Vor einer knappen Woche veröffentlicht die ASC den ersten Teil ihres großen Interviews mit Rogue-One-Szenenbildner und Star-Wars-Designchef Doug Chiang (vgl. unsere Meldung hier), inzwischen ist nun auch Teil 2 des Interviews verfügbar. Diesmal geht es unter anderem um Jedha und Mustafar:
Wie direkt waren Sie in Ihrer Funktion als Szenenbildner vor dem Hintergrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Konzeptzeichner in die Konzeptphase des Films eingebunden? Haben Sie auch selbst zum Zeichenstift gegriffen oder waren Sie eher in einer Führungsrolle tätig?
Als Szenenbildner hat man grundsätzlich jeden Tag mit den verschiedensten Themen zu tun, weshalb mir nur von Zeit zu Zeit ein paar Stunden für Designfragen zur Verfügung standen. Im Falle von Rogue One wollte ich meine Mitarbeiter aber wirklich anleiten und selbst mitarbeiten. Seine Arbeitszeit entsprechend auszubalancieren, ist immer eine große Herausforderung. Ich würde mir rückblickend wünschen, ich hätte selbst stärker am Design arbeiten können, aber wir waren gleichzeitig so gut aufgestellt, dass die Kollegen vielfach bessere Designs abgeliefert haben, als ich das getan hätte und auch genauer das getroffen haben, was mir vorschwebte als ich selbst. Es war insofern eine große Freude, mit ihnen zu arbeiten.
Zu unserem Designteam gehörte eine Vielzahl von Zeichnern, darunter Leute wie Ryan Church, Erik Tiemens und Thom Tenery. Es war ein tolles Team. Für uns bestand in den ersten sechs Monaten die Herausforderung darin, dass viele unserer Zeichner mit anderen Projekten beschäftigt waren. Es war also ein bunt zusammengewürfeltes Team, wo ich ständig damit befasst war, bei den Beteiligten Zeit für das Projekt abzuknapsen. Aber es hat unterm Strich gut funktioniert. Neben unserem Kernteam in San Francisco hatte ich an drei Tagen die Woche Künstler aus Singapur im Einsatz. In London habe ich ebenfalls für ein paar Tage die Woche einige Leute angeheuert, und weitere Leute waren in Los Angeles im Einsatz. Insgesamt hat sich daraus das Team entwickelt. Das war toll, weil es so viele unterschiedliche Blickwinkel gab und wir in kürzester Zeit diverse Ideen entwickeln konnten.Gibt es ein Design, das besonders viel Arbeit gemacht hat?
Das wären wohl der U-Flügler und K2, der Roboter. Unser Film musste nahtlos an Episode IV anschließen, aber wir wollten gleichzeitig auch einen neuen Aspekt liefern. Ich finde es bei Star Wars immer wichtig, dass man einen gewissen Prozentsatz an Neuem liefert. Episode V hatte die Kampfläufer, Episode VI die Düsenschlitten. Man braucht dieses kleine Quentchen, um das Publikum bei der Stange zu halten und die Welt weiter auszubauen, denn es ist ja ein sich erweiterndes Universum.Was war zuerst da, der Name U-Flügler oder sein Aussehen?
Das Design kam tatsächlich zuerst. Gareth hatte sehr spezifische Vorstellungen, wie das Schiff aussehen sollte. Er wollte einen Truppentransporter auf Basis eines X-Flüglers. Für meinen Geschmack gibt es kaum ein besseres Design als den X-Flügler, der einfach phantastisch aussieht, also war es schon eine ziemliche Anforderung zu sagen: Entwickeln wir das bestaussehendste, genialste Schiff und verbinden wir es mit dem X-Flügler. Das war echt eine Hausnummer. Aber Gareth hat es uns leichter gemacht, indem er sagte, wir sollten uns diese Schiffe wie Militärhubschrauber vorstellen. Der U-Flügler ist also die X-Flügler-Ausgabe eines Huey-Hubschraubers.
