Noch einmal wenden wir uns der Vanity Fair zu, die auch zu The Acolyte eine – insgesamt nur begrenzt enthüllende – Gesamtschau geschrieben hat. Schauen wir mal rein:
Die Disney-Plus-Serie The Acolyte, die sich noch in der Vorproduktionsphase befindet, spielt etwa 100 Jahre vor den bisherigen Kinofilmen und damit am Ende einer Ära, die als Hohe Republik bekannt ist. Dabei handelt es sich um ein Zeitalter des Reichtums und der Innovation für die Galaxis, in dem weiß gekleidete Jedi Ehrfurcht einflößten und die dunkle Seite der Macht scheinbar aus der Welt verschwunden war.
Ein goldenes Zeitalter also, oder vielleicht auch nur ein vergoldetes, wenn man sich Showrunnerin Leslye Headland anhört. Headland, die vor allem für ihre Arbeit als Produzentin und Regisseurin der Serien Russian Doll und Single Drunk Female sowie der Filme Bachelorette und Sleeping With Other People bekannt ist, schöpft aus dem alten Erweiterten Universum, d.h. aus einer Vielzahl von Büchern, Spielen und Comics, die heute als inoffizielle „Legenden” und nicht als erzählerischer Kanon gelten. Wenn The Acolyte erscheint, werden die Liebhaber dieser Geschichten also vielleicht dankbar sein, dass Aspekte davon wieder real werden.
„Sie ist ein riesiger Star-Wars-Fan”, erklärt Lucasfilm-Präsidentin Kathleen Kennedy. „Das Wunderbare an Leslye ist, dass sie alles weiß. Ich meine, sie hat eine Unmenge von Büchern aus dem EU gelesen. Es gibt all diese Einzelteile, aus denen sie schöpft, die bislang noch niemand in einer Film- oder TV-Geschichte genutzt hat.”
Es ist noch zu früh, als dass Headland schon verraten könnte, was der Titel der Serie bedeutet. Aber sie lässt durchscheinen, dass er sich auf einen Anhänger der dunklen Seite der bezieht.
„In den Prequels sagt Mace Windu, die Sith könnten nicht wieder aufgetaucht sein, wir hätten ja davon gehört. Und Yoda meint, die dunkle Seite sei schwer zu erkennen”, erklärt Headland. „Er bestätigt also, dass es sich um einen Teil der Macht handelt, der lange vor den Jedi verborgen war oder sogar in einer Art Ruhestadium war. Was ich mich sofort über diese Zeitepoche gefragt habe, war deshalb: Wer betätigt sich dort in der dunklen Seite?”
The Acolyte hat noch keinen Starttermin, aber das ein oder andere kann Headland doch über ihre Pläne für die Serie sagen:
Wie erklären Sie die Hohe Republik einem Star-Wars-Fan, der die Geschichten der Bücher noch nicht kennt?
Ich würde die Hohe Republik und insbesondere den Zeitpunkt, an dem meine Serie spielt, so erklären, dass ich mich etwa 100 Jahre vor Die dunkle Bedrohung befinde. Viele Figuren aus dem Film sind also noch gar nicht geboren. Wenn ich Die dunkle Bedrohung sehe, frage ich mich immer:: Wie ist es so weit gekommen? Verstehen Sie, was ich meine? Wie konnte es dazu kommen, dass ein Sith-Lord den Senat unterwandern kann und keiner der Jedi etwas davon mitbekommt? Was ist schiefgelaufen? Was sind die Szenarien, die uns zu diesem Moment geführt haben?
Hundert Jahre in unserer eigenen Welt sind ein enormer Zeitraum mit unvorstellbaren Veränderungen. Gilt das auch für die Welt von Star Wars? Natürlich gibt es Raumschiffe und Lichtschwerter, aber ist die Hohe Republik technisch gesehen eine andere Ära?
