Der Absturz von LucasArts als Spieleentwickler lässt die Spieleseiten nach wie vor nicht los. Aktuell hat nun Kotaku einen umfangreichen Artikel zum Ende von LucasArts veröffentlicht.
Der im Kleingedruckten auch eine winzige Information über Episode VII enthält, mit der wir einfach mal beginnen wollen:
Die Technologie aus 1313 wird, wie ein Video vergangene Woche demonstrierte, nach wie vor eingesetzt. Zwei Quellen aus dem Umfeld des Unternehmens erklärten, die 1313-Engine sei bereits für Filmeffekte verwendet worden und Lucasfilm plane, sie auch beim siebten Krieg der Sterne-Film einzusetzen, der 2015 in die Kinos kommen wird.
Damit zur Zusammenfassung des Rests:
In den letzten 5 Monaten haben wir mit Dutzenden Menschen gesprochen, die mit LucasArts zu tun hatten, darunter ehemalige Angestellte aus den höchsten Führungsebenen, um den Zusammenbruch des Unternehmens nachzuvollziehen. Einige sprachen inoffiziell mit uns, andere unter der Bedingung, dass ihre Anonymität gewahrt bliebe. Zu hören waren von ihnen Geschichten über geplatzte Vereinbarungen, drastische Richtungsänderungen, gestrichene Projekte mit Kodenamen wie Smuggler und Outpost, 1313 und ein neues Battlefront namens First Assault.
Das Gesamtbild, das sie von ihrem Unternehmen zeichneten, war denkbar düster: Bereits vor der Übernahme von Lucasfilm durch Disney stand LucasArts vor einem Berg von Problemen. Als Firma litt das Spielestudio an dem Versagen, der Apathie und der Entschlusslosigkeit seiner Führungskräfte.Underworld
Anfang 2009 begann eine kleine Gruppe von LucasArts-Mitarbeitern mit der Entwicklung eines Krieg der Sterne-Spiels namens Underworld. Das Spiel sollte an die gleichnamige Fernsehserie anknüpfen und durchlief verschiedene Entwicklungsstufen. Im Laufe der Zeit wurde aus einem Open-World-Spiel mit Missionen und RPG-Elementen ein Koop-Shooter im Stil von Gears of War, das auf der unterirdischen Ebene 1313 des Stadtplaneten Coruscant angesiedelt war. Wie die Fernsehserie sollte auch das Spiel dunkler und härter sein als alles, was wir je zuvor aus dem Krieg der Sterne gesehen hatten: Verbrecherfamilien, nicht-jugendfreie Inhalte, etc.
Das Team wuchs, ein früher Prototyp entstand, den Projektbeteiligte als Gears of Star Wars bezeichneten. Mitte 2010 übernahm Paul Meegan die Führung von LucasArts. Er hielt das Spiel nicht für innovativ genug, und einige wichtige Mitarbeiter stimmten ihm zu. Underworld wurde von einem Koop-Shooter zu einem kinoreifen Abenteuerspiel im Stil von Uncharted, das nach wie vor auf Coruscant spielen sollte, aber komplett anders funktionierte.
Auf Anweisung von George Lucas wurde die Hauptfigur zum Kopfgeldjäger: Einem ganz normalen Menschen ohne jene Jedi-Fähigkeiten, die sonst das A und O eines Krieg der Sterne-Spiels sind. Ohne Lichtschwert und die Macht sollten die Spieler nun Ausrüstungsgegenstände einsetze und auf Kopfgeldjagd gehen. Die Mitarbeiter waren von der neuen Ausrichtung begeistert und nannten ihr Projekt nun 1313.
Doch nach wie vor gab es Änderungen bei den Projektparametern: In unregelmäßigen Abständen kam Lucas bei seinen Entwicklern vorbei, und je mehr er ihnen zutraute, desto mehr Herausforderungen trug er ihnen auf: Figuren wurden ausgetauscht, die Handlung umgebaut. Ex-Mitarbeiter beschreiben Lucas als jemanden, dem das Geschichtenerzählen unglaublich am Herzen lag, der aber den Entwicklungsprozess eines Spiels nicht durchschaute. Jede von Lucas beauftragte Änderung hatte Folgen für die einzelnen Entwicklungsabteilungen vom Design bis zur Programmierung. Für die Mitarbeiter war das häufig frustrierend.
Einer Quelle zufolge sei Lucas vom Filmemachen zu sehr daran gewöhnt gewesen, seine Meinung immer wieder ändern zu können. Er habe nicht begriffen, wieviel Schaden er damit anrichtete. "Alle paar Jahre", so eine Quelle, "interessierte sich George Lucas für eine Weile ganz besonders für uns. Das ganze Unternehmen rotierte dann um Georges aktuelles Interesse, und letztlich verlief alles im Sand."
