Cartoon Network: Wie fing das an, mit dem Clone-Wars-Projekt?
Genndy: Das Projekt wurde durch gegenseitige Unterredungen zwischen Lucasfilm und Cartoon Network ins Leben gerufen. Lucas wollte Krieg der Sterne zwischen dem Start zweier Kinofilme in der öffentlichen Wahrnehmung behalten, also traten sie an mich heran und fragten, ob ich Interesse hätte, ein einminütiges Programm auf der Grundlage von Krieg der Sterne zu schaffen. Ich sagte natürlich "ja", wies aber gleichzeitig darauf hin, daß ich mit nur einer Minute Sendezeit pro Episode nicht viel anfangen könnte - um eine Geschichte zu erzählen, ist das einfach zu wenig. Cartoon Network ging also zu Lucasfilm und sagte den Leuten dort, daß sie mit der Mannschaft von Samurai Jack arbeiten würden. Und dann stellte sich heraus, daß George Lucas Samurai Jack regelmäßig sieht und bewundert, also sagten sie uns, wir seien es wert, dreiminütige Episoden zu machen.
Cartoon Network: Sie haben jahrelang halbstündige Arbeiten abgeliefert. Wie haben Sie sich auf dreiminütige Episoden vorbereitet?
Genndy: Als wir von Lucasfilm grünes Licht erhielten, war ich mir noch immer unsicher, ob Episoden mit einer nur dreiminütigen Laufzeit funktionieren würden. Ich nahm mir also verschiedene 22 Minuten lange Episoden von Samurai Jack und schnitt sie auf drei Minuten lange Versionen zusammen. Ich wollte herausfinden, ob es Sinn machen, den Zuschauer fesseln und gleichzeitig immer noch eine spannende Handlung erzählen würde. Und es stellte sich heraus, daß es wirklich funktionierte, besonders dann, wenn sich jede Episode auf den Vorgängerteil bezöge. Es ging also darum, die Handlung voranzubringen und mit einem Cliffhanger zu enden, der den Zuschauer dazu veranlassen würde, zurückzukommen, um die weiteren Ereignisse zu erleben. Ich denke, man wird das in jeder einzelnen Episode sehen. Sie sind zwar nur drei Minuten lang, haben aber einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende, das die Leute begeistert und dazu bringt, mehr wissen zu wollen.
Cartoon Network: Inwieweit ist Lucasfilm in die Entwicklung der Serie eingebunden? Hat die Firma Ihnen vorgeschrieben, welche Handlung Sie erzählen müßten, oder hatten Sie freie Hand?
Genndy: Sie haben uns erstaunlich viel freie Hand gelassen. Ich denke, nachdem George Lucas der ganzen Sache wegen unserer bisherigen Arbeit an Samurai Jack seinen Segen gegeben hatte - bzw. seinen Genehmigungsstempel - dachten alle, sie könnten uns vertrauen, daß wir Krieg der Sterne mit der notwendigen Vorsicht behandeln würden. Also gingen wir los und entwickelten die Handlung, die Erzählperspektive, die ganze Herangehensweise eben. Gleichzeitig legten wir das Aussehen der Figuren und anderer Elemente fest - das war wirklich der Hammer - und dann brachten wir alles zurück und zeigten ihnen unsere Ergebnisse. Und wir hatten Glück - alle mochten es.
Cartoon Network: Was bringt Ihre Herangehensweise Neues für Krieg der Sterne?
Genndy: Dieses Projekt besteht aus so vielen verschiedenen Handlungsteilen, deshalb vergleiche ich es gern mit Band of Brothers. Ich bewundere dieses Projekt wirklich sehr. Es erzählt den alliierten Europafeldzug des Zweiten Weltkriegs als große Geschichte und präsentiert sie in einer Reihe von "ein Tag im Leben von"-Geschichten. So wie ich das sehe, arbeitet unser Projekt auf ähnliche Weise. Wir zeigen den Leuten "einen Tag im Leben der Klonkriege". In den ersten Episoden geht es beispielsweise um einen einzigen, aber extrem wichtigen Feldzug, die Schlacht von Muunilinst. Der ganze Planet ist eine einzige große Stadt und wird von den Separatisten angegriffen. Es war uns möglich, die Ziele und Hindernisse aufzuzeigen, mit denen sich die alte Republik und die Jedi herumschlagen müssen. Wir konnten wichtige interne Konflikte zwischen den Hauptfiguren zeigen und hatten trotzdem Zeit, die Abläufe der Schlacht zu zeigen.
Cartoon Network: Gab es irgendwelche Einschränkungen oder Verbote, etwas von der ursprünglichen Handlung, das sie nicht zeigen durften?
