Die offizielle Seite berichtet heute ausführlich über das neue Making-of-Sachbuch über die Produktion von Episode IV:
Ein verlorenes Kapitel
Über die Jahre sind eine ganze Reihe von Büchern über die Entstehung und Produktion der Krieg-der-Sterne-Filme veröffentlicht worden:
"Nanu, wo ist Episode IV geblieben", mag man sich nun fragen.
- Once Upon a Galaxy: A Journal of the Making of The Empire Strikes Back (Del Rey, 1980)
- The Making of Return of the Jedi (Del Rey, 1983)
- The Making of Episode I: The Phantom Menace (Del Rey, 1999)
- Mythmaking: Behind the Scenes of Attack of the Clones (Del Rey, 2002)
- The Making of Star Wars: Revenge of the Sith (Del Rey, 2005)
Eine gute Frage, deren Antwort lautet: es gab auch ein Buch über die Produktion dieses Films, oder zumindest beinahe. "Viele Leute glauben, daß es ein derartiges Buch gäbe, weil Charles Lippincott, der stellvertretende Verantwortliche für die Vermarktung des ersten Films, die feste Absicht hatte, eines zu schreiben.", erklärt Jonathan Rinzler, leitender Herausgeber bei Lucasfilm. Als Rinzler vor zwei Jahren die Anweisung erhielt, Konzepte für den 30. Geburtstag der Saga zu entwickeln, griff er auf diese ursprünglichen Pläne für ein ultimatives Produktionssachbuch zurück.
"Lippincott führte damals über 50 Gespräche, unter anderem mit George Lucas, Gary Kurtz, Mark Hamill, Harrison Ford, John Barry, John Dykstra und vielen, vielen anderen mehr. Mit einigen Leuten sprach er auch mehrfach.", erzählt Rinzler weiter. "George Lucas wurde 1975, 1976 und 1977 mehrfach interviewt, aber das Buch wurde dann nie geschrieben. Und die Gesprächsnotizen landeten im Archiv."
Als Rinzler durch Onlinerecherchen auf Lippincotts angebliche Buchpläne stieß, bat er Steve Sansweet bei Lucasfilm um Hilfe, um weitere Hinweise zu diesem Thema aufzuspüren. "[Sansweet] meinte, ich solle im Archiv anfragen, ob die Lippincott-Akten noch vorhanden wären.", erinnert sich Rinzler. "Und glücklicherweise waren sie das."
Rinzler wurden vier Kartons mit Lippincotts Gesprächsmitschriften übergeben, insgesamt mehrere tausend Seiten. "Es war überwältigend.", berichtet Rinzler, der sofort erkannte, auf welche Goldgrube unveröffentlichten Materials er gestoßen war. Unter Lippincotts Gesprächspartnern waren neben Alan Ladd Jr., der damals dem Verwaltungsrat von 20th Century Fox angehörte und mit seinen Kollegen und dem Studio um die Finanzierung des Films rang, auch eine Reihe von bislang unbekannten Mitarbeitern: Mary Lind von ILM, Sam Shaw, der leitende Toningenieur, Adam Beckett, der leitende Animationstechniker und der Leiter der optischen Abteilung Robbie Blalack.
"Jedes dieser Interviews bot interessante Informationen.", erzählt Rinzler. "Vor allem lasen sie sich alle so unverbraucht. Alle Gesprächspartner erinnerten sich an viel mehr, als bei späteren Interviews, und niemand erwartete, daß der Film ein Erfolg werden würde. Selbst bei den Interviews des Jahres 1978 glaubte niemand, daß der Film dauerhaft präsent bleiben würde."
Das Ergebnis von Rinzlers Entdeckung in den Lucasfilm-Archiven, sowie von neuen Interviews mit Beteiligten, ist das Buch The Making of Star Wars, das im April bei Del Rey erscheinen wird. Der Verlag schließt damit seine "Making of"-Reihe ab, die 1980 mit Once Upon a Galaxy eingeleitet wurde.Ein ständiger Kampf
Die meisten Fans wissen, daß die Produktion von Episode IV von zahllosen Problemen begleitet war, darunter einem unkooperativen Filmstudio, extremem Zeitmangel, teilnahmslosen Mitarbeitern, Geldknappheit, neuen Technologien für Spezialeffekte, Wetter- und Droidenproblemen… die Liste ließe sich praktisch endlos fortsetzen. Die wenigsten dieser Probleme wurden bislang jedoch aus der Perspektive von Mitarbeitern dokumentiert. Mit The Making of Star Wars ändert sich das, da das Buch mit seinen Originalinterviews aus den Produktionsjahren einen unmittelbaren Blick auf die Ereignisse hinter den Kulissen werfen kann.