Auf jeden Fall. Ich liebe die Tatsache, dass George Lucas, als er die Episoden 4 bis 6 gedreht hat, deutlich wollte, dass sich alles so anfühlt, als ob alles etwas heruntergekommen ist. Dies ist eine Sci-Fi-Fantasy-Welt, die heruntergelebt ist, und nicht diese glatte, sauber gearbeitete Ästhetik. Er wollte da einen zu jener Zeit fast schon revolutionären Look.
Als er sich daranmacht, die Prequels zu drehen, entschied er sich dann dafür, dass alles – die Technik und so weiter – schicker, besser und fast schon fortschrittlicher aussehen zu lassen. Das ist es, was an Star Wars so seltsam ist: Je weiter man zurückgeht, desto besser sind die Dinge. „Vor langer Zeit” wird es tatsächlich immer futuristischer. Bei unserer Arbeit, unserer Weltenschöpfung, versuchen wir, Georges Konzept weiter umzusetzen, dass die Dinge umso aufregender, neuer, eleganter und interessanter aussehen, je weiter man zurückgeht.
Das erinnert fast schon an die römische Ära, eine Zeit, in der ein Imperium sehr mächtig und technisch ziemlich fortgeschritten war, bevor eine Periode der Barbarei und ein dunkleres Zeitalter folgten. Ist die Hohe Republik also eine Ära der Bildung, des Fortschritts und des Ruhmes, während die Star-Wars-Filme und -Serien, die wir am besten kennen, aus einer Zeit des Zusammenbruchs und Verfalls stammen?
Ja. Und wir verwenden tatsächlich den Begriff der Renaissance oder des Zeitalters der Aufklärung. Es muss nicht unbedingt zu einem Aufstand der Menschen in den Randgebieten oder im Kern kommen, weil es allen so gut geht. Eine weitere gute Analogie für das, mit dem ich mich befasse, könnte die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg in den Vereinigten Staaten sein, wo wir uns sehr stark auf dieses Konzept des Isolationismus eingelassen haben: Wir helfen niemandem. Wir wollen diesen besonderen Vibe, den wir haben, schützen.
Die politische Führung in dieser galaktischen Epoche ignoriert also lieber Konflikte oder Leiden, als Lösungen zu suchen?
Die Hohe Republik ist in vielerlei Hinsicht eine goldene Zeit. Die Uniformen der Jedi sind gold und weiß und es ist fast so, als würden sie nie schmutzig werden. Als würden sie nie draußen unterwegs sein. Und der Gedanke ist, dass sie es sich leisten können, solche Uniformen zu tragen, weil sie so wenig in Scharmützel verwickelt sind. Da stellt sich mir natürlich die Frage: Was ist denn sonst noch los? Man landet doch nicht in Georges dunkler Bedrohung, wenn alles so gut gelaufen ist.
Andererseits ist es ja gut gelaufen, also auf Kosten von wem oder was ist das geschehen? Worum hat man sich nicht gekümmert? Wovor verschließen wir die Augen, was dazu führen könnte, dass ein Jahrhundert später jemand wie Palpatine aufsteigt? Ja, er ist ein Bösewicht, aber er ist ja ein Bösewicht, der das gesamte Regierungssystem komplett untergräbt. Unter der Oberfläche müssen noch viele andere Dinge vor sich gegangen sein.
Und wir wissen, dass die Jedi das völlig übersehen.
[Sie] reden ständig über das Gleichgewicht. Wenn sich die helle Seite überall ausbreitet, was ist dann mit der dunklen Seite los? Wie manifestiert sie sich? Was tut sie, um zu überleben? Denn das tut sie später in der Welt ganz eindeutig.
Ich habe gehört, dass Sie The Acolyte als eine Art Mystery-Thriller beschrieben haben. Ist das also das Mysterium, um das es geht, was sich unter der Oberfläche dieser Hochglanzwelt verbirgt?
