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Dies ist wohl die unglaublichste, emotionell spektakulärste Szene im BERND DÖTZERs FINAL CUT. Sie hat das Potential, es einem eiskalt über den Rücken laufen zu lassen.
Leias Folter ist nun nicht länger ein ungreifbares Gerücht im Reich der STAR-WARS-Filme sondern eine erlebbare audio-visuelle Tatsache.
Der Ton stammt aus dem Radio Drama. Obwohl die Stimmen von Darth Vader und Prinzessin Leia nicht von den uns bekannten Schauspielern des Films gesprochen werden - Ann Sachs lieh ihre Stimme Prinzessin Leia, Brock Peters übernahm den dunklen Part Darth Vaders - ist dies nicht zum Nachteil. Die leicht von den Originalstimmen abweichenden Tonlagen können damit erklärt werden, dass Darth Vader einen suggestiven Klang anschlägt und Prinzessin Leia sich unter Schmerzen wirklich so anhört. Ohne Zweifel ist die künstlerische Leistung von Ann Sachs und Brock Peters in dieser Szene absolut herausragend.
Eine visuelle Umsetzung in der Form, dass die Folterung zu sehen sei, war nicht über die gesamte Länge des von mir ausgewählten Tonmaterials möglich. Übrigens sollte dem Charakter der edlen Leia eine gewisse Intimität zugestanden werden. So entschloß ich mich zu der beschriebenen Montage.
Das verwendete Bild stammt von unterschiedlichen Quellen:
Die Aufnahme mit der Oberfläche des Todessterns ist aus dem "Making Of" und in Zeitlupe. Den Todesstern in seiner Gänze entnahm ich aus der klassischen Version und bearbeitete ihn mittels einer Ausschnittsvergrößerung. Darth Vader in der Gefängniszelle lieferte das "Interaktive Video-Aktionsspiel". Da diese Aufnahme keine rote Deckenbeleuchtung wie im Original enthielt, färbte ich das Bild rötlich ein. Die Luke-Szenen mit der brennenden Feucht-Farm stammen mit einer Ausnahme alle aus der klassischen Version. Nur eine mit Handkamera aus erhöhter Position gefilmte Szene, bei der Luke orientierungslos auf das Chaos zustolpert, stammt aus dem "Making Of" und bietet einen ungewohnten Betrachtungswinkel.
Im Radio Drama ist die ganze Folter noch weitläufiger dargestellt. Für die BDFC-Version musste ich Kürzungen vornehmen. So versucht Vader direkt nach der Injektion der Droge und dem darauf folgendem Zusammenbruch Leias, diese einfühlsam davon zu überzeugen, dass seine Stimme die der Rebellenallianz sei und Leia nun ihr Wissen über die Pläne aussprechen solle. Doch Leia windet sich, traut nicht richtig dieser Stimme. Darauf hin versucht Vader, sie über ihr Pflichtbewusstsein, etwas das stark in Leia verankert ist, zum Reden zu bringen. Es sei ihre Pflicht, ja, ihre Pflicht und ihre Schuldigkeit gegenüber ihrem Heimatplaneten Alderaan und ihrem Vater, ihr Wissen nun mitzuteilen. Leia wimmert, reagiert nicht darauf. Vader wird schärfer: "Ihr Vater befiehlt, es uns zu erzählen." Leia stammelt: "Mein Vater..." Vader: "Ja, möchten Sie nicht ihren Vater erfreuen?" Leia: "Doch..." Vader übt immer mehr Druck mit seiner Stimme aus: "Dann sagen Sie, was Sie mit diesen Plänen gemacht haben. Ihr Vater befiehlt, es uns zu erzählen!" Leia windet sich hörbar mehr und mehr: "Mein Vater würde nie..." Vader: "Sie strapazieren meine Geduld. Sagen sie, was mit den Plänen geschehen ist!" Leia schluckt heftigt und erwidert: "Nein..."
Dann folgt der von mir verwendete Teil, Vader wechselt von Verschlagenheit zu Brutalität.
Vader zeigt bei Leias Folter seine tiefsten Abgründe, das wahre Gesicht eines Sith-Lords.
