Gestern gab's den ersten Teil des vg247-Interviews mit The Old Republic-Chefautor Daniel Erickson, hier nun die interessantesten Ausschnitte aus Teil 2:
Viele Onlinerollenspiele erscheinen, ohne dass es irgendwelche Endspiel-Inhalte gibt, und die Entwickler dieser Spiele sind dann drei Tage später völlig erstaunt, dass es jede Menge Spieler auf Stufe 60 gibt, die fragen: Und das soll es jetzt gewesen sein? Wird es in The Old Republic also von Anfang an Endspiel-Material geben?
Wir haben bislang offen gesagt noch gar nicht über Endspiel-Inhalte gesprochen. Ich meine, natürlich denken wird darüber nach. Kein Unternehmen wird sich hinstellen und erklären: Nein, wir bieten so etwas nicht an.
Aber der Grund, wieso wir noch nicht darüber geredet haben, ist der, dass all dieses Material noch in Arbeit ist. Das Endspiel muss, mehr als alles andere, darauf aufbauen, was am Spiel wirklich großen Spaß macht. Wenn man entscheidet, dass es am Ende nur noch Raiding-Aktionen geben soll, und dann stellt sich heraus, dass das Raiding im Spiel absolut lahm ist, weil die Server auf eine bestimmte Weise aufgebaut sind oder das Kampfsystem nicht entsprechend funktioniert, dann setzt man sich in dem Punkt selbst schachmatt.
Wir werden also nicht über Endgame-Inhalte sprechen, bevor wir nicht wissen, wie der große Traum von Krieg der Sterne genau aussieht. Geht es da um kinotaugliche Kämpfe? Oder passt er zu all diesen Dingen? Und wie geht das mit unserer Engine und unserem speziellen Rollenspielsystem überein? Das alles werden wir für unsere Endspiel-Inhalte berücksichtigen.
Haben Sie keine Sorge, dass die Spieler all die vielfältigen Spielerklassen ignorieren werden, um allesamt Jedi-Ritter zu werden? Ich meine, das ist der große Traum, oder nicht? Ein Jedi zu sein, sein Lichtschwert zu schwenken, Leuten zu erklären, dass das nicht die Droiden sind, nach denen sie suchen... Wie bringen Sie die Spieler dazu, andere Klassen auszuprobieren?
Der einzige Weg, das zu erreichen, besteht darin, die anderen Klassen wirklich umwerfend zu machen. Und ich denke, was wir bislang gesehen haben, beweist, dass die Leute sich zu sehr verschiedenen Spielerklassen hingezogen fühlen. Die Leute entdecken, wie cool der imperiale Agent ist. Er ist unser Schläfer, denn bei dieser Klasse geht es mehr darum, die Welt von The Old Republic zu erforschen, als eine bestimmte Szene aus einem Krieg der Sterne-Film nachzuspielen. In einem MMO der Typ mit dem Scharfschützengewehr zu sein, ist einfach sehr ungewohnt. Man braucht dann vielleicht nicht länger als der Kopfgeldjäger, um eine bestimmte Anzahl von Gegnern auszuschalten, aber der imperiale Agent schafft das mit jeweils einem Schuss pro Zielperson.
Das hat viel mit Planung zu tun. Man muss verdeckt agieren. Man muss sich vielleicht in ein Tarnfeld hüllen. Man muss herausfinden, was eigentlich gerade vor sich geht. Dann bringt man einen Sprengkörper in Position, und wenn alles bereit ist, explodiert der, man gibt einen Schuss ab, und es ist vorbei. Und der Gegner hat einen nicht einmal gesehen.
Das ist eine völlig neue Möglichkeit, ein MMO zu erleben. Und es macht richtig großen Spaß. Und nehmen wir dann nur mal den Schmuggler... Ich muss sagen, ich wollte immer Han sein, nicht Luke. Klar, ich wollte ein Lichtschwert, aber Han war der Obermacker. Han hat das Mädchen abgekriegt, Han hatte das Schiff. Deshalb glaube ich, es gibt viele Krieg der Sterne-Phantasien. Was nebenbei auch ein Grund ist, wieso wir die Jedi- und Sith-Klassen aufgeteilt haben. Denn als wir teamintern über unsere Jedi- und Sith-Phantasien gesprochen haben, passten die Erwartungen nie wirklich zusammen. Die einen wollten ein Jedi sein, um ihr Lichtschwert zu benutzen, die anderen, um ganz locker und total Zen zu sein und einen auf "das sind nicht die Droiden, die ihr sucht" zu machen.