Ja. Die Frage ist: Sind die Dinge so, wie sie zu sein scheinen? Sind die Dinge so gut, wie alle behaupten? Das ist die große Frage in jeder Gesellschaft, die diese großen Boomzeiten erlebt. Es gibt da immer eine Form von Gegenkultur oder eine Form von Underground, ob gut oder schlecht.
Was sind einige Ihrer filmischen Einflüsse für die Serie?
Jon Favreau sagt immer, wenn man in dieser Welt arbeiten will, muss man sich von dem inspirieren lassen, das ursprünglich George inspiriert hat: Western also und dann natürlich die Samurai-Filme von Akira Kurosawa und die Tatsache, dass er die Obi-Wan-Kenobi-Rolle ursprünglich Toshiro Mifune angeboten hat.
Ich habe mich da eher für Martial-Arts-Filme entschieden und für Geschichten, die ein wenig persönlicher und weniger global und galaktisch sind. Diese Krieger waren auf Missionen unterwegs, die zutiefst persönlich waren, mit Menschen, die sich ungerecht behandelt fühlten und das wiedergutmachen mussten. Wuxia-Filme und Martial-Arts-Filme von King Hu und den Shaw Brothers, wie Das Schwert der gelben Tigerin und Ein Hauch von Zen. Sie sind Mönche, die auch Kampfsport-Helden sind.
Was können Sie darüber sagen, wie The Acolyte entstanden ist?
Ich habe das Projekt Kathy Kennedy vorgestellt, und wir haben es zusammen mit Michelle Rejwan und Rayne Roberts weiterentwickelt, die sozusagen meine Hauptansprechpartnerin bei diesem Projekt war. Sie war diejenige, die mich gefunden und die Idee bis ganz nach oben gebracht hat. Das Spannende an diesen [Einfluss-]Geschichten ist, dass man nicht immer genau weiß, wer die Bösen und wer die Guten sind. Man ist sich deshalb nicht ganz sicher, ob man der Heldin trauen kann.
Mein Termin bei Kathy war das erste Mal, dass alle im Raum eine Frau waren. Ich habe schon viele Pitches dieser Art gemacht und dachte mir: Das ist ja irre, dass bei meinem großen Abgleich nur Frauen anwesend sind. Das war ziemlich cool.
Da dies die erste verfilmte Geschichte aus der Zeit der Hohen Republik ist, was war ihre Ambition für dieses Projekt? Wollten sie aus dem stärker abgedeckten Star-Wars-Universum ausbrechen?
Die Wahrheit ist, dass ich als großer Mega-Fan mit dieser Idee zu Lucasfilm kam. Ich war der Meinung, der beste Ort für meine Geschichte ist eine Ära, die fast noch nicht erkundet worden ist. Sie waren sehr begeistert. Es war ja nicht so, dass sie die bereits etablierte Welt nicht weiter abdecken wollten, aber faktisch taten sie das ja eh schon, weil sich The Mandalorian und viele andere Fernsehprojekte auf bestehende Figuren stützten.
Ich hingegen kam als Fan aus der Ecke, wo man sich viel mehr für die Rollenspiele interessiert, aus denen sich das Erweiterte Universum speist. Ich habe mich in den 90er Jahren intensiv damit beschäftigt und bin dann mit The Clone Wars in Berührung gekommen. Ich kannte diese Ära sehr gut. Und ich dachte mir: Wenn man Star Wars aus der Perspektive der Schurken entdecken will, ist das der beste Zeitpunkt dafür, denn hier sind die Bösewichte zahlenmäßig stark unterlegen. Sie sind die Underdogs, um es mal so auszudrücken.
Es gibt immer eine Menge Druck, wenn es um Star Wars geht. Was steht bei dieser Serie aus Sicht des Franchise auf dem Spiel?
