Das britische Magazin Empire berichtet über die Musikaufnahmen von Episode III:
Es ist Anfang Februar 2005, und Empire ist in das innerste Heiligtum der Episode-III-Produktion vorgedrungen, einen pastellfarbenen Raum nahe der Hauptaufnahmebühne der Abbey Road Studios, der heute als provisorische Episode-III-Produktionsbasis dient. Daß dies das Nervenzentrum des 115 Millionen Dollar teuren Sommerfilmspektakels eines Produktimperiums ist, das 1,8 Milliarden Dollar an Kinokartenerlösen eingebracht hat und gleichzeitig die Produktionszentrale des wohl meisterwarteten Films aller Zeiten, bleibt auf den ersten Blick verborgen. Die Atmosphäre ist entspannt und gelassen, Rick McCallum ißt während unseres Besuches Weintrauben, Freunde der Lucasfilm-Familie wie Hayden Christensen und Anthony Daniels sind herzlich willkommen und schauen vorbei, um einen musikalischen Leckerbissen ohnegleichen zu kosten.
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Im Augenblick starren alle auf einen Fernsehschirm, auf dem sich Lucas, zum ersten Mal, die aktuelle Szene mit der Musik ansieht, die Komponist John Williams und das Londoner Symphonieorchester vor wenigen Augenblicken eingespielt haben. Die besagte Szene zeigt die Ausrottung der Jedi: Anakin Skywalker, mit einem Gesicht wie Donner, hat sich unumkehrbar der Dunklen Seite verschrieben und betritt die Kammer des Jedi-Rats, nur um dort die kleinen Padawane zu finden, die sich hinter den leeren Stühlen verstecken. Einer der kleinen Jedi tritt hervor und ist offenbar erleichtert, den älteren Jedi zu sehen, doch Skywalker zieht das Lichtschwert und...
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Selbst ohne die Dialoge und Toneffekte ist die Szene unbestreitbar eindrucksvoll und barbarisch. Der Regisseur ist sichtlich zufrieden mit den Ergebnissen. "Das ist Krieg der Sterne.", erklärt Lucas und geht zur Aufnahmebühne zurück. "Die Fassung für die Tränendrüsen..."
Nur eine Sache übertraf bei der Arbeit an Neue Hoffnung - mit nicht funktionierenden Droiden, Außerirdischen, die aussahen, als seien sie fallengelassene Konzepte von Beatrix Potter [Peter Hase] und englischen Mitarbeitern, die regelmäßig um 16:00 Uhr ihren Tee einnehmen wollten - Lucas' Erwartungen: John Williams' Musik. Der junge Regisseur soll von den aufwühlenden symphonischen Klängen seines Komponisten sogar so begeistert gewesen sein, daß er von den Aufnahmen in den Anvil-Studios aus seinen Freund Steven Spielberg in Los Angeles anrief und ihm übers Telefon 30 Minuten der Musik vorspielte.
Dreißig Jahre später ist der Geist von Eleganz und Bedeutsamkeit, Vertrauen und Genie, den Williams Krieg der Sterne leiht, noch immer präsent. In einem schwarzen Rollkragenpullover und grauen Hosen hat Williams den Vorsitz über ein ganzes Orchester - 109 Londoner Symphoniker, die jede einzelne Note der Krieg-der-Sterne-Musik gespielt haben - und einen Chor - 90 Sänger der London Voices - und genießt dabei die ungeteilte Aufmerksamkeit des ganzen Studios. Direkt im gegenüber hängt eine Leinwand in Kinogröße, auf ihr der Zeitkode ’00:07:09:08' und das Standbild eines Klonsoldaten mit dem großen Vermerk 'Property of Lucasfilm' - Eigentum von Lucasfilm.
Während die Leinwand es Williams gestattet, den Lauf der Musik kontinuierlich dem Rhythmus des Films anzupassen, gewährt sie den Schauspielern auch die seltene Gelegenheit, die Aufwertung von Filmbildern durch das großartigste Orchester der Welt vor Ort mitzuerleben. "Das war eine Erfahrung!", erzählt sich Hayden Christensen von seinem Besuch in der Abbey Road. "Man muß auf die kleine Empore über der Aufnahmebühne gehen - dort spürt man förmlich, wie die Musik den Körper in Schwingung versetzt."[Spoiler-Warnung] markieren:
Empire folgt Christensens Rat und setzt sich auf den Balkon, der den Parkettboden des Aufnahmestudios überragt. In den folgenden zwei Tagen der zweiwöchigen Aufnahmesitzung wird sich die Arbeit mit dem angeforderten Chor auf die dunklere Seite des musikalischen Spektrums von Sith konzentrieren. Die gerade laufende Sequenz findet am Ende des zweiten Drittel des Films statt und zeigt eine Planetenmontage, die das letzte Aufgebot der untergehenden Republik abbildet: von den Gemetzeln auf Coruscant zu den Massakern auf Mygeeto. Diese Bilder von den Fronten der Klonkriege sind teilweise fertige Effektaufnahmen, teilweise noch unvollständige Effektaufnahmen und teilweise nur bloße Animatics. Musikalisch heißt die Szene 5M3, oder poetischer: Trauergesang - ein "hinreißendes" (wie Lucas es nennt), wenn auch niedergeschlagenes Klagelied auf die sterbenden Jedi.
