Wer das Glück hatte, letztes Jahr zur Celebration Europe nach London fahren zu können, wurde schon vor der Tür begrüßt - und zwar mit Lackdämpfen! Hier war eine handvoll Sprayer damit beschäftigt, während der drei Con-Tage eine riesige Wand voller Graffiti zu erschaffen, ein so genanntes Mural. Am Ende konnten die Besucher an einem zusammengebrochenen AT-AT, einem heldenhaften Yoda und mehreren Stormtroopern vorbeiflanieren.
Für die meisten Straßenkünstler war die Aktion natürlich
eine Art Heimspiel: Motive aus Star Wars gehen den Sprühern leicht
von der Hand. Denn die Filme spielen in der Graffiti-Kunst seit jeher ein
große Rolle. Das liegt allein schon an den gemeinsamen Wurzeln: Graffiti
entstand zeitgleich mit Rap, DJing und Breakdance im New York der späten
1970er Jahre. Von Anfang an gehörten Motive aus Star Wars ganz selbstverständlich
zum Repertoire der Sprüher - ganz einfach, weil die Filme seinerzeit
das dominierende Popkultur-Phänomen waren (s. dazu Teil I dieses Artikels).
So ist es auch kein Zufall, dass eine der ersten Dokumentarfilme über
die Sprayerszene den Titel Style
Wars (1983) trug.
Richtig populär wurden Motive aus Star Wars bei den Graffiti-Künstlern
in den 1990er Jahren. Zu dieser Zeit kamen die so genannten Sprühschablonen
auf, im Szenejargon Stencils
genannt. Bei dieser Technik wird erst eine Maske aus Karton auf die Wand
geklebt und dann Farbe drübergesprüht. Das Ergebnis: Die Motive
sehen gestochen scharf wie ein Holzschnitt aus und haben nicht die typischen
weichen Sprühränder wie bei der Dosentechnik. Stencils haben
sich in den letzten Jahren stark verbreitet, vor allem, weil sich mithilfe
von Programmen wie Photoshop (Stempeleffekt) die nötigen Schablonen
leicht erstellen lassen. Mit seinem "Pappa" hat der norwegische Künstler
Dolk
das wohl bekannteste imperiale Stencil-Motiv abgeliefert.
Auffallend ist, dass sich die meisten Straßenkünstler nicht damit zufrieden geben, einfach nur Star-Wars-Motive möglichst realitätsnah darzustellen. Für viele von ihnen ist der Bilderschatz der Saga nur das Rohmaterial zum "sampeln". Genau wie der DJ Soundschnipsel aus anderen Platten zu neuen Stücken rekombiniert, mischen die Sprüher Motive aus dem Sternenkrieg mit anderen Ikonender Popkultur. Wie das funktioniert, zeigen die US-Künstler Derek Fridman und Heather Alexander: Sie nehmen das berühmte Foto des Revolutionärs Che Guevara, kombinieren es mit einem Stormtrooper - und fertig ist der CheTrooper, mittlerweile ein weltbekanntes Motiv. Die Macher nennen ihre Methode "Culture Jamming".
Einen noch drastischeren Kulturschock hat sich der britische Maler mit dem Nick Idoru45 ausgedacht. Er kreuzt Hello Kitty, den Inbegriff von allem was "süß" auf dieser Welt ist, eiskalt mit einem Soldaten des Imperiums. Heraus kommt der Kitty Trooper - ein Motiv, das zeigt, wie tief sich die Ikonen aus "Krieg der Sterne" schon im kollektiven Gedächtnis eingebrannt haben. Wer es noch tiefgehender mag, kann sich das Motiv auch eintätowieren lassen (Hinweis: Für 100 Pfund malt der Herr das Bild auch auf Leinwand - empfehlenswert!).
Die ultimative Verbindung zwischen Hiphop, Star Wars und Straßenkunst hat der New Yorker Designers Bill McMullen abgeliefert. Rap-Fans kennen den Mann vielleicht: McMullen arbeitete jahrelang als kreativer Leiter bei der Kultplattenfirma DefJam und gestaltete hier zum Beispiel die Platten der Beastie Boys. Unlängst zauberte McMullen ein ganz eigenes popkulturelles Remix; er kombinierte zwei Ikonen der Old School-Zeit: Ein AT-AT aus "Das Imperium schlägt zurück" und einen Adidas Shelltoe Sneaker, bekannt geworden als bevorzugtes Schuhwerk des Raptrios Run DMC (Hit: "Walk this way"). McMullen malte die Kreuzung namens AD-AT zunächst auf Leinwand - und verkaufte sie später sogar kurzzeitig als limitiertes Spielzeug.
Das liegt im Trend. Denn wie "Krieg der Sterne" selbst, hat auch die so genannte Urban Art längst ihr Untergrund-Image abgestreift und den Kommerz für sich entdeckt. Wem die ironischen Motive der Graffiti-Künstler gefallen, der kann sie heute als T-Shirt, Aufkleber, Kunstdruck oder auch Actionfigur erwerben. Die ehemalige Hinterhofkünstler stehen in Sachen Vermarktung der Lucasfilm-Maschine mittlerweile in nichts mehr nach: Stars der Stencil-Szene wie der britische Künstler Banksy verlangen für ihre Werke - dann natürlich auf Leinwand statt auf Betonwand gesprüht - bis zu 30.000 Euro; zu den Kunden zählen Hollywoodstars wie Brad Pitt.
Wer weiß? Vielleicht lädt Old George ja demnächst den ersten Sprüher zur Verschönerung seiner Ranch ein? Eine perfekte Dekoration für das Wohnzimmer von Peter Mayhew zumindest gibt es schon: den Chewbarber des Sprayers Eelus:
06.06.1987 - geb.: Daniel Logan (Boba Fett)
07.06.1943 - geb.: Michael Pennington (Jerjerrod)
07.06.1952 - geb.: Liam Neeson (Qui-Gon Jinn)
07.06.1974 - geb.: Ahmed Best (Jar Jar Binks)