Deshalb haben wir den Jedi aufgeteilt. Es gibt einen Mace Windu auf der einen Seite, und auf der anderen den älteren Obi-Wan. Und die beiden sind völlig unterschiedlich. Bei den Sith ist es genauso. Es gibt Leute, die gerne Vader sein wollen, und andere ziehen Palpatines täuschende, allglatte Schurkenart vor.
Und das Schöne daran ist, dass es alles in die alte Republik hineinpasst. Es gibt jede Menge Sith und Jedi da draußen. Wenn also wirklich alle Leute Jedi oder Sith sein wollten, wäre das im Spiel möglich. Aber mit der Zeit werden unsere Spieler mehr von unserer Welt sehen und andere Klassen ausprobieren wollen.
Wie sieht es eigentlich mit dem Geschäftsmodell für das Spiel aus? Ich habe vorhin mit einigen Leuten von Herr der Ringe Online gesprochen, und dort scheint man der Meinung zu sein, dass die meisten MMOs in wenigen Jahren kostenfrei sein werden. Sehen Sie das genauso?
Über Geschäftsmodelle haben wir noch gar nicht gesprochen, und - und das wird jetzt einige Leute überraschen - normalerweise wird diese Entscheidung auch nicht vom Chefautor getroffen [lacht].
Alles klar. [lacht] Wie wollen Sie eigentlich dafür sorgen, dass der Einzelspieler- und der Mehrspieleraspekt richtig zusammenpassen? Was Sie bislang vorgestellt haben, klingt ja wirklich gut, aber ich fürchte, die Atmosphäre wird komplett ruiniert werden, wenn einer meiner Freunde online kommt und mir irgendeine dämliche Geschichte über seine Mutter erzählt oder irgendetwas anderes, das kein Jedi jemals sagen würde.
Auch in Krieg der Sterne gibt es Mütter. Kanonisch verbürgt. [lacht] Und dumme Freunde gibt es auch, auch das gehört zum Kanon.
Aber dieser Aspekt ist etwas, das die Leute bislang noch gar nicht gesehen haben. Bislang haben wir fast nur die ersten Welten gesehen, und dort ist alles sehr handlungsorientiert. Man kann diese Welten zwar auch mit seinen Freunden bestreiten, aber im Grunde geht es darum, dass der Spieler Luke ist und mit seinem Yoda klarkommen muss. Und natürlich kann man sich auch da schon zusammentun, und Freunde können einander helfen, aber die Hälfte der Zeit geht es um solides Einzelspielermaterial.
Nach diesen ersten Welten ändert sich das dann schrittweise. Und natürlich ist The Old Republic nie ein reines Einzelspielerspiel, also kann man immer mit seinen Freunden um die Häuser ziehen, aber diese Freunde können die Geschichte nicht beeinflussen. Hinterher startet dann der Mehrspielerteil, und davon haben wir bislang noch so gut wie nichts gezeigt. Die Handlungsmöglichkeiten auf den einzelnen Welten sind riesig. Es gibt Missionen, mit denen man mehr als 10 Stunden beschäftigt sein wird, riesige Handlungsketten, die alle auf den Mehrspielermodus ausgerichtet sind, auf Gruppen von Spielern, die all das gemeinsam erleben. Und er dann beginnt die eigentliche Geschichte rund um den Krieg. An diesem Punkt steigt man in den Krieg zwischen Republik und Imperium ein und versucht, Welten zu übernehmen. Das ist der Moment, wo man die Geschichte verändert.
Und wir reden hier wirklich über eine echte Geschichte? Es geht nicht in Wahrheit nur um Missionen der Marke "töte 30 Eber. Jetzt töte 60 Eber"?
Wir haben die Missionen genauso entwickelt wie bei allen früheren BioWare-Spielen. Erst schreiben wir eine Geschichte, dann überlegen wir uns, wer die Spieler sind und wieviel Platz wir dafür brauchen. Es ist immer die gleiche Geschichte: Zuerst müssen die Autoren kommen, denn damit die Weltenentwickler mit der Arbeit beginnen können, müssen die Welten erst einmal stehen. Und wenn sie die ganze Geschichte vor sich sehen, können sie anfangen, Gebiete zu definieren und die Geschichte zum Leben zu erwecken.
