IO9 hat ein Interview mit Gary Kurtz wiederentdeckt, in dem sich der Produzent von Krieg der Sterne und Das Imperium schlägt zurück zu seiner Arbeit, den Prequels und früheren Plänen für die Vorgeschichte der klassischen Trilogie äußerte.
Wer die Bitterkeit des Auftakts nicht nachvollziehen kann: Der Artikel stammt aus dem März 2000, Jar Jar war noch kein Jahr alt, und die Star-Wars-Welt schien düster, leer und für immer ruiniert. ;-)
Bevor George Lucas sein Spielzeugimperium aufbaute, drehte er Filme mit Produzent Gary Kurtz. Die 10jährige Zusammenarbeit mit George Lucas brachte Lucas' großartigste Werke hervor, doch unglücklicherweise ist Kurtz' Beitrag zum Krieg der Sterne bislang nur wenig gewürdigt worden. Nach dem Ende seiner Arbeitsbeziehung mit Lucas, produzierte Kurtz Kultklassiker wie Der Dunkle Kristall und Oz - Eine phantastische Welt. Danach verschwand er spurlos, während Lucas sein Publikum in Die Rückkehr der Jedi-Ritter mit Ewoks enttäuschte. Für den Krieg der Sterne ging es seither nur abwärts. Jetzt steht Kurtz jedoch davor, ins Rampenlicht zurückzukehren. Er ist der Produzent von 1977, einem Independent-Film, der am Starttag von Krieg der Sterne 1977 spielt und von einer Gruppe Teenager erzählt. Zum anstehenden Videostart von Episode I - Die Dunkle Bedrohung sprach Gary Kurtz über American Graffiti, Krieg der Sterne und den zweifellos besten Film der Weltraumsaga Das Imperium schlägt zurück.
Was dachten Sie anfangs über den dritten Krieg der Sterne-Film, der ursprünglich Die Rache der Jedi-Ritter heißen sollte?
Ein Handlungsfaden, der am Ende völlig weggelassen wurde und meines Erachtens sehr wichtig war, drehte sich um Vaders Versuch, Luke dazu zu bewegen, mit ihm zusammen den Imperator zu stürzen, darum also, dass sie gemeinsam stark genug wären, das zu tun. Er sagte nicht, "Ich will die Weltherrschaft übernehmen und der böse Herrscher werden", sondern es ging um diesen Übergang. Vader sagte, "Ich blicke auf mein Leben zurück und sehe mir an, was ich getan und wem ich gedient habe, und - ähnlich der Samurai-Traidition - meine ich, dass wir dafür Abbitte leisten können, wenn ich mich mit meinem Sohn zusammentue, der genauso stark ist wie ich". Das alles sollte also im dritten Film vorkommen, und die Geschichte wäre ein ganzes Stück ergreifender gewesen. Am Ende sollte Leia zur Königin der Überreste ihres Volkes gekrönt werden, und die königlichen Insignien übernehmen. Sie wäre dann von all ihren Freunden isoliert gewesen, und auch Luke wäre alleine weggegangen. Das Ende wäre also recht bittersüß ausgefallen. Sie ist nicht seine Schwester, die plötzlich auftaucht, um alle losen Fäden abzuschneiden. Seine Schwester war jemand anderes, auf der anderen Seite der Galaxis, und sie sollte erst in der folgenden Episode auftauchen.
Dass Luke und Leia Geschwister sind, schien eine recht einfältige Methode, um die Dreiecksbeziehung aufzulösen.
Ja. Ich habe einige Recherchen angestellt, weil ich gebeten wurde, nächstes Jahr ein paar Vorlesungen über die Ursprünge von Krieg der Sterne und die Filmindustrie in den 70ern zu halten. Also habe ich mir angesehen, wie die Reaktionen und Kritiken für die ersten zwei Filme aussahen, und die waren allgemein recht positiv, mit Ausnahme von John Simon [Filmkritiker des New York Magazine, Anm. d. Übers.]. Seine Kritik von Das Imperium schlägt zurück ist unglaublich beißend und hasserfüllt. Nach all der Zeit konnte ich meinen Augen kaum glauben, ich hatte das völlig verdrängt. Er meinte, die Schauspieler seien alle furchtbar gewesen.
