, dass ich mir kaufe und sich persönlich mit Lucas befasst.
"die Widersprüche von dessen Persönlichkeit plastisch einfängt: Gesellschaftlicher Rebell und konservativer Geschäftsmann, technischer Erneuerer und traditioneller Erzähler, Hollywood-Exilant und gefeiertes Idol einer ganzen Generation von Filmschaffenden."
"Daneben gibt es im Buch Aussagen zu vertraglichen Zusagen zu Lucas' Konzepten für die Sequels, die durchaus für Diskussionen sorgen könnten. "
Sind auch die Dinge, die mich eigentlich interessieren.
Eigentlich überhaupt das einzige Biografiebuch, dass mir dann je gekauft habe.
(zuletzt geändert am 06.10.2017 um 12:39 Uhr)
OvO
McSpain
Vielen Dank für die Rezension. Ich hatte schon länger mit dem Gedanken gespielt, mir diese Biographie zuzulegen, war mir aber nicht sicher, ob es sich lohnt. Schade, dass in den dritten Teil von Lucas Karriere so wenig Arbeit eingeflossen ist, gerade da hatte ich mir viel erhofft. Aber die Treatment-Sache treibt mich dann doch dazu, es mir zu bestellen.
@ McSpain:
- "Es gibt also noch Leute die Glauben es hätte jemals neun Episoden gegeben?"
Es gab doch mal neun Episoden.
George W Lucas
"Jones sieht diesen nicht in Zusammenhang mit negativen Reaktionen auf die Star-Wars-Blu-rays, wie teilweise vermutet, oder auf Probleme mit dem Bau seines eigenen Filmstudios in Kalifornien, sondern verknüpft ihn mit der niederschmetternden Premiere von Red Tails, nach der Lucas erklärt habe, er wolle aufhören und seine Firma hinter sich lassen."
Interessant. Die US-Premiere von "Red Tails" war im Frühjahr 2012. Dies würde chronologisch in die Aussage von Lucas` Sohn Jett passen, wonach sein Vater genau zu dieser Zeit damit begonnen habe, intensive Recherchen für die ST-Trilogie durchzuführen. Dies würde erklären, weshalb Lucas seine früheren ST-Pläne, die er zuvor ad acta gelegt hatte, wieder aufnahm.
"Daneben gibt es im Buch Aussagen zu vertraglichen Zusagen zu Lucas' Konzepten für die Sequels, die durchaus für Diskussionen sorgen könnten."
Klingt überaus brisant. Wird dieser Umstand im Buch näher erläutert?
DerAlteBen
@mcspain
Ja, die gab es. Als ich 1980 in der Premiere von TESB war, war das bekannt. Hatte mich gefreut auf so viel Krieg der Sterne und dann war 1983 Schluss. Ja es waren 9 Teile. Das hat damals auch Gary Kurtz gesagt und im Filmkurier dezember 1980 war das auch zu lesen. Die Ausgabe hab ich sogar noch
(zuletzt geändert am 07.10.2017 um 00:40 Uhr)
Es ist schwer noch etwas zu schreiben, wenn es die Rezension auf den Punkt bringt!
Ich will hier nur nocheinmal das, was Aaron schon ausgeführt hat, zusätzlich betonen: Es in der Tat eine Archivarbeit. Wenn man - wie ich - sich bereits über Jahre durch Bücher, Magazine, "you name it" mit Lucas auseinandergesetzt hat, erfährt man nichts Neues. Aber gut, nur wenige werden sich diese Fülle an Primär-Quellen angeschafft haben, aber sehr viel davon ist ja auch im Internet oder durch andere Sekundärliteratur schon im Umlauf.
Als das, was es ist, macht das Buch seine Sache aber recht gut. Es ist somit eine schöne Zusammenfassung des Lebens von Lucas - anhand des bereits vorliegenden Materials. Und es ist ja auch schön, das mal zu haben.
