Quelle, 4. Januar 1999
Episode I schätzt sich glücklich, sich für den einzigartigen neuen Stil seiner Schauplätze, Raumschiffe und anderen Designelemente auf ein bemerkenswertes Talent stützen zu können. Der Künstler Doug Chiang macht dort weiter, wo der große Ralph McQuarrie einst aufhörte und hat in Episode I einen faszinierenden Eindruck hinterlassen. Zu Chiangs Aufgaben zählt jedoch nicht nur die Erstellung vieler eigene Bilder, Zeichnungen und Gestaltungskonzepte, sondern auch die Führung einer Gruppe außergewöhnlicher Konzeptzeichner, die zusammen die Künstlerische Abteilung von George Lucas' Episode I ausmachen. Daneben arbeitet Chiang eng mit den Effektverantwortlichen bei ILM zusammen und beaufsichtigt die Konstruktion von Miniaturen und Modellen, um sicherzustellen, dass die Arbeit der Künstlerischen Abteilung detailgetreu auf die große Leinwand übertragen wird. Dabei ist er heute so beschäftigt wie während der Vorproduktionsphase, denn für einige der komplexeren Sequenzen, die momentan geschaffen werden, läuft die gestalterische Arbeit noch.
Für jeden wäre es eine beachtliche Herausforderung, an die Spitze der Künstlerischen Abteilung von Krieg der Sterne zu treten, doch mit einer ansprechenden Mischung neuer künstlerischer Linien und großen Respekts für all diejenigen, die vor ihm den Stil des Kriegs der Sterne prägten, hat Chiang sie vorbildlich gemeistert. Hier ein Interview mit Chiang über die Einflüsse, die er Episode I zugrundegelegt hat.
Mit welchen Gedanken haben Sie Ihre Arbeit an Episode I begonnen?
Als ich mit meiner Arbeit begann, wusste ich noch nicht, ob George die gleichen Konzepte wollte wie in der ersten Trilogie und wie sie von Ralph McQuarrie und Joe Johnston geschaffen wurden. Ich habe also viel Zeit damit verbracht, den speziellen Krieg der Sterne-Stil in Ralphs Arbeit zu finden. Ich wollte seinen visuellen Stil identifizieren und analysieren, was genau diesen Stil zu etwas macht, das man auf den ersten Blick mit Krieg der Sterne in Verbindung bringt. Das wollte ich in meine eigene Arbeit übertragen.
Wie würden Sie Ralphs Stil beschreiben?
Ralphs Arbeit zeichnet sich durch die ungeheure Größe ihrer eindrucksvollen Bildwelten aus, und diese Größe habe ich versucht einzufangen. Ich habe mir Ralphs Arbeiten genau angesehen, und was mir besonders aufgefallen ist, war die Klarheit seiner Zeichnungen, wie durchschaubar seine Zeichnungen und Ideen waren. Er hat ein Gespür dafür, gewagte Ideen in ungewöhnliche Szenerien einzubetten und präsentiert diese Dinge in unbekannten Umgebungen. George schätzt das sehr, dieses Unerwartete. Diese Herangehensweise trägt zur Komplexität und Glaubhaftigkeit der Geschichte dieser Phantasiewelt bei. Außerdem sind Ralphs Farben sehr eindrucksvoll. Sein Farbspektrum ist frisch und kühn und manchmal ein wenig stilisiert.
Stilisierte Farben, was meinen Sie damit?
Nehmen wir zum Beispiel das Blau in seinen Hoth-Zeichnungen. Dieses Blau ist sehr intensiv und lebendig, ein geradezu elektrisch aufgeladenes Blau. Und weil die Bilder ihre Aufgabe so hervorragend erfüllen, bemerkt man auf den ersten Blick gar nicht, dass diese Blautöne nicht realistisch, sondern vielmehr stilisiert sind. Sie eignen sich unglaublich gut dafür, Stimmungen zu schaffen und sie sehen nicht aus wie die späteren Filmszenen, fühlen sich aber genauso an.
Haben Sie in Ihren Bildern diese Herangehensweise übernommen?
Anfangs war mir nicht ganz wohl dabei, derart kühne Farben zu verwenden, aber seither habe ich mich auf dieses neue Territorium vorgewagt und auch einige gewagtere Farbkombinationen ausprobiert.
Was an den Arbeiten von Ralph und Joe Johnston hat Sie am meisten beeinflusst?
Bei der Erstellung neuer Konzepte, ist es mir immer um die Funktionalität gegangen. Ein gutes Konzept ist eines, das funktionieren kann, das gebaut werden kann. Für George geht es im Filmdesign nicht um die Qualität der Details an sich, sondern darum, wie gut ein Design für den Betrachter beim ersten Ansehen funktioniert. Die Arbeiten von Ralph und Joe machen das sehr deutlich. Die Konzepte sind kühn, aber auf den ersten Blick verständlich, und ich habe versucht, mir diese Gabe anzueignen.
