Sammeln und Star Wars, das gehört für viele Fans einfach zusammen. Und während die breite Masse sich ein oder zwei Actionfiguren ins Zimmer stellt - natürlich ausgepackt -, hat der andere ein wohlsortiertes Archiv voller - natürlich unausgepackter - Figuren in vieltausendfachen Variationen. So oder so ähnlich läuft es auch beim Sammeln von Star-Wars-Autogrammen: Die breite Masse nimmt sie als nette Erinnerungsstücke an Conventionbesuche mit nach Hause und denkt sich dabei wenig Böses, während der harte Kern der Sammlergemeinde Autogrammanfragen schreibt, Adressen aufspürt und - so der Trend seit einigen Jahren - immer öfter gezwungen wird, hohe Summen in sein Hobby zu investieren. Oder es aufzugeben.
Jüngster Höhepunkt dabei: Die Einrichtung von Star Wars Authentics, der offiziellen Anlaufstelle von Lizenznehmer Topps für Star-Wars-Autogramme, bei der ihr eingeladen seid, mehrere hundert Euro für Autogramme der Stars des neuen Star Wars auszugeben, egal ob sie nun Daisy Ridley, John Boyega, Adam Driver oder Felicity Jones heißen.
Wir wollten wissen, wie die Sammler diesen Trend wahrnehmen und haben deshalb unseren alten Freund und Langzeitsammler Holger von Yubnub.de gebeten, uns seine Sicht auf die Situation zu schildern:
Das Thema Autogrammpreise hat schon immer für Diskussionen gesorgt. In Deutschland etwas mehr als beispielsweise in den USA oder Großbritannien, denn die deutschen Fans haben hier tatsächlich eine andere Sammlermentalität. Man konnte sicher geteilter Meinung sein, letztendlich bewegten sich die Autogrammpreise aber auf einem durchaus realistischem Niveau.
Autogramme zu sammeln war ein tolles Hobby und Sammlergebiet, aber in den letzten Jahren mutierte es zu einer bastardisierten Version dessen, was es einst war. 2016 war Autogramme zu sammeln endgültig kein Hobby mehr, es wurde zum Geschäft, reines Business.
Im Sommer kam es zur Preisexplosion bei der Celebration in London, als der Fan für Autogramme und die Photo OP (= gemeinsames Foto mit dem Gaststar) noch tiefer in die Tasche greifen musste. Gegen Jahresende dann der nächste Schlag: Lucasfilm vergab die Lizenz für Autogramme an Trading-Card-Hersteller Topps, und der rief den Onlineshop Star Wars Authentics ins Leben. Hier ist ein Autogramm von Daisy Ridley ab $350 zu bekommen, das von Felicity Jones ab $300. Autogramme und Fotos zu lizenzieren ist nichts neues, Lucasfilm hatte bereits einmal einen Lizenznehmer, nämlich Official Pix. Schon hier wurde der Fan ordentlich zur Kasse gebeten, aber Star Wars Authentics öffnete die Tür zu einer neuen Dimension der Preistreiberei.
Jetzt schreiben wir März 2017 und noch sind nicht alle Stargäste bekannt, die bei der diesjährigen Celebration in Orlando anwesend sein werden. Fest steht aber: Das Autogramm von Felicity Jones wird $200 kosten, ein gemeinsames Foto mit ihr $250.
Unter Sammlern wird damit gerechnet, das der Preis für ein Autogramm von Mark Hamill diesmal ebenfalls an der $200-Marke kratzen wird. Auch das Foto mit ihm wird wie eine dreistellige Summe kosten. Bei der kommenden Dallas Fan Expo sind jeweils $195 für Autogramm und Photo OP fällig.
Peter Mayhew verlangt $60, vor zwei Jahren kostete Carrie Fisher als Hauptdarstellerin gerade mal $10 mehr. Zum Vergleich: Bei der Celebration II im Jahr 2002 kostete ein Autogrammgutschein noch $15 oder man bekam zehn Gutscheine zum Sonderpreis von $120, gültig für jeden Stargast. Theoretisch konnte man sich also 10 Carrie Fisher Autogramme für weniger Geld holen, als heute eine Unterschrift von Mark Hamill kostet. Bei der Celebration im Jahr 2007 kostete die Signatur von Carrie Fisher immer noch günstige $35, 10 Jahre später ist das der Preis für Jeremy Bulloch, der normalerweise mindestens eine Convention pro Monat besucht und dessen Unterschrift wegen der enormen Masse an kursierenden Autogrammen keinerlei finanziellen Wert mehr hat.
