Quelle, 18. Januar 1999
1976 prägte Ben Burtt mit seiner preisgekrönten Arbeit an Krieg der Sterne die Berufsbezeichnung "Ton-Designer". Zuvor hatte noch niemand die Schaffung und Entwicklung von Toneffekten so weit getrieben wie Burtt. Seine Arbeit schuf ein ganzes Tonuniversum, voller Figuren, die sich fast ausschließlich durch Toneffekte ausdrückten - bei der Oscarverleihung 1978 brauchte Burtt dies ein Sonderpreis ein. Bei mehreren Folgeprojekten verfeinerte Burtt seine Künste, so an Das Imperium schlägt zurück und Die Rückkehr der Jedi-Ritter, sowie bei allen drei Indiana-Jones-Filmen. Seither hat sich Burtt auch anderen Aspekten der Filmkunst zugewandt, doch die Fans werden froh sein zu hören, dass er sein besonderes Talent erneut in den Dienst des Kriegs der Sterne stellt, als Ton-Designer von Episode I.
1990 verließ Burtt Lucasfilm, um am freien Markt anderen Interessen nachzugehen: Er arbeitete als Autor, Regisseur und Cutter. Und auch wenn der Kontakt zu seinen früheren Kollegen nie abriss - Burtt arbeitete beispielsweise an Die Abenteuer des jungen Indiana Jones -, kehrte er erst in Luke Skywalkers Universum zurück, als Produzent Rick McCallum ihn bat, an der Special Edition als Ton-Designer mitzuwirken. "Ich war der Einzige, der noch wusste, wo der ganze Kram war, wo die Bänder waren, was wir überhaupt gemacht hatten.", meint er lächelnd. "Es war aufregend, zurückzukehren und wieder auf diesen Film zu treffen, auf all die alten Freunde, die dort waren. R2-D2 und die Lichtschwerter." Nach der Special Edition machte McCallum Burtt ein Angebot, das dieser nicht ablehnen konnte, und so blieb Burtt für Episode I an Bord.
Und obwohl er auf seine umfangreiche Tonbibliothek hätte zurückgreifen können, die Toneffekte aus der Krieg der Sterne- und der Indiana Jones-Trilogie enthält, machte sich Burtt für Episode I erneut auf die Suche nach frischen Tönen. Außerdem griff er auf seine umfangreiche Tonsammlung zurück, die er in den vergangenen 10 Jahren erstellt hat. Auf all seinen Reisen, ob nun in seinen Garten oder in die wilde Natur eines fernen Lands, nimmt Burtt stets sein Aufnahmegerät mit, um jedes nur denkbare Geräusch digital festzuhalten. "Man muss ständig einsatzbereit sein.", meint Burtt. "Gute Geräusche entstehen häufig ganz zufällig: Gewitter, seltsame Fahrzeuggeräusche, auseinanderbrechende Gletscher... Das kann überall passieren." Diese Aufnahmen, von denen er die meisten noch nie verwendet hat, liefern Burtt jetzt frisches Rohmaterial für neue Krieg der Sterne-Geräusche.
Bei der Schaffung innovativer Stimmungen, ist Burtt sehr bemüht, der ursprünglichen Krieg der Sterne-Atmosphäre treu zu bleiben. "Einige Dinge verwenden wir natürlich wieder.", meint er. "Wir haben Lichtschwerter, wir haben Laser, wir haben so viele Erkennungsgeräusche in diesem Film, und ich denke, es ist nur angemessen, die auch zu verwenden, weil sie den Fans so vertraut sind." Und wirklich war es stets eines von Burtts Zielen, eine Tonkulisse zu erzeugen, die wahrhaft zeitlos sein würde. "Ich denke, mit Krieg der Sterne haben wir das erreicht.", sagt er. "Wir haben eine Tonwelt geschaffen, die in sich geschlossen ist und dabei dem Zahn der Zeit widerstehen kann. Krieg der Sterne ist jetzt über 20 Jahre alt, und noch immer ist seine Geräuschwelt unglaublich unverwechselbar."
Eines dieser unverwechselbaren Geräusche ist die Stimme von R2-D2. "R2 war im ersten Film das schwierigste Tonprojekt.", erinnert sich Burtt. "Er taucht in Episode I wieder auf und hat sich fast gar nicht verändert." Auch die alten Lichtschwertgeräusche tauchen in Episode I auf, doch Burtt hat sie überarbeitet, um den schnelleren Kampfsequenzen des neuen Film Rechnung zu tragen. Jedes neue Lichtschwert wird seine eigene Tonart erhalten, die sich von den übrigen unterscheidet." Ich habe stets versucht, einer einzigartigen Waffe ein Geräusch zu verpassen, das der Persönlichkeit ihres Trägers entspricht.", erklärt Burtt. "Die Jedi-Lichtschwerter haben einen warmen Klang, eine fast musikalische Note. Das Lichtschwert des Schurken klingt viel gefährlicher und gemeiner, etwas wie eine Kreissäge. Es hört sich an, als sei der Typ, der es benutzt, wirklich verkommen."