Genndy: Es gab eigentlich nur einen Punkt, den wir nicht näher erläutern durften - die Liebesgeschichte zwischen Anakin und Padmé. Ursprünglich hatten wir die Idee, daß Anakin mitten im Krieg einen Moment Ruhe hat und ein Holobild von Padmé herausholt. Er sollte es ansehen und darüber nachdenken, wie sehr er sie vermißt. Aber da wir die romantischen Episoden der Handlung nicht näher beleuchten sollten, mußten wir diese Idee fallenlassen. Padmé taucht zwar auf - in der ersten Episode sagt sie Lebewohl. Auch später wird sie in der Serie mitmischen.
Cartoon Network: Mußten Sie Lucasfilm vor der eigentlichen Produktionsphase Storyboards zeigen, oder haben Sie einfach weitergemacht, nachdem die Handlung einmal abgesegnet war?
Genndy: Nachdem wir die Gesamthandlung der 20 Episoden vorgestellt hatten, hielten wir den Inhalt jeder Episode in ein oder zwei Sätzen fest. Nachdem diese genehmigt worden waren, erstellten wir Storyboards und zeigten sie unseren Partnern. Aber wir hatten einen engen Zeitplan - die Premiere war für Herbst 2003 anberaumt - also gingen wir direkt in den Herstellungsprozeß, nachdem die Storyboards der einzelnen Kapitel fertigwaren.
Cartoon Network: Waren sie als Kind ein Fan von Krieg der Sterne?
Genndy: Natürlich. Seien wir ehrlich, jeder, der so alt ist, wie ich, wuchs mit Krieg der Sterne auf. Der Film war definitiv einer der ersten großen Filme, den ich sah, nachdem ich nach Amerika eingewandert war. Ich denke, Krieg der Sterne ist ohne Zweifel einer der einflußreichsten und inspirierendsten Filme unserer Generation. Ganz gewiß hat er mich dazu inspiriert, von Welten jenseits des Hier und Jetzt zu träumen.
Cartoon Network: Erinnern Sie sich noch daran, wie es war, den Film zum ersten Mal zu sehen?
Genndy: Nicht wirklich, nein. Ich weiß aber noch, daß ich das Spielzeug kaufen wollte, die Figuren und Raumschiffe. Wir hatten nicht viel Geld, als ich aufwuchs, also konnte ich nicht viel für Spielzeug entbehren. Ich hatte also nur einige wenige Hauptfiguren. Aber ich weiß noch, daß ich versuchte, jedes bißchen Geld zu sparen, um nur eine weitere Figur zu kaufen. Alles, was mir dazu einfällt, ist, daß ich immer dachte, "ich brauche mehr Spielzeug!".
Cartoon Network: Haben Sie jetzt alle Figuren?
Genndy: Nein, nein. Diese Phase habe ich hinter mir. Danach ging es eher darum, über die Geschichten nachzudenken, über ihren Aufbau, die Welten, die Figuren... all das.
Cartoon Network: Ist die Arbeit an diesem Projekt ein Traum, der wahrgeworden ist?
Genndy: Ganz ohne Zweifel erfüllt sich hier einer meiner Träume, an einem Projekt wie Krieg der Sterne zu arbeiten, das so durch und durch Teil unserer Kultur geworden ist. Wir reden hier über eines der größten Phänomene unserer Generation, und ich habe die Chance, mich darin einzubringen! Ich werde ein Teil davon und kann an seiner immer weitergehenden Vervollständigung mitwirken. Dieser Auftrag ist einfach atemberaubend. Ich fühle mich sehr geehrt, am Erbe von Krieg der Sterne mitwirken zu können.
Cartoon Network: Hatten Sie Angst, sich mit einer kulturellen Ikone anzulegen?
Genndy: Absolut, ja! Zuerst dachte ich mir, daß es toller wäre, jemanden anderen die Arbeit machen zu lassen und sich dann einfach zurückzulehnen und die Serie anzusehen! Krieg der Sterne als Zeichentrick - das ist einfach eine klasse Idee. Aber dann dachte ich, "was, wenn die was falsch machen?". Das hätte mich echt aufgeregt, und mir wäre nichts übriggeblieben, als dazusitzen und zu meckern, "WIR hätten das machen sollen!". Und weil ich eine recht aggressive Person bin, kam ich zu dem Ergebnis, daß es besser wäre, die Herausforderung selber anzunehmen.