Ich dachte, die Kritiken seien eher positiv gewesen.
Oh, das waren sie. Das waren sie wirklich.
Pauline Kæl [Filmkritikerin, bekannt für ihre beißenden Kritiken kommerziell orientierter Filme, Anm. d. Übers.] hat die Filme allerdings gehasst.
Von Pauline hätte ich auch nichts anderes erwartet.
George Lucas meinte, die meisten seien negativ gewesen, wohl um sich seine Arbeit schönzureden.
Bei Die Dunkle Bedrohung, sicher. Ich war gestern in Dallas einkaufen, und sie verkaufen den Film nicht als Die Dunkle Bedrohung, sondern als Star Wars. Das ist der große Name, der über allen Regalen steht. Und ich bin sicher, genau das wollten die Hersteller. Das ist ein verkaufsträchtiger Name. Und klar, es ist leicht zu sagen, dass alle Kritiken negativ waren, weil es sich um einen Action-Abenteuerfilm für Kinder handelt und die Kritiker ihn deshalb gar nicht mögen konnten. Aber bei den ersten zwei Filmen war das nicht so, da waren die Kritiken fast alle positiv.
Sie wirken auf mich wie eine unglaublich diplomatische Natur und nicht wie jemand, der sich mit einer anderen Peson so richtig anlegen kann. Trotzdem haben sie das getan.
Oh, wir haben uns häufig gestritten. Ich denke, ein Problem, das Lucas heutzutage hat, ist, dass es im Lucas-Filmimperium niemanden mehr gibt, der ihm Contra geben kann. Wir haben über viele Dinge diskutiert und gestritten. Es gab hitzige Debatten über alles mögliche.
Gegen Ende der Produktionszeit von Das Imperium schlägt zurück hatten wir ernste Zeitprobleme, einerseits beim Film selbst, und andererseits bei den Bändern für die Kinos. Der Film wurde anfangs nur in 70mm veröffentlicht, in ein paar hundert Kinos, und damals war es beim 70mm-Format so, dass die Tonspur als Magnetstreifen auftragen wurde. Wir mussten also jedes einzelne Band durchlaufen lassen um zu schauen, ob die Tonspur in Ordnung war. Denn die Magnetstreifen hielten nicht immer und lösten sich manchmal vom Band, und dann gab es Tonausfälle... Es war ein Albtraum. Etwa ein Viertel aller Bänder ließen wir zurückgehen, um die Tonspur zum Laufen zu kriegen. Das Bild war in Ordnung, aber der Ton musste neu aufgetragen und neu aufgenommen werden, um alle Kopien rechtzeitig zusammenzubekommen. Wir hatten da also zwei oder drei Leute, die sich Tag und Nacht die Bänder ansahen. Und das letzte Band war noch gar nicht fertig, weil wir noch einige optische Effekte und Miniaturaufnahmen für die Wolkenstadt-Sequenzen brauchten. Ich weiß noch wie wir bei ILM saßen, und es gab da diese Einstellung, in der der Rasende Falke in der Wolkenstadt landet. Er dreht sich ein bisschen, und dann landet er. Allerdings war die Aufnahme nicht ganz in Ordung. George sagte: "Uns läuft die Zeit davon, ich denke, das ist schon in Ordnung." Und ich meinte, "Wir können die Einstellung nicht benutzen. Wir müssen sie neu machen. Es sieht einfach nicht richtig aus." Richard Edlund war meiner Ansicht, und wir hatten eine intensiv geführte Diskussion, ob wir genug Zeit hatten und ob wir es rechtzeitig hinbekommen würden. Am Ende drehten wir die Einstellung neu, und die neue Version war viel besser. Das war das erste Mal, dass ich erlebt habe, dass er aus Sorge um die Zeit weniger als das bestmögliche machen wollte. Hätten wir den Termin allerdings nicht eingehalten, hätten wir so richtig im Dreck gesteckt. Dann beschlossen wir auch noch, im allerletzten Augenblick, eine zusätzliche Einstellung zu drehen, und das war ein echter Albtraum. Wir waren ganz am Ende, nach dem letzten Kampf. Sie waren Vader entkommen, und wir waren in der Krankenstation dieses Schiffs, und sie brachten Lukes Hand in Ordnung. Dann kommt die letzte Dialogszene, und Lando und Chewie gehen. Das war ganz in Ordnung, aber dann fanden wir heraus, dass einige Leute, die sich das angesehen hatten meinten, dass sie nicht so recht wussten, wo sie da genau sind. Es gab diesen großen Kampf, und sie waren Vader entkommen, und plötzlich waren wir trotzdem im Weltraum. Also beschlossen wir, eine lange Einstellung der Rebellenflotte einzufügen, die mit etwa ein Dutzend Schiffen durchs All zieht.