Ich fühle eine Menge Druck, aber ich fühle auch ein unheimlich großes Maß an Freiheit, weil ich nicht das Gefühl habe, dass ich es mit eingespielten Figuren zu tun habe, was viel beängstigender wäre... Ich meine, man könnte mir nicht genug Geld zahlen, um in der Luke.Skywalker-Zeitlinie zu arbeiten. Nein, danke! [lacht] Das ist mir einfach zu intensiv. Es gibt zu viel eingespielte Ikonographie und Intensität bei solchen Figuren.
Ich hingegen erzähle eine Geschichte, die mehr von einer Zeitlinie handelt, über die wir nicht viel wissen. Und schauen wir uns doch dort mal um und finden wir heraus, wie Star Wars eigentlich aussieht, wenn die Guten tatsächlich das Sagen haben. Was passiert dann? Wir wissen, worauf es hinausläuft, also sehen wir uns das doch mal an.
Sehen Sie eine Notwendigkeit, über die Skywalker-Ära hinauszuwachsen?
Das ist eine gute Frage. Es gibt wahrscheinlich Leute, die nicht der Meinung sind und die sagen: 'Star Wars, das ist die Skywalker-Saga.' Für jemanden wie mich, der Star Wars nicht nur durch die Filme, sondern auch durch Rollenspiele kennengelernt hat, ist es anders. Mir hat das als Kind eine unglaubliche Art von Eskapismus geboten, zumal als Kind, das nicht dazugehörte, das viele, viele Verhaltensprobleme hatte. Ich konnte mit meinen Freunden in diese Welt flüchten und so tun, als wäre ich ein Teil dieser Welt. Es war nicht so, als müsste man ständig eine Szene aus dem Originalfilm nachspielen.
Bei meinen ersten Schreibversuchen schrieb ich im Wesentlichen das, was man als Star-Wars-Fanfiction bezeichnen könnte, d.h. ich ließ mich von [Timothy Zahns Star-Wars-Roman von 1991] Erben des Imperiums inspirieren. Ich ließ mich von einer bestimmten [Spiel-]Sitzung mit meinen Freunden inspirieren, und dann schrieb ich. 'Was wäre, wenn meine Figur auch in einem anderen Szenario wäre und was würde sie dort tun?'
Das ist für mich die Magie von Star Wars. Es geht nicht nur um die Figuren. Es ist nicht nur dieser spezielle Monomythos. Das ist ein Teil davon. Der Teil, der Star Wars diese Zeitlosigkeit gibt. Aber eigentlich fühlt sich Star Wars viel mehr nach einer Welt als nach einer Geschichte an.
Star Wars spielt in einer Gesellschaft, in der es großen geistigen Fortschritt und auch großen technischen Fortschritt gibt. Und dazwischen versuchen die Menschen, ihre Menschlichkeit zu bewahren, während sie von diesen beiden Polen angezogen werden.
Es ist ungewöhnlich, in Werken der Popkultur diese extreme Spiritualität zu finden. Das Konzept von Gott ist ein so schwerwiegendes Konzept. Das Konzept von Religion ist ein wirklich bedrückendes Konzept, besonders für Menschen wie mich. Sie haben mir gerade vor Augen geführt, dass ein wesentliches Element für die nachhaltige Wirkung von Star Wars seine spirituelle Geschichte ist.
Selbst Tolkien ist nicht so spirituell wie die Macht oder wie Yoda. Ich bin als Kind in einem katholischen Elternhaus aufgewachsen, und wenn Yoda sagt: Leuchtende Wesen sind wir, nicht diese rohe Materie, habe ich das schon als Kind viel besser verstanden als den Katechismus und die Sakramente und all diese anderen Dinge. Ich habe das sofort verstanden: Dass ich nicht nur einen Körper, sondern auch einen Geist habe. Dass George das geschafft hat, ist unglaublich.
Fließt auch das in The Acolyte ein?
Das wäre meine große Hoffnung, wenn ich in dieser Welt spielen darf: Die Suche nach einer spirituellen Geschichte, die die Identität oder das Schicksal eines Menschen verändert. Das ist für mich der Kern der Sache.
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