Was ich allerdings hinzufügen muß, ist, daß alle, die nach der Annahme des Auftrags am Projekt beteiligt waren, zunächst sehr zögerlich damit umgingen. Niemand wollte den ersten Schritt wagen. Paul Rudish, der künsterlische Leiter der Serie, mit dem ich seit Jahren an Dexters Labor und Samurai Jack gearbeitet habe, ist normalerweise ein Typ, der alles zeichnen kann. Egal wo, egal wann, er zögert nie. Ein toller Typ. Aber was passiert in der ersten Woche von Clone Wars? Der Typ starrt auf das Zeichenbrett, als hätte er einen völligen Filmriß! Absolut nichts, hat er fertiggebracht. Er konnte nicht zeichnen, nicht kolorieren, nichts. Und er kennt Krieg der Sterne besser, als sonst irgendjemand. Normalerweise kann er R2-D2 frei Hand mit allen Werkzeugen perspektivisch zeichnen - und nun nichts. Im Endeffekt mußten wir die schiere Größe dieses Namens erst einmal überwinden und das Projekt, wie jeden anderen Auftrag bearbeiten. Nachdem wir uns etwas entspannt hatten, floß es ganz natürlich aus uns heraus.
Cartoon Network: Haben Sie eine Lieblingsfigur?
Genndy: Ich denke, ich mag Han Solo und Chewbacca am meisen. Als Piraten, waren sie unter den Figuren die wahren Rebellen. Und Han Solo war so ausdrucksstark. Er war der böse Junge und half trotzdem, wann immer man ihn brachte. Ich war als Kind ein "guter Junge". Ich denke, ich wollte insgeheim aus dieser Rolle ausbrechen und mehr wie Han sein.
Cartoon Network: Gibt es auch eine Figur, die Sie nicht mögen und mit der Sie nicht gerne arbeiten?
Genndy: Ich denke, dazu sage ich, "kein Kommentar"...
Cartoon Network: Planen Sie, auch in Zukunft mit Lucasfilm oder George Lucas zusammenzuarbeiten?
Genndy: Es steht nichts fest, aber ich hoffe schon. Die Beziehungen zwischen uns sind sehr gut. Sein Name und der Name seines Unternehmens sind führende Markennamen in der Unterhaltungsbranche geworden. Ihre Unterstützung bei diesem Projekt zu haben, hilft dem Zeichentrick, ins Rampenlicht zu kommen, was sonst oftmals nicht leicht ist.
Cartoon Network: Welche Animationsarten verwenden Sie bei der Arbeit? Gibt es computergenerierte 3D-Animationen?
Genndy: Die meisten visuellen Elemente in Clone Wars wurden ganz traditionell hergestellt, mit der sogennanten Zellenanimation.
Wir haben aber auch CG-Elemente eingebaut, darunter computergenerierte Raumschiffe, die dabei helfen, die Anspannung und Aufregung von Verfolgungskämpfen im Weltraum einzufangen, die so sehr Teil von Krieg der Sterne sind.
Cartoon Network: Erzählen Sie uns von der Ton- und Musikatmosphäre!
Genndy: Die einzigartige Tonwelt, die Lucasfilm für die Filme geschaffen hat, ist eines der Markenzeichen von Krieg der Sterne. Wir hatten das große Glück, daß Skywalker Sound auch die Toneffekte und Hintergrundgeräusche für Clone Wars erstellt hat. Es war atemberaubend. Als die Bänder von Skywalker Sound zurückkamen, schien das ganze Projekt plötzlich "legitim". Ich meine, wir hatten die gleichen, erkennbaren Toneffekte, wie in den Kinofilmen. Wir hätten diese Tonwelt niemals vollständig reproduzieren können. Jeder einzelne Toneffekt in Clone Wars stammt aus der Tonbibliothek, die für die Filme angelegt worden ist. Und das tollste ist, daß man für uns neue Töne erzeugt hat, indem verschiedene Toneffekte aus den Filmen gemischt wurden.
Was die Musik angeht, so konnten wir die klassischen, Oscar-gekrönten John-Williams-Kompositionen verwenden, die die Fans einfach erwarten. Es ist genau wie bei dem anderen Aspekt: die bekannte Musik macht Clone Wars vollständig "legitim".
Cartoon Network: Arbeiten genau die gleichen Leute, die an Samurai Jack gearbeitet haben, jetzt an Clone Wars?
Genndy: Ja. Beide Projekte werden von den gleichen Leuten gemacht. Die beiden Serien sind im Stil aber sehr individuell und heben sich voneinander ab. Samurai Jack ist viel stilisierter, Clone Wars eher realistisch.
Cartoon Network: Wo wir beim Realismus sind, wie haben sie es geschafft, realistisch animierte Versionen der Figuren zu erstellen? Haben Sie versucht, die Gesichter und Körper der echten Schauspieler in den Filmen zu kopieren?
