In der stolzen Geschichte von LucasArts gab es viele Höhepunkte - und einige tragische Tiefpunkte, die wir hier nicht weiter erwähnen wollen -, aber für jeden Klassiker der Videospielgeschichte war gefühlt auch mindestens ein Spiel da, das nie die Chance bekam, wahlweise ein Klassiker zu werden oder von der Kritik hingemordet auf der Strecke zu bleiben, weil es schlicht und ergreifend nie veröffentlicht wurde. Während sich die lieben Kollegen also Spielen widmen, die tatsächlich ein Publikum gefunden haben, wollen wir uns im Rahmen der Star-Wars-Games-Wochen jenen ungeborenen Wunderwerken und nur in psychedelisch-orgiastischen Träumen paranoider Programmierer existierenden Spielen widmen, die selbst das große LucasArts auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft nicht verwirklichen konnte.
Beginnen wir mit einem Spiel, das tatsächlich fertiggestellt wurde und für seine Zeit absolut bemerkenswert war: 1984 veröffentlichte das damals noch Lucasfilm Games genannte Spielestudio Rescue on Fractalus, ein an sich simples Spiel, bei dem der Spieler einen auf dem Planeten Fractalus abgestürzten Piloten retten musste und immer wieder Gefahr lief, Bekanntschaft mit den sich als Piloten tarnenden Einheimischen zu schließen.
Interessant an Rescue on Fractalus ist aber nicht nur seine damals bahnbrechende Grafik und sein revolutionäres Spielkonzept, sondern die Tatsache, dass es zu Beginn als Star-Wars-Spiel geplant war: In Rebel Rescue sollte man eigentlich als Rebellenpilot abgestürzte Kameraden suchen, nur durfte man - Achtung, es wird ironisch - die Star-Wars-Lizenz nicht nutzen, da diese an Atari vergeben war. Die Macht war buchstäblich noch nicht mit Lucasfilm Games.
Wenige Jahre später gab es erneute Träume, Star Wars in Spieleform auf neue Höhen zu führen: 1988 nahm der US-Internet-Provider Trintex Kontakt zu Lucasfilm auf, um ein Star-Wars-Online-Spiel mit einer Million Spielern zu entwickeln. Mehrere Tage wurde hin- und herüberlegt, wie ein solches Megaspiel umgesetzt werden könnte, dann war selbst den Optimisten im Raum klar: Sekunde mal, haben wir nicht gerade 1988? Wie soll das denn beim besten Willen funktionieren? Genau: Gar nicht.
Jordan Weisman, einer der großen Pioniere der Videospiele, der unter anderem das Star-Trek-Rollenspiel mitbegründete und BattleTech und Shadowrun entwickelte, und Steve Arnold, der Mitbegründer von Lucasfilm Games, der heute noch im Verwaltungsrat von George Lucas' Bildungsstiftung sitzt, versuchten sich 1990 an einem unglaublich ambitionierten X-Flügler-Simulator, der in Zusammenarbeit mit einem der innovationsfreundlichsten Flugzeugbauer Nordamerikas, Hughes Aircraft, entwickelt wurde. Bei Hughes entstand Jahre vorher z.B. der erste geostationäre Satellit der Menschheitsgeschichte .
Das Lucasfilm-Games-Projekt, das sich Mirage - also Fata Morgana - nannte, war im Kern eine klassische Pilotenkapsel, in der der Spieler sitzen sollte und um die herum mit Hilfe von Spiegeln und diversen Computern eine riesige Berg-Landschaft generiert wurde, durch die man im X-Flügler stundenlang fliegen konnte. Problem des Ganzen: Allein schon der Bildgenerator, der im Herzen dieser Fata Morgana arbeitete, kostete pro Stück 500.000 US-Dollar, und bei aller Liebe zu großen Träumen glaubte niemand, diese Kosten in der realen Welt je wieder erwirtschaften zu können. Lucasfilm beendete den Versuch deshalb und verkaufte die Rechte an Mirage an Hughes Aircraft. Inzwischen gehört das Unternehmen zu Boeing, d.h. vielleicht werden Boeing-Piloten ja bis heute mit Systemn ausgebildet, die beinahe mal ein X-Flügler-Simulator geworden wären. Phantastisch wär's jedenfalls.
