Die Fan Force Portugal hatte Gelegenheit, mit Randy Stradley zu sprechen. Herausgekommen ist ein interessantes Interview über Dark Horse, Krieg der Sterne und die Comicwelt:
Würden Sie sich als Star Wars Fan bezeichnen und wenn ja, wie hat Ihr Fandasein begonnen?
Ich bin ein Star-Wars-Fan, aber kein Fanatiker. Für mich fing alles mit dem ersten Film an. Im Sommer 1977 habe ich ihn sechzehn Mal im Kino gesehen. Trotzdem hat mich das Erweiterte Universum nie interssiert bis ich 1983 den Auftrag bekam, eine Ausgabe der Marvel-Comicreihe zu schreiben.
Wie fing Ihre Arbeit bei Dark Horse an?
Etwa 1980 traf ich Mike Richardson, und wir sprachen über die Art Comics, die wir als ältere Leser gerne lesen würden. Wir arbeiteten zusammen an einigen Projekten, die nie veröffentlicht wurden, darunter eine frühe Version von Die Maske. 1985 rief mich Mike an und fragte, ob ich bei seinem neuen Comicverlag als Herausgeber arbeiten wolle. Ich sagte Ja, und der Rest ist Geschichte.
Wie hat sich die Comicwelt aus Ihrer Sicht verändert? Welche Entwicklungen bewerten Sie als gut, welche als schlecht?
Einiges ist passiert, manches davon gut, manches davon nicht so gut. Zuallererst denke ich, daß die Qualität der Comicgeschichten besser geworden ist. Teilweise hat das damit zu tun, daß die Comicleser älter werden. Am Anfang waren Comics auf Kinder ausgerichtet, aber heutzutage lesen immer weniger Kinder noch Comics. Und diejenigen, die noch Comics lesen sind schlauer als Kinder es früher waren - oder zumindest schlauer, als man früher annahm. Die Geschichten sind also besser geworden, und das ist gut.
Auch die Zeichnungen sind besser geworden. Was Künstler heute leisten, und die Detailgenauigkeit, die man heute von ihnen erwartet, übertrifft in vielen Fällen das, was ihre Vorgänger produziert haben.
Nicht so gut ist, daß viele Künstler heutzutage weniger daran interessiert zu sein scheinen, Geschichten zu erzählen als schöne Bilder zu malen. In den letzten Jahren ist das wieder etwas besser geworden, aber es hängt dem Geschäft seit den Tagen an, als Leute Comics als Anlageobjekt kauften, anstatt um sie zu lesen. Das führte dann dazu, daß es Anfang der 1990er wichtiger war, tolle Bilder und Seitenlayouts zu haben, als eine klare visuelle Erzählstruktur, und das hat den Comics aus meiner Sicht geschadet. Aber, wie gesagt, diese Situation verbessert sich langsam.
Ansonsten habe ich bemerkt, daß Comicleser - zumindest amerikanische Comicleser - weniger Geduld mitbringen als früher. In meiner Kindheit hat sich niemand daran gestört, wenn eine Kampfszene sieben, acht oder neun Einzelbilder pro Seite einnahm. Jetzt ist es wichtiger, größere und aufregendere Bilder zu haben, also werden Actionszenen in maximal drei oder vier Einzelbildern pro Seite erzählt. Als Autor - und als Herausgeber, der die Vorlagen anderer Autoren kontrolliert - ist es schwierig, sich diesem neuen Rhythmus anzupassen, aber ich glaube, die Comics sind dadurch spannender und auf gewisse Weise für neue Leser einfacher zugänglich geworden.
Bei Comicreihen wie KotOR und Dark Times hat es in letzter Zeit starke Fluktuationen bei den Künstlern gegeben. Was ist der Grund dafür?
Das ist eine Folge eines der gerade beschriebenen Faktoren. Die Zeichnungen sind besser und weisen eine höhere Detailgenauigkeit auf. Früher hat man von Zeichnern erwartet, daß sie pro Monat einen Comic fertigstellen. Einige haben sogar mehr als ein Heft pro Monat gezeichnet. Aber wenn man die heutige Zeichenqualität und Detailgenauigkeit mit früheren Comics vergleicht, wird klar, daß jemand wie Jan Duursema nicht jedes Heft der Legacy-Comics zeichnen kann. Das würde sie nur schaffen, wenn sie Abstriche bei der Qualität und Detailfreude hinnimmt. Es spricht für die Zeichner, daß viele von ihnen nicht bereit sind, Kompromisse bei ihrer Arbeit einzugehen.
Wie sieht es mit dem Nachwuchs an?