Die letzte Szene des Films
Nein, nicht die letzte Szene, aber da benutzen wir das nochmal. Nein, ich meine den Anfang dieser Sequenz. Wir sehen diese lange Einstellung der Rebellenflotte, und dann blicken wir durch das Fenster in die Krankenstation. Und dann am Ende geht es zurück raus aus dem Fenster. Wir brauchten jedenfalls diese Einstellung. ILM hat das dann geplant, gedreht, das Compositing fertiggemacht - damals lief das noch alles optisch, nicht wie heute digital -, und das Filmmaterial entwickelt, und nach bloß 48 Stunden hatten wir das Negativ. Es einfach unglaublich. Sie haben das dann wenige Tage, bevor die Kopien rausgehen mussten, in das letzte Band reingeschnitten, es war also verdammt eng. Sie haben es geschafft und tolle Arbeit geleistet, und wir hatten großes Glück, weil viele dieser optischen Composites aus vielen verschiedenen Elementen bestnaden. Bei den ersten paar Versuchen ist die Farbkorrektur immer völlig daneben, also mussten wir regelmäßig hingehen, alles neumachen und die Farben und all das ändern. Das passierte andauernd.
Die Eröffnungsszene von Krieg der Sterne bestammt zum Beispiel aus 36 Elementen, und wir haben es nie völlig richtig hinbekommen. Wir waren am Ende nah dran, aber dafür brauchten wir dreieinhalb Monate, und wir mussten das Material so oft durch den optischen Drucker laufen lassen, dass einige der ersten Aufnahmen ruiniert wurden und wir diese Elemente neu drehen mussten. Heutzutage macht man so etwas in einem oder zwei Tagen. Egal, wieviele Elemente man hat, man sieht sie auf dem Bildschirm, man sieht, wie sie zusammenpassen und all das, und die Farbprobleme hat man auch nicht mehr. Es ist eine ganz andere Welt.
Wann haben Sie und George Lucas also verschiedene Ansichten entwickelt? War das der Anfang?
Es war während der Entwicklung von Das Imperium schlägt zurück. George machte sich große Sorgen darüber, dass wir die Abgabetermine und das Budget nicht einhalten würden und hat mich zur Schnecke gemacht, als das Budget dann wirklich platzte.
Und dafür, dass Sie auf der Seite von Irvin Kershner waren.
