Im folgenden findet ihr ein Interview, das TheForce.Net Books kürzlich mit Matthew Stover, dem Autor von Traitor führen konnte. Darin findet ihr seine Gedanken über das Schreiben, die Yuuzhan Vong und die Macht.
Achtung, einige Punkte könnten als Spoiler interpretierbar sein:
1. Wie würden sie ihren Weg zur Autorenschaft beschreiben? War das etwas, zu dem sie sich schon in ihrer Jugend hingezogen fühlten?
Ich habe zum Spaß geschrieben, als ich jung (ähm, jünger) war. Ich dachte nie, daß ich gut genug wäre, es zu meinem Beruf zu machen. Ich schreibe immer noch aus Spaß... nur, daß ich jetzt dafür bezahlt werde.
2. Was hat Ihre Karriere beeinflußt? Was waren ihre Lieblingsbücher und –autoren, als Sie aufwuchsen?
Große Einflußnahmen gab es nicht. Es gibt nur Leute, von denen ich Ideen stehle. Das ist nicht das gleiche. Wenn ich Erzählweisen finde, die mir gefallen, stehle ich sie, ohne Gewissensbisse.
Meine Lieblingsbücher, in der Hinsicht, daß ich sie zumindest fünf Mal gelesen habe sind ohne feste Reihenfolge: „Die zwei Türme“, „Der König von Narnia“, „Die Illias“, „Lord Jim“, „Fluch der Unsterblichkeit“, „Starship Troopers“, „Conan der Eroberer“. Ich könnte weitermachen. Immer weiter. Wieviel Platz habt ihr?
3. Was denken Sie über die Religion und die Gesellschaft der Yuuzhan Vong?
Um das zu beantworten, würde ich euch empfehlen, Traitor zu lesen. Fast der gesamte Roman spielt im Yuuzhan Vong Milieu. Ich denke nicht über ihre Gesellschaft und ihre Religion (die untrennbar miteinander verbunden sind) nach; alles, was ich mir gedacht habe, ist in meinem Roman. Das ist einfach eine feststehende Tatsache. Ich denke nicht darüber nach, ob ich die Sonne mag. Sie ist einfach da. Die Sache ist einfach die, damit umzugehen. So ist es auch mit den Vong.
4. Wie lang brauchen Sie, um ein Buch zu schreiben? Haben Sie jemals an einer Schreibblockade gelitten?
Das schnellste Buch, das ich je geschrieben habe, war in sieben Monaten fertig. Am längsten habe ich mal drei Jahre gebraucht (obwohl ich darauf hinweisen sollte, daß das drei-Jahres-Projekt fast viermal so lang war, wie das andere).
Ich leide fast jeden Tag unter Schreibblockade. Eine Schreibblockade ist nichts anderes, als ein hyperaktiver, eingebauter Verleger; wenn sich alle Deine Ideen in Deinem Kopf anhören, als wären sie totaler Mist, dann ist das eine Schreibblockade. Es gibt da zwei Wege, um weiterzukommen: man kann die Blockade einfach durchbrechen (soll heißen, man schreibt den Mist einfach hin, egal wie schlecht er ist), oder man kann sie umgehen (also eine gut klingende neue Idee ausarbeiten). In letzter Zeit habe ich meist die zweite Methode angewandt, die ziemlich gut funktioniert. Allerdings hat sie es an sich, daß man lange, lange Zeit ins Nichts starrt, ohne dabei auch nur annähernd genug zu schreiben.
5. Ein monumentales Projekt in der Größenordnung der New Jedi Order sieht man selten in der Literatur. Wir Fans haben logischerweise viele Erwartungen an diese Reihe geknüpft, aber was erwarten Sie und Ihre Mitautoren?
Ich kann nicht für die anderen Autoren sprechen. Was mich angeht, so erwarte ich, endlich einige Bestseller-Listen zu stürmen. Und ich erwarte, von den Fans zusammengestaucht zu werden, weil das eine ziemlich allgemeine Erfahrung von EU-Autoren ist. Natürlich erwarte ich auch –na ja, um ehrlich zu sein hoffe ich vielmehr – daß einige zehntausend Fans meine Arbeit so faszinierend finden werden, daß sie in den nächsten Laden rennen und alles kaufen, was ich schreibe.
