5. Januar 2005
Mittels seines Visuellen Drehbuchs, zeigt Lucas den Schauspielern das Aussehen von Schauplätzen und Figuren. Neil fand es darüber hinaus hilfreich, den Darstellern auch ein emotionales Drehbuch zur Verfügung zu stellen, um die persönlichen Motive Padmés, Anakins und Obi-Wans darzulegen.
"Wenn George seinen Darstellern das visuelle Drehbuch zeigt, dient dies dazu, ihnen eine lebhafte Beschreibung ihrer Umwelt, der sie umgebenden Figuren und ähnlicher Elemente zu geben.", erklärt Neil. "Aber die Schauspieler brauchen auch noch ein emotionales Drehbuch, um ihnen dabei zu helfen, in einer Szene ihre Reaktionen aufeinander abzustimmen. Anakin ist jetzt so lange weggewesen, was fühlt Padmé deswegen? Wie geht sie mit ihrer Schwangerschaft um? Gibt es Spannungen in ihrer Beziehung? Welcher Art sind sie? Wie empfinden die beiden über ihre Einsamkeit? Was denkt Anakin inzwischen über die Geheimhaltung der Beziehung?"
Neils besseres Verständnis der größeren Geschichte des Drehbuchs und der inneren Konflikte zwischen den Figuren, half ihm nicht nur dabei, die Darbietungen der zentralen Schauspieler wie Christensen und Portman besser einschätzen zu können, sondern auch dabei, zu beurteilen, wieviel zusätzliche Aufmerksamkeit er den Darstellern von Nebenrollen und Komparsen schenken musste.
"George hat am Anfang der Dreharbeiten etwas wirklich interessantes gesagt.", erinnert sich Neil. "Er sagte, 'in jeder Einstellung, die man im Film sieht, wurden 100 Entscheidungen gefällt, in Fragen der Ausstattung, der Kostüme, der Kameraarbeit oder der Beleuchtung. Und nur eine schlechte Entscheidung ruiniert zehn gute.' Das ist auch in Bezug auf den Umgang mit den Leistungen von Darstellern so. Es kann passieren, dass ein Darsteller eine hervorragende Darbietung abliefert, aber man kann es auch mit einem Schauspieler zu tun haben, der eine Szene falsch einschätzt, und plötzlich ist sie ruiniert. Meine Aufgabe war es, den Nebendarstellern und den Schauspielern, die nur für einen oder zwei Tage vor Ort waren und keine Gelegenheit hatten, das Drehbuch zu lesen, dabei zu helfen, ebenfalls richtige Entscheidungen zu treffen, damit eine synchrone Darstellung entstand, wenn sie mit den Hauptdarstellern zusammentrafen. Ich musste also sicherstellen, dass ihre Anwesenheit die Dinge nicht aus der Bahn schlug."
Wegen der streng vertraulichen Arbeitsumgebung, hatten viele Nebendarsteller im Studio keinen Zugriff auf das Drehbuch. Erst an dem Tag, als sie vor die Kameras traten, erhielten sie ihre Szenen. Neil beschloss deshalb, für die Nebendarsteller eine Arbeitsgruppe zu schaffen, um ihnen bei der besseren Vorbereitung ihrer Szenen zu helfen.
"Als wir die großen Szenen drehten, wo viele Tagesschauspieler, die beispielsweise Senatoren spielten, zusammenkamen, war es eine meiner zentralen Aufgaben, sie beiseite zu nehmen und ihnen dabei zu helfen, sich ihre Rolle in der Szene zu erarbeiten und kurz die Hintergrundgeschichte ihrer jeweiligen Figur zu verstehen.", erklärt Neil. "Als sie dann vor die Kameras traten, verstanden sie ihre Rolle weit besser und sie mussten nicht erst während des Drehs versuchen, sich die Geschichte anzueignen."
Wie Neil feststellen konnte, half die Arbeitsgruppenatmosphäre auch den erfahreneren Schauspielern während der Dreharbeiten. Jeden Samstag trafen sich die Schauspieler, fern von der allgemeinen Geschäftigkeit eines Drehtages, mit Neil und Lucas in den leeren Studios zu regelmäßigen Proben.
"Für George war das meines Erachtens auf sehr praktische Weise nützlich. Er konnte sehen, wie sich die Schauspieler erstmals mit einer Kulisse vertrautmachten.", erklärt Neil. "Diese Herangehensweise erlaubte es den Darstellern auch, sich gemeinsam eine schwierige Szene zu erarbeiten, ohne Ablenkungen wie Kostümproben oder aufwändiges Schminken. Es bringt große Freiheit, einen Regisseur fast alleine mit seinen Schauspielern auf einer Bühne arbeiten zu lassen. Die Schauspieler können auch frei darüber sprechen, was funktioniert, und was sie in ihrer Darstellung eher behindert. Das Drehbuch wurde während der Proben allerdings nicht sehr verändert, ebensowenig wie die Kulissen. Was die Aufstellung der Darsteller in den Kulissen angeht, hat sich George fast vollständig an den Samstagsproben orientiert. Er hat an den Samstagen gesehen, was er sehen musste, und in seinem Kopf hat er dann bis zum Dreh am Montag seine Hausaufgaben gemacht."
Während dieser Proben war es auch, dass Neil mit den Schauspielern daran arbeitete, Gefühle aus ihren Figuren herauszuholen, die sie nie für möglich gehalten hätten.
"Ich wollte den Schauspielern dabei helfen, sich natürliche Reaktionen auf ihre Dialogzeilen zu erarbeiten.", sagt Neil. "Während der Proben mit Natalie und Hayden, lenkte ich sie in diese Richtung. Sie sind beide sehr natürliche Schauspieler, aber ich konnte ihnen helfen, die Szenen persönlicher zu gestalten. Ich wollte, dass sie sich die Geschichte der Beziehung zwischen ihren Figuren ansahen, um die Intimität zweier junger Liebender mit subtilen Gesten darzustellen. Manchmal denken Schauspieler an das große Ganze eines Films, und dann kann es viel sinnvoller sein, von Szene zu Szene an in heranzugehen. Damit kann man sich dann wirklich auf die Reaktionen zwischen den Figuren konzentrieren. Was wäre beispielsweise, wenn Padmé einen Raum betritt und eine Hand auf Anakins Schulter legte? Im Drehbuch ist das vielleicht nicht vorgesehen, aber man kann so einen Augenblick der Zuneigung darstellen. Es sind diese kleinen Dinge, die dabei helfen, zwei figuren eine gemeinsame Geschichte zu verleihen, die dann auch viel glaubhafter ist."