Genndy: Das war um ehrlich zu sein die erste große Stolperschwelle. Ursprünglich hat Paul Rudish die Schauspieler (bzw. Karrikaturen von ihnen) gezeichnet. Das funktionierte aber nicht wirklich. Sie sahen nicht wie die Essenz der Figuren aus, die sie sein sollten. Also haben wir angefangen, herumzuexperimentieren. Wir wollten unsere eigene Version der Figuren schaffen, Zeichnungen, die den Schauspielern nur vage ähneln würden. Es funktionierte insgesamt einfach besser. Sie haben noch immer die gleichen Qualitäten, wie die die Schauspieler, die sie ursprünglich darstellten, aber es gibt auch Elemente, die das wiederspiegeln, was wir uns selbst über die Figuren ausdachten.
Cartoon Network: Die Stimmen der Figuren klingen sehr nach den Schauspielern der Filme. Sind sie es auch?
Genndy: Dieser Punkt hat mir große Sorgen gemacht. Die Stimmen müssen glaubhaft sein. Nein, die Schauspieler, die den animierten Figuren ihre Stimmen ließen, sind sehr talentierte Stimmimmitatoren, die es geschafft haben, unglaublich nah an die Stimmen ihrer Vorlagen heranzukommen. Und sie waren selbst tolle Schauspieler, was die Aufnahmesitzungen zu einer wundervollen Erfahrung werden ließ. Nur Anthony Daniels, der echte C-3PO, spielt auch die animierte Version seiner Figur.
Cartoon Network: Würden Sie sagen, daß die Besetzung der Stimmen die größte Herausforderung an dem Projekt war? Oder gab es noch etwas anderes?
Genndy: Ohne Zweifel war es herausfordernd, die richtigen Stimmen zu finden. Diese Angelegenheit wurde aber schnell beigelegt, sodaß wir weitergehen konnten. Für mich bestand die größte Herausforderung darin, das einzigartig Krieg der Sterne "Gefühl" zu schaffen. Es gibt da eine große Sache, die Krieg der Sterne außergewöhnlich macht. Es gibt Tausende Science-Fiction-Filme und Fernsehserien, aber nichts davon fühlt sich an, wie Krieg der Sterne. Was also macht Krieg der Sterne außergewöhnlich? Ich habe diese Frage analysiert und mußte feststellen, daß mir viele Antworten einfielen: die dreieckigen Raumschiffe, die sich langsam ins Bild schoben, die Geräusche der Maschinen, der besondere Stil der Innen- und Außenaufnahmen, die einzigartigen Weltraumkreaturen, die in jedem Film auftauchen, dieser verpflichtete, ehrenhafte Geist der Jedi... Am Ende all meiner Analysen, erreichte ich einen Punkt, an dem ich über unsere Arbeit mit Genugtuung sagen konnte, "DAS ist Krieg der Sterne".
Cartoon Network: Wie oft haben Sie die Filme gesehen, um sich auf dieses Projekt vorzubereiten?
Genndy: Ich habe mich nicht hingesetzt und mir alle angesehen. Den zweiten habe ich gesehen, Das Imperium schlägt zurück, um mir anzusehen, wie sich die Roboter bewegen, aber sonst nichts. Wir wollten sie sehen, aber das Projekt kam so schnell über uns, daß wir einfach nicht die Zeit hatten, uns acht Stunden hinzusetzen und die Filme zu sehen.
Cartoon Network: Sie mußten sich also einzig auf Ihre Erinnerung an die Filme und die Figuren verlassen?
Genndy: Ja. Krieg der Sterne ist, ehrlich gesagt, ein Teil von uns. Wir brauchten die Filme nicht noch einmal. Wir hatten sie alle so oft gesehen, und jeder von uns hat Szenen, an die er sich genau erinnert. Es gab also keinen Grund, zurückzugehen und jene Filme noch einmal zu studieren, die wir in- und auswendig kannten. Ich spreche da auch für mich selbst. Ich war dafür verantwortlich, alles zu einer harmonischen Einheit zu entwickeln, und ich wußte schon, welche Eckdaten wir einbeziehen mußten.
Cartoon Network: Welchen Moment haben Sie als Kind am meisten mit Krieg der Sterne assoziiert?
Genndy: Ich erinnere mich ganz besonders an die Lichtschwertkämpfe, die Geräusche, die sie machten, wenn sie durch die Luft pfiffen und die Bewegungen der Schauspieler. Und ich erinnere mich, wie die X-Flügler sich am Anfang der Schlacht in Formation begaben. Diese Momente werde ich nie vergessen.
Cartoon Network: Wenn man Sie für ihr nächstes Traumprojekt engagieren wollte, welches Projekt wäre das?
Genndy: Es wäre zweifellos ein 2D-Kinofilm. Ich denke, ich bin jetzt dafür bereit.
Cartoon Network: Wissen Sie, was in Episode III mit den Figuren passieren wird?
Genndy: Nun, wir wissen alle, wo sie in Episode IV enden, aber man hat mich nicht darüber informiert, was im nächsten Kinofilm geschehen wird.
Quelle: ToonZone