Ein weiteres Mal war Jason Ward von Making Star Wars in Sachen Die letzten Jedi unterwegs, um uns in diesen newstechnisch eher kargen Zeiten mit den aktuellsten Gerüchten zu versorgen.
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Heute möchte ich ein wenig über die Werkzeuge reden, die Luke Skywalker auf seinem Weg durch Die letzten Jedi bei sich trägt. Eine Requisite zog dabei besonders meine Aufmerksamkeit auf sich. Die anderen Requisiten sagen vielleicht einiges über Lukes Situation aus, und wie mobil er auf Ahch-To unterwegs ist. Basierend auf diesem Zeug erscheint es so, als wäre er während des Films in Bewegung, und möglicherweise ist Rey der Grund für seine Reise, oder es ist eine unerwünschte Ablenkung, die ihn von seinem Ziel auf der Inselwelt abbringt. Ich hörte und sah seltsame Dinge wie Porgs, eine Art amphibische Nonne mit einem weißen Schleier auf dem Kopf, sowie ein Seemonster. Die Reise benötigt Werkzeuge, Schutz, und Wegbeschreibungen.
In Die letzen Jedi besitzt Luke einen Kompass, der ihm den Weg weist. Der Kompass besteht aus einem Kästchen mit einer blauen, marmorähnlichen Kugel darauf. Ich glaube, dass Luke seine Hand über das Kästchen bewegt um es zu öffnen, um den Kompass im Inneren freizugeben. Das Innere des Kästchens hat metallene Zifferblätter, die in Aurebesh beschriftet sind und die "Weltraumversion" von Norden, Süden, Osten und Westen darstellen sollen, und es gibt eine Nadel, die den entsprechenden Weg kennzeichnet. Diese Requisite ist vielleicht das schönste Stück von Handwerkskunst, die ich je in einem Star Wars-Film sah. Es sieht sehr alt aus, aber das Innere erinnert stark an Steampunk, oder an ein mystisches Artefakt von Naboo.
Ich sah diesen Kompass und musste darüber nachdenken, ob es nur irgendein Werkzeug, oder etwas besonderes ist? Bringt Luke der Kompass dorthin, wo er in Die letzten Jedi hingehen muss? Oder findet er das Ziel am Ende und seine Reise führt in bis in den nächsten Film? Ich sah Luke einmal mit dem Kompass und ich bin mir ziemlich sicher, dass er den Handschuh trug, den wir im Trailer gesehen haben.
[Spoiler-Ende]
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Erwähnenswert ist ebenso Lukes oranger Rucksack mit einem Netz an der Rückseite und einer Wasserflasche darin. An dem Rucksack ist ein weiteres Netz befestigt, und in dem Netz befinden sich Zündhölzer, um Feuer zu machen. Ich vermute, dass es zum Feuer machen ist, aber soweit ich weiß könnte es sich auch um ein Nest der Porgs handeln. Der Rucksack ähnelt nicht dem aus Episode V. In der Tat erinnert er mich an die vom X-Wing inspirierten Rucksäcke, die man heutzutage überall kaufen kann.
Skywalker benutzt einen hölzernen Gehstock und eine Art von Waffe, mit der er sich Ungeziefer vom Hals halten kann, falls es ihm in den Weg kommt. Jemand am Set hörte, dass man es "Blitzableiter" nannte, aber nach einer epischen Waffe sieht es nicht aus. Es sieht aus wie etwas, womit man sich einen Plagegeist vom Hals hält. Lukes Gehstock lässt sich an seinem Gürtel befestigen, wo normalerweise ein Lichtschwert hängt. Ich überlege, ob es sich um ein Trainingsschwert handeln könnte, wie wir es aus Rebels kennen, trotzdem sieht es mehr nach einem Gehstock aus. Wie auch immer, ich sah nie ein Lichtschwert an seinem Gürtel, lediglich diese andere Ausrüstung, die er benötigt, um sich auf Ahch-To durchzuschlagen. Tatsächlich habe ich Lukes Lichtschwert überhaupt nicht gesehen. Ich sage nicht, dass er keins im Film benutzt, ich sage nur, dass ich bis jetzt keinen empirischen Beweis eines Lichtschwerts sah.
Während die bisher besprochenen Dinge bewiesen sind, ist es das folgende weniger. Es geht das Gerücht um, dass es gegen Ende des Films zu einer Konfrontation von Luke und Snoke, sowie von Rey und Kylo kommt. Ich fragte jemanden der glaubt, dass es eine solche Begenung geben wird, doch eine Bestätigung dafür gab es nicht. Wenn wir uns von dem Umstand lösen, dass Luke es wahrnimmt, wieder zu einem Jedi zu werden und sich entschliesst, Snoke und die Erste Ordnung zu Fall zu bringen, wieso ändert er seine Haltung, denn zunächst war er ja dieser vermeintlich widerwillige Jedi-Meister. Die Möglichkeiten sind faszinierend. Dieser Teil könnte komplett falsch sein, aber er hat Potenzial.
Die letzten Jedi hat mich mehr fasziniert als alles, was wir bisher von Star Wars gesehen haben, seit sie begonnen haben, die neuen Filme zu machen. Je mehr ich sehe, umso cooler wird der Film. Normalerweise, wenn ich ein paar coole Dinge sehe, gibt es auf der Gegenseite etwas, dass weniger als inspriert aussieht. Die letzten Jedi sieht sehr inspiriert aus, und fühlt sich auch so an. Es scheint, dass der Film etwas sehr Interessantes zum Hintergrund der Galaxis beiträgt, und ich könnte nicht aufgeregter sein. Der Dezember kann nicht schnell genug kommen.
[Spoiler-Ende]
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@ Rieekan78:
- "unter Stil fallen ja sowohl der Aufbau der Geschichte, als auch die filmhandwerklichen Elemente (Musik, Schnitt, Kamera, etc)"
Ich dachte da an Konzept- und Produktionsdesign. Kostüme, Makeup, Ausstattung.
- "Wie wäre es denn z. B für dich, wenn Rey in TLJ unerwartet getötet wird"
Nicht gut. Angesichts ihrer Einführung in TFA beinahe katastrophal.
- "und Luke einen anderen Weg finden muss, um "das Böse" (Gähn) aufzuhalten? Ist das schon zu innovativ?"