[...]
Der Grafikstil des Spiels hat viele Diskussionen ausgelöst, insbesondere nach dem extrem realistisch gestalteten CG-Trailer. Die Grafik scheint nicht so wirklich zu dem allgemein eher düsteren Ton des Knights of the Old Republic-Universum passen zu wollen. Wieso haben Sie sich für diesen cartoonhaften Stil entschieden?
[...]
Wir haben den Stil ausgewählt, weil er zum einen Emotionen sehr gut darstellen kann. Wir haben damit die Möglichkeit, sehr einfach mit diesen Figuren zu kommunizieren.
Außerdem wollten wir einen Stil haben, der gut altert. Wenn man versucht, ultrarealistisch zu sein und damit an der Obergrenze des aktuell Möglichen operiert, bekommt man ein Spiel, das in zwei Jahren schlechter aussehen wird als alles andere. Es gibt wirklich nichts Absurderes als eine Techdemo von vor einigen Jahren.
Und wir wollten natürlich eine Grafik, die auf allen möglichen Computern läuft. Unser künstlerischer Leiter pflegt dazu immer zu sagen, dass es einfach nicht angehen kann, dass die Grafik auf älteren Computern anders aussieht. Natürlich wird sie auf topmodernen Rechner einen Tick besser aussehen, aber im Endeffekt muss der gleiche Stil auf allen Computermodellen gewahrt bleiben.
Und wer die Entwicklung des Spiels seit einiger Zeit verfolgt, wird bemerkt haben, dass es immer besser aussieht. Wir sagen immer sehr gerne, "wir zeigen euch nichts, bevor es nicht fertig ist", aber im Grafikbereich funktioniert das leider nicht, weil wir dann noch gar nichts zeigen könnten. Das letzte, was wir fertigstellen werden, sind die Spielerfiguren, weil wir da noch die meiste Arbeit vor uns haben. Lange Zeit gab es einen Typen, der aussah wie ich: Glatze, großes Kinn. Und er sah nach nichts aus. Er war eine Art Plastikpuppe. Aber irgendwas mussten wir ja zeigen, nicht wahr? Ein Typ ohne Kopf, das wäre nicht gegangen.
Also wird das mit der Zeit immer besser aussehen. Und einige der frühen Kommentare zur Grafik sind schon lange wieder verschwunden. Natürlich gibt es immer Leute, die alles möglichst realistisch wollen, aber ich ziehe eine echte künstlerische Arbeit offen gesagt deutlich vor, bei der die Entwickler mich wirklich überraschen wollten. [...]
Reden wir noch kurz über den Umfang des Spiele-Drehbuchs. Sie haben angeblich ja den Gegenwert mehrerer riesiger Rollenspiele in dieses Projekt investiert, also muss das Drehbuch doch absolut gigantisch sein, oder?
Das Spiel ist in der Tat größer, als alles, was wir bislang gemacht haben, zusammengenommen. Wir sind irgendwann zu dem Punkt gekommen, wo allein die aufzunehmenden Dialoge 50 Krieg der Sterne-Romane hätten füllen können. Das war schon eine ziemliche Überraschung [lacht]. So etwas ist wirklich toll und leicht beängstigend.
Ich meine, wir sagen ja schon länger, man kann eine Seite durchspielen, und dann spielt man eine andere durch, und alles ist total anders. Das ist schon wirklich riesig. Und selbst wenn man bei einer Seite bleibt, hat man eine unterschiedlich Geschichte für die Spielerklassen. Es steckt schon wirklich viel Zeug in diesem Spiel.
Letzte Frage: Der Onlinestart 2011, steht der wirklich?
Darauf arbeiten wir hin. Frühjahr 2011.
Es wird keine Verzögerungen geben?
Es wird wirklich passieren. Es wird... ähm... keine Verzögerungen geben. [lacht]
Alles klar. Wir werden versuchen, diesen unsicheren Blick ins Interview aufzunehmen.
[lacht]
Vielen Dank für dieses Gespräch!