Das auch, ja. Damals sprachen wir auch darüber, was mit dem dritten Film passieren sollte. Es wurde klar, dass er seine Meinung schon geändert hatte, und deshalb war es eine einvernehmliche Trennung. Das gab es keine Bitterkeit, es war einfach nur so, dass er der Meinung war, er würde mit jemand anderem besser zusammenarbeiten können, und ich war auf der Suche nach einer anderen Herausforderung, anstatt noch einmal das zu tun, was ich schon gemacht hatte. Jim Henson hatte angefragt, ob ich den Dunklen Kristall machen wolle, an dem er damals schon etwa 10 Jahre gearbeitet hatte. Mir gefiel die Vorstellung, einen Film ohne Menschen zu machen, der rein mechanisch war und bei dem man nichts Künstliches machen konnte - alos nichts Digitales, von optischen Mattebildern einmal abgesehen. So etwas war noch nie dagewesen, und seither hat es nie wieder jemand getan. Soweit ich weiß, ist es der einzige Film, der jemals auf diese Weise gemacht worden ist, und nachdem Jim tot ist und seine Puppenbauer sich sehr geändert hat, wird wohl auch nie wieder so etwas machen. Inzwischen arbeiten sie dort ja auch viel mit digitaler Technik.
Viele Fans glauben, dass George besser war, als er noch mit Ihnen und seiner Frau Marcia zusammengearbeitet hat, gerade wenn man sich Die Rückkehr der Jedi-Ritter und Die Dunkle Bedrohung ansieht. Ich will damit nur sagen, dass Sie weit mehr zu den Filmen beigetragen haben, als jemals offiziell anerkannt worden ist.
Die Arbeit an Filmen ist Teamarbeit. Bei keinem Film, an dem ich je gearbeitet habe, konnte man hinterher noch genau sagen, wer was beigesteuert hatte. Der Kameramann trägt dazu bei, der Autor, der Regisseur, der Produzent, jeder leistet seinen Beitrag, und die Schauspieler natürlich auch. Ich habe bei Das Imperium schlägt zurück das zweite Drehteam geleitet, weil John Ferry am ersten Tag starb. Er sollte als Regisseur des zweiten Teams arbeiten und starb wirklich gleich zu Beginn der Dreharbeiten an einer viralen Hirnhautentzündung. Am Morgen wurde er krank, am Abend war er tot. Für uns alle war das ein Schock, aber wenn man die Schauspieler nicht auf Linie bringt, sondern sie dieses Erlebnis verarbeiten lässt, bekommt man ein ganz anderes Endergebnis, als man es ursprünglich wollte. Das ist manchmal nicht gut. Manchmal muss man sagen, 'Moment, nein, so geht das nicht, zurück auf Anfang', aber sehr oft funktioniert es auch und man sagt, 'ja, das ist sogar ziemlich gut, das ist besser, als was wir ursprünglich im Sinn hatten'. Auf die Weise leisten sie ihren Beitrag zum Film. Und darum geht es: Man muss den Film formen und gleichzeitig dafür sorgen, dass das Gesamtbild stimmig bleibt. Die Details kann man den Schauspielern überlassen und es ihnen dort ermöglichen, etwas beizutragen. Die Einfrierszene mit Han Solo ist ein perfektes Beispiel dafür, wie ein Regisseur und seine Schauspieler zusammenarbeiten können. Denn sowohl Irvin Kershner, als auch ich hatten einige Kopfschmerzen angesichts der Drehbuchversion dieser Szene, denn die war unglaublich sentimental. Wir wollten, dass die Szene oberflächlich funktioniert, aber wir wollten auch, dass sich das Publikum echt Sorgen um ihn macht. Bei einer derartigen Szene ist das sehr schwierig, weil sie so bizarr ist. Am Ende hat es, denke ich, ganz gut funktioniert.
Eine der großen, klassischen Krieg der Sterne-Szenen. Und Harrison Ford hat seinen Text in das berüchtigte "Ich weiß" abgeändert, nicht wahr?
