IGN hatte Gelegenheit, komplett spoilerfrei mit Gareth Edwards, dem Regisseur von Rogue One - A Star Wars Story, über seinen Film zu plaudern:
Der Untergang der Jedi in Die Rache der Sith ereignete sich kaum 20 Jahre vor Rogue One, und doch sind die Jedi nur noch ein Mythos. Wie geht Ihr Film damit um, dass so viele Menschen und nicht lange zurückliegende Ereignisse fast vergessen oder nach wenigen Jahrzehnten schon zur Legende geworden sind?
Die Welt, mit der wir es zu tun haben, das Star-Wars-Universum, ist gigantisch. Es gab sicher Leute, die [die Jedi] gesehen oder gekannt haben, wie wir das in den anderen Filme ja beobachten konnten, und von ihnen gehen diese Geschichten im Stil von Stille Post aus und verbreiten sich über Planeten und durch verschiedene Sonnensysteme. Die meisten Leute hatten aber nie mit ihnen zu tun und haben keinen Beweis für ihre Existenz. In Eine neue Hoffnung sehen wir auch schon Anzeichen davon.
Aber genau aus diesem Grund wollten wir, dass Jedha im Film als eine Art Mekka oder Jerusalem funktioniert, ein Ort, den man besuchen kann, um seinen Glauben an die Macht zu erleben und sich davon durchdringen zu lassen. Gleichzeitig ist dieser Ort ein besetztes Gebiet, und auch diese Präsenz des Imperiums symbolisiert, wie die Jedi in Vergessenheit geraten. Ihr ganzes Glaubenssystem steht an seinem Ende, und dieses neue Regime nimmt seinen Platz ein. Davon mal abgesehen könnte ich mir auch nicht vorstellen, einen Star-Wars-Film ganz ohne die Macht zu drehen. Das wäre schwierig bis unmöglich.
Sie haben das neue Regime erwähnt, und in den gezeigten 28 Minuten aus dem Film wird Saw Gerrera als Terrorist bezeichnet. In The Clone Wars wird dieser Begriff ebenfalls für ihn verwendet, aber hatten Sie irgendwelche Bedenken, ein Wort auf die Rebellion anzuwenden, dass in unserer Welt so negativ besetzt ist?
Wir versuchen im Film ohne jeden Zweifel, die Gesamtsituation weniger schwarz und weiß zu zeichnen. In Eine neue Hoffnung ist ganz klar, wer gut ist und wer böse, aber die Realität sieht anders aus: Menschen, die wir als böse betrachten würden, nehmen sich aus ihrem Blickwinkel anders war. Sie versuchen, Gutes zu tun und sehen wiederum ihre Gegner als böse an. Filme und Geschichten bieten die Gelegenheit, auf solche Diskrepanzen hinzuweisen. Ich glaube nicht, dass die Vernichtung all jener, die man als böse betrachtet, Frieden ermöglicht. Friede entsteht, wenn man lernt, einander zu verstehen. Und das versuchen wir, aus allen Blickwinkeln zu beleuchten. Gute Menschen tun bei uns am Ende Böses, böse Menschen tun Gutes, aber jede Figur in diesem Film hat ihre Sichtweise auf das, was geschieht.
Ich meine, wir alle neigen dazu, Leute in Schubladen zu packen: Bist Du gut, bist Du böse, was bist Du? Viele Menschen und viele Figuren in unserem Film tragen Beides in sich. Sie passen damit schlecht in Schubladen, aber ich finde es spannend und interessant. Es bringt einen zum Nachdenken und fühlte sich wie das Star Wars an, das ich immer geliebt habe, aber eben auf einer anderen Ebene, von der auch große Kinder wie wir etwas haben.
In Ihrem Film spielt eine Frau die Hauptrolle, Sie haben Darsteller aus aller Welt, und gemeinsam kämpfen sie dann gegen mehrheitlich weiße Imperiale. Angesichts jüngerer politischer Entwicklungen hat dies sicher zusätzlich an Bedeutung gewonnen. Ist Rogue One aus Ihrer Sicht quasi ein Anti-Establishment-Film?
Wir haben vor zweieinhalb Jahren begonnen, an diesem Film zu arbeiten und konnten nicht ahnen, in welchem Klima wir ihn veröffentlichen würden. Aber wenn Star Wars gut gemacht wird, ist es wie beim Geschichtenerzählen an sich: Diese Geschichten verlaufen kreisförmig, wie George [Lucas] immer meinte. Sie wiederholen sich immer wieder und erzählen immer wieder die gleiche Geschichte. Und genau wie die Bibel, Shakespeare oder klassische Literatur funktionieren sie bei jeder Umdrehung noch immer, weil sie sich mit dem Menschsein befassen und wir Menschen uns - im Guten und im Schlechten - eigentlich nie groß verändern. Wir drehen uns auch nur im Kreis, und unterm Strich wird es heute auch nicht mehr oder weniger Konflikte geben als vor 2000 Jahren.
Und wenn man dann zeitlose Geschichten wie Star Wars erzählt, werden sie immer eine Relevanz entfalten. Man wird immer etwas finden, das genau zur aktuellen Stimmung passt. Das passiert nicht bewusst, es ist einfach ein Teil davon, dass wir uns als Menschen nicht verändern. Und ich bin mir sicher, wenn man Leuten in 20 Jahren einen tollen Star-Wars-Film zeigt - nicht einmal unbedingt diesen Film -, werden sie sich auch sagen: "Seltsam, wie dieser Film zur aktuellen Lage passt. Ein Machthaber wird von Leuten im Stil einer Revolutionsbewegung bekämpft, um die Korruption zu beenden." Ich glaube, wir beschuldigen uns andauernd gegenseitig, korrumpiert worden zu sein und versuchen dann, einander zu stürzen, um selbst wieder an die Macht zu kommen, und so drehen wir uns ewig im Kreis.
Seite 1
OvO
Rebel247
Ben Kenobi 91
OvO
Seite 1
RSS-Feed für diesen Kommentarthread abonnieren
RSS-Feed für alle Kommentare