An der Frage kann ich veranschaulichen, was ich meine. Das Böse existiert in Star Wars und soll es auch weiterhin tun. Innovation begrüße ich in der Form, in der es sich zeigt, in dem Schaden, dass es anrichtet, und in der Art und Weise, wie es besiegt wird. Traditionalist bin ich bei der narrativen Funktion des Bösen und seiner Bekämpfung. Dass der Held sich ihm stellt, es überwindet und so eine Neuerung für sich und die Welt herbeiführt, sind für mich unverzichtbare Elemente in Star Wars.
"ANH und TESB zu vergleichen ist kompliziert. In der geschlossenen Handlung von ANH hatte Luke ja seine Heldenreise schon abgeschlossen."
Richtig. Als dann aber klar war, dass es Fortsetzungen geben würde, war es in meinen Augen ein Geniestreich, die Heldenreise nicht nur auf den ersten Film zu begrenzen, sondern sie sich gleichzeitig in der gesamten Trilogie spiegeln zu lassen. Das hat Lucas später in den Prequels genauso gemacht (auch hier zeigt TPM - und da muss ich dir widersprechen - eine abgeschlossene Heldenreise, die sich in der Trilogie wiederholt) und Star Wars damit diese im Mainstreamkino einzigartige, verdichtete Struktur gegeben (die unser Darth Jorge mal als "Fraktal" bezeichnet hat). Das ist eine Errungenschaft. Wir sollten bei Star Wars beachten, dass die Etablierung und Fortführung fester narrativer Strukturen (zu der das Reimschema gehört) die Saga als Ganzes nicht nur ausmacht, sondern sie in künstlerischer Hinsicht über die üblichen Hollywood-Fortsetzungen mit ihrer Beliebigkeit hebt. Ich finde, dass man das Wesen von Star Wars verkennt - und, wenn du mir die direkte Formulierung erlaubst, vielleicht bei den falschen Filmen ist - wenn man dies in Frage stellt oder vielleicht sogar abgeschafft sehen möchte.
- "Ideal wäre für mich ein SW Film, der in eine Richtung geht, die ich vorher nicht auf dem Schirm hatte, aber eingebettet in die klassische, konservative Erzählart."
Also du hättest nichts dagegen, wenn z.B. Rey in TLJ stirbt, Luke auf die dunkle Seite wechselt, und das Böse am Ende der Trilogie triumphiert, solange das Ganze wie die OT aussieht und auch klassisch gefilmt ist?
Ich glaube, wir unterscheiden uns fundamental in unserem Verständnis davon, was die OT ausmacht. Es ist nicht ihr Look, in dem Sinne dass er ein Rezept für alle kommenden Filme darstellt. Es sind auch nicht schockierende Reveals. Es ist die Übersetzung traditioneller Geschichten in eine neues Gewand, ob das nun royale Roben, Nazi-Uniformen, oder Anzüge sind.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 00:16 Uhr)
George Lucas
@George Lucas
So klar getrennt hatte der echte George Lucas Gut und Böse nicht. In Anakin z. B. ist ist neben dem Edlen, Ritterlichen eben auch die Tendenz zum Größenwahn. Minderwertigkeitskomplexe und Größenwahn schließen sich nicht aus, ebensowenig wie das Gute und das Böse, die in einer Person oft einen (faulen) Kompromiss eingehen. Ich denke, das größte Problem Anakins war sein krankhafter Idealismus. Somit wurde er zum Spielball des Imperators und später des Imperiums und ist letztendlich gescheitert.
Ich sah, bevor die PT herauskam, bei Anakin immer den "Rebel without a cause" vor mir. Ein Dean oder DiCaprio Typ.
Von daher ist Kylo Ren Anakin nicht unähnlich - wobei sie hier das Vorzeichen umgekehrt haben. "Ich sei nicht verführt durch das 'Gute' bzw. durch die helle Seite!"
@TPM und Heldenreise
Eigentlich ist TPM ein perfekter Kreis. Wenn es die OT nicht gegeben hätte und nur TPM, wäre das Ende etwas seltsam. Man hatte ja gemerkt, dass es da eine böse Kraft gibt, die hinter allem wirkt. Das wäre dann als loses Ende offengeblieben. Was ist mit dem Imperator? wäre dann die Frage gewesen. Aber für Anakin wurde der Kreis schon sehr rund durchlaufen.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 00:18 Uhr)
MaYo
@ MaYo:
- "So klar getrennt hatte der echte George Lucas Gut und Böse nicht."
Nun, sie mischen sich und resultieren in ambivalenten Figuren, aber trotzdem existieren die beiden Seiten und sind auch klar umschrieben.
- "In Anakin z. B. ist ist neben dem Edlen, Ritterlichen eben auch die Tendenz zum Größenwahn."
So sehe ich Anakin aber nicht. Er ist weder edel noch ritterlich. Diese Seite der Figur hätte ich mir gleichwohl sehr gewünscht für die PT.
- "Ich denke, das größte Problem Anakins war sein krankhafter Idealismus."
Auch hier muss ich widersprechen. Anakin ist kein Idealist. Er ist ausschließlich mit sich selbst beschäftigt (und mit Padmé - wobei das auch nur mit ihm zutun hat).
- "Somit wurde er zum Spielball des Imperators und später des Imperiums und ist letztendlich gescheitert."
Das ist eine schöne Geschichte. Ich wünschte, jemand hätte sie verfilmt
- "Ich sah, bevor die PT herauskam, bei Anakin immer den "Rebel without a cause" vor mir. Ein Dean oder DiCaprio Typ."
Das ist es doch, was Lucas gemacht hat...
- "Aber für Anakin wurde der Kreis schon sehr rund durchlaufen."
Für Anakin nicht. Er macht in TPM keinerlei Entwicklung durch. Königin Amidala ist diejenige mit einem Character Arc und sogar einer Heldenreise (Naboo - Coruscant - Naboo), womit sie der Protagonistenrolle am nächsten kommt. Da TPM ihre Geschichte ist (wobei ich nicht weiß, ob das Absicht oder Versehen war), kann man diesen Film als abgeschlossenes Einzelwerk betrachten. Der Rest flattert im Winde.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 00:28 Uhr)
George Lucas
@George Lucas
"Nun, sie mischen sich und resultieren in ambivalenten Figuren, aber trotzdem existieren die beiden Seiten und sind auch klar umschrieben."