Ja. Wir haben das offengesagt ziemlich häufig getan. Es gab eine andere Szene, die wir am Freitagabend drehten. Leia wartet in eienm Raum, Han kommt herein, sie reden miteinander, er sagt ihr, dass etwas nicht stimmt, etc. In dieser Szene sprühen die Funken zwischen ihnen, romantisch gesehen geht da so einiges ab, er sagt ihr, sie sieht toll aus, die Chemie stimmt einfach. Wir haben diese Szene Freitabend gedreht, und am Wochenende kam Kershner zu uns heraus, wir spielten sonntags Tennis und berieteten uns auf die Arbeit der nächsten Woche vor. Wir fanden beide, dass die Szene nicht funktionierte, also gingen wir Montag hin, ich rief das Team zusammen und erklärte allen, dass wir einen Teil der Szene neu drehen mussten. Wir arbeiteten noch in den gleichen Kulissen, also war das kein großer Akt. Ich sagte ihnen, dass wir die Szene neu drehen müssten, weil die Dialoge nicht dramatisch genug gewesen seien. Nun ist es in einem Science-Fiction-Film generell schwierig, etwas Romantik hineinzubringen, weil die entweder völlig aus dem Ruder läuft und lächerlich wirkt oder in all den Requisiten untergeht. Wir haben die Szene also neu gedreht, und die neue Version war viel besser, einfach, weil wir mit den Schauspielern zusammengearbeitet haben und etwas schaffen konnten, das realistisch wirkte und Erwachsene auf eine Weise ansprach, mit der wir gut leben konnten. Aber sowas braucht Zeit.
Sie meinen, Sie hätten bei Krieg der Sterne und Das Imperium schlägt zurück niemals Gags der Marke "Torte im Gesicht, Fuß im Banthamist" eingebaut?
(lacht) Nein, nichts dergleichen. In der Times gab es einen Artikel über die ethnischen Stereotypen im Film. Offiziell heißt es seitens Lucasfilm natürlich: "Na ja, das ist ein anderer Planet, und das sind Außerirdische." Aber wenn man es sich genau ansieht, muss man doch sagen, "Moment, wir haben nur die Erde als Vergleichswert, also wird jede primitive Stammeskultur im Film automatisch mit einer primitiven Stammeskultur auf der Erde verglichen werden".
Die Neimoidianer mit ihrem gebrochenen Englisch waren reichlich unverfroren.
Ich denke, das haben sie möglicherweise komplett übersehen. Ihnen war wohl gar nicht klar, dass jemand da Vergleiche ziehen würde. Aber als ich den Film sah, dachte ich mir nur, "Wenn ihr schon über den Kampf einer primitiven Stammeskultur und einer modernen Kultur redet, warum nehmt ihr euch dann keine besseren Vorbilder? Wieso nehmt ihr nicht die amerikanischen Ureinwohner?" Denn die Indianer hatten ja trotz ihrer primitiven Technik ein unglaublich weit entwickeltes Gefühl dafür, wer sie als menschliche Wesen waren und wie ihre geistige Verbindung zum Universum aussah. Ich habe die Kultur der amerikanischen Ureinwohner eingehend studiert, und ich bin mir sicher, bei den afrikanischen Stammeskulturen sieht es ähnlich aus. Aber dann die Filmklischees der 30er zu bedienen und den ganzen Rest wegzulassen, war aus meiner Sicht ein schwerer Fehler.
Arbeitet Lucas eigentlich gerne mit Koautoren und anderen Regisseuren an seiner "Vision"?
Früher ja. Sowohl bei Das Imperium schlägt zurück, als auch bei Die Rückkehr der Jedi-Ritter hat er verschiedene Regisseure dazugeholt, um eine andersartige Atmosphäre zu erzeugen. Ich weiß nicht, inwieweit es geschäftlich eine Rolle spielt. Verschiedene Leute haben gemeint - und zwar aus einem extrem zynischen Blickwinkel -, dass es den Geschäftemachern völlig egal ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Punkto Spielzeuggeschäft keine Rolle spielt, ob der Film gut ist oder nicht. Und ich glaube auch nicht, dass Lucas so denkt. Ich glaube, es kümmert ihn schon. Die Einzelteile passen nur nicht immer zusammen.
Würden Sie zustimmen, dass Die Dunkle Bedrohung auf ein viel jüngeres Zielpublikum geeicht ist?
