Heute ist das Empire-Magazin, aus dem schon mehrmals Teile der Andor-Berichterstattung als Teaser veröffentlicht wurden, endlich erschienen. Entsprechend haben wir hier die wichtigsten Abschnitte des großen Andor-Artikels für euch zusammengetragen:
Welche Art von Held erschießt so mir nichts, Dir nichts einen seiner Mitstreiter?
„Die Art, die versteht, dass die Sache wichtiger ist als alles andere”, erklärt Diego Luna voller Leidenschaft. „Er ist eine komplexe Persönlichkeit und hat für die Sache schreckliche Dinge getan. Seine einzige Verpflichtung im Leben gehört der Rebellion. Was muss einem Menschen widerfahren sein, was muss er gesehen haben, um wie er bereit zu sein, alles zu opfern?”
Wo Rogue One, in dem Cassian Andor und seine Freunde ihr Leben gaben, um die Achillesferse des Todessterns zu finden, an der Oberfläche blieb, will Andor ins Detail gehen. Die neue Disney-Plus-Serie spielt mehrheitlich fünf Jahre vor den Ereignissen in Rogue One und wird die Geschichte von Lunas Cassian Andor von dessen Kindheit an erzählen und aufdecken, wieso sein Hass auf das Galaktische Imperium so intensiv ist.
„Noch als wir an Rogue One arbeiteten, sagte Kathy Kennedy: Was könnten wir sonst noch mit diesen Figuren tun?”, erinnert sich Showrunner Tony Gilroy, der gegen Ende der Produktion hinzugeholt wurde, um das Drehbuch zu präzisieren, bevor er faktisch zum Co-Autor des Films wurde. „Kathy wollte meine Meinung hören, und ich hatte eine Idee. Die allerdings war ziemlich radikal und irre.”
Radikal, weil sie an Gilroys nicht sonderlich Star-Wars-artiges übriges Œuvre anknüpft, das von den Bourne-Filmen bis zum finsteren Justizthriller Michael Clayton stets politische Korruption und finstere wirtschaftliche Machenschaften zum Thema hatte. Entsprechend uninteressiert war Gilroy an Lichtschwertern und Jedi-Gedankentricks. Ihm ging es vielmehr darum, einen geerdeten, komplexen Spionagethriller zu schaffen, der nur zufälligerweise in einer weit, weit entfernten Galaxis spielt. Genau das wollte auch Kennedy. „Andor schöpft aus der gleichen Quelle wie alles andere, was in diesem Büro entstanden ist”, erzählt Gilroy von seinem Arbeitsplatz in LA aus. „Michael Clayton, die Bourne-Filme, Im Auftrag des Teufels, und jetzt dies hier... Immer geht es um vollwertiges Drama.”
Seine Darsteller gehen noch einen Schritt weiter: „Es ist ein Spionagethriller”, erklärt Genevieve O'Reilly, die nach Die Rache der Sith und Rogue One zum dritten Mal die Senatorin und werdende Rebellenanführerin Mon Mothma spielt. „Jede Star-Wars-Realserie hat ihre eigene Identität. Unsere ist düster und verworren. Es gibt so viele Handlungsfäden und viele intellektuelle und politische Intrigen.”
In dieser Serie ist niemand, wer er zu sein scheint: Stellan Skarsgårds Figur – der geheimnisvolle Luthen Rael – bietet Cassian einen Job an und enthüllt ihm dann, über seine Vergangenheit bestens Bescheid zu wissen. Zeit für Geheimnisse, Lügen, Doppelspiele und Drecksarbeit. „Mit dieser Serie bewegen wir uns in den Hinterzimmern”, meint Gilroy grinsend. „Die Leute in dieser Saga sind der Schotter, auf dem die Straße zur Rebellion gebaut wird.”
Schon Cassian Andors erste Szene in Rogue One hat deutlich gemacht, dass die Grenze zwischen Gut und Böse in diesem Film deutlich unschärfer definiert war, als dies für Lucasfilm-Produktionen sonst üblich ist. Andor wird diese Unschärfen weiter verunklären.