Rinzler profitierte bei seiner Arbeit an dem Buch von seinen Erfahrungen bei den Dreharbeiten von Episode III, die er als Autor zweier Bücher über Die Rache der Sith, The Art of Star Wars: Episode III - Revenge of the Sith und The Making of Star Wars Revenge of the Sith, begleiten durfte. Die Rückschau auf Episode IV erforderte allerdings dennoch eine andere Herangehensweise.
"Bei Episode III wußte jeder, daß der Film ein großes Ereignis und aller Voraussicht nach ein großer Erfolg werden würde.", erzählt Rinzler. "Jeder Beteiligte war sich seiner Rolle in der Kinogeschichte bewußt. Bei Episode IV war das genaue Gegenteil der Fall. Einige hatten wohl Vorahnungen, und George Lucas war wegen American Graffiti schon ein wenig bekannt, aber niemand hatte eine Vorstellung von dem Phänomen, zu dem der Film werden würde. Die meisten erwarteten eher ein komplettes Fiasko. Episode III war eine weitestgehend sichere Sache, ein Projekt, das sich auf vertrauten Pfaden bewegte, Episode IV hingegen ein ständiger Kampf, praktisch eine Reise durch unerforschtes Terrain. Jeder Schritt auf dieser Reise war ein Drama."Zu diesen ständigen Kämpfen zählte die Erstellung zahlreicher Drehbuchfassungen, die Vertragsverhandlungen mit Fox, diverse Katastrophen bei den Dreharbeiten, der Fast-Zusammenbruch von ILM und weitere Hindernisse, die dem Film beinahe zum Verhängnis geworden wären. "Der Film wurde nur fertig, weil Lucas ihn mit unerschütterlicher Willenskraft vorantrieb.", meint Rinzler. "Ohne den Erfolg von American Graffiti wäre er noch nicht einmal in Produktion gegangen. Daß es Schwierigkeiten gab, war mir klar, daß sie so riesig waren, war aber eine echte Überraschung."
Das verflixte siebte Jahr
Anstatt sein Buch 1976 anfangen zu lassen, als die Filmemacher nach Tunesien kamen, um Lukes Heimatwelt Tatooine zum Leben zu erwecken, entschied sich Rinzler, bereits 1971 einzusetzen, mit einer niederschmetternden Testvorführung von THX 1138 für den Verwaltungsrat von Warner Bros, die damit endete, daß das Studio Lucas seinen Film wegnahm. "Das Buch beginnt dort, weil dieses Ereignis das Ende von Lucas' Karriere hätte sein können, in Wahrheit aber dazu führte, daß einige Leute aufeinandertrafen, die am Ende dabei halfen, Krieg der Sterne auf den Weg zu bringen.", erklärt Rinzler. "Auf Umwegen führte das THX-Debakel zur Produktion von Der Pate, ein Film, der es Lucas später wiederum gestattete, American Graffiti zu machen. Gleichzeitig versuchte er, Apocalypse Now zu drehen, und daß dies nicht klappte, hatte einen nachhaltigen Einfluß auf Krieg der Sterne."
Der Hauptteil von The Making of Star Wars beschäftigt sich mit den Jahren 1973 bis 1977. "Das Buch zeichnet die Entwicklung der verschiedenen Drehbuchentwürfe nach, die zwischen 1973 und 1976 entstanden und enthält viele Details über die Vorproduktion des Films.", erklärt Rinzler. "Danach verfolgt es in wöchentlichen Abschnitten die Dreharbeiten in Tunesien und England, um dann die Nachbearbeitung bei ILM und die Arbeit am Schnitt in Monatsintervallen darzustellen. Der Schnitt ist eine Sache, die bislang kaum Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Die visuellen Effekte und die Tonkulisse sind schon häufig analysiert worden, aber niemand scheint sich bislang klargemacht zu haben, welche außergewöhnliche Leistung der Schnitt darstellt. Außerdem ist die Besetzung der Rollen ein sehr interessanter Aspekt der Produktion, der so einige Überraschungen bereithält."