Aber dem Design sind wir sehr lange nachgejagt. Ich habe kürzlich mal nachgezählt: Wir haben 781 Versionen des Schiffes gezeichnet. Es gab Formen, die Gareth immer vorschwebten, die Vorstellung dieser ausgebreiteten Flügel. Als ich ihm das Design erstmals zeigte, meinte er, es erinnere ihn an Superman, der seine Arme ausbreitet. Als er das sagte, hat sich bei mir ein Schalter umgelegt: Mir war klar, welche Symbolik ihm vorschwebte. Das beizubehalten, war sehr wichtig, also ist dieses Grundkonzept so geblieben. Und auch George liebte sie sehr, denn wenn man sich in Episode I, II und III umsieht, findet man ähnliche Schiffe. Wir sagten uns also: 'Perfekt, so sieht eine Design-Überleitung aus. Wir modernisieren das ein wenig, verwenden den Grundaufbau und verknüpfen das Ganze mit dem X-Flügler-Design.'
br /> Und ab da ging es eigentlich nur noch um die Frage, wie wir sicherstellen konnten, dass das Schiff aus allen Blickwinkeln gut aussah. Das ist immer schiwerig, und in dem Punkt habe ich Gareth' Konstanz in Designfragen sehr bewundert, denn wir hatten die Aufsicht und die beiden Seiten, aber ausgerechnet die Unterseite, die wir ja am meisten sehen würden, fehlte noch. Dafür haben wir dann wirklich diverse Versionen erstellt, bei denen es darum ging, die Oberseite des Schiffes und die Seiten beizubehalten, und nur unten etwas zu ändern. Ich habe selten mit einem Regisseur zusammengearbeitet, der so präzise mit Designs gearbeitet hat. Diese Nuancierung gefällt mir sehr.
Außerdem wollten wir uns des Themas Verwandlung annehmen. Star-Wars-Fahrzeuge verwandeln sich gerne, sie breiten ihre Flügel aus, bewegen sich. Wir dachten uns, wenn die Flügel vorne überstehen, kann man sie vielleicht umklappen. Da kommt wieder das Thema der auf einen Blick erkennbaren Formen ins Spiel. Wenn die Flügel vorne sind, denkt man an Superman. Sind sie hinten, hat man die Form einer Pfeilspitze. Diese unterschwelligen Ideen aufeinander aufzubauen, macht ein Design aus meiner Sicht erst real. Und als wir diese Funktionsweise festgelegt hatten, kam der Name U-Flügler wie von selbst dazu.
Wie sind Sie an die Konzept neuer Welten für Rogue One herangegangen?
Es gibt einige Motive, die bei Star Wars immer wieder auftauchen, z.B. Planeten, auf denen nur ein Ökosystem sichtbar ist. Wenn wir einen neuen Planeten entwickeln, überlegen wir uns also immer, wie das den Planeten definierende Ökosystem aussehen könnte. Im Falle von Scarif wollte Gareth unbedingt einen visuell speziellen Planeten für das Finale. Er liebt die Malediven, und auch wir fanden, dass es für einen interessanten Kontrast sorgen würde, die große Schlacht am Ende in einer paradiesischen Idylle zu platzieren. Diese Idee entstand sehr früh im Entwicklungsprozess, und ab da war nur noch die Frage, wie wir aus den Malediven am besten eine Star-Wars-Welt machen.Was stand hinter der Entwicklung von Jedha?
Während das Drehbuch verfeinert wurde, wurde die inhaltliche Entscheidung getroffen, dass Saw Gerreras Zufluchtsort ein wichtigerer Ort sein sollte. Die Idee kam auf, es könnte sich vielleicht um ein religiöses Zentrum der alten Jedi-Religion handeln, um eine antike Stadt wie Jerusalem. Visuell wollten wir uns deshalb auch an Jerusalem orientieren, nur in einer kalten Wüste. Die Vorstellung, dass Jedha von einer hohen Mauer umgeben sein sollte, war von Anfang an da, und dass es einen antiken Tempel geben würde, der auf den Jedi-Orden verweisen sollte.
Wir legen aktuell Grundlagen, die später in anderen Geschichten verwertet werden, aber die Grundidee war, dass dieser Planet das letzte Überbleibsel des Jedi-Ordens sein würde und das Imperium gekommen ist, um die Stadt wegen ihrer Kyberkristalle zu plündern. Persönlich habe ich mir ausgemalt, dass ursprünglich vielleicht ein Meteorit dort abgestürzt ist, in dem die Kyberkristalle waren und die Stadt auf dem Krater entstand. Diese Idee hat zumindest das Design der Stadt und der Berge geprägt: Wieso liegt sie auf einem Berg? Wieso stellt dieser Tempel eine Art Leuchtfeuer dar?
Vaders Burg auf Mustafar wollten wir ebenfalls mit dem Jedha-Tempel verknüpfen. Wenn man sie nebeneinander stellt, sind sie praktisch Spiegelbilder. Der Stil von Vaders Burg ist praktisch der gleiche, aber sie verkörpert die dunkle Seite der Macht, während der Tempel von Jedha das Gute repräsentiert. Auf diese Weise haben wir die Vorstellung der hellen und der dunklen Seite also visuell untermalt.Es gab ein Ralph-McQuarrie-Design für Vaders Burg, das für Das Imperium schlägt zurück entwickelt wurde. Haben Sie sich das zum Vorbild genommen oder von vorne angefangen?
