19. Mai 2009
1999 war ein schicksalhaftes Jahr für die Star Wars-Saga – und die Fans gleichermaßen. Es markierte den Beginn der zweiten, neuen Trilogie, der Prequels, die uns zum Anfang der Saga führten und den Aufstieg und Fall von Anakin Skywalker zeigen sollten.
Meine persönliche Saga begann allerdings schon eine ganze Weile früher. Ich bin ein Fan der ersten Stunde... der ersten Stunde seit ich die Saga gesehen habe, was ungefähr Stunde 122.724 nach Erscheinen der Alten Trilogie sein dürfte, also gut 14 Jahre.
Als ich Anfang der Neunziger zum ersten Mal Star Wars – oder viel mehr “Krieg der Sterne” (KdS statt SW), wie es damals noch in Deutschland hieß – auf einer VHS-Aufnahme sah (Ihr wisst schon, diese rechteckigen Kästchen mit Magnetbändern drin), war ich sofort gefesselt von der Magie der Filme und dem Märchen, das sie erzählten. Es war eine klassische Erzählung: Gut gegen Böse mit Prinzessinnen, Rittern, Zauberern und natürlich eine Menge Dramatik und auch Action mit dabei. Aber der ein oder andere mag es nachfühlen können, mit der Lautstärke und der Qualität eines Kinosaals können es der heimische Fernseher und ein altes Magnetband nicht aufnehmen und daher die Saga lange nicht in der Pracht wiedergeben, die die Fans der echten ersten Stunde hatte genießen können.
Mitte der Neunziger kam dann die Special Edition in die Kinos und das war die Chance für die Fans der 122.724sten Stunde Luke Skywalker und Co KG endlich einmal so zu erleben, wie man sie erleben sollte – auf einer Leinwand, die in kein Wohnzimmer passt und mit einer Soundanlage, bei der man sogar fühlt, dass der Sternzerstörer durch das Bild rast. Die Tatsache, dass wir bei der Premiere lediglich zu dritt im Kinosaal waren, tat dem Vergnügen nicht wirklich Abbruch, aber es war auch nicht genau das selbe, wie das Erlebnis der ersten Fans, denn natürlich waren Handlung und die (meisten) Bilder bekannt – den Text konnte ich auswendig mitsprechen.
Das sollte sich drei Jahre später ändern. Die Aufregung der damaligen Zeit kann man kaum beschreiben – das Erscheinen des Trailers wurde unter uns KdS-Fans aufgenommen wie das Erscheinen der Prequels selbst, denn das waren die ersten bewegten Bilder eines KdS-Kinofilms seit 15 Jahren und jede noch so kleine Information analysiert, diskutiert und spekuliert. Alleine das Machtthema in dem Trailer ließ Gänsehaut aufkommen und Horden von Fans stürmten nur ins Kino, um sich den Trailer anzusehen und daraufhin den Saal wieder zu verlassen – egal welcher Film gerade lief. Es war eine aufregende Zeit voller Spannung und Erwartungen.
Die herbe Enttäuschung für uns deutsche Fans war natürlich, dass wir drei Monate länger auf den Film warten mussten, der die bisher verschlossenen Kapitel der Saga offenbaren sollte, als die amerikanischen Fans, die Glücklichen. Aber schon vorher gab es das ein oder andere zu ergattern – z.B. den Soundtrack zum Film, den ich am Erscheinungstag kaufte und natürlich sofort rauf und runter spielte und dessen Musiktitel erneut die Diskussionen entfachte. Für die Fans, die den Film unverdorben genießen wollten, war das Netz nach dem 19. Mai natürlich so sicher, wie die Mos Eisley Cantina für einen Droiden – überall stieß man bereits auf Diskussionen über den Film selbst, die Handlung und die Charaktere und drei Monate können lang sein, um das zu alles zu vermeiden. Aber ich hatte Glück: Ich musste keine drei Monate warten, es waren für mich nur sechs Wochen...
