Im Millennium-Falcon-Forum hat Fatboy Roberts eine Kritik der Filmmusik von Episode III: Die Rache der Sith veröffentlicht:
Ich könnte diese Kritik mit einer Übersicht über John Williams' Karriere beginnen, mit der selbst jeder durchschnittliche Filmfreund zumindest teilweise vertraut ist, oder ich könnte poetische Floskeln über die Zusammenarbeit von Lucas und Williams verbreiten, die uns allen schon zum Halse heraushängen. Ich könnte mich sogar über die ungerechte Behandlung der Musik der letzten beiden Filme auslassen, was inzwischen - völlig gerechtfertigterweise - so oft getan wurde, daß man es ebenfalls nicht mehr hören will.
Oder ich spreche einfach über das Musikalbum, das in naher Zukunft wohl als das beste der drei Prequel-Filmmusikalben angesehen werden wird.
Die musikalische Macht? Sie ist da. Williams schreibt begeisternde, überschwengliche, ohrenzerschmetternde Kampfmusik im Schlaf - und wurde dafür kritisiert, in letzter Zeit genau das getan zu haben -, doch hier hat er inspirierte Arbeit geleistet. Nachdem das Eröffnungsthema (hier eine Wiederverwendung der Aufnahmen für Episode I) friedlich verklungen ist, explodiert die Musik im ersten Titel "Revenge of the Sith" förmlich - und die Hornsignale und militärischen Klänge hören bis zum Schluß nie ganz auf.
Die klassischen Themen? Sie sind da, mit voller Macht und in großer Menge. Die meiste Kritik an der Musik der ersten beiden Filme entsprang der Höreransicht, die thematischen Elemente, die die Krieg der Sterne-Filmmusik so groß gemacht haben, seien zu kurz gekommen. Diesmal ist das nicht der Fall. Alte Themen tauchen in zahlreichen Melodien auf und werden bis zum Ende ausgespielt, vom "Force Theme" im ersten Titel zu einem musikalischen Kampf zwischen "Across the Stars" und dissonanten Streicher- und Holzbläsertönen in "Anakin's Dream bis zu einem Zitat von "Qui-Gon's Funeral" in "Padmé's Destiny". Selbst "Clash of the Lightsabers" aus Das Imperium schlägt zurück kehrt in "Anakin vs. Obi-Wan" kurz zurück. Und selbstverständlich gibt es Einlagen des Imperialen Marsches und des "Emperor's Theme", wenn auch nicht in dem Umfang, wie man es bei einem Film mit dem Titel "Die Rache der Sith" erwarten würde. Kaum ein Hauptmotiv wird auf diesem Album um seinen großen Auftritt betrogen, selbst musikalische Themen, die keinen sinnvollen Platz im Film zu haben scheinen, kehren mit Macht zurück.
In der Begleitmusik des Filmabspanns folgt auf eine Reprise von "Battle of the Heroes" eine prachtvolle Version von "The Throne Room" aus Episode IV: Neue Hoffnung. Die gespielte Version ist eine Neuaufnahme eines nur einmal aufgenommenen Arrangements dieses Themas, von der "Star Wars/Close Encounters"-Langspielplatte aus dem Jahr 1978, unter der musikalischen Leitung von Charles Gerhardt. Und das Ende dieses Titels ist nicht etwa ein trauriges, leises Coda wie bei den letzten beiden Alben, sondern das gewaltige, triumphierende, bis zum letzten Ton ausgespielte Crescendo aus Neue Hoffnung. Selbst ohne dieses Orchesterarrangement oder die Begeisterung der spielenden Musiker würde schon die bloße Nostalgie, diese Themen wieder zu hören und diese Abschlußfanfare das Herzen vieler Krieg-der-Sterne-Freunde erwärmen.