Dass Fans ihre Stars sehen oder noch besser treffen möchten, ist zum Geschäft geworden. Autogramme und Fototermine werden dem Fan inzwischen systematisch aufgezwungen, denn seitens des Veranstalters wird ganz bewusst alles getan um kostenlosen Kontakt zwischen Fans und den Topstars zu vermeiden. War es bei der Celebration in Essen noch möglich jeden Gast zu sehen und auch zu fotografieren, werden Mark Hamill und Co seit London 2016 abgeschottet. Sie sitzen hinter einer Wand und sind nicht mehr zu sehen. Sie betreten und verlassen die Halle durch einen Gang, geschützt vor jedem kostenlosen Blick. Wer seinen Star treffen will, muss bezahlen. Entweder für das Autogramm, das Foto oder beides. Bei manchen Conventions muss inzwischen sogar bezahlt werden, wenn man mit einem Gast sprechen möchte.
Viele Conventionveranstalter verbieten mittlerweile Selfies am Autogrammtisch oder innerhalb der Location, um den Fan zur kostenpflichtigen Photo OP zu zwingen. Genau genommen hat man das letztes Jahr bei der Celebration auch schon versucht, denn Selfies mit den Gästen waren eigentlich untersagt. Aber von den Nebendarstellern hat sich keiner daran gehalten. Allerdings würde es mich nicht überraschen, wenn man das Selfieverbot ab 2017 strikt durchzieht. Die Preise für ein Foto mit einem Nebendarsteller sind bereits auf $40 angesetzt.
Gibt man Geld für Autogramm oder Photo OP aus, hat man seinen Star aber immer noch nicht getroffen. Je mehr Fans ihr Autogramm oder Foto bekommen, desto mehr Geld wird verdient. Also gleicht das Treffen mit dem Star mittlerweile eher einem Viehtrieb. Ich hatte bei der Celebration in Essen großes Glück, denn nicht nur dass die Gebühren für Mark Hamill hier noch deutlich niedriger waren, zumindest bei der Autogrammstunde war der Andrang moderat und ich konnte mich ein wenig mit ihm unterhalten. Dieses Jahr wäre das wohl nicht mehr möglich, denn eine amerikanische Celebration ist übergroß und entsprechend überlaufen.
Die aktuelle Abzocke von Fans hat auch einen einzigen winzigen Vorteil: Bevor Ian McDiarmid die Verdienstmöglichkeiten mit Autogrammen für sich entdeckte und seine Unterschrift für ca. $80 bis $120 zu haben war, weigerte er sich meistens, Autogramme zu geben. Signierte Motive als Imperator kursierten damals für das drei- bis vierfache vom heutigen Preis. Erst der Autogrammverkauf machte McDiarmids Unterschrift überhaupt bezahlbar.
Lucasfilm und die Lizenznehmer argumentieren gerne damit, man sorgt sich ja um den Fan und möchte hohe Qualität, also echte Autogramme garantieren. Tatsächlich dreht es hier aber nur um das Geld, um etwas anderes geht es längst nicht mehr. Lucasfilm oder Disney unternehmen nichts gegen gefälschte Autogramme, sie verdienen nur an den echten.
Und das Argument seitens der Stars wie Mark Hamill ist gerne der Verkauf von Autogrammen auf eBay, denn wenn der Fan mit der Unterschrift Geld verdient, muss es der Star auch... mehr Geld natürlich. Allerdings ist das sogar eine Teilwahrheit, denn so mancher Fan sammelt auch nur wegen des Geschäfts. So dreht sich die Preisspirale und hat längst absurde Dimensionen erreicht. Auch, weil Autogramme zur Ware geworden sind, an der viele Personen mitverdienen möchten. Nicht nur der Gaststar möchte Geld machen, sondern auch sein Agent. Zum Teil der Conventionveranstalter. Im Fall von Star Wars der Lizenznehmer Topps, genauso wie der Lizenzgeber Lucasfilm und auch noch dessen Mutterkonzern Disney.
Und natürlich will keiner zu wenig verdienen, so sagt Star A durchaus „Moment mal, Gast XY hat eine ähnlich große Rolle wie ich, sein Autogramm kostet aber $10 mehr als meines“ und schon geht der Preis wieder nach oben. Daisy Ridley kann sich durchaus als neues Aushängeschild im Star-Wars-Universum sehen. Also will sie oder ihr Agent vielleicht mehr für ein Autogramm als Mark Hamill. Der wiederum ist einer der Originaldarstelller und auch in den Sequels wieder dabei, also will er mehr als Daisy Ridley. Als Nebeneffekt wird das Autogramm von Harrison Ford bei den Händlern immer teurer, denn er ist der größte Star im Ensemble.