Die von Aaron beschriebene Schwäche, dass die letzten Jahre deutlich oberflächlicher behandelt werden, würde ich zudem nochmal kritischer bewerten. Natürlich ist es der mangelnden Faktenlage geschuldet. Und statt eigene Erkundigungen zu tätigen - und sich z.B. an die Fersen des davon galoppierenden Rinzlers zu heften - begnügt sich der Autor damit, die dünnen Fakten anzuführen und gewisse - entsprechend nicht ausreichend begründete - Schlussfolgerungen zu ziehen. Klar, sein Ziel war es, eine möglichst flüssige Lebensgeschichte für den allgemein Interessierten zu "erzählen" - und nicht für den well informed reader. Hierfür wäre es nämlich nötig gewesen, die fraglichen Aspekte in ihrer Gänze als genau das anzuführen und evtl. Abwägungen zu machen. Das wäre dann in einer guten Grundlagenarbeit resultiert, auf der spätere Forscher hätten aufbauen können. Doch das will das Buch nicht sein - und dafür bleiben dann z.B. auch widersprüchliche Aspekte völlig unerwähnt. Dies resultiert dann jedoch in einem verkürzten, undifferenzierten und evtl. sogar falschen Bild (bzgl. gewisser Aspekte!). Und dies trifft sogar auf einige Aspekte aus dem früheren Leben zu. Insgesamt sind das aber wenige Aspekte und dies macht das Werk wahrlich nicht zu einer schlechten Biographie. Man sollte sich dieser Umstände allerdings bewusst sein.
Allen, die sich erstmalig mit Lucas' Leben und den entsprechenden Hintergründen zu "Star Wars" auseinandersetzen wollen, ist dieses Buch zu empfehlen. Und ich würde es ja begrüßen, wenn sich manche Fans dieser Hausaufgabe mal widmen würden. Ich hoffe allerdings nicht, dass dies dazu ausartet, dass in Diskussionen zukünftig angeführt wird, dass in der Biographie doch XYZ steht, denn - aus den erläuterten Gründen - stellt das Werk in einigen Belangen keine abschließende Expertise dar.
Für alle, die sich als "Star Wars"-/Lucas-Forscher betrachten, wird der Rückgriff auf die Primärquellen also weiterhin relevant bleiben, um den noch laufenden Diskurs voranzubringen.
Aber um hier nicht negativ zu enden, will ich noch einemal betonen: Das Buch ist das, was es sein will - und diesbezüglich ist es ziemlich top!
@OvO/(User)George W Lucas/DerAlteBen
Ich muss euch enttäuschen. Wir - die sich hier ja schon intensiv damit auseinandergesetzt haben - erfahren NICHTS (!) Neues zu diesen Aspekten. Die Aussagen des Autor kommen aus den uns bekannten Quellen - allen voran aus dem Bloomberg Interview und aus den - uns ebenfalls bekannten - späteren Wortmeldungen von Kennedy/Lucas&Co. Insofern beschränkt sich der Part mit den "vertraglichen Zusagen" auf die aus dem Bloomberg-Artikel entnommenen Aussage von Lucas, dass die Treatments zum Deal gehören, während Iger im gleichen Artikel klarstellt, dass Disney nach dem Deal das letzte Wort hat.
Der Autor geht nicht darüber hinaus und hat nicht in Erfahrung gebracht, ob oder inwiefern auch eine Umsetzung im Deal verankert wurde - oder allein, inwiefern so etwas überhaupt möglich ist. Zudem lässt er andere Aspekte dieser Kontroverse völlig unerwähnt. In diesem Bereich, sind wir auf anderem Wege deutlich ausführlicher informiert, als es über dieses Buch möglich wäre.
@DerAlteBen
Zum Thema "Red Tails" etc.
Auch hier kann ich minimal ergänzen: Die Biographie vermittelt diesen Eindruck vorrangig aufgrund des zeitlichen Ablaufes. Dass Lucas vom Abschneiden des Films "Red Tails" enttäuscht war, ist klar - und hätte er sich bei anderem Verlauf tatsächlich - wie geplant - auf Fortsetzungen hierzu konzentriert, hätte er sich wohl auch nicht um die SW-Treatments gekümmert. Allerdings deutet das Buch auch darauf hin, dass er kontinuierlich an "Star Wars" arbeitete und diesen Prozess so gestalten wollte, dass er sich nach und nach zurückziehen konnte - was zunächst nicht mit einem so frühen Verkauf gleichzusetzen ist. Und wir wissen ja, dass er die ST und die Stand-Alones ja wirklich noch selbst ins Rollen bringen wollte.