Oh ja, absolut, und vielleicht liegt das am Druck aus dem Spielzeuggeschäft. Ich weiß es nicht. Es kann aber auch sein, dass es einfach daran liegt, dass die Hauptfigur Anakin so jung ist. Aus mythologischer Sicht hätte ich ihn gerne älter erlebt. Denn 12 ist das Alter, in dem man wirklich erwachsen wird, in dem man von zuhause weggeht oder metaphorisch von seiner Mutter fortgerissen wird. Ich denke, das hätte besser funktioniert.
Man kann Jake Lloyd sicher keine Vorwürfe machen. Für sein Alter, hat er eine passable Leistung abgeliefert, aber ein 12- oder 14jähriger hätte sicher besser gespielt. Was ist Ihre Meinung zu Episode I?
Es fällt mir schwer, objektiv zu sein, weil ich dabei war, als wir anfingen, über die Geschichte der ersten drei Filme zu sprechen. In einigen Handlungsabrissen [der klassischen Trilogie] gab es Anspielungen auf diese Ereignisse, und Episode I sollte sich um die Ursprünge der Jedi drehen und den Tod der Sith-Lords und um archetypische, politische Aspekte. [Lucas] steht es völlig frei, zu schreiben und zu machen, was er will, aber [weil ich um diese frühen Ideen weiß] fällt es mir schwer, diesen Film anzusehen. Ich weiß nicht, ob ich ihn wirklich bewerten kann. Ich kann ihn mir anschauen, und es ist solide Kinounterhaltung mit einer Menge gutem Material darin. Aber es gibt Einiges, was ich an der Geschichte nicht mag, Sachen, die aus meiner Sicht auf die eine oder andere Weise hätten besser sein können. Andererseits bin ich nur ein Zuschauer wie jeder andere auch. Jeder hat seine Meinung über den Film und ein Recht auf seine Meinung. Aus finanzieller Sicht, so sehen es die Fans, ist gut, was George will. Wem das nicht gefällt, der muss es auch nicht mögen. Ich weiß, was mit Star Trek passiert ist: Den alten Trek-Fans hat so gar nicht gefallen, was mit Das nächste Jahrhundert und den anderen Sachen passiert ist, und sie haben sich zurückgezogen. Vielleicht wird das auch mit einigen Krieg der Sterne-Fans passieren.
[...]
Wie gefällt Ihnen die Vorstellung von Leo DiCaprio als älterer Anakin?
Ich halte persönlich nicht viel von Filmstars in Krieg der Sterne. Ich finde, es ist schwer sie mit ihren Figuren in Verbindung zu bringen.
Krieg der Sterne hat Harrison Ford zum Star gemacht.
Genaugenommen hat Indiana Jones ihn zum Star gemacht. Er hatte damals nur sieben oder acht kleinere Rollen für Universal gespielt und war 10 Minuten lang in American Graffiti zu sehen. Das Imperium schlägt zurück entstand etwa zur gleichen Zeit wie Jäger des Verlorenen Schatzes, der Film kam etwa ein Jahr später ins Kino. Er hat Das Imperium schlägt zurück gedreht und danach Jäger des Verlorenen Schatzes, und erst dann war er ein "aufstrebender Filmstar". Bei den ersten beiden Filmen - Krieg der Sterne und Das Imperium schlägt zurück - waren sie also alle ganz normale Leute. Peter Cushing und Alec Guinness waren Filmstars und bekannte Leute, aber sie beide spielten Figuren, die bestimmte archetypische Rollen ausfüllten, im Gegensatz zu den Hauptfiguren, mit denen die Leute sich identifizieren konnten. Deshalb finde ich es im Science-Fiction-Bereich riskant, bekannte Filmstars zu besetzen. Es funktioniert einfach nicht. Manche Filme funktionieren perfekt mit Filmstars. Zwei Banditen hätte ohne Robert Redford nicht funktioniert. Dasselbe mit Der Clou. Das sind Filme, bei denen man Stars braucht und ihre Karriere kennen muss, um diese Rollen auszufüllen. Im Science-Fiction-Bereich gibt es das nicht, und man will das auch nicht, denke ich.