2012, nur acht Wochen vor der E3, brachte Lucas seine schwerwiegendste Änderung ein: Die Hauptfigur sollte kein x-beliebiger Kopfgeldjäger mehr sein, sondern Boba Fett. Eine Mitarbeiter versuchten dagegenzuhalten, hatte ihnen doch zwei Jahre lang ein völlig anderes Spiel vorgeschwebt, aber Lucas und das Führungsteam waren nicht von ihrem Plan abzubringen.
Zudem wurde den LucasArts-Vertretern auf der E3 mitgeteilt, sie könnten nichts von Boba Fetts neuer Rolle preisgeben. Auf der Spielemesse mussten sie deshalb weiterhin verkünden, dass eine generische Kopfgeldjägerfigur die Hauptrolle spielen werde. Gleichzeitig galt es auch, in Plattformfragen keine klaren Aussagen zu mmachen. Sony und Microsoft hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal ihre neuen Systeme angekündigt und waren einer Quelle zufolge ernstlich sauer, weil LucasArts und Ubisoft mit 1313 und Watch Dogs offensichtliche Next-Gen-Spiele vorgestellt hatten.
Für LucasArts war die E3 dennoch ein Triumph: Fans und Kritiker waren von 1313 begeistert, und als das Team sich wieder an die Arbeit machte, hatte man Großes vor. Mit mehr Mitarbeitern und schnelleren Produktionsabläufen wollte LucasArts jetzt das beste Boba-Spiel aller Zeiten entwickeln. Neue Ausrüstungsgegenstände fanden ihren Weg ins Spiel, darunter der Raketenrucksack, Flammenwerfer und Handgelenksraketen.
Insbesondere der Rucksack machte das Spiel zu mehr als einem Uncharted-Klon, weil dadurch das gesamte Design radikal geändert wurde und das Spiel eine vertikale Actiondimension gewann, die völlig neue Möglichkeiten erschloss. Selbst George Lucas war begeistert.
Im September änderte sich das alles radikal: Ein Einstellungsstopp wurde verhängt, alle PR-Aktionen wurden gestoppt, und das gesamte Unternehmen wurde quasi abgeschottet. Die Entwicklung des Spiels lief weiter, aber ohne die Möglichkeit, das Team zu vergrößern, hatte man mit größten Schwierigkeiten zu kämpfen.First Assault
Der Einstellungsstopp führte auch zu endlosen Fragen über First Assault, einen Mehrspieler-Shooter, der seit 2010 in Entwicklung war und mehrfach die Richtung geändert hatte. Hintergrund dieses Spiels war George Lucas' Wunsch, mit Call fo Duty gleichzuziehen. Ursprünglich sollte das Spiel nach Die Rückkehr der Jedi-Ritter spielen, später wurde es in die Klonkriege verlegt. Auch dies ein klassisches Muster bei LucasArts: Projektziele wurden häufig noch spät verändert.
Das nun Trigger benannte Spiel wurde schließlich von einem Call of Duty-Konkurrenten zum Versuch, die Rückkehr von Battlefront vorzubereiten. First Assault sollte im September 2012 offiziell vorgestellt und im Frühjahr 2013 verkauft werden, ein Version Zwei getauftes Ablegerprojekt sollte neue Fahrzeuge und andere Battlefront-Elemente enthalten, die es nicht mehr in First Assault geschafft hatten.
Version Zwei war selbst wiederum ein Ablegerprojekt eines ursprünglich für die Wii U geplanten Spiels namens Wingman, das an die alten X-Wing- und TIE-Fighter-Spiele anknüpfen sollte.
Mit dem Einstellungsstopp wurde jedoch auch die PR-Abteilung zurückgepfiffen, und niemand konnte mehr irgendetwas über First Assault sagen. Selbst als das Box-Design des Spiels versehentlich auf der Xbox Live zu sehen war, hieß die Devise: Schweigen.Disney
Das Team selbst arbeitete indes weiter, wusste aber nie, ob das Spiel eines Tages auch tatsächlich erscheinen würde. Einen Monat später folgte dann die Erklärung für die Selbstblockade: Disney übernahm Lucasfilm, der Einstellungsstopp war verhängt worden, um Disney nach der Übernahme freie Hand zu lassen.