Ende Juni 1999 bekam ich die Gelegenheit zu einem Trip nach New York City, USA. Besonders das Anhängsel war da wichtig: USA, denn das hieß: Episode I vor dem Deutschlandstart sehen!!! Natürlich war dies nicht das einzige Highlight der Reise in die Vereinigten Staaten, aber es war das Sahnehäubchen oben drauf. Meine Freunde beneideten mich um die Chance und ich genoss sie. Schon auf dem Flug habe ich natürlich den Soundtrack zu Episode I bis mir die Ohren abfielen gehört – damals noch auf dem Walkman und nicht auf einem Discman oder gar einem MP3-Player (womit wir wieder bei antiken Magnetbändern wären).
Selbstverständlich war die Stadt beeindruckend und unser Hotelzimmer im 20. Stock am Times-Square bot einen nächtlichen Anblick, der einen den Stadtplaneten Coruscant zumindest erahnen ließ, quasi Little-Coruscant. Die ganze Stadt war noch geziert und geschmückt von diversen Ankündigungen, Werbeplakaten und Aktionen zum Start der Prequels – Actionfiguren, Spielzeugbeigaben zum Kindermenü einer bekannten Fastfoodkette, Bücher an jeder Ecke, etc. Kurzum: Das Paradies für einen KdS-Fan. Am zweiten Abend dann (d.h. am eigentlich ersten Tag, denn wir sind abends in New York eingetroffen) haben wir dann das Kino gestürmt. Es war ein eher kleines, traditionelles Kino – eine rote Ballustrade war über dem Eckeingang aufgestellt und das Kino war unweit des Hiltonhotels. Eine gewisse Aufregung und Erwartung machte sich breit. Popcorn und Fanta in der Hand ging es ab in den mittelmäßig gefüllten Kinosaal.
Und schließlich war es soweit: Die Fanfare von Krieg der Sterne schallte durch den Saal, des ersten Films der Saga, den ich nicht mitsprechen konnte (zumindest nicht komplett, selbstverständlich waren mir die Passagen aus den Trailern schon lange in Fleisch und Blut übergangen), dessen Handlung noch völlig neu für mich gewesen war. Die Zeit verging wie im Fluge und der Film war einfach atemberaubend – Schnell, mit grandiosen Bildern und Jedi-Rittern en mass (zumindest für die Verhältnisse der Alten Trilogie). Qui-Gon und Obi-Wan kämpften mit fauchenden Lichtschwertern gegen die Droiden der Handelsföderation, die grandiosen Landschaften von Naboo, all das war einfach überwältigend. Als R2 zum ersten Mal auftauchte ging Applaus durch das Publikum (von dem ich mich natürlich sofort anstecken ließ) und das obwohl die meisten der Zuschauer den Film wahrscheinlich zum fünften Mal sahen, aber das kleine tapfere Kerlchen war der erste Vertraute aus der Alten Trilogie und dementsprechend willkommen. Der erste Auftritt von Darth Maul, seine berühmten Zeilen im Gespräch mit Darth Sidious: grandios, düster, böse. Gungan City: ein magischer, fremder Ort. Die Trennungsszene des kleinen Anakin von seiner Mutter: herzerweichend. Die Ankunft auf Coruscant: ein wahrlicher Augenöffner. Schließlich kam der finale Kampf im Duell der Schicksale, der Kampf Qui-Gon und Obi-Wan gegen Darth Maul.
Schon die Lichtschwertkämpfe der alten Trilogie hatten eine eigene Magie und Spannung, aber die Dynamik dieses Duells war einfach nur atemberaubend. Man konnte den Figuren kaum mit den Augen folgen und es fauchte, blitzte und zischte im ganzen Kinosaal, dazu erscholl die Musik der Chöre des williams'schen Orchesters.