Okay, der Imperator ist seehr böse. Wenn ich ihn aber auf Palpatine zurückführe, sehe ich auch hier nicht das absolut Böse. Zumindest nicht die ganze Zeit. Ja, es ist ambivalent.
"So sehe ich Anakin aber nicht. Er ist weder edel noch ritterlich. Diese Seite der Figur hätte ich mir gleichwohl sehr gewünscht für die PT."
Er tritt für Padme ein, schützt sie, rettet Obi-Wan das Leben, kämpft für die "Gute Sache". Ich sehe da schon Empathie und Ritterlichkeit. Anakin ist in meinen Augen kein absoluter Egoist.
"Auch hier muss ich widersprechen. Anakin ist kein Idealist. Er ist ausschließlich mit sich selbst beschäftigt (und mit Padmé - wobei das auch nur mit ihm zutun hat)."
Zum letzten Punkt: Ja. Anakin baut sich da eine Art Festungsfamilie auf. Zum ersten Punkt: nein. Er verteidigt die Ideale der Jedis, als Windu Palpatine töten möchte.
"Das ist eine schöne Geschichte. Ich wünschte, jemand hätte sie verfilmt *zwinker*"
Vielleicht habe ich die PT an der Stelle falsch verstanden, aber Anakin ist doch Palpatines Spielball. Er manipuliert ihn. Kennt seine Schwächen. Die Theaterszene usw.
"Das ist es doch, was Lucas gemacht hat..."
Kam für mich nicht so deutlich rüber. Was ich meine, ist, wenn Du Dir die besten Szenen aus den Dean-Filmen anschaust. Das ist etwas anderes. Ein anderer psychologischer Grundtyp als den, welchen wir in der PT ab Episode 2 bekamen.
"Für Anakin nicht. Er macht in TPM keinerlei Entwicklung durch."
Ja, weil es so schlecht umgesetzt ist. Sie zeigen es zu wenig, aber auch in Anakins Leben haben sich dramatische Veränderungen ergeben, und die wirken selbstredend nach innen. Ich kann jede Stufe der Heldenreise auf Anakins Erfahrungen und die mit ihm verbundenen oder ausgelösten Ereignissen in TPM abbilden.
"Königin Amidala ist diejenige mit einem Character Arc und sogar einer Heldenreise (Naboo - Coruscant - Naboo), womit sie der Protagonistenrolle am nächsten kommt."
Im Unfang einer Heldenreise?
"Da TPM ihre Geschichte ist (wobei ich nicht weiß, ob das Absicht oder Versehen war), kann man diesen Film als abgeschlossenes Einzelwerk betrachten. Der Rest flattert im Winde."
Da kann man drüber diskutieren. Amidala bleibt für mich in TPM total blass. Sie hat an Substanz in EP 2 zugelegt. In 3 dann eher passiv.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 00:49 Uhr)
MaYo
@ MaYo:
Ich glaube, was gerne für Verwirrung sorgt, ist die Annahme, die Galaxis teile sich in ein gutes und ein böses Lager und alle, die in ihr leben, gehören entweder dem einen oder dem anderen Lager an. Aber es ist natürlich komplexer. Die Kämpfe, die ganze Armeen, bzw. Sith und Jedi austragen, finden auch innerhalb von Individuen statt.
- "Er tritt für Padme ein, schützt sie, rettet Obi-Wan das Leben, kämpft für die "Gute Sache". Ich sehe da schon Empathie und Ritterlichkeit. Anakin ist in meinen Augen kein Egoist."
Das nehme ich anders wahr. Er macht in der PT nichts, was der Definition von Ritterlichkeit entspräche. Nein, es gibt sogar Szenen, die dem widersprechen: zu Obi-Wans Rettung muss er von Padmé überredet werden (AotC), und seine Annäherungsversuche an sie sind alles andere als ritterlich-tugendhaft.
- "Zum ersten Punkt: nein. Er verteidigt die Ideale der Jedis, als Windu Palpatine töten möchte."
Er fürchtet dabei um Palpatine, weil er ihn zum Erlernen dunkler Fähigkeiten braucht. Mit Jedi-Idealen hat das nichts zutun.
- "Vielleicht habe ich die PT an der Stelle falsch verstanden, aber Anakin ist doch Palpatines Spielball. Er manipuliert ihn. Kennt seine Schwächen. Die Theaterszene usw."
Das stimmt schon, dass er ihn manipuliert. Ich hatte das nur mit deiner vorangegangenen Äußerung verknüpft, Anakin sei Idealist. Wenn er das gewesen wäre und Palpatine sein idealistisches Streben (statt nur seine Geltungssucht, Vernarrtheit und Verlustangst) für seine Zwecke missbraucht hätte, wäre das in meinen Augen eine stärkere Erzählung gewesen. Ich lese gerade was zu Lawrence von Arabien (der historischen Figur), und das ist viel mehr der Mensch, den du in Anakin siehst, und den auch ich gerne in ihm sehen würde: idealistisch, aufopferungsvoll, ritterlich, wagemutig, durchaus mit einem Hang zum Größenwahn - und dabei tragischerweise nur Spielball von Großmächten und ihrem politischen Kalkül.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 01:31 Uhr)
George Lucas
@George Lucas
"Ich glaube, was gerne für Verwirrung sorgt, ist die Annahme, die Galaxis teile sich in ein gutes und ein böses Lager und alle, die in ihr leben, gehören entweder dem einen oder dem anderen Lager an."
Richtig! Und gut, dass RO mit diesem Bild etwas aufgeräumt hat.
"Er fürchtet dabei um Palpatine, weil er ihn zum Erlernen dunkler Fähigkeiten braucht. Mit Jedi-Idealen hat das nichts zutun."
Es geht ihm auch um die Ideale des Ordens. Richtig, dass es ihm gleichfalls um dunkle Fähigkeiten geht. Aber an der Stelle im Film? Da war doch der Angriff auf Palpatine unmittelbar. Das kommt dort für mich jedenfalls anders gewichtet rüber.
"Das ist eine schöne Geschichte. Ich wünschte, jemand hätte sie verfilmt *zwinker*"
"Das stimmt schon, dass er ihn manipuliert. Ich hatte das nur mit deiner vorangegangenen Äußerung verknüpft, Anakin sei Idealist. Wenn er das gewesen wäre und Palpatine sein idealistisches Streben (statt nur seine Vernarrtheit und Verlustangst) für seine Zwecke missbraucht hätte, wäre das in meinen Augen eine stärkere Erzählung gewesen."