Wir haben uns diese Zeichnungen natürlich angesehen, und Ralph hatte einige phantastische Konzepte für Vaders Burg. Das Problem war, dass sie für Maz Kanatas Schloss verwendet worden waren, also konnten wir nicht mehr damit arbeiten. Aber uns hat die Idee, Jedha und die Burg miteinander zu verbinden, sehr gut gefallen, und natürlich das Bild eines Tempels, der wie eine Stimmgabel geformt ist. Das alles ist symbolisch mit der Vorstellung verknüpft, dass die Tempel die Macht gewissermaßen stimmen und Vaders Burg entsprechend auf die dunkle Seite der Macht einwirkt. Das war die Grundlage hinter dem Design.Welche Vorbilder haben Sie für die Architektur rund um den Tempel gefunden?
Viel davon war von Jerusalem und dem ganzen Nahen Osten beeinflusst. Wir schließen quasi an das an, was George Lucas mit Bezug auf Tunesien und die kuppelförmigen Häuser von Djerba getan hat. Es gab Testdreharbeiten, wo Gareth und Greig nach Marokko flogen und dort einige Hintergrundaufnahmen machten, die zur Grundlage der Stadt Jedha wurden, die wir dann mit Star-Wars-Elementen aufgewertet haben. Die Stadt war insofern einfach echt und basierte stark auf etwas, das wir kennen.
Die U-Bahn-Haltestelle Canary Wharf in London wurde für die Zitadelle auf Scarif genutzt. Wie kam es dazu?
Das war eine echte Herausforderung: Star-Wars-Filme verlangen geradezu nach weiten Umgebungen, aber diese sind von Budgetseite her eingeschränkt. Die imperiale Zitadelle ist ziemlich groß, und sobald wir im Innern sind, wollten wir ein Gefühl für diese Größe vermitteln. Bauen konnten wir sie natürlich nicht, aber Gareth wollte einen Ort haben, wo er seine Kamera aufstellen und nach möglichst in die Tiefe gehenden Einstellungen suchen konnte. Wir haben uns deshalb die U-Bahn-Haltestelle von Canary Wharf näher angesehen, und sowohl vom Aussehen her, als auch hinsichtlich ihrer Größe passte das gut. Wir haben also die Entscheidung getroffen, so viel wie möglich vor Ort umzubauen, bzw. zu verkleiden, und entsprechend haben wir die Kassenhäuschen und Wände verändert. Dort, wo das nicht ging, haben wir digital nachgeholfen.
Gebracht hat uns das ein Gefühl für Bildtiefe, das einfach echt war, eine reale Grundlage. Und die ist generell wichtig, wenn man rund um Star Wars etwas designt. Es muss eine Verankerung in der Wirklichkeit geben. Diesen Trick hat George mir beigebracht: 80 Prozent eines Schauplatzes sollten echt sein, 20 Prozent kann man umgestalten. Und in Canary Wharf haben wir entsprechend Umgestaltungen vorgenommen.Sie haben vor 2 Jahrzehnten begonnen, an Star Wars zu arbeiten. Hätten Sie sich je vorstellen können, immer noch damit zu tun zu haben oder dass es diesen scheinbar endlosen Strom an Geschichten geben würde?
Nein, das hätte ich mir nie träumen lassen. Als ich 1995 begann, mit George an Episode I zu arbeiten, ist ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Endlich durfte ich an Star Wars arbeiten! Als ich hörte, dass Disney weitere Filme drehen wird, musste ich einfach zurückkommen, weil ich noch öfter in diesem Universum leben wollte. Es ist so gewaltig, es gibt so viel zu designen. Ich liebe es, diesen Spielplatz zu ergründen, den George uns hinterlassen hat. Er ist gigantisch, und die Möglichkeiten, die er bietet, sind so gut wie unendlich.
Mehr von der ASC zum Thema Rogue One findet ihr im ASC-Magazin American Cinematographer.
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Das ganze lässt sich dann auch auf TFA anwenden, denn dort sehen wir Schiffe auf der NO Seite, die stark dem Imperium nacheifern, Schiffe des Widerstands die sich aus alten Militärbeständen zusammensetzt da man als Organisation auch nur inoffiziell existiert und einem wieder die Geldmittel fehlen.
Später möchte ich gerne noch auf das Tatooine-Thema und der Heldenverehrung eingehen.
BloodyRookie
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