1995 hatte sich die Rechtelage rund um Star Wars und Spiele bereits grundlegend verändert. Mit Rebel Assault hatte man den entstehenden CD-ROM-Markt praktisch im Alleingang übernommen, und nun träumte man von einem Luke-Skywalker-Actionspiel mit Doom-Geschmack, aus dem im Laufe der Konzeptionsphase ein Spiel über einen Rebellenspion während der klassischen Trilogie wurde. Am Ende entwickelte sich dieses Spiel weiter zu Dark Forces, dem bis heute epochalen Shooter/Actionadventure über Kyle Katarn. Das Lichtschwert, das mit Jedi Knight - bzw. Dark Forces II - zum Markenzeichen der Reihe wurde, sollte übrigens schon in diesem ersten Spiel dabei sein, nur ging den Entwicklern die Zeit aus. So musste Kyle Katarn bis zur Fortsetzung auf seinen Lichtschwert-Moment warten: Use it well, use it for good. Luke Skywalker kam erst 2002 in Jedi Outcast zumindest als NPC zu seinem Auftritt.
1996 waren die Adventures von LucasArts dank des Erfolgs von Spielen wie Monkey Island und Day of the Tentacle unglaublich populär und Star Wars ohnehin ein Hit. Was also lag näher, als die beiden Bauteile zu mischen und ein Star-Wars-Adventure zu entwickeln? The New Emperor, so der Titel, sollte nach Die Rückkehr der Jedi-Ritter spielen. In der Galaxis gehen Gerüchte um, wonach ein neuer Imperator gekrönt werden soll, doch bestätigen lassen sie sich nicht. Aus diesem Grund wird C-3PO als Spion losgeschickt, um die Lage zu untersuchen, denn wer verdächtigt schon einen harmlosen Protokolldroiden.
Faszinierend an The New Emperor ist allerdings nicht nur seine Handlung, sondern auch die Technik, mit der diese erzählt werden sollte: Echte Darsteller vor Bluescreens sollten zum Einsatz kommen, eine Technik, die Mitte der 90er unglaublich en vogue war. Beispiele für auf diese Weise umgesetzte Adventures sind The Beast Within: A Gabriel Knight Mystery, Phantasmagoria oder auch ToonStruck, die alle um diese Zeit entstanden, und auch bei LucasArts findet sich in Gestalt von Rebel Assault ein ähnlich funktionierendes Projekt, wenn es auch kein Adventure war.
Wieso also wurde nichts aus 3POs Adventure? Nun, das ist allein Grim Fandangos Schuld. Dessen Produktion war aus dem Ruder gelaufen, und so stand am Ende kein Budget mehr für 3PO zur Verfügung. Er ist eben zum Leiden geschaffen.
Wir wollen Rogue Squadron erwähnen, obwohl das Spiel tatsächlich fertiggestellt wurde: Anfangs war allerdings Wedge Antilles als Spielfigur vorgesehen, nicht Luke Skywalker. Der kam erst ins Spiel, als die Lizenzabteilung darauf hinwies, dass man Luke besser vermarkten könnte. Einige Jahre später durfte Wedge dann aber doch noch ran: In beiden Rogue-Squadron-Fortsetzungen schlüpfte man als Spieler in die Rolle des Rogues aller Rogues, und Original-Darsteller (und Ewan-McGregor-Onkel) Denis Lawson kam für Rogue Leader sogar noch einmal ins Studio, um neue Dialoge aufzunehmen. Yub yub, Commander.