Im Grunde appelliert Palpatine doch auch an Anakins verletzten Stolz. Er will doch was gelten bei den Jedi, wird aber kurzgehalten. Palpatine zeigt Anakin Möglichkeiten auf, wie er (s)einem Ideal gerecht werden kann.
"Ich lese gerade was zu Lawrence von Arabien (der historischen Figur), und das ist viel mehr der Mensch, den du in Anakin siehst: idealistisch, aufopferungsvoll, ritterlich, wagemutig - und dabei tragischerweise nur Spielball von Großmächten und ihrem politischen Kalkül."
Witzig, wo Du das gerade ansprichst. Ich sehe Lawrence eher als eine gefestigte und starke Persönlichkeit. Anakin mit seinen Neurosen ist da woanders aufgestellt. Aber irgendwo gibt es auch Überschneidungen. Wagemut oder Mut im Allgemeinen … Könnte allerdings auch Angstfreiheit sein, wo ich bei Lawrence ganz stark drauf tippe. Bei Anakin sowieso. Ist fast komplett angstfrei. Bis auf seine Angst, Padme zu verlieren. Dann: Angstfreiheit und Mut … geht das überhaupt zusammen? Ich habe oft Probleme, einem angstfreien Helden meinen cineastischen Respekt zu zollen. Gerade die Angst, die einer wagt zu überwinden, werte ich höher, als jemand, der einfach nur aus Angstfreiheit handelt.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 01:04 Uhr)
MaYo
@MaYo
"- "Er tritt für Padme ein, schützt sie, rettet Obi-Wan das Leben, kämpft für die "Gute Sache". Ich sehe da schon Empathie und Ritterlichkeit. Anakin ist in meinen Augen kein Egoist."
Ich sehe das ähnlich wie (User) GL. Man muss sich nur mal fragen, warum er zum beispiel für Padme eintritt und sie beschützt. Welcher Beweggrund steckt dahinter? Ritterlichkeit würde den selbstlosen Einsatz seines Lebens, seines Könnens und seiner Fähigkeiten für JEDERMANN beinhalten. Das tut er aber nur für Padme, mit dem Hintergedanken, dass er sie liebt und sie nicht verlieren will. Es ist plump gesagt eine Besitztumssicherung zu seinen Gunsten. Es stehen dahinter nur seine eigenen persönlichen Interessen. Nicht die des Jediordens, nicht die Interessen der Republik.
Anakin widerspricht so ziemlich jeder Tugend, die mit dem Begriff "Ritterlichkeit" wie sie sich zur Zeit der Ritter etabliert hat, in Verbindung gebracht wird.
Demut - demütig ist Anakin nun nicht wirklich, er hat es sogar nötig mit seinen Fähigkeiten vor Padme anzugeben und zu prahlen (Apfel schweben lassen)
ritterliches Ansehen, Würde - Nope, Würdevoll tritt Anakin auch nicht gerade auf, ritterliches Ansehen bleibt ihm verwehrt (vermutlich nicht ohne Grund)
Freundlichkeit - Kann man auch nicht wirklich behaupten, frag mal die Tusken oder die Jünglinge
seelische Hochstimmung - Auch eher weniger, ausser in den Momenten mit Padme kommt er mir doch meistens sehr verärgert vor.
Höfischkeit, Höflichkeit - Ok, den Punkt erfüllt er, zumindest, wenn er mit Palpatine in die Oper geht.
Tapferkeit - unbestritten
maßvolles Leben, Zurückhaltung - gezwungener Maßen, doch fällt ihm das schon als kleiner junge sehr schwer (Irgendwann bin ich der größte Jedi von allen....)
Freigiebigkeit, Großzügigkeit - kann ich nicht beurteilen, ich habe niemals gesehen, wie Anakin einem armen Menschen geholfen hat. Dazu gibt es nur die Aussage von Shmi.
Beständigkeit, Festigkeit - nicht wirklich, Gibt wohl kaum einen unbeständigeren und ungeduldigeren Charakter als Anakin.
Treue - Sicherlich, aber zu den falschen Leuten und aus den falschen Gründen.
Erziehung nach festen Regeln, Anstand, Wohlerzogenheit - Obi Wan hat es versucht, allerdings hat Anakin seine fast 20 Jährige Ausbildung innerhalb von 5 Minuten über Bord geworfen und vergessen.
Dienstbare, hingebungsvolle Liebe - einer der wenigen ritterlichen Tugenden, die Anakin erfüllt.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 01:30 Uhr)
Deerool
George Lucas
@George Lucas:
"Traditionalist bin ich bei der narrativen Funktion des Bösen und seiner Bekämpfung. Dass der Held sich ihm stellt, es überwindet und so eine Neuerung für sich und die Welt herbeiführt, sind für mich unverzichtbare Elemente in Star Wars."
Diese Wiederholung könnte mit der Figur Kylo und des "neuen" Luke, ja schon aufgebrochen werden...
(Ich hoffe, seine Ambivalenz war nicht nur auf TFA beschränkt und durch die Ermordung seines Vaters ist er jetzt einfach nur absolut böse.)
"Als dann aber klar war, dass es Fortsetzungen geben würde, war es in meinen Augen ein Geniestreich, die Heldenreise nicht nur auf den ersten Film zu begrenzen, sondern sie sich gleichzeitig in der gesamten Trilogie spiegeln zu lassen."
Sehe ich genauso.
"Das hat Lucas später in den Prequels genauso gemacht (auch hier zeigt TPM - und da muss ich dir widersprechen - eine abgeschlossene Heldenreise, die sich in der Trilogie wiederholt)..."
Das finde ich bei TPM schwierig, wenn man Anakins Beginn der Jedi-Ausbildung als Ziel seiner Heldenreise sieht, funktioniert das nur schwach, erst recht, wenn man weiß, dass er noch eine Verwandlung durchmacht, also wenn man die OT kennt und man kennt sie ja. Anakins Geschichte ist somit in TPM ja nicht erzählt.
"Ich finde, dass man das Wesen von Star Wars verkennt - und, wenn du mir die direkte Formulierung erlaubst, vielleicht bei den falschen Filmen ist - wenn man dies in Frage stellt oder vielleicht sogar abgeschafft sehen möchte.