Was die internen Erwartungen im Universum angeht, so will ich darüber nicht sprechen. Ich war bei der Story-Konferenz dabei, in der wir entschieden haben, wie alles enden soll.
6. Was hofft die „Firma“ (Lucasfilm, Del Rey und die Autoren) mit der New Jedi Order zu erreichen? Welche Ziele hat sie? Will sie die Galaxis durcheinanderwirbeln? Die Fackel des Abenteuers weiterreichen? Welche grundlegenden Themen wurden bislang vorgelegt? Waren diese Themen Teil der Planung, oder entwickelten sie sich ganz natürlich aus der Geschichte?
Soweit ich weiß, haben Del Rey und Lucasfilm nur ein Ziel: mit der New Jedi Order die Anforderungen an Star Wars höherzusetzen und die Bücher besser zu machen, als sie es bislang waren. Das ist es doch, was wir alle wollen, oder? Jedes Buch besser (spannender, lustiger, stärker oder sonstwas) zu machen, als die davor.
Nun ja, das und jede Menge Geld zu verdienen. Am besten ist es, wenn Qualität und Bargeld Hand in Hand gehen.
Es scheint mir, als seien die grundlegenden Themen weitgehend den einzelnen Autoren überlassen. Del Rey und Lucasfilm (und die Autoren in den Story-Konferenzen) legen die Skelettform fest. Wie das Fleisch aussieht, das überläßt man den einzelnen Autoren.
7. Können Sie den Lesern mitteilen, wie Sie sich auf das Schreiben eines Star Wars Buchs vorbereiten? Welches Material benutzen Sie als Forschungsgrundlage bezüglich der Hintergrundgeschichte, der vergangenen Ereignisse und der allgemeinen Informationen? Womit stehen Ihnen Lucasfilm und Del Rey zur Seite?
Del Rey und Lucasfilm gaben mir alle Essential Guides, die Star Wars Enzyklopädie und eine Vielzahl älterer EU Bücher, die sich mit Jacen und seinen Freunden beschäftigten, da er meine Hauptfigur werden sollte. Und sie schickten mir natürlich alle New Jedi Order-Romane. Für meinen Prequel-Roman gewährten sie mir Zugriff auf eine riesige Star Wars Datenbank. Und wenn ich feststecke, kann ich natürlich die Fans fragen...
8. Was halten Sie von Star Wars Fans und dem Fandom im Allgemeinen? Würden Sie zustimmen, daß Star Wars Fans eine sehr leidenschaftliche Gruppe sind?
Etwas wie ein „Fandom im Allgemeinen“ gibt es nicht. Es gibt einige Fans, denen ich viel Respekt entgegenbringe. Es gibt einige Vollidioten. Es gibt nervende Mistkerle und begeisterte, clevere Leute, die eine natürliche Größe und selbstverständlichen Charme ausstrahlen (das sind dann beispielsweise diejenigen, die mein Zeug wirklich, wirklich mögen).
Was die „leidenschaftliche Gruppe“ angeht, so denke ich leider, daß einige Fans so leidenschaftlich sind, daß sie etwas unausgeglichen wirken. Diese Fans verzerren nicht nur die öffentliche Wahrnehmung des Fandom, sondern verjagen auch andere Fans, die mit dieser Art Verhalten nicht in Zusammenhang gebracht werden wollen. Es ist eine der traurigen Wahrheiten der menschlichen Natur, daß wir dazu tendieren, Menschen in Gruppen zusammenzufassen („Ignoriert ihn, er ist Republikaner.“ „Trekkies sind Verrückte mit Gummiohren.“). Eine weitere traurige Wahrheit ist die, daß man dazu tendiert, Gruppen nach ihren extremsten Mitgliedern zu bewerten.