Diese Geräusche sind bereits Teil einer vorläufigen Tonmischung, die für den Rohschnitt von Episode I erstellt wurde. "Enthalten sind die einfachen Sachen, Schiffsgeräusche, Explosionen, Hintergrundgeräusche.", erklärt Burtt. "Dies ist eine Fortführung des Vor-Visualisierungsprozesses, den wir mit Animatics realisieren, nur passiert dies hier mit Tönen. Eine Vor-Audioalisierung, wenn man so will." Alle Toneffekte sind zunächst bloße Platzhalter. Wenn die fertigen Geräusche entwickelt und vervollkommnet worden sind, werden die Probegeräusche schrittweise durch ihre endgültigen, offiziellen Gegenstücke ersetzt. "Beim ersten Film hatten wir mehrere experimentelle Tonmischungen. Das war natürlich alles nur vorläufige Versionen, und einige davon waren richtig schlampig gemacht. Aber wir konnten uns den Film von Anfang bis Ende mit einer Tonspur ansehen, und er wirkte zumindest recht fertig.", erzählt Burtt. Mit diesem Prozess ist eine interne Revision der Filmgeräusche auf Basis von Toneffekten möglich, die ihren Endversionen relativ nahe kommen.
Mit der digitalen Revolution ist die Bearbeitung und Manipulierung von Geräuschen, sowie die Mischung von Tönen verglichen mit den Anfängen von Krieg der Sterne vor 20 Jahren einfacher geworden. "Da wir jetzt mit Dateien arbeiten, ist es technisch einfacher geworden, die Töne zu manipulieren und sie hin- und herzubewegen.", erklärt Burtt." Geräusche für einen Film zu erstellen, der noch umgeschnitten wird, ist, als würde man ein Haus anstreichen, das ständig umgebaut und verändert wird. Wenn jemand einen Balkon anbaut oder eine Mauer einreißt, muss man von vorne anfangen, und so war das auch in den Anfängen der Tonmischung."
Mit der heutigen Technik ist es hingegen möglich, per Computer alle Änderungen zu verfolgen, was die Geräuschproduktion und Tonmischung sehr viel problemloser macht. "Jetzt können wir eine sehr komplexe vorläufige Tonmischung erstellen, die viel reichhaltiger und umfassender ist.", meint Burtt. Auch der Übergang von dieser vorläufigen Tonspur zur Endfassung ist einfacher geworden. "Früher war es so, dass man die vorläufige Mischung komplett rausgenommen hat, wenn die fertige Schnittfassung des Films vorlag. Danach hat man eine neue Tonspur erstellt. Heute kann man alles beibehalten, weil alles digital ist und damit sehr viel leichter zu handhaben. Etwa 80 Prozent der vorläufigen Mischung landen damit auch im fertigen Film."
Doch trotz des technischen Fortschritts, ist die Tonarbeit nicht notwendigerweise einfacher geworden als vor zwanzig Jahren. "Der kreative Prozess ist noch genauso umfangreich und genauso anspruchsvoll.", betont Burtt. "Dank der Technologie kommt man allerdings mit weniger Mitarbeitern aus und kann effektiver arbeiten. Die Tonmannschaft von Episode I ist zwei Drittel kleiner als die von Die Rückkehr der Jedi-Ritter, obwohl der Arbeitsumfang gleichgeblieben ist." Der umfassende Einsatz der neuen Technik schafft mehr Freiraum für Experimente und Tonentwicklung und ermöglicht es Burtt und seinen Mitarbeitern, sich mehr auf den künstlerischen, denn auf den technischen Aspekt ihrer Arbeit zu konzentrieren.
In der letzten Zeit hat Burtt viele Arbeitsstunden auf die Tonmischung des Teasertrailers von Episode I verwendet. Obwohl ein Trailer weit kürzer ist als ein Kinofilm, stellt er den Tonmeister vor einzigartige und faszinierende Herausforderungen. "Während der letzten Jahre, ist eine Tendenz hin zu schnell geschnittenen Trailern erkennbar geworden, deren Szenen eng miteinander verwoben sind, um eine möglichst rasante Gesamtwirkung zu erzielen.", analysiert Burtt.
"Im Tonbereich ist das sehr schwierig, weil das Gehirn zwar in der Lage ist, eine schnelle Bildfolge zu verarbeiten, nicht aber ähnlich schnelle Tonfolgen. Das Gehirn braucht einfach viel länger, kurze Tonbeispiele zu entschlüsseln. Platziert man sie zu eng hintereinander, ergeben sie für das menschliche Ohr keinen Sinn mehr." Der Ton kann also nicht so sprunghaft sein wie die Bilderflut, muss zur gleichen Zeit aber der Handlung und dem Tempo der schnellen Bildwechsel folgen. Burtt und seine Mitarbeiter arbeiten hart daran, das richtige Gleichgewicht zwischen Klarheit und Geschwindigkeit zu finden. "Meine Mannschaft ist erst seit kurzem zusammen, und wir lernen noch, richtig zusammenzuarbeiten. Wir erarbeiten uns im Moment ein Gespür dafür, was wir tun können, was wir nicht tun können, und wo die Grenzen unserer Zusammenarbeit liegen, das heißt ab welchem Punkt Teamarbeit nicht mehr effektiv ist. Der Trailer war für uns deshalb eine großartige Probefahrt. Jetzt biegen wir auf die Zielgerade ein, mit der fertigen Tonmischung des Films."
George Lucas hat schon häufig erklärt, dass der Ton 50 Prozent der Kinoerfahrung ausmacht, und Ben Burtt steht bereit, die Tonentwicklung für Episode I an ihre Grenzen zu bringen. "Der Film steckt so voller Aktivität, voller Leute und Orte.", meint er. "Vom Vorder- bis zum Hintergrund, überall passiert immer etwas, sogar außerhalb des Bildbereichs. Es ist eine tolle Umgebung, um Töne alle Grenzen überschreiten, sich voll ausbreiten und diese ganze Welt ausfüllen zu lassen."