...Ich glaube, wir unterscheiden uns fundamental in unserem Verständnis davon, was die OT ausmacht. Es ist nicht ihr Look, in dem Sinne dass er ein Rezept für alle kommenden Filme darstellt. Es sind auch nicht schockierende Reveals. Es ist die Übersetzung traditioneller Geschichten in eine neues Gewand, ob das nun royale Roben, Nazi-Uniformen, oder Anzüge sind."
Ich sehe es schon so, dass die OT klassische Geschichten in einem neuen Gewand zeigt und finde das hervorragend. (aber:klassische Geschichten = Heldenreise, Schwellenwächter, Katharsis, Mentor-Schüler,Archetypen, etc (Joseph Campbell), Stilelemente wie Naziuniformen,etc sind sekundär und nicht notwendig)
Die PT ist in ihrem Verlauf da schon anders angelegt, da sie ja nicht die gleiche Kurve wie die OT beschreibt, hier irrst du dich vielleicht im Verständnis der PT.
Dass der Held sich dem Bösen stellt, es überwindet und so eine Neuerung für sich und die Welt herbeiführt, passiert ja in der PT eben nicht.
Am Ende siegt das Böse und die Helden sterben oder ziehen sich zurück, das ist ja nicht die klassische Heldenreise oder käme dem von dir beschriebenen Ende, ("Also du hättest nichts dagegen, wenn z.B. Rey in TLJ stirbt, Luke auf die dunkle Seite wechselt, und das Böse am Ende der Trilogie triumphiert, solange das Ganze wie die OT aussieht und auch klassisch gefilmt ist?"), sehr nahe.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 04:49 Uhr)
Rieekan78
Fortsetzung:
Die dritte Tilogie sollte (und so war es ja selbst von Lucas ja mal gedacht), zu neuen Ufern aufbrechen, was die Philosophie des Guten und Bösen angeht.
Die PT ist die Trilogie des Bösen, die OT des Guten, die ST der Vermischung der beiden Seiten.
Das wäre für mich eine zu begrüßende Entwicklung.Ich glaube auch, dass es so kommen wird.
Nicht so extrem, dass Rey stirbt oder Luke zum Sith wird (was ja sogar mal für RotJ angedacht war), aber den klassischen Bogen der Story, in der der Held sich dem Bösen stellt, es vernichtet und gute Zeiten einläutet, werden wir in der ST (hoffentlich) nicht sehen.
Es muss ja deshalb nicht ein böses Ende nehmen, aber eben auch keine Ewok-Silvester-Party.
Rieekan78
@Deerool
Sehr gut zusammengefasst.
Was ich noch ergänzen würde ist, dass seine selbstlose Hilfe für die Padme-Truppe in TPM auch wenig selbstlos ist. Er arbeitet ja deutlich länger schon an seinem Podrenner und er benötigt von Qui Gon die Startgebühr. In erster Linie will er ein siegreicher Rennfahrer werden und erst durch Qui bekommt er die Mittel an dem Rennen teilzunehmen.
Wenn ich das recht bedenke ist das zwar eine gute "Zwei Fliegen mit einer Klappe" Situation, aber eben auch nicht wirklich selbstlos.
McSpain
Vereinfacht gesagt: Aus Sicht eines Ritters wäre Anakin ein verzogener Bengel und Tunichtgut, der gerne Ritter spielt.
Ich kann mir das leibhaftig vorstellen, wie man so eine Szene zusammenschneidet in der Anakin dann einem richtigen Ritter begegnet, der von Anakins Aktionen weiß. Ritterlichkeit erkenne ich wirklich nicht in ihm.
Dazu braucht man garnicht unbedingt Extrembeispiele nennen. Allein sein Verhalten gegenüber des Rates und seines Meisters macht diese Illusion zu Nichte. In ihm ist nichts anderes außer Selbstbezogenheit, Waghalsigkeit und Übermütgkeit. Und das schon von Beginn an. Eben genau dsa Gegenteil von dem, wie man ihn sich vorgestellt hat und auch das Gegenteil von dem, was Shmi über ihn erzählt... leider.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 08:50 Uhr)
OvO
@Deerool
Ja, eine wirklich gute Darlegung der Tugenden.
"Man muss sich nur mal fragen, warum er zum beispiel für Padme eintritt und sie beschützt. Welcher Beweggrund steckt dahinter? Ritterlichkeit würde den selbstlosen Einsatz seines Lebens, seines Könnens und seiner Fähigkeiten für JEDERMANN beinhalten."
Das sehe ich anders. Es kann auch der einzelne Mensch sein, für den man sich einsetzt. Schopenhauer etwa hat hierzu Bemerkenswertes geschrieben. Selbstlose Liebe war es bei Anakin dennoch nicht komplett. In diesem Punkt stimme ich Dir zu.
"Es ist plump gesagt eine Besitztumssicherung zu seinen Gunsten. Es stehen dahinter nur seine eigenen persönlichen Interessen. Nicht die des Jediordens, nicht die Interessen der Republik."
Ja, auch, aber nicht nur. Er hat sich auch für Kenobi eingesetzt unter der Gefahr seines eigenen Lebens. Natürlich kann man hier seine Tollkühnheit und Angstfreiheit entgegenstellen. Was hat Anakin an innerlicher Pein, wie z. B. Ängste bekämpfen und überwinden, wirklich investiert?
"Anakin widerspricht so ziemlich jeder Tugend, die mit dem Begriff "Ritterlichkeit" wie sie sich zur Zeit der Ritter etabliert hat, in Verbindung gebracht wird."
Wenn man die Tugenden so aufführt und Anakin danebenhält, lassen sich auf jeden Fall valide Beispiele finden, wo er sie nicht erfüllt. Ich sehe eben in Anakin das Gute und auch das Ritterliche. So präsentiert uns ihn Lucas ab Episode 2 ja auch (!!), aber nicht nur. Es gibt eben auch die dunkle, unberechenbare Seite. Anakin ist eine seltsame Mischung aus verhindertem Ritter und überbordendem Ego.
"Demut - demütig ist Anakin nun nicht wirklich, er hat es sogar nötig mit seinen Fähigkeiten vor Padme anzugeben und zu prahlen (Apfel schweben lassen)"
Das würde ich jetzt nicht überbewerten. Das war so Liebes-Geschäker. Aber ja, wenn man das so interpretieren möchte, dann hast Du schon recht.