Die Zeiten der abgehalfterten Schauspieler, die aus Mangel an Rollenangeboten Conventions besuchen, sind vorbei. Natürlich gibt es auch heute noch Karteileichen, aber das Autogrammgeschäft ist auch für größere Namen attraktiv geworden. Sogar die großen amerikanischen Künstleragenturen wie CAA und UTA beschäftigen inzwischen Personal das sich um die Vermittlung ihrer Klienten an Conventions kümmert. Nur wenige geben es zu, aber Summer Glau (bekannt aus Firefly) räumte ein, anstatt eine schlechte bezahlte Rolle anzunehmen, besuche sie lieber eine Convention. Die Topverdiener der Branche gehen am Ende einer dreitägigen Convention mit bis zu einer halben Million nach Hause. Leicht verdientes Geld für Star und seine Künstleragentur.
Und als ob das noch nicht genug wäre, springen auch Fans und Sammler auf den Zug auf. Private Signings (= Autogrammstunde mit dem Star unter Ausschluss der Öffentlichkeit) schießen aus dem Boden. Darunter auch dubiose Angebote mit jemanden aus der Riege der Hauptdarsteller für mehrere hundert US Dollar pro Unterschrift, ohne dass man einen Beweis für die Echtheit liefern kann oder will... Aus Selbstschutzgründen kann ich hier nicht ins Detail gehen. Ich gebe jedem nur mal den Ratschlag: Einige Personen aus der Sammlerszene sind nicht das, was sie vorgeben zu sein - das hat die Vergangenheit mehr als einmal gezeigt, als blindes Vertrauen in die falschen Personen ein schlimmes Ende nahm.
Irgendwann wird dieses ganze System zwangsläufig in sich zusammenbrechen. Warum? Weil es viele solcher Systeme gab und es bei jedem zum großen Crash kam. In den USA sah der Markt mit den dort populären Baseballkarten ähnlich aus wie heute bei Star-Wars-Autogrammen. Die Preise für diese Sammelkarten kletterten in astronomische Höhen, doch irgendwann machte der Sammler nicht mehr mit und das ganze System kollabierte.
Oder um ein mal ein etwas kleineres Beispiel zu nennen: Ende der 90er Jahre waren Werbetrucks sehr populär, bereits um die Jahrtausendwende brach der Markt völlig in sich zusammen. Jene einst zu teils saftigen Preisen gehandelten Spielzeugautos waren nichts mehr wert. Auch die Preise für Figuren aus den Überraschungseiern sind stark eingebrochen.
Und so wird auch das Geschäft mit den Star-Wars-Autogrammen früher oder später von sich selbst zerstört werden. Inzwischen ist auch der Punkt erreicht, an dem das sogar dringend nötig ist. Und je mehr Fans Star Wars Authentics und Co. boykottieren, desto schneller kommt der Zusammenbruch des Systems.
Das Hobby Autogrammesammeln ist praktisch tot, es geht nur noch ums Geschäft. Wer im Jahr 2017 ernsthaft Star-Wars-Autogramme sammeln möchte, dem rate ich klar davon ab. Gelegenheitssammler machen keinen Fehler, wenn sie bei einer Convention den einen oder anderen Nebendarsteller holen. Nutzt vielleicht die Zeiten während der Panels, wenn am Autgrammtisch nicht so viel los ist. Unterhaltet Euch ein wenig, fragt nach einem Selfie.... es macht Spaß und teilweise sind das auch Leute, die das Geld gut gebrauchen können. Aber es ist zu spät, um aktuell noch eine komplette Sammlung inklusive aller Hauptdarsteller aufzubauen, ohne sich mit überhöhten Preisen über den Tisch ziehen zu lassen.
Wer sich etwas gutes tun will, der soll sich eben mal seinen Hamill holen oder sich mit ihm fotografieren lassen. Aber lasst es nicht zur Gewohnheit werden, vor allem unterstützt auf keinen Fall den aktuellen Wahnsinn mit den Autogrammpreisen für Daisy Ridley, Felicity Jones und wie sie alle heißen. Je früher die Fans ihren Unmut ausdrücken und diese Preise boykottieren, desto besser. Denn eine andere Sprache verstehen die Verantwortlichen nicht, nur so kann dem ein Ende gesetzt werden. Und letztendlich sollte man als Fan und Sammler auch noch die nötige Selbstachtung haben. Go rogue!
Ich selbst bin gerade in meinem zwanzigsten Jahr als Sammler und auch ich spiele mit dem Gedanken, das Hobby wieder stark zu reduzieren oder sogar komplett einzustellen.
Was vor dem Preisanstieg im Bereich Star-Wars-Autogramme möglich war, könnt ihr auf Yubnub.de und auf Holgers Sammlerseite auf Facebook bestaunen.
Mehr zum Thema Autogrammesammeln findet ihr auf unserer Autogramm-Seite.
Und nun seid ihr gefragt: Sammelt auch ihr rund um Star Wars? Wie sieht die Entwicklung in eurem Sammelgebiet aus?
Wir sind gespannt auf eure Meinung.
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