Haben Sie Ralph schon persönlich getroffen? Ich sehe gerade, dass Sie einige seiner Originalzeichnungen an der Wand hängen haben.
Er ist dreimal vorbeigekommen und war sehr freundlich. Die meiste Zeit versuche ich einfach nur, dem Standard gerechtzuwerden, den er etabliert hat.
Aber Episode I ist Ihr Film. Welche Einflüsse können wir in den Konzepten von Episode I erwarten?
Zunächst einmal George-Lucas-Einflüsse. Nachdem ich soviel Zeit damit verbracht hatte, den Kernstil von Krieg der Sterne zu finden, kam George und sagte mir, er wolle etwas, das so frisch und neu sei wie Ralphs Arbeiten, aber anders. Seit 20 Jahren sehen wir überall Abwandlungen des klassischen Krieg der Sterne-Looks, und George wollte etwas wirklich Neues. Er sagte, "brecht zu neuen Horizonten auf, entdeckt neue Dinge". Das war überraschend, aber auch wirklich aufregend. Er sagte: "Ich will Chrom und schnittige Formen, Jugendstil und moderne Kunst." Da wurde mir klar, dass wir etwas Brandneues brauchten und nicht einfach nur Neuinterpretationen früheren Materials.
Wie würden Sie den Look von Episode I beschreiben?
Der Film spielt eine Generation vor der klassischen Trilogie, und man sieht im Film Fahrzeuge und Raumschiffe, die wie Kunstwerke behandelt werden. Viele von ihnen sind romantisch und elegant. Es ist die Ära der Handwerker. Jedes Detail wird mit Sorgfalt behandelt. Verglichen mit dem späten 20. Jahrhundert, sind dies die 1920er- und 1930er-Jahre. In der klassischen Trilogie ist der Stil hingegen von Massenanfertigungen geprägt, von Fließbandproduktionen, harten Kanten und einem industriellen Stil. Alles ist auf den Verwendungszweck reduziert. Die Epoche von Episode I ist edler, individueller, teilweise sogar überstiliisert, aber immer sehr raffiniert. Diese künstlerische Auffassung spiegelt sich in Fahrzeugen wider, die reine Handwerkskunst sind, keine Ästhetik. Einige Elemente sind rein visuelle Aussagen. Etwas einfacheres würde funktionieren, aber diese Designaussagen machen aus dem Gegenstand ein wahres Kunstwerk.
Gibt es bewusste Verbindungen von Episode I zur klassischen Trilogie?
Absolut. Es gibt da ein Schiff, das bereits den Stil der klassischen Filme andeutet, und es gibt weitere konzeptionelle Verbindungen.
Worin besteht die größte Herausforderung bei der Erarbeitung neuer Konzepte?
Zwischen einem handwerklichen Look und einem Stil, der zu Science-Fiction-haft oder gar überdesignet ist, verläuft ein sehr schmaler Grad. Diesen zu Science-Fiction-haften Look bekommt man, wenn man heutige ästhetische Konventionen nimmt und versucht, sie in eine fremde Welt zu übertragen, ohne ihre Geschichte zu berücksichtigen. Damit landet man bei Konzepten, die sehr schnell überholt sind. Um das zu vermeiden, habe ich es mir angewöhnt, keine Konzepte zu erstellen, die nicht in der Weltgeschichte fest verankert sind.
Welche Kunst- oder Geschichtsepochen haben Sie für Episode I berücksichtigt?
Für die Raumjäger, den Chromlook und die schnittigen Kanten habe ich mir das amerikanische Autodesign der 1950er angesehen. Eine andere Kultur im Film beruht auf traditioneller afrikanischer Kunst. Ihre Fahrzeuge, ihre ganze Ästhetik beruht auf Andeutungen von tierischen Formen, und das gibt diesen Konzepten Persönlichkeit, was überhaupt die größte Herausforderung von allen ist.
Welche Anstöße erhalten Sie von George Lucas?
George ist immer direkt beteiligt. Er ist ein phantastischer Designer. Manchmal verlangt er spezielle Dinge, ein anderes Mal will er einfach nur etwas Andersartiges, Frisches sehen. Häufig verlangt er nach Kombinationen verschiedener Formen, die auf den ersten Blick gar nicht zusammenzupassen scheinen. Aber darin liegt sein Genie, im Gegensatz miteinander nicht verbundener Bildwelten. Ich habe eine Weile gebraucht, mich daran zu gewöhnen. Aber diese Anstöße führen die Konzeptkunst auf neues Gebiet, und einige unserer besten Ideen hatten wir, als wir uns mit Vorgaben herumschlagen mussten, die zunächst unmöglich zu verwirklichen schienen.