Zeichner werden leichter ins Geschäft kommen als Autoren, zumindest wenn sie gut sind. Meine Empfehlung ist, mindestens sechs zusammenhängende Seiten zu zeichnen, auf denen die Figuren von einer ruhigen Szene zu einer Actionszene gelangen. Das Ganze sollte in einer modernen Umgebung ablaufen. Der Zeichner sollte seinem Arbeitgeber in spe beweisen, daß er in der Lage ist, Gebäude, Autos, Bäume und ganz normale Leute in ganz normaler Kleidung zu zeichnen - also all das, was man jeden Tag zu sehen bekommt. Diese normalen Dinge richtig hinzubekommen, ist der eigentlich schwierige Teil. Viele Zeichner konzentrieren sich auf Superhelden und Phantasiegestalten und merken erst spät, daß sie nicht wissen, wie ein normaler Typ in Jeans und T-Shirt aussieht. Die Richtlinie lautet: Wenn man seinem Leser das Normale nicht glaubhaft vermitteln kann, kann man das Phantastische erst recht nicht vermitteln.
Für Autoren ist es, wie gesagt, sehr schwer, ins Geschäft zu kommen. Als Herausgeber kann man sich die Arbeit eines Zeichners ansehen und sieht nach zwei Sekunden, ob er etwas taugt. Bei einem Autor dauert das sehr viel länger. Wichtig ist die Geschichte. Die Handlung ist, was den Figuren widerfährt, aber die Geschichte ist das, was für sie wichtig ist, und damit auch, was für die Leser wichtig ist. Autoren sollten deshalb lernen, wie sie eine Geschichte auf spannende Art und Weise erzählen können. Herausgeber werden jede Geschichte mögen, die sie unterhält, während man sie ihnen erzählt.
Sie sind in den Star-Wars-Foren von Dark Horse aktiv. Wie beeinflussen Fans die Ereignisse in den Comics?
Wir hören gerne von unseren Lesern, solange sie etwas Intelligentes zu sagen haben. An Leute, die sich nur anmelden, um zu schreiben "Gute Arbeit", was langweilig ist oder "Was für ein Dreck", was beleidigend wäre, verschwende ich keine Zeit. Wenn Fans etwas mögen, hoffe ich, daß sie uns sagen wieso. Entsprechend will ich wissen, warum sie etwas nicht mögen, was wir gemacht haben. Jeder Kommentar hilft, in geringem Maße, unsere Arbeit an den Comics zu beeinflussen. Auch wenn die User nicht vergessen sollten, daß sie das aktuelle Heft kommentieren, während wir für gewöhnlich an dem Heft arbeiten, das drei Monate später erscheint. Unsere Reaktionen sind deshalb immer zeitversetzt.
Lucasfilm überwacht Ihre Arbeit sicher genau, aber wieviel Freiraum haben Sie?
In den sechs oder sieben Jahren, seit ich die Krieg der Sterne-Reihen übernommen haben, hat Lucasfilm nur zwei Geschichten abgelehnt. Die eine, weil jemand anderes schon an einer ähnlichen Geschichte arbeitete, und die andere, weil damals niemand wußte, wohin die Reise nach Episode III gehen würde. Wir haben ziemlich viel Freiraum, aber ich versuche gleichzeitig, meine Autoren in Filmnähe zu halten und sich von dem, was wir dort gesehen haben, nicht zu weit zu entfernen.
Verfolgen Sie eine Reihe mit besonderem Interesse und wenn ja, wieso?
Ich muß leider sagen, daß mein Interesse an den verschiedenen Geschichten rein beruflich ist. Ein Nachteil der Arbeit an jeder Art Traumprojekt ist, daß man am Ende seine Fanliebe einbüßt und den Hang zu Einzelheiten aufgibt, um sich auf die längerfristige Entwicklung des ganzen Universums konzentrieren zu können.
Es heißt, Sie hätten Chewbaccas Tod vorgeschlagen? Wie kam es dazu?
Nun, soweit ich weiß, wollten die Autoren von Del Rey und ihre Partner bei Lucasfilm eine Hauptfigur umbringen, um die Fans wachzurütteln und sie daran zu erinnern, daß der Status quo nicht immer garantiert ist. Ursprünglich sollte Luke das Opfer sein, aber Lucasfilm lehnte ab. Ich habe dann Chewbacca vorgeschlagen, weil er eine beliebte Figur war und sein Tod die Leser treffen würde. Der zweite Grund war, daß er an der großen Geschichte nie wesentlich beteiligt war. Sein Tod würde das Universum also nicht aus der Bahn werfen. Ich hatte und habe also nichts gegen Chewie, das war eine rein strategische Entscheidung.