"Freundlichkeit - Kann man auch nicht wirklich behaupten, frag mal die Tusken oder die Jünglinge *zwinker*"
Okay.
Immerhin erfüllt Anakin einige Rittertugenden.
Allgemein: Ritterlichkeit ist ohnehin ein Idealbild, das wohl nur die wenigsten realen Ritter erfüllten. Vielleicht noch die literarischen. Woher kommen diese Tugenden oder die Moral an sich überhaupt? Es gibt vielleicht nicht DIE historische Quelle, aber eine Erklärung besagt, dass die Ritter oder der Adel selbst die Ausarbeitung der Tugenden z. B. bei Schriftstellern in Auftrag gegeben hatten, um sich so vor der Aggression des Pöbels bzw. der Bauern zu schützen. Daher wurde ein edler Verhaltenskodex vorgegeben und bestenfalls auch vorgelebt, der ab sofort als richtig und gut und klug usw. zu gelten hatte.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 10:40 Uhr)
MaYo
@Mayo:
"Woher kommen diese Tugenden oder die Moral an sich überhaupt?"
Woher diese kommen weiß ich auch nicht. Aber es wird nicht viel anders sein, als bei der Polizei oder Politikern. Sie haben ihre Aufgaben, die an moralischen/sozialen(/ethischen Werten geknüpft ist. Nämlich ihrem Volk zu dienen, ihnen ein sicheres, friedliches und wohlhabendes Leben zu gewährleisten.
Darunter gibt es dann solche, die ihre Aufgabe ernst nehmen und solche, die sich viel mehr für das selbstsüchtige Ausüben der dort inneligenden Macht interessieren. Auch Korruption genannt. Je nach Straftatbestand auch Hochverrat.
Aber das sollte für eine Geschichte keine allzugroße Rolle spielen. Was edle Ritterlichkeit in Fantasygeschichten bedeutet, davon dürften wir alle eine relativ klare und gleichende Vorstellung haben, sofern wir uns nicht in Details verlieren. Was wir auch garnicht müssen. Anakin mag hier und da sicherlich seine guten Momente haben. Er ist ja auch nicht von vornherein böse. Aber ritterlich war er von Anfang an schon deswegen nicht, weil seine Grundmotivation für seine Taten von Anfang an nicht die Selbstlosigkeit ist sondern die Selbstbezogenheit.
Wobei ich mich schon frage, was Lucas Grundidee war, als er den Charakter schrieb. Zuweilen bekomme ich den Eindruck, dass er sich selbst nicht ganz klar darüber war, was er mit Anakin eigentlich anfangen wollte. Sollte Anakin erst durch Schicksalschläge so verändert werden, oder war das Böse von vorneherein in Anakin angelegt?
OvO
@OvO
"seine Grundmotivation für seine Taten von Anfang an nicht die Selbstlosigkeit ist sondern die Selbstbezogenheit."
Na ja, es ist ja immer ein Kompromiss zwischen Eigeninteresse und Gemeinschaftssinn. Aber es stimmt schon: Anakin ist ein Egoist. Ein Psychopath dazu. Von Anfang an. Ein seltsames, psychotisches Kind.
"Wobei ich mich schon frage, was Lucas Grundidee war, als er den Charakter schrieb. Zuweilen bekomme ich den Eindruck, dass er sich selbst nicht ganz klar darüber war, was er mit Anakin eigentlich anfangen wollte. Sollte Anakin erst durch Schicksalschläge so verändert werden, oder war das Böse von vorneherein in Anakin angelegt?"
Beides. Anlange und Umwelt bedingen einander.
MaYo
@Mayo:
"Ein Psychopath dazu. Von Anfang an. Ein seltsames, psychotisches Kind."
Dem würde ich ganz eindeutig widersprechen. Wollte ich letztens schon.
Erst einmal ist psychopathisch und psychotisch etwas anderes. Ein Psychopath definiert sich sozusagen dadurch, dass er ein defektes Empathievermögen hat. Heisst er ist null dazu in der Lage, sich in andere hineinzuversetzen, mitzufühlen, moralische Werte nachzuvollziehen usw. Ist allerdings gut in der Lage rein intellektuell zu verstehen, wie Menschen funktionieren und neigt deswegen auch zur Manipulation. Seine Natura besteht aus dem Bestreben des eigenen Erfolgs. Und dieser Erfolg ist absolut ratio bestimmt. Heisst, zur Not geht er dabei Leichen. Gut, dass trifft auf Anakin zum Teil auch zu. Aber seine Handlungen entstehen eben nicht aus reinem Kalkül sondern aus emotionaler Zerrissenheit. Genau wie bei Kylo. Palpatine hingegen ist ein klassischer Psychopath. American Psycho ist ein Film, wo das Thema auch gut dargestellt wird. Etwas satirisch überzogen vllt.
Psychotisch ist da schon ein viel komplexerer Begriff und umfasst Schizophrenie, Depression, Manie und deren Mischformen als Diagnose. Da würde ich Anakin aber auch nicht einordnen. Denn auch hier spielt Apathie eine große Rolle, wenn nicht sogar die Größte. Ich bezeichne es immer als ein Abdriften aus der Realität oder in ein Driften in eine verzerrte Wahrnehmung von Realität. Hier wäre sicher Donnie Darko ein gutes Filmbeispiel.
Ich denke Anakin ist eher im Bereich der Persönlichkeitsstörungen einzuordnen. Ein verzerrtes Selbstbild und einen ungeübten Umgang mit der eigenen Gefühlswelt (um das mal vorsichtig auszudrücken). Emotionale Extreme, die zu entsprechenden (selbst)zerstörerischen Handlungen führt ist da ganz typisch für. Entstanden aus der herrschenden Sozialisation. Zu wenig Liebe, Erziehung, Bestätigung. Wenn man sich Anakins Weg anschaut, ist dass das da ja auch draus herleitbar. Allein schon durch erst fehlende Vaterfigur und dann die fehlende Mutterfigur. Und ich gehe jede Wette ein, dass Lucas das auch als Idee so im Hinterkopf hatte. Wieder so ein theorethischer Mehrwert, dem ich mir zwar bewusst bin und entsprechend zu ordnen kann, mir aber zu plump umgesetzt wurde und daher auch nicht wertschätzen kann.