Obwohl Rinzler betont, daß sich das Buch nicht auf aktuelle Interviews stützt, wollte er doch keine Lücken lassen. George Lucas selbst verwies ihn dafür an eine wichtige Quelle. "Als ich mit der Erstfassung des Buchs fertig war, bat ich George, mir dabei zu helfen, die Lücken zu füllen, und er hatte eine Menge interessanter Geschichten auf Lager.", erzählt Rinzler. "Dann führte er mich durch die alten Büros in Marin County, die bei Episode IV verwendet worden waren und zeigte mir, wo die Schneideräume gewesen waren und wo Ben Burtt im Keller sein kleines Tonstudio eingerichtet hatte."
Außerdem konnte Lucas Rinzler an andere Personen verweisen, die er selbst nie mit Krieg der Sterne in Verbindung gebracht hätte. Eine dieser Personen war Warren Hellman, der während der Arbeit an Episode IV im Verwaltungsrat von Fox saß. "Hellman hatte Informationen über etwas, das niemand sonst bieten konnte: einen Einblick in die Reaktionen bei Fox.", erzählt Rinzler, der gleichzeitig auch mit Angehörigen von George Lucas' innerem Zirkel sprach, darunter Lucasfilmbuchhalter Robert Tong und Lucas' Rechtsanwalt Tom Pollock.Jäger verlorener Schätze
Rinzlers Entdeckungsreise durch die Vergangenheit von Krieg der Sterne hatte auch für ihn selbst einige Überraschungen auf Lager. "Einer der Höhepunkte meiner Arbeit war ein Treffen mit Ralph McQuarrie, mit dem ich einige Nachmittage verbringen durfte.", berichtet Rinzler. "Als wir eines Tages in seinem Atelier saßen, erinnerte ich mich, daß George Lucas seinen Zeichnern immer Referenzmaterial zur Verfügung stellt, also fragte ich Ralph, ob das auch 1975 der Fall gewesen wäre. Und was passiert? Ralph holt einen braunen Umschlag hervor, der mit genau dem Material gefüllt ist, daß George 30 Jahre vorher hineingesteckt hat: Bilder auf Magazinen, Science-Fiction-Fotos und -Illustrationen und einige Skizzen von George.
Und auch im Archiv von Lucasfilm habe ich so einiges gefunden", erzählt Rinzler weiter, "darunter Leias Hologrammrede. Eine Seite voller Text mit handschriftlichen Änderungen von George Lucas von dem Tag, an dem Carrie Fisher die Szene aufnahm."Angesichts der Menge an Originalinterviews, niemals zuvor gezeigten Bildern und dem Material aus dem Lucasfilm-Archiv, erwies sich die Erarbeitung eines zusammenhängenden Textes als Gewaltakt. "150000 Wörter und 500 Bilder zusammenzubringen, um ein gutes Buch daraus zu machen, war der schwierige Teil.", erklärt Rinzler. "Del Rey war aber sehr entgegenkommend und erhöhte die Seitenzahl von 250 auf 324 Seiten. Und die Prachtausgabe hat sogar 372 Seiten, mit all den frühen Storyboards und George Lucas' ersten Gedanken über das Erweiterte Universum. Ich war mir nicht sicher, ob er diese Aussagen veröffentlicht sehen wollte, weil sie von späteren abweichen, aber er meinte, es sei in Ordnung."
Während das Buch nun fertig ist und auf seine Veröffentlichung wartet, arbeitet Rinzler bereits an Plänen für weitere "Making of"-Bücher, darunter aktualisierte Versionen der beiden Bücher für Episode V und VI aus den frühen 1980ern. "Wenn es dazu kommt, wäre der Grundgedanke, die bestehenden Texte zu nehmen und zu vervollständigen.", erklärt Rinzler. "Dann könnten wir einen Haufen von unveröffentlichten Bildern und Texten hinzufügen. Ich denke, das wäre eine tolle Sache."