„Cassians erste Szene [in Rogue One] ist moralisch kompromittiert”, so Gilroy. „Das macht ihn faszinierend. Er ist ein Killer. Er ist eine fließende Figur, verführerisch und manipulierend. Wie ist er so geworden? Das war die interessante Frage, wenn wir fünf Jahre in die Vergangenheit blicken. Wie tief kann die Grube sein, in die wir ihn stürzen, und was muss er tun, um wieder herauszukommen?”
Die Serie beginnt auf Cassians Wahlheimatwelt Ferrix, wo er einsam als einfacher Straßendieb ums Überleben kämpft. Schon hier pflegt er eine erhebliche Abneigung gegen das Imperium – in Rückblenden wird deutlich werden, dass Cassians eigentliche Heimatwelt von imperialen Truppen terrorisiert wurde –, doch noch ist er lange nicht der fanatische Rebellenanführer, dem wir in Rogue One begegnen. Sein einziges Interesse gilt zu diesem Zeitpunkt ihm selbst, seine Weltsicht ist fast schon nihilistisch. „Zu diesem Zeitpunkt weiß er noch nicht einmal, dass er zu dem, was er in Rogue One tun wird, überhaupt in der Lage ist”, meint Luna. „In Rogue One sagt er, er kämpfe, seit er 6 ist. Was kann einem Sechsjährigen widerfahren sein, dass er in so etwas verwickelt worden ist? In dieser Figur steckt eine interessante Komplexität. Und eine Menge Widersprüche.”
Ferrix präsentiert uns einen industriell geprägten Planeten unter der eisernen Herrschaft des Imperators und damit einen Blick auf die versifteren, verzweifelteren Ecken der Galaxis, die wir in Rogue One allenfalls erahnen konnten. „Diese Figuren sind nicht gut oder böse”, findet Luna. „Es sind einfach Menschen, die versuchen, zu überleben. Jeder hat etwas dunkles in sich, und Tony liebt es, genau das hervorzubringen. In dieser Serie haben selbst Droiden zwei Seiten.
Für Fiona Shaw, die Cassians Adoptivmutter Maarva spielt, macht die thematische Komplexität den Reiz des Ganzen aus. „Ich war beeindruckt von Tonys sozial-realistischen Ansätzen”, so Shaw. „Er hat eine ganz neue Moralität geschaffen. Sie ist sehr tiefgründig und menschlich - es gibt Trauer, Wut, Hoffnung, Angst. Hier geht es nicht nur um Primärfarben.”
„Science-Fiction war schon immer eine interessante Methode, um über reale Themen zu sprechen”, findet Gilroy. Und in der Tat, seit H.G. Wells hält das Genre der Menschheit gern den Spiegel vor. Auch Star Wars hat damit seine Erfahrungen gemacht, doch Andor liefert einen gesellschaftlichen Kommentar ab, der aktueller und kraftvoller ist als je zuvor in der weit, weit entfernten Galaxis.
„Tony hat eine großartige, bissige Sicht auf die Welt à la Trump geschrieben”, enthüllt Shaw. „Unsere Welt explodiert gerade an verschiedenen Stellen, die Rechte der Menschen schwinden, und Andor spiegelt das wider. [In der Serie] reißt das Imperium mehr und mehr Macht an sich, und ich habe das Gefühl, dass dasselbe auch in der Realität passiert."
Für Luna erzählt die Serie primär „eine Flüchtlingsgeschichte”. Cassian, so Luna, sei „eine Figur, die gezwungen ist, weiterzuziehen. Er wird an einen Ort gezwungen, wo er nicht hingehört und muss von vorn anfangen.”
Der Schauspieler weist darauf hin, dass Cassian auf Ferrix „an einem Ort ist, wo niemand mit seinem Akzent spricht. Wie definiert ihn das? Und woher kommt er in Wirklichkeit?”
Gilroy pflichtet bei, dass sein sozial-realistischer Ansatz die Serie von anderen Star-Wars-Geschichten abhebt. „Ich bin nicht hergekommen, um zu wiederholen, was schon gemacht worden ist. Es gibt Flüchtlingsaspekte in der Serie. Es gibt politische Aspekte. Wir decken alle Lebensmittelgruppen ab.”