Gehört es zu den nie veröffentlichten Spielen? Zugegeben, nicht direkt. Aber nicht nur aus nostalgischen Gründen sei erwähnt, dass im Jahr 2000 große Vorfreude unter PC-Spielern herrschte, da mit Obi-Wan ein würdiger Nachfolger von Jedi Knight ins Haus zu stehen schien und Lichtschwertkämpfe in bester Kyle-Katarn-Tradition auch in der noch jungen Prequel-Ära zum Greifen nahe waren. Im November 2000 endete diese Vorfreude dann allerdings abrupt: Das als PC-Spiel angekündigte Obi-Wan wurde zum reinen Konsolentitel umfirmiert. Interessanterweise hatten die erst Jahre später enthüllten Gründe hinter der Entscheidung tatsächlich mit Jedi Knight zu tun: Bei LucasArts war man zur Auffassung gelangt, dass Obi-Wan PC-Spieler im direkten Vergleich zu Jedi Knight enttäuschen würde. Obi-Wan erschien am 20. Dezember 2001 exklusiv auf der Xbox.
Schon früh zeigte sich LucasArts an den damals heiß erwarteten Next-Gen-Konsolen - der Xbox 360 und der PlayStation 3 - interessiert. Mit Pangea wollte man dort ein Fantasy-MMO im griechisch-römischen Stil unterbringen, nachdem man mit Gladius gerade sowieso in dieser Ära unterwegs gewesen war. Die Entwicklung ging so weit, Waffen, ein Religionssystem und diverse Dungeons zu entwerfen, doch im Jahr 2003 wurde das Projekt auf Eis gelegt. Ein zentraler Grund dafür: Bis zum Schluss war nie klar, welches Geschäftsmodell hinter dem Spiel stecken sollte.
Aus Star-Wars-Sicht ist Pangea dennoch spannend, denn aus den Überresten des Projekts wurde zeitweise Proteus, ein Star-Wars-MMO für Konsolen, das dort das leisten sollte, was Star Wars Galaxies auf dem PC bereits tat. Etwa ein halbes Jahr lang arbeiteten Entwickler an Proteus, doch wieder war es das fehlende, bzw. mit der Spielmechanik im Konflikt liegende Geschäftsmodell, das die LucasArts-Chefetage bewog, einen Schlussstrich zu ziehen.
In Proteus sollten Spieler unter anderem Bespin, Sullust und Corellia bereisen.
Die Überreste der Überreste des Teams von Pangea wurden mit der Arbeit an Knights of the Old Republic III betraut, das - anders als die beiden Vorgänger, die bei Bioware und Obsidian entstanden waren - direkt bei LucasArts entwickelt werden sollte. In der Zeit wurden für das Spiel eine Handlung, diverse Welten, darunter Taloraan, eine Mandalorianerstadt und Rodia, Missionen, Figuren und Gegenstände gab. Zu den wenigen bekannten Elementen des Spiels gehört eine Spielfigur namens Naresha. Welche Rolle sie spielen sollte, ist allerdings unbekannt.
Die Entwicklung des Spiels wurde schließlich eingestellt, weil LucasArts insgesamt auf die - von seinem Ende als Entwickler einmal abgesehen - größte Krise seiner Geschichte zusteuerte.
Bereits vor der Veröffentlichung von Republic Commando war eine Fortsetzung namens Imperial Commando in Planung, die sich mit imperialen Kommandosoldaten während und nach der Order 66 befassen sollte. Kurz zusammengefasst lautete das Konzept: "Jage und vernichte die schlimmsten Feinde des Imperiums, die Jedi." Über Konzeptzeichnungen und -texte kam das Projekt nie hinaus, und das Spiel endete - genau wie Knights of the Old Republic III - als Opfer der großen Krise.
Als mitten im Episode-VII-Hype das Logo zu einem Spiel namens Episode VII: Shadows of the Sith wieder auftauchte, das Jahre zuvor im LucasArts-Buch Rogue Leaders eher diskussionslos veröffentlicht worden war, brach die Hölle los: Was, ein Episode-VII-Spiel, was könnte das denn sein? 2016 brachte Haden Blackman, seines Zeichens Entwicklungsleiter von The Force Unleashed, Licht ins Dunkle: Ihm zufolge entwickelte LucasArts Ende 2004, Anfang 2005 diverse Kurzkonzepte, die jeweils nur aus einem Logo, ein paar Konzeptbildern und einer kurzen Beschreibung bestanden und darauf abzielten, eine Geschichte zu finden, die ein von den Filmen unabhängiges Spielekonzept würde tragen können. Die Prequels standen immerhin gerade kurz vor ihrem Abschluss und fielen als Anknüpfungspunkt weg.
