Der laufende Autorenstreik in Hollywood ist vergangene Woche im amerikanischen Fernsehprogramm schon unmittelbar sichtbar geworden: Alle Late-Night-Shows haben ihre Arbeit eingestellt.
Doch auch Produktionen, die keine tagesaktuellen Inhalte benötigen, sondern an sich mit fertigen Drehbüchern arbeiten könnten, machen teils Pause, denn die Autoren-Gewerkschaft hat die klare Ansage gemacht: Auch nur eine geschriebene Dialogzeile an eine andere Figur zu vergeben, ist Autoren-Arbeit und damit zu unterlassen.
Studios wie Disney haben darauf reagiert, indem sie zwar den Ausstand ihrer Autoren akzeptieren, aber von ihren Showrunnern, die zwar auch aber eben nicht nur Autoren sind, verlangen, dass sie ihre Arbeit machen sollen. Was das für Star Wars bedeutet, lässt sich an Andor ablesen, denn einer dieser Showrunner ist Tony Gilroy, über den die Variety noch vergangene Woche schrieb:
Tony Gilroy ist nicht mehr am Set und schreibt nicht mehr - die Drehbücher für Andors zweite Staffel wurden noch vor dem Streik fertiggestellt -, aber er arbeitet noch immer als Produzent an bestimmten Aspekten der Serie, die nichts mit dem Schreiben zu tun haben, z.B. der Besetzung und der Filmmusik.
Und auch das lässt er inzwischen sein, denn THR berichtet aktuell:
Tony Gilroy hat gegenüber dem Hollywood Reporter erklärt, dass er keine Nicht-Autoren-Arbeiten mehr an seiner Serie Andor unternimmt. In einer Erklärung reagierte Gilroy auf die Vorwürfe eines Kollegen aus der Writers Guild, der ihn dafür kritisiert hatte, dass er während des Streiks der WGA gegen die Alliance of Motion Picture and Television Producers, die Studios und Streaming-Anbieter vertritt, solche Aufgaben übernommen hatte.
Gilroy erklärte, dass er seit Beginn des Streiks am 2. Mai nicht mehr am Set gewesen sei.
„Ich habe alle Autoren-Arbeiten an Andor vor Mitternacht am 1. Mai eingestellt. Nachdem ich über das Showrunner-Meeting am Samstag informiert worden war, teilte ich Chris Keyser von der WGA am Sonntagmorgen mit, dass ich auch alle Nicht-Autoren-Arbeit an der Produktion einstellen werde”, so Gilroy. Keyser, der Ko-Vorsitzende des WGA-Verhandlungsausschusses, bestätigte sein Gespräch mit Gilroy am Dienstagabend. Lucasfilm lehnte eine Stellungnahme ab.
Hintergrund der Problematik sind die genauen Unterschiede zwischen der Tätigkeit als Showrunner und als Autor, die, wie man sieht, so ziemlich jedem Beteiligten Kopfschmerzen bereiten. Die Studios argumentieren, die Showrunner-Arbeit müsse gemacht werden, die Gewerkschaften betrachten das als Streikbruch, und die Betroffenen dürfen wie in diesem Fall Rechtfertigungen an die Medien schreiben. Die Gewerkschaft argumentiert ihre Sicht so:
Michael Winship, Präsident der Autorengewerkschaft Ost, erklärt: „In dem Moment, in dem ich entscheide: Er sollte einen roten Hut tragen und er sollte einen grünen Hut tragen, ist das eine redaktionelle Entscheidung. All diese Dinge hängen im Wesentlichen vom Schreiben ab.”
Und aus Sicht eines Autors stellt sich die Thematik wie folgt dar:
„Es gibt viele Aufgaben, die mit der Arbeit als Autor einhergehen”, erzählt ein erfahrener Filmemacher, der als Autor und Regisseur im Fernsehen und beim Film gearbeitet hat. „Manchmal gibt es Fragen, die die Schauspieler haben. Manchmal schreibt man etwas um, während man am Set ist, um Klarheit zu schaffen oder um die Szene oder das Schauspiel zu verbessern.”
Auch unerwartete Verzögerungen können eine Produktion dazu zwingen, eine Szene zu kürzen oder zu streichen; der Verlust eines Drehorts aufgrund unvorhergesehener Umstände kann eine Änderung des Drehbuchs in letzter Minute erforderlich machen. „Wenn ein Drehbuch wirklich eiskalt unveränderlich ist - wenn wir also kein einziges Wort ändern, sondern es genau so drehen, wie es ist - dann ist das in Ordnung”, so der Autor. „Das ist aber nur selten der Fall.”
Gilroys Aussage, er habe seine Autoren-Arbeit vor Streikbeginn eingestellt, mag da wie ein Ausweg wirken, doch auch auf Halde zu schreiben, funktioniert wohl nicht so wirklich, erzählt Ms-Marvel-Autorin A.C. Bradley:
Wenn man Drehbücher schreibt, besonders bei kurzen Serien, schreibt man sie in einem Vakuum. Man hat noch nicht angefangen, nach Drehorten zu suchen, man hat keine Darsteller, und man versteht Figuren oft erst richtig, wenn sie mit einem Darsteller verbunden sind. Die besten Fernsehfiguren sind eine Verbindung zwischen dem Schauspieler, dem Autor und dem Material. Und das ist es, was der Autor am Set macht. Wir kümmern uns um alles, von kleinen Änderungen bis hin zu der Frage, ob die Figur überhaupt noch so spricht wie früher.
Ich kann mir nicht vorstellen, irgendetwas ohne einen Autor am Set zu drehen. Man kann es tun, aber dann bekommt man nicht das beste Material, weder für die Regisseure, noch für die Schauspieler, noch für das Publikum.
Dieser Prozess zieht sich dann bis in die Nachbearbeitungsphase und den Schnitt hinein. Der erfahrene Autor und Regisseur dazu:
Sie überlegen, ob man Dialoge kürzt, um eine Szene sinnvoller zu machen, oder ob man aus Zeitgründen schneidet und entscheidet, welche Dialoge man herausnimmt. Auch das ist Schreibarbeit. Vor allem bei großen Filmen wird ständig umgeschrieben. Es ist ein permanenter Prozess.
Der bei Andor – und nicht nur dort – nun ohne den Steuermann ablaufen muss. Mit welchen Auswirkungen, seht ihr demnächst in eurem Wohnzimmer.
Seite 1
Bisher keine Kommentare vorhanden. Schreib jetzt den ersten!
Seite 1
RSS-Feed für diesen Kommentarthread abonnieren
RSS-Feed für alle Kommentare