Seite 1
naboon1
Ehrlich gesagt halte ich die Begründung mit dem Grafikstil für vorgeshoben. Hauptgrund wird sein, daß bisher kaum oder besser gar kein MMO mit realistischer Grafik in Asien ein Erfolg war und man den asiatischen Markt einfach mitbedienen will, da er sehr groß ist.
Für mich werden wohl Bounty Hunter und der imperiale Agent zuerst einmal vorrangig sein, bevor es evtl. später zur rotfarbenen Knicklichtfraktion geht.
(zuletzt geändert am 21.06.2010 um 13:10 Uhr)
Fatalist
Benjamin
Punkt 1: Mit ach so tollen Grafiken von vorvorgestern ist es aus meiner Sicht ein wenig wie mit ach so tollen Tanzeinlagen von vorvorgestern: Beide wirken nach relativ kurzer Zeit reichlich altbacken, um nicht zu sagen peinlich. Und da muss man nicht einmal bis in C64-Zeiten zurückgehen (wobei das große Laune macht ), denn selbst PS2- oder Xbox-Spiele sehen vom heutigen Standpunkt aus nicht mehr besonders frisch aus, obwohl damals reihenweise Loblieder darüber verfasst wurden.
Punkt 2: Die Altersstruktur der Spieler hat sich in den letzten 10-15 Jahren massiv geändert. Damals waren die meisten Spieler unter 20, heute sind viele Spieler von damals noch immer aktiv, womit das Durchschnittsalter von Videospielern - und damit theoretisch auch die durchschnittliche geistige Reife - um einiges höher anzusetzen sein dürfte. Was zur Folge hat, dass die Zahl der Spielefanatiker, die sich jedes Jahr einen neuen Hightechrechner kaufen, prozentual eher rückläufig ist, und da ist es wohl nur klug, The Old Republic auch für die Rechner von Leuten zu produzieren, die nicht jeder neuen Grafikkarte und jedem neuen Prozessor hinterherlaufen. Noch dazu, wo gerade die älteren Spieler eher geneigt sein dürften, monatlich Geld für ein Onlinerollenspiel auszugeben, weil es die - frei nach dem Motto "wir ham's ja" - einfach weniger juckt als einen durchschnittlichen 13jährigen, der erstmal durchrechnen muss, wieviel Kaugummi er im Gegenzug einsparen müsste.
@Aaron
Das dumme ist bloß, dass gerade die junge Generation das Spiel von ihren Eltern verboten bekommt, weils eben soviel kostet, was wiederum weniger Spieler bedeutet, rückwirkend weniger Spieler in einigen Jahren... hehe, in die Zukunft müsst man sehen können.
Btw, nicht jeder Jugendliche kaut auch Kaugummi *grins*
naboon1
Hanebüchene Begründung also, wenn WOW beispielsweise die Hälfte seiner 10 Mio Abos in Asien hat(te) und wie gesagt dort bisher kein Spiel mit realistischer Grafik Fuß fassen konnte?
PS: Schau einfach mal im Supermark auf wie vielen Produkten inzwischen ein Halal-Zeichen zu finden ist, damit der Kundenkreis erweitert wird und deswegen oftmals gar die Rezeptur geändert wurde, wenn du schon so ein selten dämliches Beispiel einwirfst.
Fatalist
World of Warcraft ist in Asien aber gewiss nicht so ein Renner, weil es so eine asiatenfreundliche Grafik hat. Wenn Bioware/Lucas Arts/Electronic Arts wirklich so scharf auf den asiatischen Markt ist, warum ist dann, meines Wissens, keine Version in einer asiatischen Sprache geplant? Englisch, Französisch und Deutsch sind nun nicht unbedingt Sprachen, welche ich mit Südkorea, Japan oder Taiwan verbinde.
Wenn schon die gesamte Grafikengine auf den asiatischen Markt angepasst wird, dann dürfte es auch kein Problem sein, eine asiatische Sprachausgabe zu bieten.
P.S: Dann geh doch mal in ein Restaurant und bestelle ein ohne Milchprodukte zubereitetes Rahmschnitzel. Ich wette mit dir, dass man dir freundlich, aber bestimmt, mitteilen wird, dass man es für dich nicht mit Sojamilch machen wird.
(zuletzt geändert am 23.06.2010 um 02:56 Uhr)
Benjamin
Seite 1
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