Anhang der Kurzkonzepte wurde bei LucasArts analysiert, welche Ideen Erwachsenen oder Jugendlichen besser gefielen, welche Zeit interessant wäre und welche Figuren. Am Ende stellte sich dabei heraus, dass die Testpersonen einen Machtnutzer haben wollten und ihnen Epoche, Figuren und Handlung eher egal waren. Im Folgenden also einige der damals generierten Konzepte im Überblick:
Im Mittelpunkt der Handlung sollte Luke Skywalkers Sohn Ben stehen, der neue Machtkräfte einsetzt, um einen gefährlichen Verwandten zu besiegen, den Haden Blackman nur "Solo" nannte. Zu vermuten ist, dass es dabei im Sinne der gerade aktuellen Legacy-of-the-Force-Romanreihe um Jacen Solo gehen sollte. Mehr als Papier gab es zu diesem Konzept aber nie.
In diesem Konzept ging es um die Geschichte eines Schmugglers in der Zeit des Imperiums. Die Hauptfigur muss sich an den imperialen Behörden vorbeiquetschen, um ordentliche Gewinne einzustreichen. Aus Smuggler wurde knapp 5 Jahre später ein zweites Projekt namens Scum and Villainy, zu dem sogar einige Videoanimationen produziert wurden. Gedacht war die letzte Version des Spiels als Crossplattform-Multiplayer-Projekt, das parallel auf Facebook, Tablets und Konsolen gespielt werden sollte. Im Zentrum ging es aber bis zuletzt um die Übernahme von Schmuggleraufträgen und die Erzielung von Handelsgewinnen.
Über die Konzepte zum offiziell dritten Jedi-Knight-Spiel - Jedi Academy trug bekanntlich nie die 3 im Titel - gibt es kaum mehr als Gerüchte. Immerhin: 2 Titel sind dafür bekannt, Brink of Darkness und Jedi Master. Das Spiel sollte offenbar mit der Order 66 beginnen und eher zum Survival-Horror-Genre zählen, als wie die Vorgänger als Shooter, bzw. Actionadventure daherzukommen. Beerdigt wurden die Pläne, nachdem sie in den Vergleichstests durchgefallen waren.
Ebenfalls zu dieser Zeit wurde bei LucasArts ein Konzept entwickelt, das die Geschichte eines Wookiee-Kriegers erzählen sollte, der auf Kashyyyk gegen das Imperium kämpft. Rebel Warrior war zeitweise als Chewbacca-Spiel geplant, das Chewies Geschichte vor seiner Begegnung mit Han Solo und seine Kopfgeldjägerkarriere beleuchten sollte.
All diese Konzepte wurden am Ende zusammengefasst und George Lucas vorgelegt, der vorgab, sich handlungstechnisch auf Darth Vader zu konzentrieren. Unterm Strich kam dabei also The Force Unleashed heraus. Nachdem dieses Spiel dann in den Läden gelandet war, wurden einige der alten Konzepte 2008/2009 ein weiteres Mal hervorgeholt, und in diesem Zusammenhang entstanden - wie wir gleich noch sehen werden - das Darth-Maul-Spiel und 1313.
Zu der Zeit, in der LucasArts selbst nach neuen Konzepten suchte, wollte auch ein langjähriger Partner von LucasArts, Factor 5, ein neues Star-Wars-Spiel entwickeln. Nach der Rogue-Squadron-Trilogie, die den galaktischen Bürgerkrieg aus Rebellensicht gezeigt hatte, wollte man in Dark Squadron Darth Vader in den Mittelpunkt rücken, der gegen die Rebellen in den Raumkampf ziehen sollte. Geplant war, dem Spieler das Kommando über Vaders Flotte zu übertragen, die stufenweise ausgebaut werden sollte. Zudem sollte es mehr planetare Fahrzeug-Missionen geben als in den Vorgängerspielen. Dark Squadron sollte als reiner Gamecube-Titel erscheinen.