Ich habe vor längerer Zeit auch mal gelesen, dass ein Psychiater ihn als Borderliner eingestuft hat. (Wohl die bekannteste P-Störung). Aber da würd ich mich nicht drauf festlegen wollen. Denn da gäbe es wiederum viele Varianten und Mischformen, mit Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Psychopathie gilt übrigens auch als P-Störung oder kann zumindest eine sein. Aber wie gesagt eine Form, die genau das Gegenteil von dem ist, was Anakin darstellt. Auch wenn die Konsequenz am Ende dieselbe ist (Mord).
Ich weiß aber schon wie das meintest. Solche Begriffe nutzt man ja auch salopp für ein unnachvollziehbares Verhalten. Aber mir ist die Differenzierung aus persönlichen Gründen da wichtig.
Edit:
Der grundsätzliche Unterschied zwischen P-Störung und Psychose liegt übrigens darin, dass eine P-Störung eine Störung vor allem im Verhaltenskomplex, der Identität des Menschens selbst ist. Das heisst, es braucht idR langjährige Verhaltenstherapien um problematische Verhaltensmuster aufzubrechen oder einen besseren Umgang damit zu finden. Während einer Psychose meist einer Hormonstörung zu Grunde liegit, die man medikamentös behandeln kann.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 12:57 Uhr)
OvO
@OvO
“Wobei ich mich schon frage, was Lucas Grundidee war, als er den Charakter schrieb. Zuweilen bekomme ich den Eindruck, dass er sich selbst nicht ganz klar darüber war, was er mit Anakin eigentlich anfangen wollte. “
Ich schätze George Lucas wollte Anakin schon von seiner Veranlagung her böse oder zumindest problematisch haben. Ich erinnere mich das für TPM auch eine Schlägerei zwischen Greedo und Anakin geplant (oder sogar schon gedreht worden ist), die Anakins jähzornige Seite zeigen sollte, letztendlich aber nicht im Film landete, weil sie so gar nicht mit Shmis Aussage übereinstimmte, das Anakin ein herzensguter Junge ist, der freundlich gegenüber jedermann ist.
https://www.youtube.com/watch?v=NP5defnEQ8A
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 12:59 Uhr)
Deerool
@OvO
Ja richtig. Das ist genau das, was ich meinte: Ein verhaltensauffälliges, gestörtes Kind.
Da hat Lucas im Casting schon die entsprechende Auswahl getroffen. Nicht, dass Lloyd Verhaltensauffälligkeiten hatte, aber die Art, wie er spricht und seine Physiognomie sind schon besonders.
Noch kurz zu Psychopathen: Es gibt fünf Hauptmerkmale, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können - nicht immer zum Schlechten übrigens. In Industrie und Wirtschaft gelten sie tlw. als Tugenden.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 13:21 Uhr)
MaYo
@Mayo:
"Es gibt fünf Hauptmerkmale, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein können - nicht immer zum Schlechten übrigens."
Es gibt neben den Störungen auch die Stile. Stile sind sozusagen das positive Aquivalent zu den Störungen. Heisst, die Personen haben einen Umgang mit ihren "exotischeren Persönlichkeitsmerkmale" erlernt, der zwar auffällig ist, aber nicht primär negativ. Häufig sogar positiv. Darunter fallen dann u.A. auch viele Künstler, Wissenschaftler und co. Auch Menschen, die einen alternativen Lebensstil pflegen ohne sich langfristig in einer bestimmten Subkultur einzugliedern. Nennt man dann auch gern exzentrisch oder Individualisten. Wobei da nicht selten auch eine Hochbegabung, Hochsensibilität oder gewisse Syndrome eine Rolle spielen.
Ansonsten sagt man häufig, dass man mindestens 3 - 5 Kriterien erfüllen muss um eine Diagnose stellen zu können. Dies dient aber lediglich Ärzten als Orientierung. Psychische Krankheiten sind natürlich komplex und ein vermindertes Empathievermögen kann auch Teil einer Psychose sein und führt nicht zwangsläufig zu einer Psychopathie oder es kann auch in ganz andere Richtungen gehen. Aber es gibt eben halt gewisse Verhaltensmusterkombinationen, die man relativ klar zuordnen kann. Man muss sich immer den Einzelfall genau ansehen.
Deswegen habe ich auch versucht mit Beispielen wie Palpatine Anakin davon abzugrenzen. Der Unterschied zwischen Kalkül und Emotionalität ist da entscheidend.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 14:40 Uhr)
OvO
MaYo
McSpain
@Mayo:
Naja Palpatine ist einfach ein Psychopath. Ein Mensch, der sich nur für seine Machtvergrößerung interessiert und sämtliche moralische Aspekte, wenn überhaupt, dann nur dazu wahrnimmt, um einen Vorteil für diesess Ziel zu erreichen. Bewusst steuern kann man da nichts. Das manipulative Schauspiel, das Mitgefühl, was er Anakin entgegenbringt, gehört ja zur Störung dazu. Aber er empfindet es nicht wirklich. Es erweist sich in deren Wahrnehmung einfach als effizient sich so zu verhalten und ist damit legitim. Er weiß, dass er dadurch den Konflikt zwischen Anakin und den Rat schüren kann. Und darauf kommt es ihn an. Wenn es eine besser Option als Anakin gäbe, würde er sofort das Interesse an Anakin verlieren, wie wir in ROTJ auch sehen.
Anakin ist dahingehend tatsächlich das Opfer seiner Schwächen. Nämlich dass er vermutlich nach einer Art Ersatzheimat sucht. Eine Person die ihn Halt gibt und an der er sich orientieren kann. Für die er, wenn es sein muss, auch sein Leben und das Leben anderer opfern würde. Wo er wohl auch ein entsprechendes Ideal hereinprojeziert, was er dann mit Liebe verwechselt. Mir fällt das richtige Wort dafür grad nicht ein. Aber ich denke, dass sowohl Padme als auch der Rat und Palpatine für ihn dieses Ideal darstellen (können). Und Palpatine spekulierte darauf, dass er diesen Dreikampf gewinnt, wenn er sich Anakin gegenüber entsprechend verhält und die anderen beiden Parteien in ein schlechtes Licht rückt. Wobei es ihm dabei natürlich mehr um die Jedi als um Padme ging.