Zudem lässt der Autor andere Hintergründe - z.B. die, die ich hier schon häufiger angebracht habe und die auch von Rinzler in einem Blog-Kommentar nahezu bestätigt wurden - unberücksichtigt. Insofern handelt es sich bei der "Red Tails"-Schlussfolgerung um eine sehr eigene des Autors - ohne dass er z.B. eine konkretere Aussage hierzu eines Insiders etc. ins Feld führen könnte. Aber das meine ich gar nicht als Kritik, denn - wie schon gesagt - es ist nichtmal so, dass er diese Schlussfolgerung postuliert, sondern lediglich dass sich dieser Eindruck durch die (z.T. begrenzte) Schilderung der Ereignisse einstellt.
@Aaron
Zitat:
"1999 legte Pollock zum Start der Prequel-Trilogie eine erweiterte Ausgabe dieser Biographie vor, die jedoch deutlich distanzierter ausfiel, da Lucas mit Pollocks Arbeit reichlich unzufrieden gewesen war und sein Verhältnis zu Coppola als verzerrt dargestellt empfand."
Nur damit ich das nicht falsch verstehe: Ich habe die Erstauflage, die ich auch gelesen habe, und später habe ich mir auch die erweiterte Fassung zugelegt, in der ich aber bisher nur die offensichtlichen Ergänzungen gelesen habe - da ich dachte, dass der alte Text unangetastet geblieben ist. Das ist doch richtig, oder wurde der ursprüngliche Text-Korpus auch verändert?
@McSpain/(User) George W Lucas/Allanjstark
Natürlich hat es die gegeben. Darüber müssen wir doch nun wahrlich nicht diskutieren...
Darth Jorge
@Allanjstark:
Dass es damals solche Pläne gab, ist unbestritten. Allerdings hatte Lucas dieses Vorhaben ab dem Erscheinen der SE im Jahr 1997 fallengelassen, die OT zusammen mit der PT zu einer Hexalogie eingedampft und danach alle weitere Vorhaben bezüglich einer weiteren Trilogie gebetsmühlenartig immer wieder dementiert. Ab dem Frühjahr 2012 nahm er dieses verworfene Vorhaben wieder auf, vermutlich aus den oben besagten Gründen. Lucas muss offenbar nach dem ernüchternden Flop von Red Tails klar geworden sein, dass man als Independent-Film-Regisseur zwar alle erdenklichen Freiheit genießt, jedoch dabei schnell in der Senke verschwinden kann.
@Jorge:
"Dass Lucas vom Abschneiden des Films "Red Tails" enttäuscht war, ist klar - und hätte er sich bei anderem Verlauf tatsächlich - wie geplant - auf Fortsetzungen hierzu konzentriert, hätte er sich wohl auch nicht um die SW-Treatments gekümmert."
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich dich richtig verstanden habe. Laut den Aussagen von Jett Lucas wäre das Verfassen der Treatments seines Vaters genau in diesen Zeitraum gefallen. Ein Jahr zuvor (2011) hatte Lucas in aller Öffentlichkeit noch eine Fortsetzung der Saga dementiert. Für mich stellt sich daher die Frage, was es sonst für ein einschneidendes Ereignis gegeben haben sollte, das Lucas plötzlich zu diesem Sinneswandel bewog. Der Blu-ray-Verriss oder die fehlgeschlagenen Pläne zum Bau seines eigenen Filmstudios sollen ja laut obiger Darstellung nicht der Grund dafür gewesen sein.
(zuletzt geändert am 07.10.2017 um 00:09 Uhr)
DerAlteBen
Pläne ("Ich mach ungefähr 9 Filme" sind für mich etwas anderes als feste Konzepte und inhaltliche Ideen zu haben.
Die PT hat ja schon gezeigt wie wenig ausgereift diese Idee dann war. Geht wirklich jemand davon aus, dass Episoden 6-9 konkreter oder ausgereifter waren?
Vielleicht können mich die Rinzler-Leser aufklären, aber es wäre mir neu wenn es jemals ein Konzept oder Treatments für diese 9 Episoden gegeben hätte die über Lucas übliches "Ich erzähl mal spontan was" hinausgegangen wären.
Bekannt ist mir, dass man Luke hätte scheitern lassen und dann Luke's echte Schwester AM Ende aufgetaucht wäre. Aber da war Kurtz doch noch von einer "unendlichen" Filmreihe ausgegangen.