Das Spiel wurde LucasArts vorgelegt und ging in den internen Bewertungsprozess, bei dem es sich gegen andere Konzepte bewähren musste. Am Ende unterlag es dem vorhin genannten Rebel Warrior.
Um dennoch zu einem Abschluss mit LucasArts zu gelangen, schlug Factor 5 dann vor, die Rogue-Squadron-Trilogie für die Xbox zu überarbeiten. In diesem Rahmen sollte u.a. der Mehrspielermodus enorm ausgebaut werden. Bis April 2004 war die Überarbeitung zur Hälfte abgeschlossen, doch dann gingen bei LucasArts praktisch die Lichter aus: Nach jahrelangem Missmanagement wurde ein neuer Chef an Bord geholt, der das Unternehmen wieder auf Vordermann bringen sollte. Seine Methode, das zu tun, bestand darin, unfertige Projekte wie Knights of the Old Republic III und eben auch die Rogue-Squadron-Trilogie abzubrechen und die Firma neu zu strukturieren.
3 Jahre nach dem Aus für Dark Squadron und die Xbox-Version der Rogue-Squadron-Trilogie schlug Factor 5 LucasArts vor, einen neuen Anlauf rund um Rogue Squadron zu unternehmen. Auf Basis der alten Spiele sollte mit Rogue Squadron Wii ein hundertprozentig auf die neue Nintendo-Konsole ausgerichtetes Raumkampf- und Lichtschwertspiel entstehen. Besonders der Lichtschwertpart wurde umfassend entwickelt mit Machtkräften, diversen Schauplätzen mit jeweils unterschiedlichen Gefahren - Sarlaccgruben zum Beispiel oder auch Karbonitgefrierkammern - und 20 spielbaren Figuren, darunter Luke, Leia, Imperator Palpatine und Darth Vader. Ebenfalls vorgesehen war ein Spielmodus für Düsenschlittenrennen auf Endor.
Rogue Squadron Wii - Rogue Leader ist insofern ein interessanter Fall, als das Spiel tatsächlich komplett fertiggestellt wurde. Da Factor 5 jedoch Ende 2008 in Konkurs ging, bzw. diesen Konkurs faktisch verschleppte, weshalb seine Ex-Mitarbeiter das Factor-5-Nachfolgeunternehmen White Harvest 2009 verklagten, geriet das Spiel zwischen die Fronten. LucasArts drohte als Vertriebspartner ein erhebliches PR-Desaster, wenn man ein Spiel, das offenbar unter Ausnutzung entlassener Mitarbeiter fertiggestellt worden war, veröffentlicht hätte. Offensichtlich wollte man sich diesen Klotz dann doch nicht ans Bein binden und legte das fertige Spiel dankend ins Archiv.
Im Rahmen seiner Wiederbelebung in The Clone Wars war angedacht, Darth Maul ein eigenes, zeitweise Battle of the Sith Lords genanntes Spiel zu widmen, das von den Batman-Arkham-Spielen inspiriert und also ein Schleichspiel sein sollte. Zunächst war wohl eine Origin-Handlung zu Maul angedacht, später wurde daraus ein direkt mit The Clone Wars verknüpftes Spiel, und noch viel später sollte auf Betreiben von George Lucas Darth Talon auf welche Art auch immer in das Spiel eingebunden werden. Angesichts ihrer Präsenz in den Konzepten zu Star Wars: Das Erwachen der Macht könnte man vermuten, dass Lucas eine Jedi-Killer-Geschichte als Vorgeschichte seiner Sequel-Trilogie vorschwebte, aber mit Sicherheit lässt sich das nicht mehr rekonstruieren. Das Darth-Maul-Spiel wurde 2011 von LucasArts beerdigt, und Red 5 - das mit der Entwicklung betraute Studio - beinahe ebenfalls.