Ich hätte es übrigens sehr spannend gefunden, wenn Padme überlebt hätte und sie ihn dann in der Rüstung kennengelernt hätte.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 14:57 Uhr)
OvO
MaYo
"Wobei Lucas den Kanon (Leia hatte Erinnerungen an Padme) zugunsten der dramatischen Inszenierung "Geburt der Zwillinge vs Padmes Tod" geopfert hatte."
Ja... an dieser Stellte frag ich mich ob das die schlechtere Machart ist oder einfach nur eine andere Machart weil sie andere Ziele verfolgt.
Von Kanon möchte ich da garnicht unbedingt sprechen, denn dieser umfasst ja auch andere Werke. Aber es stellt sich schon die Frage, ob man ein Prequel noch als Prequel einstufen kann, wenn es eine derart abweichende Geschichte erzählt, wie es bei der PT der Fall ist. Leias Erinnerungen sind da für mich nur der heiße Tropfen. Viel mehr stört mich der Mangel an Rücksichtnahme, des Bildes welches Kenobi in Episode 4 von Anakin zeichnet. Gut, da kann man nun auch Altersschwäche unterstellen. Schließlich erinnerte sich auch nicht mehr an R2. Aber wenn man alle Punkte durchgeht, mag das Gerüst noch standhalten aber es wird sehr instabil.
OvO
@McSpain
“Im Comic und Roman von TPM hat Anakin auch wiederkehrende Träume davon eine große Armee zu führen. “
Dann war Klein Anakins Berufswahl letztendlich dann auch noch die falsche. Wenn er davon geträumt hat eine Armee anzuführen, dann hätte er sich besser den republikanischen Streitkräften anschliessen sollen, und nicht den Jedi, die zu diesem Zeitpunkt ja noch nichts mit Krieg und so am Hut hatten.
Aber er wäre ja nicht der erste, der sich bei der Berufswahl falsch entscheidet und später feststellt, dass der Job ihm überhaupt nicht liegt.
(zuletzt geändert am 21.05.2017 um 16:43 Uhr)
Deerool
@OvO
Es war in VI schon eine wichtige Bemerkung Leias zu ihrer Mutter, zudem in einer Epilog-Schlüsselszene. Sonst hätte ich den Logikbruch in III als Petitesse abhaken könnnen.
" Viel mehr stört mich der Mangel an Rücksichtnahme, des Bildes welches Kenobi in Episode 4 von Anakin zeichnet. "
Ein verklärtes Bild eines Menschen, der sich selektiv positiv erinnert. Ich denke, dass Kenobi sehr enttäuscht von seinem Schützling war, denn Anakin hatte auch ein sehr helles Potential. Das hatte Kenobi ja auch gesehen. Anakin stand sich selbst im Weg.
MaYo
Steampunkt ist ein guter Hinweis. Ich hätte mir ja für die Prequels Steampunk gewünscht. Es gab zwar einzelne Ansätze, aber man hat nur an der Oberfläche gekratzt.
Ich halte es für logisch, dass Luke möglichst wenig "Jedi-Ausrüstung" dabei hat. Er möchte ja nicht nur diesen Teil seines Lebens hinter sich lassen, sondern auch nicht erkannt werden. Und wenn z.B. so eine Lichtschwert nach Rey "rufen" kann, dann können auch Lukes Feinde Lichtschwerter o.ä. "aufstöbern". Ich glaube, das zeigt auch Lukes Blick und sein Zögern am Ende von Ep. VII. Das Lichtschwert, das er los werden wollte, ist nun zurück und lenkt damit die Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Ich finde, man sieht in seinem Blick auch das Entsetzen bzw die Enttäuschung oder die Wut darüber.
Xmode
OvO
@OvO
Im Falle der Szene zwischen Kenobi und Luke ist das Maß der Verklärung durch Kenobi okay für mich. Kenobi trennt klar zwischen Vader und seinem ehemaligen Padawan Anakin bzw. zwischen Vader und Lukes Vater. Dass da eine Lüge mitschwingt, ist wieder ein interessantes Thema.
(zuletzt geändert am 22.05.2017 um 15:38 Uhr)
MaYo
@OvO
"Von Kanon möchte ich da garnicht unbedingt sprechen, denn dieser umfasst ja auch andere Werke. Aber es stellt sich schon die Frage, ob man ein Prequel noch als Prequel einstufen kann, wenn es eine derart abweichende Geschichte erzählt, wie es bei der PT der Fall ist."
Um der Vorhersehbarkeit von Prequelgeschichten entgegen zu wirken, entscheiden sich die Macher oft andere Wege zu gehen, als es die übliche Vorstellung, die durch das Originalwerk geprägt ist, hergibt. Ich finde das auch nicht besonders verwerflich. Hinsichtlich der dramaturgischen Wirkung im einzelnen Werk, würde ich sogar soweit gehen, dass für mich da der Einzelfilm wichtiger ist, als das Gesatmwerk. So ist das Schlussdrittel in RO sicherlich dramatischer, muss aber ein kleines bisschen zurecht gebogen werden, hinsichtlich der Äußerungen in ANH. Das ist zu einem gewissen Grad akzeptabel.
Kommen allerdings, wie bei der PT, deutliche Mängel in der Umsetzung hinzu, ist der angerichtete Schaden doppelt so hoch. Nicht nur das die erzählerische Konsistenz des Gesamtwerkes in Fandiskussionen zurecht gebogen werden muss, der erzählerische Mehrwert für das Einzelwerk ist durch die mangelhafte Umsetzung ebenso beschädigt worden. In diesem Fall haben alle Beteiligten nur verloren.
Aber Star Wars ist sicherlich nicht das einzige Franchise welches damit Probleme hatte. Vor RO kannte ich so gut wie keine Prequelerzählung, die ohne diese Probleme ausgekommen ist. Und RO hatte zumindestens den Vorteil, nur einen sehr kleinen Anteil des Gesamtwerks berücksichtigen zu müssen.
Die Stärken einer Prequelgeschichte liegen darin, dem bereits Bekannten neue Facetten hinzuzufügen. Das dies allerdings nicht auf Kosten der erzählerischen Konsistenz oder Selbstständigkeit des einzelnen Werkes geht, ist eines der großen Herausforderungen dabei und hat bisher noch jedes Franchise vor Probleme gestellt.
(zuletzt geändert am 22.05.2017 um 18:01 Uhr)
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