McSpain
@McSpain:
Ich persönlich hatte stets den Eindruck (sowohl damals im Jahr 1983 als ich das erste Mal davon hörte) als auch später, dass es nie ein wirklich ausgereiftes Konzept zu einer Ennealogie gab, sondern selbiges bestenfalls als loses Ideenkonzept vorlag, das zu einem gewissen Teil in der PT aufging. Viele seiner Fans hatten diesen Umstand einfach als neunteiligen "Masterplan" fehlinterpretiert, den es so sicher nie gab. Ich vermute mal, dass Lucas deshalb im Frühjahr 2012 beim Verfassen seiner ST-Treatments im Grunde genommen wieder von vorne anfangen musste und im Zuge dessen das Konzept von einer "3. Generation" etablierte, die es zuvor nie gab.
(zuletzt geändert am 07.10.2017 um 00:05 Uhr)
DerAlteBen
@DerAlteBen
Sorry, das war vielleicht missverständlich, da es mir eher um die Aussage der Rezension ging, dass der Autor der Biographie dieses Ereignis als Wendepunkt darstellt, dessen Folgen bis zum Verkauf führten. Insofern wollte ich nur ergänzen.
Dass der Umstand, dass er von "Red Tails" 2&3 abließ, dazu führte, dass er die Zeit fand, sich erneut der ST zuzuwenden, habe ich ja auch angeführt. Ob dies darüber hinaus damit zu begründen ist, steht auf einem anderen Blatt, denn wir wissen ja, dass Lucas - gegen seine eigene Behauptung - nicht wirklich mit "Star Wars" abgeschlossen hatte und zu diesem Zeitpunkt (auch jenseits der Treatments) sogar an mehr "Star Wars"-Projekten arbeitete als jemals zuvor. Genau diese Diskrepanz wäre ja eine wesentliche Beobachtung gewesen, die das Buch z.B. nicht herausarbeitet.
Wie gesagt: Der Autor zeichnet aufgrund gewisser Informationen ein schlüssiges Bild, er zieht aber nicht alle Informationen hinzu. Und das will ich jetzt nicht so verstanden wissen, dass er manipulativ selektiv vorgeht. Er trifft lediglich Entscheidungen, die der angestrebten Natur des Buches entsprechen. Trotzdem ist dieses Vorgehen bzgl. der fraglichen Aspekte kritisch zu sehen, da es - bei der unsichere Hintergrundlage - für den fortlaufenden Diskurs nötig gewesen wäre, die verschiedenen Aspekte zu beleuchten. Aber das Buch will hier nicht eine Darstellung der noch zu erforschenden Aspekte sein - sondern will eine Lebensgeschichte möglichst von A nach B erzählen. Und da das Buch nicht den Hardcore-SW-Archäologen ansprechen soll, sondern sicherlich ein etwas breiteres Publikum, ist das auch völlig ok. Aber wir - die da ja einen deutlich differenzierteren Ansatz verfolgen - sollten darum wissen.
@McSpain & DerAlteBen
Die Evolution der Saga habe ich hier schon so häufig aufgedröselt, dass ich es gerade nicht nochmal wiederholen mag, aber so viel vielleicht.
Von detailliert ausgearbeiteten Plänen hat ja gar keiner geredet. Und natürlich gab es auch keinen Masterplan. Aber auch das hat hier niemand behauptet.
Dass die ST - wie die gesamte Saga - einem stetigen "Evolutionsprozess" unterlag, ist nicht in Abrede zu stellen. Zudem waren diese "Pläne" zu den unterschiedlichen Zeitpunkten sicher auch unterschiedlich stark ausgearbeitet. Zumindest Dale Pollock durfte - als er seine Biographie verfasste - Einblick in die damaligen (wohlgemerkt damaligen!) Treatments zur PT und zur ST nehmen. Für ihn erschien die ST sogar als die interessanteste Trilogie der gesamten Saga! Leider hat er diese Aussage nicht mit Inhalt gefüllt. Aber zumindest können wir davon ausgehen, dass Lucas zu diesem Zeitpunkt mehrseitige Treatments hatte, die über eine reine Ideensammlung hinausgingen.