In den nächsten Monaten wurde der Einstellungsstopp jedoch nicht aufgehoben. Während nach außen verkündet wurde, alles laufe weiter wie gewohnt, nahmen mehrere Mitarbeiter den Hut. Die Teammoral war auf dem Tiefpunkt. Mit der Umwandlung von LucasArts in einen reinen Spielevertrieb wurde dann im März die Entwicklung der beiden Spiele abgebrochen.Gescheiterte Projekte
In den letzten Jahren von LucasArts endeten mehrere Projekte im Nichts. Zu Beginn der Entwicklung des späteren 1313 schwebte LucasArts beispielsweise ein GTA in der weit, weit entfernten Galaxis vor. Auch dieses Spiels sollte auf Coruscant spielen und sich mit den Verbrecherfamilien der Fernsehserie befassen. Doch das finanzielle Risiko einer Open-World-Entwicklung war Lucasfilm zu hoch, behaupten Quellen aus dem LucasArts-Umfeld. Das Konzept wurde damit binnen zwei Monaten entwickelt... und wieder begraben.
Als der Far Cry 2-Entwickler Clint Hocking bei LucasArts anfing, wurde ein weiteres Open-World-Spiel konzipiert. Das Projekt wurde ebenfalls beerdigt, da Hocking nie die Ressourcen zur Verfügung standen, die er benötigt hätte. Mitte 2012 verließ er das Unternehmen wieder.
2009, vor der Entwicklung von Underworld, beendete LucasArts die Arbeit an einem Xbox-360-/PS3-Spiel über Indiana Jones, das mehrere Jahre in Entwicklung gewesen war. Ein 2D-Shooter namens Caveland, der als Download-Spiel angeboten werden sollte, wurde in ähnlicher Weise beseitigt.
LucasArts Singapur arbeitete zudem an einer modernisierten Version von Day of the Tentacle, das im Stil der Special Editions von Monkey Island herausgebracht werden sollte. Grünes Licht gab es dafür zwar nie, aber die Entwicklung sei bei etwa 80 Prozent gewesen, als das Aus kam.
Smuggler, ein Crossplattform-Mehrspieler-Spiel, sollte es Spielern erlauben, parallel auf Facebook, Tablets und Konsolen eine eigene Figur durch das Krieg der Sterne-Universum zu lenken und Schmuggleraufträge auszuführen sowie Handel zu treiben.
Outpost war ein Versuch, im Stil von FarmVille den Aufbau eines Imperiums zu ermöglichen.
Death Star war für iOS in Planung und hätte Spielern die Kontrolle über die Kampfstation des Imperiums gegeben.
Ein Onlinedienst im Stil von EAs Origin-Plattform sollte den Vertrieb von Spielen ermöglichen und sich dabei über In-App-Käufe finanzieren. Der Start war parallel zum Verkauf von First Assault angedacht.
All diese Spiele standen in direktem Zusammenhang miteinander und wurden entsprechend auch gemeinsam begraben. Während Projektstreichungen bei jedem Studio an der Tagesordung sind, war LucasArts dabei wohl die einzige Spielefirma, die bereits fertige Projekte, welche bereits durch die Qualitätsprüfung waren und vor dem Versand standen, abbrach.Die Rettung?
Im April stand EA gerüchteweise vor der Rettung von LucasArts. Die Verhandlungen sahen damals unseren Quellen zufolge vor, dass EA die Fertigstellung von 1313 und First Assault finanzieren sollte. Im Gegenzug hätte LucasArts unter Führung von EA weitergearbeitet. Eine Quelle erklärte dazu: "Es lagen verschiedene Ideen auf dem Tisch: Der Kauf von 1313, der Kauf des Studios, ein Einmal-Geschäft nur für das Spiel. Verschiedene Leute haben sich für die Fertigstellung und die Veröffentlichung von 1313 starkgemacht."
Lucasfilm sagte Nein: Die Pläne passten nicht in die Gesamtstrategie für die kommenden Kinofilme, und einige Führungskräfte waren eher daran interessiert, ein Next-Gen-Battlefront zu entwickeln, wozu sich EA schließlich bereiterklärte.Der Tragödie (bislang) letzter Akt
Klar ist heute: Disney hatte nie Interesse an LucasArts. Bereits im Oktober 2012 erklärte Bob Iger, man wolle sich eher auf Social-Games konzentrieren als auf Konsolenspiele.
LucasArts war insgesamt schlichtweg nie imstande, sich selbst zu retten. Zu groß die organisatorischen Hemmnisse, zu gering die Entscheidungsfreude, zu lähmend die gesamte Apathie gegenüber Videospielen. Doch das Vermächtnis des Unternehmens wird weiterleben.
Den gesamten Artikel findet ihr bei Kotaku.
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