Auf der Webseite der britischen Zeitung The Guardian hat sich Produzent Gary Kurtz (Neue Hoffnung, Das Imperium schlägt zurück) zum Phänomen Krieg der Sterne geäußert:
Es gab tatsächlich mal eine Zeit, da pflegte ich zu sagen, Krieg der Sterne sei nur ein Film, und die Leute, die davon besessen waren, sollten darüber hinwegkommen. Verlasst das Kino und vergesst das Ganze - es ist doch nur ein Film.
Natürlich haben viele Menschen das nicht getan. Der erste Film und seine Fortsetzungen haben eine ganze Generation in Atem gehalten. Der ihnen eigenen Energie, die eine Menge junger Leute davon träumen ließ, in jener Leinwandwelt zu leben, haftete in jenen Tagen der Zauber der Einzigartigkeit an.
Als George Lucas und ich den ersten Film planten, ahnten wir nicht, was daraus werden würde. Die Hingabe, die er auslösen würde, konnten wir uns nicht vorstellen. Der Film sollte den Geist der Flash Gordon-Kinoserien der 1930er Jahre einfangen, die wir in den frühen 60ern im Fernsehen gesehen hatten. Als daraus dieses gewaltige Phänomen entstand, als Menschen anfingen, sich den Film sechsmal pro Woche im Kino anzusehen, waren wir zunächst etwas verblüfft. Die Anziehungskraft, die der Film sowohl beim Sci-Fi-Publikum, als auch bei normalen Kinobesuchern entfaltete, war eine echte Überraschung.
Bald wurde uns klar, dass wir eine Nische entdeckt hatten. Krieg der Sterne kam in die Kinos, als die meisten Science-Fiction-Angebote deprimierend und postapokalyptisch waren. Einen echten Erfolgsfilm, der seine Zuschauer für den Weltraum als letzten Grenze der Menschheit begeistern konnte, hatte es seit Alarm im Weltall 1956 nicht mehr gegeben. Man möge sich erinnern: Auch der erste Star Trek-Film sollte erst Jahre später erscheinen.
Wir wussten, dass es ernsthafte Sci-Fi-Fans gab, die unsere Kinosäle einige Wochen lang in Beschlag nehmen würden, aber danach waren wir davon überzeugt, dass die Welle abflauen und der Film höchstens die Ausgaben von Fox wieder einspielen würde. Stattdessen blieb der Bann des Films ungebrochen: In einigen Kinos lief er 9 Monate am Stück, für heutige Verhältnisse eine unerhörte Leistung. Würde man Harry Potter heute in nur 50 Kinos an den Start bringen und erst in den darauffolgenden acht Wochen weitere Kinos ins Boot holen, würde man für wahnsinnig gehalten: Etwa 80 Prozent der Kinoeinnahmen erwirtschaftet ein Film heute in den ersten zwei Wochen - danach ist nur noch auf DVD Geld zu verdienen.
Was hat Krieg der Sterne also so anders, so besonders gemacht? Ich möchte ein Beispiel für die Sorgfalt geben, die wir bei der Arbeit am Film angewandt haben.
Während George noch am Drehbuch für den ersten Film arbeitete, beschlossen wir bereits, dass der Ton ein wesentliches Element von Krieg der Sterne sein sollte. Ich ging also zur Filmschule der Universität von Südkalifornien, wo George und ich studiert hatten, und fragte den Chef der Tonabteilung, ob er einen Studenten in seinem letzten Jahr hätte, der besonders kreativ war.
Er verwies mich an Ben Burtt, der daraufhin zu unserem Tondesigner wurde. Über ein Jahr lang sammelte Ben Geräusche, wo immer er auf sie stieß, und wir setzten uns regelmäßig zusammen, um sie uns anzuhören und darüber zu reden. Am Ende der Dreharbeiten hatte er eine enorme Tonkollektion zusammengestellt, die er in der Folge für alles verwendete, von R2-D2s Piepsern bis hin zu den Lasereffekten für die Raumschiffe.
Wir wollten, dass Krieg der Sterne anders war und sich nicht wie x-beliebiges "Sci-Fi" anhörte. Ben gab uns kunstvolle Kombinationen verschiedener Geräusche, die den Film aus der Masse herausstechen ließen.
Und das war im Großen und Ganzen meine Rolle bei Krieg der Sterne: George den Weg zu ebnen, damit er seine Arbeit machen konnte. Anders gesagt: Ich habe mich um die Schauspieler gekümmert und all die kleinen Dingen erledigt, das während einer Produktion so anfallen. Bei allen Filmen gibt es kleinste Entscheidungen, die einen Filmemacher irritieren können, weil der sich auf das Gesamtbild konzentrieren muss. George und ich haben recht gut zusammenarbeitet, und ich glaube, es war eine gute Partnerschaft, die am Ende ihren Teil zum Erfolg des Films beigetragen hat.
Könnte Krieg der Sterne heute realisiert werden? Schwer zu sagen, denn viele Dinge waren damals ganz anders. Der größte Unterschied besteht wohl darin, dass es heute unmöglich geworden ist, Geheimnisse zu bewahren, weil zu viele Informationen über einen Film im Umlauf sind, bevor irgendwer ihn überhaupt gesehen hat. Selbst Drehbücher werden inzwischen vor dem Kinostart online gestellt.
1977 wussten nur ein paar tausend Menschen von Krieg der Sterne, als der Film in die Kinos kam, aber danach verbreitete sich die Begeisterung wie ein Lauffeuer, und bald standen die Menschen allerorts Schlange. Heutzutage würde das nie passieren, weil jeder in die erste Aufführung gehen kann, in die er gehen will. Volle Kinosäle sind ein Ding der Vergangenheit, selbst bei erfolgreichen Filmen. Damals lief ein Film vielleicht nur in einigen wenigen Kinos im ganzen Land an. Als ich in New York wohnte, fuhren wir durch die Gegend, um zu sehen, ob die Leute für den neuesten Film von [Ingmar] Bergman Schlange standen. War das nicht der Fall, fragte man sich schon, ob der Film nichts taugte.
Ach ja, was täten wir ohne die Romantisierungsbeiträge von Herrn Kurtz. Keine Drehbücher vorab (der Roman zu Krieg der Sterne erschien sechs Monate vor dem Kinostart), ein Start in nur wenigen Kinosälen (anders ging's nicht, keiner wollte den Film zeigen), gute alte Zeit... ;-)
Die postapokalyptische Gegenromantik gibt's ebenfalls beim Guardian: Die Vorstellung einer Kinowelt ohne Krieg der Sterne, ohne Sequels, endlose Spezialeffekte und mit mehr Finesse und weniger Bombast. Und ohne Kinos, da ohne die Saga Hollywood wohl spätestens Mitte der 80er Jahre endgültig die Puste und die Zuschauer ausgegangen wären. ;-) Tja, alternative Geschichte ist auch nicht mehr das, was sie mal war... :-P
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