Darth Jorge
@ Jorge:
Eine hilfreiche Ergänzung der Rezension. Da scheint meine Skepsis ja nicht unbegründet gewesen zu sein.
@ Jorge / DerAlteBen:
Als Autor würde ich bei dünner Faktenlage und Verzicht auf eigene Recherchen ja den sicheren Weg gehen und bei der Frage, warum Lucas verkauft hat, die Summe der Ereignisse und Hinweise als Grund aufführen, statt einfach mein eigenes Narrativ rauszuhauen. Damals kam ja so einiges zusammen. Red Tails-Desaster (übrigens verbunden mit einer ziemlich peinlichen Promo seitens Lucas), sein Alter (das ihm noch mal zehn Jahre SW erschwerte), das nicht realisierte Filmstudio. Lucas hat doch mal gesagt, dass er verkauft habe, weil er Lucasfilm die Zukunft sichern wollte. Angesichts der genannten Umstände wäre eine Sorge um dieselbe durchaus verständlich, und somit auch der Verkauf.
George W Lucas
@(User) George W Lucas
Zitat:
"Als Autor würde ich bei dünner Faktenlage und Verzicht auf eigene Recherchen ja den sicheren Weg gehen und bei der Frage, warum Lucas verkauft hat, die Summe der Ereignisse und Hinweise als Grund aufführen, statt einfach mein eigenes Narrativ rauszuhauen."
Das klingt schon fast zu negativ, denn - wie gesagt - der Autor postuliert das gar nicht. Der Eindruck wird eher durch die verkürzte Schilderung der Ereignisse beim Leser generiert. Ich werfe dem Autor gar nichst vor - ich sehe es eher als verpasste Gelegenheit. Aber - und auch da wiederhole ich mich nur - das Buch ist ja nicht für Leute geschrieben, die z.B. Kaminskis Werk schätzen, sondern für den allgemein Interessierten. Entsprechend gradlinig wird das Leben "erzählt". Auch bei anderen Ereignissen aus Lucas' früherem Leben werden Motivationsmöglichkeiten nicht im einzelnen aufgedröselt. Die jüngere Geschichte ist diesbezüglich nur kritischer zu sehen, da die Faktenlage dünner ist und die aktuellen Diskussionen im Fandom hierzu ja im vollen Gange sind. Insofern sollten wir diese Umstände vor Augen haben, um den Inhalt der Biographie richtig einzuordnen.
Und ich empfehle das Buch ja trotzdem - und habe mich selbst daran gehalten: Die englischsprachige Kindle-Version habe ich mir sofort zugelegt, da ich das Werk so schnell wie möglich lesen wollte. Aber inzwischen stehen auch beide Printversionen in meinem Archiv...
Darth Jorge
Also ich werde mir die Biographie auf jeden Fall kaufen und muss auch den Autor etwas in Schutz nehmen.
I.) Wie hätte denn der Autor zum Disney-Deal groß an "vertrauliche Informationen" kommen sollen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Lucas persönlich noch ehemalige Lucas-Film-Mitarbeiter sich überhaupt groß über die Hintergründe zum Disney-Deal äußern dürfen.
Nicht, weil Disney so böse ist, sondern weil man sicher gegen "negative Presse" vertraglich geschützt hat. Würde Lucas beispielsweise einen neuen Disney-Star-Wars-Film kritisieren, dann würde das doch wieder die Fans spalten. Dagegen wird sich Disney schon abgesichert haben. Genauso gibt es doch nie große Verrisse der Prequels. Wenn Kritik, dann immer ganz freundlich und oberflächlich.
Man kann das immer alles "zwischen den Zeilen lesen" ...
II.) Und noch allgemein zum Disney-Deal: Wir haben hier einfach das Paradoxon, dass Lucas zuerst hart für seine Unabhängigkeit gekämpft hat und dann verkauft er seine Ideen für die Sequels mit dem gesamten Unternehmen an Disney.
Für mich macht es einfach keinen Sinn, dass Lucas selbst die Sequels drehen wollte - ohne den Verkauf an Disney geplant zu haben. Ich sehe die beste Variante einfach darin, dass Lucas mit Mitte 60 sein Unternehmen verkaufen wollte und wirklich nennenswerte Kohle gab es nur, wenn der neue Käufer auch neue Episoden-Filme drehen kann.