Vector ist das größte Star-Wars-Comicereignis des Jahres. Was dürfen wir erwarten?
Geplant ist, innerhalb der 12 Ausgaben von Vector eine spannende Geschichte zu erzählen, mit den Ereignissen in den einzelnen Kapiteln gleichzeitig aber auch Einfluß auf die Folgeereignisse der einzelnen Comicreihen zu nehmen. Nach Heft 28 wird man beispielsweise sehen, wie die Ereignisse in Vector neuen Wind in Knights of the Old Republic bringen. Zayne Carrick wird nach Vector ein anderer Mensch sein, dessen Entschlossenheit ungeheuer gewachsen sein wird, den Kreuzzug gegen seine früheren Meister, die ihm einen Mord angehängt haben, endlich auch zu ihnen zu tragen.
Ähnlich soll das in allen Comicreihen ablaufen, allerdings wird sich das ein wenig verzögern. Denn wir wußten zwar, daß die Clone Wars-Serie wahrscheinlich diesen Herbst herauskommt, aber bis vor kurzem hatten wir keine Ahnung, daß es zum Start der Serie einen Kinofilm geben würde oder daß Clone Wars überhaupt diese Aufmerksamkeit hinsichtlich der Vermarktung wecken würde. Diese Entwicklung hat nun dazu geführt, daß wir einige unserer Pläne etwas ändern müssen. Statt mit Dark Times und Rebellion direkt im Anschluß an Vector weiterzumachen, werden diese Reihen auf Eis gelegt, und stattdessen geht eine neue Clone Wars-Comicreihe an den Start. Außerdem wird es eine neue Clone Wars-Minireihe geben, ähnlich den Clone Wars Adventures, aber mit einer großen Geschichte pro Band, anstatt wie bisher vielen Kurzgeschichten.
Dark Times und Rebellion kommen dann voraussichtlich Anfang nächsten Jahres zurück, während KotOR und Legacy den Schwung von Vector unmittelbar ausnutzen werden.
Wie kam es zur Entwicklung von Vector?
Die Grundidee stammt von mir. Das war meine Version von Chewbaccas Tod, eine Methode, Aufmerksamkeit auf das zu lenken, was in unseren Star Wars-Comics passiert. John Ostrander, Jan Duursema, John Jackson Miller, Mick Harrison, Jeremy Barlow, Rob Williams und Dave Marshall haben dann alle an der Geschichte mitgearbeitet und Handlungsfehler eleminiert, es ist also eine echte Gruppenleistung. Vector hat viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen, war aber auch viel Arbeit. Erwartet also nicht, daß wir sowas jetzt jedes Jahr machen.
Einige Geschichten berühren andere Aspekte der Krieg der Sterne-Galaxie. KotOR berührt die gleichnamigen Rollenspiele, Legacy enthält Anspielungen auf Wächter der Macht. Die Fans stehen dem zwiegespalten gegenüber. Finden Sie, daß es für die Comics notwendig ist, derartige Anleihen zu nehmen, oder sehen Sie diese Verbindungen eher als eine Art Verneigung vor der Arbeit anderer Star Wars-Entwickler?
In KotOR wollten wir von vornherein Ereignisse und Figuren aus den Spielen einbeziehen, die Reihe sollte dadurch gleichzeitig aber nicht in ihrer Handlungsfreiheit beraubt werden. Zayne und seine Freunde werden sich deshalb zusehends weiter von der Mandalorianerinvasion und anderen Ereignissen der Spiele entfernen. Bei Legacy ist es ganz normal, daß es Bezugspunkte zu Wächter der Macht und anderen früher angesiedelten Geschichten gibt, aber wir wollen uns auch dort von unserem Ausgangspunkt nach vorne bewegen, anstatt zurück zu Wächter der Macht.
Wie sieht die Zukunft von Dark Horse aus, insbesondere im Star Wars-Bereich?
In ständiger Bewegung ist die Zukunft. Augenblicklich sieht sie aber gut aus, und wir haben viele Geschichten, die wir mit Krieg der Sterne gern erzählen würden. Wie ich schon erwähnte, hat die wachsende Konzentration auf die neue Clone Wars-Serie unsere Pläne verändert und mehr Energie auf sich gezogen, als wir das geplant hatten. Aber ich habe in meiner Karriere gelernt, daß jede Planung flexibel sein muß, und ich bin mir sicher, was immer auch geschieht, die besten Star Wars-Comics stehen uns erst noch bevor.
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