Während Cassians turbulente Jugend die Flüchtlingskarte spielt, spielt Mon Mothmas Geschichte den politischen Trumpf: In Rogue One war Mon Mothma für die opferreiche Mission im Herzen des Films verantwortlich und überlebte als eine von wenigen Figuren die Ereignisse. In Andor ist sie, wie Cassian, noch nicht die hartgesottene Anti-Imperiale späterer Jahre. „Noch arbeitet sie innerhalb des Imperialen Senats, wo sie versucht, Verbündete gegen Palpatines Autokratie um sich zu scharen”, erzählt O'Reilly. „Sie glaubt an diplomatische Lösungen. Aber es ist schwierig, dem Imperium Widerstand entgegenzubringen. Man muss nicht allzu weit blicken, um das zu erkennen. Die Geschichte ist voll von solchen Situationen.”
Vom ersten Auftritt der 10jährigen Prinzessin Leia bis zu Ewan McGregors „Hello there” schien sich die letzte Star-Wars-Serie Obi-Wan Kenobi vor allem darauf zu konzentrieren, alte Fans zu unterhalten. Das ist das Ass im Ärmel von Andor, denn um diese Serie zu verstehen, braucht man keinerlei Vorwissen.
„Unser Ziel ist ambitioniert, aber einfach”, so Gilroy. „Wir wollen bestehende Star-Wars-Fans umhauen. Und wir wollen ihre Partner, Nachbarn, Schwestern, die Leute in ihrem Leben, die nie begriffen haben, was so toll an Star Wars sein soll, mitnehmen. Beide Gruppen sind unsere Zielgruppe.”
Gilroy war für dieses Ziel vermutlich die Idealbesetzung, da ihn Star Wars überhaupt nicht interessierte, als er zu Rogue One stieß. „Mein Star-Wars-Wissen ist sehr spezifisch”, gesteht er lachend ein. „Ich konzentriere mich intensiv auf diese 5 Jahre. Aber ich würde es nicht tun, wenn es mich nicht wirklich interessieren würde.”
Seine wachsende Begeisterung für sein Thema steckt auch seine Darsteller an. Denise Gough, die die finstere imperiale Offizierin Dedra Meero spielt, hatte nur wenig Interesse an Star Wars, als sie ihren Vertrag unterzeichnete. Sie musste ihre enge Freundin Jodie Whittaker um Rat bitten, wie sie die „Weltraumdialoge”, wie sie es nennt, am besten rüberbringen könnte. Whittakers Tipp war übrigens, sich all diese Bilder im Kopf vorzustellen.
Doch als die Dreharbeiten zuendegingen, war Gough überzeugt: „In einer Einstellung musste ich an Dutzenden von Komparsen vorbeilaufen, begleitet von Todestrupplern”, erinnert sie sich. „Zwischen zwei Takes konnte ich nicht an mich halten und begann, [den imperialen Marsch] zu summen. Und alle Komparsen stimmten ein. Und ich dachte mir nur: Okay, ja, das ist ernsthaft cool!”
Mit seiner geerdeten, ernsthaften Herangehensweise und ohne ikonische Figuren, die alles überschatten könnten, könnte es Andor gelingen, noch viele Neuzuschauer zu überzeugen.
„Ich hatte bei dieser Serie nie dagewesene Freiheiten”, erzählt Gilroy. „Selbst bei Kinofilmen, wo ich die volle Kontrolle über den Schnitt hatte, hat man mir nicht dieses Maß an Vertrauen entgegengebracht.”
Vertrauen, das Gilroy bereits jetzt eine zweite Staffel eingebracht hat. „Keine zweite Staffel, sondern die zweite Hälfte der Geschichte”, korrigiert Gilroy mit Blick auf die nächsten 12 Folgen, deren Dreh im November beginnt. „Die ersten 12 spielen in einem Jahr, die nächsten 12 in den folgenden 4 Jahren. Direkt bis zu Rogue One.”