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Ohne die Bilder führt Williams das Orchester im Eiltempo durch die Partitur. Für den Chor und das Orchester ist es das erste Mal, daß sie die Musik vor Augen haben, und ihre Fähigkeit, diese aufzunehmen und Williams' Arbeit ohne Vorbereitung oder Probe zu interpretieren ist nichts weniger als ehrfuchterweckend. Gemeinsam mit dem Chorleiter Terry Edwards und Toningenieur Shawn Murphy berät sich Williams mit jedem Teil des Orchesters - die Violinen werden gerade über die "Teilung der Fs" unterrichtet - und schmirgelt und poliert die Darbietung viele Male, bevor es zu einer ersten Aufnahme kommt. Die Musik erwacht erneut zum Leben, bis Williams und Murphy in den Kontrollraum verschwinden, um die Aufnahme zu bewerten. "Wenn der Ton 50 Prozent der Erfahrung ausmacht, stellt die Musik die anderen 50.", sagt McCallum inzwischen. "Das ist eine wunderbare Zeit bei der Arbeit an einem Film, vor allem, wenn man hier bei diesem Orchester sein und erleben kann, wie Magie geboren wird."[Spoiler-Warnung] markieren:
Frank Oz ist der neuste Sternenkrieger, der einen Blick auf die Vorkommnisse wirft. Lucas und McCallum sind begierig, seine Meinung über die Klageliedssequenz zu hören, also nimmt Oz in einem einfachen weißen Hemd und schwarzen Hosen vor der riesigen Leinwand platz. Das Standbild des Klonsoldaten erwacht zum Leben. "Das ist großartig.", sagt Oz hingerissen und staunt über einige Yoda-Kampfeinsätze auf Kashyyyk.
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Die Musik ist nun zu lang für die Szene in ihrem derzeitigen Zustand und wird deshalb Musikbearbeiter Ken Wannberg übergeben, der dafür sorgen soll, daß die Filmmusik mit dem aktuellen Schnitt übereinstimmt. Wannberg ist ein Veteran der fünf früheren Krieg-der-Sterne-Filme, und Lucas erzählt Oz voller Stolz, daß der legendäre Musikcutter extra für Die Rache der Sith aus dem Ruhestand zurückgekehrt ist. Nach Oz' Gesichtsausdruck zu urteilen, hat die Trauermusik einmal mehr ihre Magie unter Beweis gestellt, mit ihrem orchestralen Klageschrei, der dem schwermütigen Balsam des Chors den Weg bereitet.
"Er bringt soviel in das ein, was er tut.", sagt Oz über Williams. "Er hat ein tieferes Verständnis für die Dinge, die im Film passieren, und seine Musik besitzt eine große Melancholie, eine sehr starke und wunderschöne Melancholie."
Für Episode III hat Williams mehr als 40 verschiedene Melodien geschaffen, einige davon brandneu, andere mehr als nur ein wenig vertraut. Während unseres Besuchs hören wir Variationen von Qui-Gons Begräbnis aus Episode I, des elektrisierenden Machtthemas und natürlich Vaders Thema, bei dem Williams die Cellos und Kontrabässe zu Hochform auflaufen läßt. Niemand hier verkennt die Tatsache, daß Krieg der Sterne einen musikalischen Hort bietet, wie er in der Geschichte des Kinos einzigartig ist.
"Ich habe mir die Aufnahmen angehört.", sagt Anthony Daniels, der das Londoner Symphonieorchester bei zahlreichen Auftritten stellvertretend geleitet hat. "Sie spielten die letzten fünf Minuten des Stücks, und ich verspreche jedem, daß er Tränen in den Augen haben wird, wenn er es sieht. Die Verbindung aus Georges Bildern und der Musik ist so wunderschön und so ehrlich herzzerreißend, daß mich die Gefühle übermannen werden. Die Frau neben mir wird sich die Augen ausweinen."
Die Aufnahmen für das Klagelied sind erfolgreich abgeschlossen und Williams führt das Orchester zur nächsten Musikstelle: 7M4, dessen Titel in der wahren Welt der Spoiler ist, mit dem alle Spoiler enden. Lucas hört mit besonderem Vergnügen zu, "ich liebe dieses dunkle Zeug einfach."
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"ich verspreche jedem, daß er Tränen in den Augen haben wird, wenn er es sieht"
Ich kann nur hoffen, dass das zutrifft. Bisher hat mich eine einzige Szene in Filmen überhaupt zu Tränen gerührt. Und das war die Abschiedsszene aus LotR-RotK.
Kann ja nicht sein dass mich die zweitbeste Filmreihe der Welt zu Tränen rührt, die allerbeste aber nicht. Wird also Zeit!
imperator
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