9. Können Fans auf kommende Geschichten Einfluß nehmen?
Nein, soweit ich weiß, nicht. Andere Autoren mögen anders antworten. Ich habe erst angefangen, TheForce.Net zu besuchen, als ich schon viele Monate an Traitor arbeitete. Was etwas schade ist – ich bin auch viele interessante Ideen gestoßen, und es tut mir irgendwie Leid, daß ich nicht die Möglichkeit erhielt, sie zu stehlen...
10. Welchen Rat würden Sie ehrgeizigen Autoren geben?
Sagt die Wahrheit. Sagt immer, immer die Wahrheit. Nicht alles, was sich ehrlich liest, ist gut geschrieben, aber alles, was sich gut liest, ist ehrlich geschrieben. Das heißt nicht, daß man sich sklavisch an „aktuelle Ereignisse“ klammern soll, oder sowas in der Art. Das Leben ist niemals eine Entschuldigung für die Kunst. Es bedeutet vielmehr, daß Figuren Menschen sind. Gute Figuren sind reale Personen. Sie müssen nicht gewöhnlich sein (eigentlich sind alle guten Figuren auf die eine oder andere Weise außergewöhnlich – genau, wie echte Personen), aber sie müssen Hoffnungen und Träume und Ängste und den ganzen anderen menschlichen Kram in sich haben.
Ihre Handlungen müssen glaubhaft sein. Man muß mit sich selbst ehrlich sein, und mit seinen Lesern. Man muß nicht alle seine Handlungen einer Beichte gleich ausleeren, aber man muß ehrlich sein. Ein Roman ist ein Abbild Deiner Meinung darüber, wie das Universum funktioniert. Es bietet einem die Chance, mit Tausenden von Menschen in seinen Geist einzutauchen. Verschwende Deine Zeit nicht mit Rauch, Pyrotechnik und Spiegeltricks. Davon gibt es genug im Fernsehen.
11. Was können Sie uns über Ihre Star Wars fremden Romane erzählen?
Sie sind nichts für Kinder. Sie sind ausschmückend gewalttätig und in Bezug auf Gefühle schlichtweg brutal. Sie sind so ehrlich, wie ich sie machen konnte. Ich habe auch mein Bestes gegeben, sie unvergeßlich zu machen. Wenn ich ein Buch schreibe, dann lege ich alles hinein, was ich habe. Je mehr ich also habe, desto mehr wird das Buch. Einige Leute werden wahnsinnig wegen ihnen: das sind meistens die Leute, die glauben, daß Phantasie etwas mit der Flucht aus der Realität zu tun hat.
Diesen Leuten kann ich nur sagen: wenn ihr ein Problem mit der Wirklichkeit habt, solltet ihr etwas mehr Zeit mit eurem Leben verbringen, und weniger Zeit damit, Popcorn-Phantasien zu lesen.
12. Sie haben einen Vertrag über einen Star Wars Prequel-Roman unterzeichnet. Ohne Ihr Lucasfilm-Implantat zur Explosion zu bringen, was können Sie den Lesern darüber sagen?
Der Roman heißt „Shatterpoint“, und er dreht sich um Mace Windu zu Beginn der Klonkriege. Ich denke, man kann mit einer gewissen Sicherheit sagen, daß er anders sein wird, als alle Star Wars Bücher, die ihr je gelesen habt.
13. Können Sie etwas über die Macht sagen, wie sie in Traitor beschrieben wird? Woher kommen die Offenbarungen über die dunkle Seite? Wie beeinflussen sie das Star Wars Universum?
Die „Vergöttlichung“ der Macht im EU hat mich schon oft gestört. Die Macht ist nicht Gott – sie ist kein großes Etwas „irgendwo dort draußen“, eine einheitliche Ganzheit mit eigenem Willen und eigenen Absichten. Sie ist genau hier. Ein Jedi ist Teil von ihr – also ist auch alles andere ein Teil von ihr. Ihr „Wille“ (um ein unpassendes Wort zu gebrauchen) wird durch ihre reine Existenz ausgedrückt.
Und ich sehe auch nirgendwo eine „Offenbarung“ über die dunkle Seite. Als Luke kurz davorsteht, die „Höhle der dunklen Seite“ auf Dagobah zu betreten, fragt er Yoda, was er in ihr finden wird. Yoda antwortet (wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht), „Nur was Du mit Dir nimmst“. Diese Erklärung ist weit von einer „Die dunkle Seite ist der Teufel“-Perspektive entfernt. Es war mir immer klar, daß die dunkle Seite keine übernatürliche Macht des Bösen sein sollte.