Daraufhin hat Lucas dann noch seinen eigenen Entwurf für die Sequels erstellt, der dann später nicht umgesetzt wurde.
Also an diese ganz wilden Theorien um George Lucas als gebrochenen Mann, der sein Unternehmen verkauft hat, weil Red Tails keine schwarzen Zahlen geschrieben hat, glaube ich nicht.
1999 hat Lucas in einem Interview erzählt, dass er keine dritte Trilogie drehen wollte, weil er keine "weiteren 10 Jahre" sich mit Star Wars beschäftigen wollte. Im Disney-Deal hätte er ursprünglich noch als Berater dabei sollen. Das wäre sicher auch kein 40-Stunden-Pro-Woche-Job gewesen.
Pepe Nietnagel
@Pepe:
"Für mich macht es einfach keinen Sinn, dass Lucas selbst die Sequels drehen wollte - ohne den Verkauf an Disney geplant zu haben."
Ich glaube, da bist du nicht der Einzige, der mit diesem Widerspruch nur schwer klar kommt.
"Also an diese ganz wilden Theorien um George Lucas als gebrochenen Mann, der sein Unternehmen verkauft hat, weil Red Tails keine schwarzen Zahlen geschrieben hat, glaube ich nicht."
Dass es ihn um den finanziellen Ertrag ging, glaube ich auch nicht. Lucas hatte mehr als genug Geld angehäuft, um auf den kommerziellen Erfolg eines Independent-Films angewiesen zu sein. Was ich mir allerdings sehr wohl vorstellen kann, ist, dass es ihm einfach um die öffentliche Würdigung und Anerkennung ging, die dem Film nicht zuteil wurde. Ich erinnere mich noch gut daran, dass er bereits 2011 nach der Übergabe der Geschäftsführung an Kennedy davon gesprochen hatte, dass er in Zukunft seine ganz persönliche Erfüllung in der Produktion kleiner Filme sehen wollte.
DerAlteBen
Man mag mich korrigieren, aber Lucas tauchte nie unter den reichsten Amerikanern auf, weil er immer wieder Geld in Studios, Projekte oder wohltätige Zwecke steckte. Und sein Privatvermögen kann ja Lucasfilm mit allen Unterstudios nicht ewig am Leben halten. Und ohne Star Wars Geldquelle hätte auch Lucasfilm keine 3 Flops wie RedTails unbeschadet verkraften können.
Ansonsten ging es Lucas beim Disney Deal primär darum, dass seine Firma und Angestellten abgesichert sind. Die ST Treatments galten also primär um Lucasfilm als Firma attraktiv zu machen und sekundär um den Kaufpreis zu steigern. Letztlich war 4 Mrd eine symbolische Hausnummer und weit weg von Marktwert von Lucasfilm/SW. Davon ab, dass Lucas den Großteil des Geldes direkt gespendet hat.
McSpain
DerAlteBen
Wenn wir uns aber alle einig sind, dass Lucas primär die Sequels geschrieben hat, um einen höheren Preis für Lucasfilm bekommen zu können, sind dann die Quellen für das letzte Teil der Biographie so schlecht?
Und Lucas selbst hat sich doch um Kritik nie geschert. Er sagte doch selbst im großen Interview 1999, dass er seine Filme primär für sich dreht. Solange die Einnahmen stimmen, wird ihm die Kritik allgemein sicher sekundär gewesen sein!
Pepe Nietnagel
@Pepe
"Wenn wir uns aber alle einig sind, dass Lucas primär die Sequels geschrieben hat, um einen höheren Preis für Lucasfilm bekommen zu können,"
Nö. Ich sagte ja, das ich nen anderen Grund sehe.
Bzgl der Kritik: Sagen kann er das ja, aber ich bezweifle, dass er komplett über allem Stand. Wie gesagt wird die Verantwortung und der Druck nicht weniger und mit weiteren Flops bei Kritikern steht der Ruf des Studios und am Ende auch das Überleben auf dem Spiel.
Die Realserie hat auch Lucas auf den Boden der Tatsachen geholt. Nicht nur, daß auch er nicht Millionen in jede Episode stecken kann, sondern auch, daß es Vertriebspartner braucht. Wer weiß ob selbst da schon viele Sender solche Summen nicht Lucas geben wollten, weil die PT so gehatet wurde.
McSpain
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