Zunächst muß Rinzler aber seine Arbeit an einer anderen Reihe von Büchern über die Entstehung einer weiteren Trilogie - beziehungsweise bald einer Tetralogie - beenden. "Im Augenblick hat das Vorrang vor allem anderen."The Lippincott-Gespräche
Hier eine Liste der frühen Interviews, die Charles Lippincott zwischen 1975 und 1978 führte und die als Grundlage von The Making of Star Wars dienten:
16. Dezember 1975: Gary Kurtz (Produktionsleitung)
17./18. Dezember 1975: George Lucas (Drehbuch, Regie)
29. Dezember 1975: George Lucas, Alan Dean Foster (Romanadaption), John Dykstra
10. Januar 1976: George Lucas und Gary Kurtz
20. Januar 1976: Gilbert Taylor (Kamera), George Lucas, Gary Kurtz
10./18. Mai 1976: Robert Watts (Produktionsleitung)
14. Mai 1976: Stuart Freeborn (Maske)
14. Mai 1976: John Stears (Mechanische Effekte)
17. Mai 1976: John Barry (Produktionsgestaltung)
14. September 1976: George Lucas
4. Januar 1977: Carrie Fisher (Prinzessin Leia)
5. Januar 1977: Mark Hamill (Luke Skywalker)
20. Januar 1977: Harrison Ford (Han Solo)
15. März 1977: Anthony Daniels (C-3PO)
22. April 1977: John Williams (Schnitt)
8. Mai 1977: Paul Hirsch (Schnitt)
1. Juli 1977: Joe Johnston (Effektgestaltung und -entwicklung)
Juli 1977: Gary Kurtz
Juli 1977: Ben Burtt (Toneffekte)
5./20. Juli 1977: Ralph McQuarrie (Produktionsgestaltung)
11. August 1977: Andy Rigrod (Rechtsberatung)
11. August 1977: Tom Pollock (Rechtsberatung)
11. August 1977: Jake Bloom (Rechtsberatung)
13. September 1977: George Lucas
21. September 1977: Marcia Lucas (Schnitt)
21. September 1977: Alan Ladd Jr. (Verwaltungsrat, 20th Century Fox)
21. September 1977: George Lucas
Oktober 1977: Richard Edlund (Kamera, Spezialeffekte)
5. November 1977: Gary Kurtz
5. November 1977: George Lucas
19. November 1977: John Barry
23. Januar 1978: Richard Edlund
23. Januar 1978: John Dykstra (Leiter Spezialeffekte)
3. Februar 1978: Robbie Blalack (Bildkomposition)
28. Februar 1978: Adam Beckett (Animation)
7. März 1978: Dianne Crittenden (Besetzung)
7. März 1978: Joe Johnston
7. März 1978: Harrison Ellenshaw (Mattezeichnungen)
8. März 1978: Richard Alexander (Kameraentwicklung)
8. März 1978: Grant McCune (Leiter Modellbau)
8. März 1978: Dennis Muren (Kamera Spezialeffekte)
8. April 1978: John Dykstra und Grant McCune
9. März 1978: Jeff Berg (Agent)
9. März 1978: Jon Berg und Phil Tippett (Stop-Motion-Effekte)
15. März 1978: Joe Johnston
16. März 1978: Mary Lind (Produktionsleitung)
16. März 1978: Bob Shepherd (Produktionsmanagement Spezialeffekte)
20. März 1978: Richard Chew (Schnitt)
5. April 1978: Bruce Logan und Joe Viskocil (Sprengmeister Modellbau)
6. April 1978: Rick Baker (Maske, 2. Kamerateam)
6. April 1978: John Mollo (Kostüme)
2. Mai 1978: Larry Cuba (Computeranimation)
1978 (undatiert): John Dykstra, Joe Johnston
Sam Shaw (Tonschnitt)
The Making of Star Wars wird im April in zwei verschiedenen Ausgaben erscheinen, als 324-seitiges Taschenbuch und als 372-seitige Gebundene Prachtausgabe mit einem Stempelautogramm von George Lucas auf dem Titel.
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