Als wir den Kinosaal verließen war ich einfach nur hin und weg von diesem Film. Am letzten Abend in New York habe ich ihn mir noch einmal angesehen und vorher die Gelegenheit in den USA genutzt, um mich mit diversen Merchandise-Artikeln, z.B. dem Filmplakat, Actionfiguren, etc. eingezudecken. Nachdem ich dann wieder zu Hause war, wurde ich mit Fragen zum Film bombardiert, die ich mit Vergnügen beantwortete.
In Deutschland habe ich den Film dann selbstverständlich noch einmal gesehen – das erste Mal in der Premierennacht in Jedigarderobe, die ich einige Zeit vorher eigens für die Gelegenheit samt eigenem Lichtschwert zusammengenäht und gebastelt hatte. Insgesamt war ich fünf mal im Kino und man kann sicherlich sagen, dass Episode I einer der Höhepunkte meines Fandaseins war. Es gab und gibt viele Kritiker des Films, die ihm zu viel Effekthascherei, zu viel Komik und zu wenig Star Wars vorwerfen. Für mich bleibt Episode I aber der perfekte Beginn der Saga. Sicherlich durch die Brille des beeindruckenden Ersterlebnisses geprägt, finde ich dennoch, dass Die Dunkle Bedrohung es schafft ein idyllisches Bild der Republik zu zeichnen, wie man sie sich vorgestellt hat, als Obi-Wan einst Luke davon erzählte, eine Zeit schilderte bevor es dunkel wurde in der Welt. Episode I ist fröhlich, hell und am Ende gewinnen natürlich die Guten. Hier und da ziehen ein paar Gewitterwolken auf, aber die Größe und Erhabenheit der Republik und ebenso des Jedi-Ordens kann man deutlich spüren. Humor gehörte schon immer zu Krieg der Sterne und ebenso atemberaubende Effekte – gerade die waren auch in der Alten Trilogie schon ein Markenzeichen der Filme und der Grund warum man dies nicht mehr merkt ist einfach:
Die Alte Trilogie hat den Maßstab für Effekte neu gesetzt und ihr wurde entsprechend nachgeeifert. Wahrscheinlich hat Episode I ein paar Schwächen und Mängel, aber sie hatte auch einen ganz großen Bonus: Episode I war der erste neue Kinofilm, den die jüngeren Fans der Saga selbst im Kino sehen durften, sie einte das Fandom in der Erfahrung des sternenkriegerischen Kinoerlebnisses und rückte einmal mehr die Saga in die Aufmerksamkeit - ja man darf es wohl sagen - der Weltöffentlichkeit. Gab es bessere Filme, epischere, dramatischere? Sicherlich. Aber im Gesamtwerk der Saga betrachtet, war Episode I genau so, wie sie sein sollte: Fröhlich, kindlich, unschuldig. Nur so konnte die brutale Machtübernahme der Sith am Ende von Episode III überhaupt richtig dargestellt und in ihrer Finsternis verstanden werden und der Fall Anakins und sein düsteres Auftreten in der Alten Trilogie wiegt um so mehr, wenn man sich daran erinnert, dass er einst der nette, hilfsbereite kleine Junge auf Tatooine war.
1999 war der Beginn der Saga, über 20 Jahre nach dem ersten Film und heute? Episode I hat die Saga wiederbelebt und ihr viele neue Fans beschert. Zehn Jahre sind seitdem vergangen und wirklich „neu“ ist die „Neue Trilogie“ auch nicht mehr. Langsam aber sicher hört man diese Unterscheidungen auch sehr viel weniger und man scheint zu beginnen die Saga als ganzes zu sehen. Und auch wenn es sicherlich immer Leute geben wird, die dem Film nicht so viel abgewinnen können, wird Episode I und die Erfahrungen, die ich in ihrem Zusammenhang gemacht habe, immer etwas Besonderes für mich bleiben. Eine Krieg-der-Sterne-Saga ohne Die Dunkle Bedrohung kann ich mir jedenfalls nicht mehr vorstellen...