Zur Zeit der Schließung seiner Entwicklungsabteilung im Jahr 2013 waren bei LucasArts mehrere Spiele in Entwicklung. Das Bekannteste davon dürfte 1313 sein, das zeitweise Underworld hieß und aus den Testkonzepten von 2004 hervorgegangen zu sein scheint. Die erste Pre-Alpha-Version des Spiels wurde bei LucasArts scherzhaft Gears of Star Wars genannt, nachdem erste Ideen in Richtung einer Open-World-Geschichte um die Verbrecherfamilien der geplanten Star-Wars-Realserie gescheitert waren. Zu diesem Zeitpunkt war 1313 also noch ein Koop-Shooter. Nach einem Jahr Entwicklungszeit wurde es 2010 zu einem Uncharted-Actionabenteuer umgebaut, das nur dahingehend noch Ähnlichkeiten zur ersten Version aufwies, als es nach wie vor auf Coruscant spielen sollte.
Zu diesem Zeitpunkt begann sich George Lucas persönlich für das Projekt und seine Möglichkeiten zu interessieren. Auf seinen Vorschlag hin wurde ein Kopfgeldjäger zur Hauptfigur gemacht. Generell ist an dieser Stelle anzumerken, dass Lucas bei 1313 und bei diversen anderen LucasArts-Projekten gleichzeitig Segen und Fluch für seine Spieleentwickler war: Einerseits lief ohne ihn im letzten Jahrzehnt von LucasArts fast nichts mehr in eine produktive Richtung, andererseits war sein Hauptinteresse auf TV- und Filmprojekte gerichtet, sodass er bei LucasArts nur selten vorbeischaute und dann Vorschläge machte, die gewollt oder ungewollt als alternativlos interpretiert und dementsprechend umgesetzt wurden. Bei 1313 führte das dazu, dass 2 Wochen vor der großen Ankündigung des Spiels auf der E3 die Hauptfigur ausgetauscht wurde: Nicht irgendein Kopfgeldjäger, sondern Boba Fett sollte nun plötzlich die Hauptrolle spielen.
Für 1313 bewirkte diese Änderung im letzten Jahr seiner Entwicklung zweierlei: Einerseits fühlten sich die Entwickler etwas desillusioniert, weil ihre Arbeit der vorangegangenen 3 Jahre in eine ganz andere Richtung gelaufen war, aber andererseits waren sie nun auch enorm motiviert, das genialste Boba-Fett-Spiel aller Zeiten zu entwickeln und den Raketenrucksack zu nutzen, um sich komplett vom Uncharted-Vorbild zu lösen.
1313 wurde 2012 groß als nächster Meilenstein von LucasArts angekündigt, doch dann wurde Lucasfilm an Disney verkauft, und die Lichter drohten auszugehen. Bis zuletzt gab es im Unternehmen die Hoffnung, dass die Entwicklung beendet werden und 1313 entweder die Grundlage einer LucasArts-Renaissance oder zumindest den würdigen Abschied von LucasArts als Spieleentwickler markieren würde. Aus beidem wurde jedoch nichts: Die Entwicklungsabteilung wurde dichtgemacht und 1313 abgesägt.
Dennoch lebt 1313 bis heute weiter: Umgebungen, die für das Spiel entwickelt wurden, spielten bei der Virtual-Reality-Entwicklung des ILMxLAB eine Rolle, und auch Konzeptzeichnungen, die für das Spiel entworfen wurden, sind nach wie vor bei anderen Projekten von Lucasfilm in Verwendung.