In einem Krieg der Sterne-Streifen scheinen die Schauspieler allerdings generell nicht im Mittelpunkt stehen zu dürfen.
Ja, das wird alles sehr heruntergespielt. Liam Neeson ist ein echter Charakterdarsteller und soll die starke, weise Figur verkörpern. Etwas, das mich an der Geschichte an sich stört, ist, dass man kein Gespür für die Jedi bekommt. Sie werden als diese unglaublichen Leute beschrieben, Ewan McGregor soll ein Schüler sein - und ist damit nicht ganz so toll wie Liam Neeson -, aber auch das sieht man nicht. Man sieht die Ausbildung nicht. Und was mich an Die Dunkle Bedrohung am meisten stört, ist die Zerstörung des geistigen Zentrums der Macht, das zu DNS und Blutteilchen wird.
Die ganze Erklärung dafür ist ziemlich schwach.
Rick McCallum scheint George Lucas jedenfalls kein Contra zu geben.
Offenbar nicht. Ich kenne Rick McCallum nicht, ich habe nur viele, viele Gerüchte gehört, über die ich lieber nicht reden will. Es ist sehr leicht, in dieser Lage andere Leute schlechtzumachen.
Nun, alle haben gute Arbeit geleistet, nur beim Drehbuch und der Regie hapert es.
Ich denke, der Punkt ist der, dass George genau weiß, was er will und ob man ihm nun zustimmt oder nicht, er wird es genau so umsetzen. Jeder in seiner Position würde genauso handeln. Ob man das nun gut findet oder nicht, bleibt jedem Einzelnen überlassen.
Ich habe allerdings noch nie gehört, dass ein Filmemacher sagt, "es muss so gut gar nicht sein".
Nein, aber im Filmgeschäft passiert das andauernd. Es ist alles Ansichtssache. Als wir die Spezialeffekte des ersten Krieg der Sterne-Films machten, hatten wir nicht viel Geld, also haben wir versucht, es überhaupt irgendwie hinzubekommen. Das ist die alte Roger-Corman-Philosophie.
Was halten Sie von den Special Editions?
Ich halte es für falsch, nach Jahren hinzugehen und die alten Filme zu verändern. Im Falle von Krieg der Sterne musste der Film sowieso restauriert werden, weil das Originalnegativ so völlig im Eimer war. In Ordnung, das ist eine gute Sache, genau wie David Leans Version von Lawrence von Arabien eine gute Sache war. Man macht das und gibt alles. Sogar Sachen wie die Restaurierung von Ein neuer Stern am Himmel sind in Ordnung, wo sie Szenen einfügten, die sie gar nicht mehr hatten und wo nur noch Standbilder existierten. Aber hier sieht die Sache anders aus. Es ist nicht mehr so, wie es ursprünglich war. Die Originalversion haben wir damals veröffentlicht.
Jetzt arbeiten Sie an diesem Independent-Film namens 1977 über ein paar Teenager am Starttag von Krieg der Sterne. Klingt ein wenig wie American Graffiti.
Ich denke, es wird ein guter, kleiner Film. Es macht Spaß, und die Figuren sind glaubhaft. Verschiedene Studios haben Interesse gezeigt, wir bekommen gute Reaktionen.
Letzte Frage: Gab es Pläne für eine dritte Krieg der Sterne-Trilogie?
Ja, die gab es, aber sie waren sehr vage. Es sollte um Lukes Aufstieg zum ersten Ritter der Klasse eines Obi-Wan Kenobi gehen und um seine große Konfrontation mit dem Imperator. Das war der Handlungsabriss, und mehr sollte nicht passieren.
Informationen zu 1977 gibt's in der Internet Movie Database.
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