Für seinen Teil glaubt Diego Luna fest daran, dass hier etwas Besonderes geschaffen wurde. „Was wir entwickelt haben, ist wahnsinnig ambitioniert, finster und real”, findet er. „Selbst als Tony mir das Projekt ursprünglich vorstellte, dachte ich mir: Das ist irre. Das ist wahnsinnig.”
Gilroy lächelt, als er daran erinnert wird. „Ich mag es, alles auf den Kopf zu stellen. Wer mir einen Job gibt, erwartet nicht, dass ich die eingetretenen Pfade benutze.”
Und so stehen bei Andor nicht nur vor der Kamera Rebellen, sondern auch dahinter.
Das September-Heft von Empire, in dem ihr zusätzlich zu diesem Artikel einige neue Bilder aus Andor findet, gibt's beim Zeitschriftenhändler eures Vertrauens.
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"Entsprechend uninteressiert war Gilroy an Lichtschwertern und Jedi-Gedankentricks. "
Gott, das liest sich so schön!! Nicht dass ich das nicht mag, aber ich bin so froh mal eine Show zu haben wo die Showmaker nicht überall machtsensitivität und Lichtschwertgefuchtel reinquetschen müssen. Selbst in Solo haben sie es ja last minute noch irgendwie reingequetscht. Aber dass der fokus hier auf dem politischen und agentenpart liegt find ich MEGA! Ich glaube das hier könnte neben The Mandalorian (oder sogar davor?) meine Lieblings-Serie im Bereich Star Wars werden!
GeneralSheperd
Das liest sich in der Tat extremst vielversprechend. Ich predige es ja immer wieder: Für meinen persönlichen Geschmack war der Jedi-Anteil und die Prise Mythos um die Macht im ersten Originalfilm perfekt. Wenn ich heute darüber nachdenke, zu welchen Spekulationen und Fantasien um die Jedi und die Klonkriege man sich da noch hinreißen lassen konnte... Und dieser Content hat ANH niemals unnötig belastet, überladen oder mit bremsend-quälender Zwangs-Epicness belastet. Hello there, Sequels !
Seit RO weiß ich nun, dass ich mit noch weniger Macht- und Jedi-Inhalten bzw. einer erfrischend abweichenden Darstellung dieses Themas bestens zurechtkomme - und daher freue ich mich natürlich auf das Experiment ANDOR, wo wir in der Kernhandlung den Jedi und machtsensitiven Wesen wohl nach allen bisherigen Infos eher nicht begegnen dürften.
Bleibt nur die Frage, ob es nicht dennoch sinnvoll ist, in Staffel 2 dann Palpatine und - hier mal nur subtil bedrohlich als dessen mysteriöser Handlanger Nr. 1 im Hintergrund - auch Vader zu bringen. Nicht unbedingt in Actionszenen, eher zur Untermalung der zweifelhaften Absichten an der Regierungsspitze des Imperiums. Ein klirrend kalter und längerer Dialog zwischen Palpy und Mothma im Senat würde mich deutlich mehr kicken als "Obi und Darth kloppen sich an 'ner Sandkuhle mit ein bisschen Feuer dabei" .
Die Vorfreude und Neugier im Bezug auf ANDOR ist beim wohl größten RO-Fan hier mittlerweile bei 9 von 10 angekommen... Nachdem mich die Kenobi-Serie leider bis auf die schauspielerischen Leistungen überhaupt nicht erreicht hat. Finde auch den Ansatz spannend, hier nicht nur für Hardcore-Fans zu produzieren, sondern auch für deren Freunde/Familien etc., der Ansatz wurde bei Boba und Obi stark vernachlässigt.
(zuletzt geändert am 05.08.2022 um 13:22 Uhr)
Landspeeder
Hui, hört sich sehr sehr gut an! Also nicht, dass ich Lichtschwerter und Jedi nicht toll finden würde...es wir nur gefühlt etwas zu viel. Die Mystik geht da ein wenig verloren. Ich finde es super, dass man sich mal wieder ein wenig auf die "Normalos" in der Galaxie konzentriert Freu mich auch schon auf Rogue Squadron (wenns ein normales Geschwader ist... so wie bei den alten Büchern)
Grün 3
Tauron
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