Und das neue Material? "Battle of the Heroes" ist ein fast schon böse klingendes Blechbläserstück, mit lauten Klagegesängen des Chors - der Titel klingt offengestanden weniger nach John Williams und mehr nach Don Davis' Arbeit an "Matrix: Revolutions". Man stelle sich eine Mischung aus diesen beiden vor, mit flüchtigen Zitaten aus Obi-Wans Leitmotiv ("Light of the Force") und eine Reihe von orchestralen Paukenschlägen, die diese Musik schon heute dazu bestimmen, in kommenden Jahren zur Begleitmusik jedes FanFilm-Trailers zu werden. Die Musik von "The Immolation Scene" wiederum ist eine melancholische, dramatische Streichermusik, die ohne Unterstützung des Imperialen Marsches oder von "The Emperor's Theme" auskommt. Es ist ein sinnträchtiges Stück, das die Brutalität des Leinwandgeschehens sehr gut unterstreicht. Doch das Stück, das Palpatine gewidmet ist, läßt sich wohl am besten als "nervenaufreibend" beschreiben: tiefes, kehliges Murmeln mischt sich mit atonalem Jammern, bevor die Musik schließlich in den vertrauten Imperialen Marsch mündet.
Beinahe alle neuen Stücke besitzen im übrigen eine sehr gefühlsbetonte, einmalige Atmosphäre, das Gefühl, das dem gesamten Album eine Note verleiht, die der der Filmmusik von Neue Hoffnung ähnelt und am Ende sogar die Endmusik jenes Films in der Endmusik dieses Films verwendet. Man hat fast das Gefühl, als habe Williams diese Musik 1977 geschrieben.
Davon abgesehen gibt es kaum Wiederverwertungen der Musik kürzlich erschienener Filme, von einigen Takten in "Grievous speaks to Lord Sidious" abgesehen, die ganz offensichtlich direkt aus einem Harry-Potter-Film stammen. Der Großteil der neuen Musik dieses Films ist aber wirkliche NEUE MUSIK, vor allem "General Grievous", ein Stück, das beginnt, wie "The Conveyor Belt" sein wollte, auf fast jazzige Weise, jedoch ohne wie jenes Stück aus der tonalen Welt zu fallen, die Williams hier geschaffen hat.
Natürlich gibt es kleine Kritikpunkte hier und dort - zeitweise klingt die Musik beinahe ÜBER-perfekt: zu glatt und glanzvoll, als es gut für sie wäre, eine Kritik, die oft auch an den Filmen geäußert wird. In der Begleitmusik des Abspanns gibt es eine seltsame kleine musikalische Unebenheit, die ganz und gar nicht geplant wirkt, und mir würde es besser gefallen, das Album gäbe die Musik in der Filmreihenfolge wider, doch Williams hat es stets vorgezogen, seine Musikalben eher als Konzertsuiten, denn als geradlinige Filmbegleitmusik zu arrangieren.
Kritik wird es wohl dafür geben, daß sich Williams mit seinen Zitaten früherer Themen auf allzu vertrauten Boden begibt, daß er nicht mehr tut, als mit einem neuen Orchester alte Arrangements einzuspielen. Dieses Gefühl kam mir bei einigen Stücken - andererseits ziehe ich es vor, Williams kopiert sich selbst, als daß sein Produzent oder gar Lucas alte Aufnahmen über neues Filmmaterial legt. Zumindest klingen Williams' Selbstzitate reibungslos und in sich abgeschlossen.
Trotz allem, dies sei klar gesagt, ist dieses Album das opernhafte Finale, auf das viele Hörer gehofft haben, ein Album voller gefühlsbetonter, sinnträchtiger Musik in vollster Pracht, mit einigem von Williams' bester Arbeit seit seinem brillianten Werk zu "Catch Me if You Can". Freunde von Filmmusik, Williams oder Krieg der Sterne - das muß kaum gesagt werden - sollten ihrer Sammlung dieses Album so schnell wie möglich hinzufügen.
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