Während 1313 vielen Spielern noch etwas sagen wird, ist First Assault schätzungsweise schon vergessen: Der Multiplayer-Titel im Battlefront-Stil, in dem Rebellen und Sturmtruppler an Orten wie Mos Eisley und auf Bespin gegeneinander antreten sollten, sollte Anfang 2013 erscheinen und war intern, wie eigentlich alle Projekte der Endphase, mehreren erheblichen Veränderungen unterworfen. Zunächst war es ein relativ x-beliebiger Multiplayer-Shooter mit Star-Wars-Geschmack, dann wollte George Lucas, dass es auf dem Niveau von Call of Duty mitspielen müsse und schließlich, nach der Bekanntgabe des Verkaufs von Lucasfilm und allen seinen Tochtergesellschaften, wurden Versuche unternommen, First Assault mit Überresten eines X-Wing-vs-TIE-Fighter-Spiels namens Wingman zu Battlefront 3 zu verschmelzen. Das verhedderte Gesamtprojekt scheiterte mit der Schließung der Entwicklungsabteilung im April 2013.
Von 1313 und First Assault gibt es immerhin offizielles oder halboffizielles Material, aber 2013 wurden noch weitere Projekte gestoppt: Eines davon war eine Star-Wars-Version von Farmville namens Outpost, in der Spieler Rebellenbasen aufbauen und gegen das Imperium verteidigen sollten. Die oben gezeigten Bildern machen deutlich, dass das Spiel zwar nicht gerade überragend, aber doch recht annehmbar aussah. Außerdem in Arbeit war ein iOS-Spiel namens Death Star, in dem Spieler das Kommando über den Todesstern übernehmen sollten. Details hierzu sind nicht bekannt.
Eine interessante Sonderrolle nimmt ein drittes Spiel ein, das offenbar schon Mitte 2012 eingestellt wurde, denn dieses Projekt wurde von Splinter-Cell-Macher Clint Hocking geleitet. Gerüchteweise arbeitete er an einem Open-World-Titel, wobei nicht klar ist, ob dieser im Star-Wars-Universum spielen sollte. Man kann mutmaßen, dass die ersten Konzepte zu 1313, die ja noch in die Open-World-Richtung gingen, von ihm weiterentwickelt wurden. Vielleicht wurde das ursprüngliche 1313-Konzept auch aufgeteilt in eine actionorientierte Version, in der Boba Fett die Hauptrolle gespielt hätte, und einer charakterorientierten mit Open-World-Geschmack, die spätestens in dem Moment Makulatur war, als klar wurde, dass die Realserie unfinanzierbar war und so bald nicht produziert werden würde. Spekulationen hin oder her: Die Entwicklung von Hockings Spiel wurde eingestellt und alle Ressourcen zu 1313 verlagert.
Wurde es nie fertiggestellt? Darüber ließe sich diskutieren, denn einen offenen Betatest gab es für Attack Squadrons im Januar 2014 sogar. Dieser lief offenbar aber nicht so erfolgreich wie erhofft, und so ging dieses X-Flügler-Mehrspieler-Browsergame des Entwicklers Area 52 den Weg alles Irdischen. Geplant waren für das Spiel verschiedene Spielmodi wie freies Spiel und Team-Deathmatch sowie diverse Schiffstypen.
Am 3. April 2013 wurde bekannt, dass die Entwicklungsabteilung von LucasArts abgewickelt wird. Disney hatte sich das allgemeine Chaos bei der Spieleschmiede von Lucasfilm offenbar genau angesehen und für hoffnungslos befunden. Die Lizenz für Star-Wars-Spiele ging an Electronic Arts, und bis heute lässt sich trefflich darüber streiten, ob das die richtige Entscheidung war.
So oder so: Die Schwemme an halbbearbeiteten Projekten, die dann doch nur in der Schrottpresse landen, dürfte mit EA erst einmal vorbei sein. Genau wie Disneys Lucasfilm, wird wohl auch EA auf absehbare Zeit auf Sicherheit setzen und Projekte nur dann an den Start lassen, wenn sie auch fliegen können. Trotzdem: Im Herzen irgendeines Entwicklers oder den dunklen Abgründen der Seele eines Designers schlummert sicher schon der nächste Star-Wars-Spieletraum, der sich als unrealisierbar erweisen wird. Seien wir also gespannt, was die Zukunft bringt und freuen wir uns auf die nächsten verhinderten und tatsächlichen Star-Wars-Meisterwerke.