Ich würde hier gerne etwas zitieren, das ich einem der prominenten Mitglieder des Literatur-Forums geschrieben habe, der über Vergeres Lehren über die Macht etwas bestürzt war. Er nennt sich JediMasterAaron, und er stellte mir einige ziemlich spitzfindige Fragen, die meiner Meinung nach den Kern dieses Themas ziemlich genau treffen. Das hier war ein Teil meiner Antwort:
„Man kann darüber streiten, ob Yoda Luke besonders dahingehend ausbildete, den Kaiser zu besiegen – weil das nicht die Aufgabe der Jedi Ritter in der Alten Republik war. Genaugenommen wissen wir jetzt, daß Luke sich gemessen an den Vorgaben der Alten Republik kaum als Padawan qualifiziert hätte.
Meiner Meinung nach ist das, was Vergere Jacen beibringt, sehr viel näher an dem, was Jedi verkörpern sollen. Erinnere Dich, selbst Luke vernichtet die bösen Jungs am Ende nicht – er läßt es vielmehr durch seine bloße Anwesenheit zu, daß derjenige, der gerettet werden kann, gerettet wird, während derjenige, bei dem dies nicht möglich ist, vernichtet wird (zumindest wenn mich meine Erinnerung nicht trügt – es ist einige Jahre her, seit ich RotJ gesehen habe).
Ein Krieg des Guten gegen das Böse funktioniert auf dem Papier besser, als in Wirklichkeit. Die Einteilung der Realität in Gut und Böse ist eine Krankheit der modernen Zivilisation – selbst unsere weltliche Politik wird davon beeinflußt. Es ist völlig in Ordnung, wenn unsere Streitkräfte in Afghanistan unschuldige Zivilisten töten, weil wir „das Böse ausrotten“. Von Bin Ladens Standpunkt aus, ist es genau aus dem gleichen Grund in Ordnung, unschuldige Zivilisten in den Vereinigten Staaten (und anderswo) zu töten.
Es liegt in der Verantwortung jener, die tiefer blicken können, genau das zu tun. Deshalb finde ich, daß Jacen am Ende von Traitor ein besserer Jedi als vorher ist, weil er gelernt hat, tiefer zu blicken. Ich denke, Star Wars dreht sich mehr darum, die Dunkelheit in seinem eigenen Herzen zu verstehen. Luke mußte das tun, um sich Vader und dem Kaiser zu stellen, und es gelang ihm dann, Vader ins Licht zurückzuführen, anstatt ihn zu töten.
Ich sollte auch darauf hinweisen, daß „die Macht eins ist“. Die Dunkelheit in Dir scheint nach außen durch und umgekehrt. Was Vergere Jacen wirklich beibringt ist, die Wahrheit in seinem Innern zu suchen, weil das die Wahrheit um ihn herum offenlegen wird. Sie bringt ihm gewissermaßen bei, seinen Gefühlen zu vertrauen...“
Das faßt es ziemlich gut zusammen.
Was den Einfluß von Vergeres Denkweise angeht, so wird er von den anderen Autoren abhängen. Ich kann es einfach nicht sagen. Wir werden sehen, wohin sie damit gehen werden. Ich kann nur folgendes sagen: das Erweiterte Universum ist ein lebendes Etwas. Genau wie andere Lebewesen, muß es entweder wachsen (lernen, sich anpassen und sich ändern), oder sterben. Die Fans werden erwachsen. Star Wars kann mit ihnen erwachsen werden. Es wird immer Platz für Ewoks und junge Jedi Ritter geben. Es wird immer Platz sein für die kopflose Friede-Freude-Eierkuchen Mentalität von Daleys Han Solo Trilogie. Das Erweiterte Universum kann aber auch solchen Fans Geschichten anbieten, die sich größeren Herausforderungen stellen wollen. Es ist viel Platz. Und er wächst immer weiter.
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