Im BDFC wendet Luke sein Gesicht in dem Moment entsetzt von dem grauenhaften Anblick des Todes ab, als der Schwarze Lord Leia nur noch wenige Sekunden zu leben gibt und ihr Herz zum Bersten bringen will. Sinnbildlich - die beiden folgenden Episoden "Das Imperium schlägt zurück" und "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" vor Augen - wendet sich dabei Luke voller Abscheu von seinem Vater und dessen Dasein als Sith-Lord ab.
Ebenso sinnbildlich lasse ich Luke wieder sein Antlitz dem Grauen zuwenden, als Leia kollabierend und mit letztem Atem ihre Entschlossenheit, Widerstand bis zum Letzten zu leisten, zementiert: "Ich...werde...nichts...sagen!" Indem Luke sich entschließt, dem Grauen bewußt Auge in Auge gegenüber zu stehen, leistet er Widerstand und nimmt wie Leia vor ihm den Kampf gegen das Grauen auf.
Doch es ist ein gefährlicher Entschluß, denn Luke verspürt nicht nur Mut zum Widerstand sondern auch Haß. Und dieser führt bekanntlich zur dunklen Seite der Macht. Aber im entscheidenden Moment löst er sich vom Haß, erinnert sich an das Grauen, welches durch Haß hervorrufen wird. Er tötet nicht seinen Vater und nimmt deshalb nicht dessen grauenverbreitenden Platz an der Seite des Imperators ein.
Die wichtigste Frage in Vaders Verhör lautete: "Wo ist die Rebellen-Festung?" Es ging nicht wirklich um die gestohlenen Pläne, obwohl sich ein Großteil der Folter scheinbar darum dreht. Die Pläne waren nicht so wichtig, denn die Übermacht des Todessterns war offensichtlich, dadurch eine Gefahr für den Todesstern durch die Rebellen unwahrscheinlich. Die imperialen Truppen waren so wie so schon auf der Suche nach den Droiden, nachdem sie die Rettungskapsel und die Jawas aufgespürt und sich ihren Reim daraus gemacht hatten. Sobald man aber wusste, wo der Rebellenstützpunkt lag, konnte man die Rebellion mit einem schnellen Schlag zerschmettern, so wie Gouverneur Tarkin es gefordert hatte.
In diesem Sinne hat Vader das Verhör und die Folter geschickt aufgebaut, nichts war Zufall:
Sofort nach Betreten von Leias Zelle teilt Vader dieser mit, dass sie jetzt die Lage der geheimen Rebellenbasis "erörtern" werden. Leia ist dabei noch voll bei Bewusstsein und muß sich in diesem Moment die tatsächliche Lage des Stützpunktes zwangsweise unbewusst vergegenwärtigt haben. Vader rechnet damit, unterschätzt aber erst einmal die Prinzessin nicht und möchte durch gezielte Fragen nach den gestohlenen Plänen, unterstützt durch die Droge und seine Sith-Kräfte, Leia von der wahren Frage ablenken. Daher kam die entscheidende Frage Vaders nach der Lage der Rebellenfestung erst gegen Ende, als die Tortur ihrem Höhepunkt zulief.
Ein Themawechsel während der Folter, das war wohl Vaders Hoffnung, würde entweder das angeschlagene und verzweifelnd kämpfende Unterbewusstsein der Prinzessin überrumpeln und ein ungewolltes Preisgeben des Standorts der Rebellenfestung ermöglichen, da die Information kurz zuvor unbewusst rekapituliert wurde, oder die Prinzessin zu dem Gedanken verleiten, sich Schmerzen zu ersparen, wenn sie "nur" erzählen würde, wo sich die Rebellen-Festung befände, nicht aber die scheinbar primäre Frage, wo die Pläne versteckt seien.
Mit Leias ungebrochenem Widerstand versagt zugleich Vader. Er triumphiert nicht über diese kleine, wehrlose Frau. Niemandem soll man nach seiner Größe beurteilen, wird Yoda zu lehren wissen.
Zu einem späteren Zeitpunkt wird Vader sich der Schlußfolgerung hingeben, Leias unumstößlicher Widerstand während dieser Folter - und somit sein Versagen - begründe sich auf ihre Hoffnung, dass die Pläne die Rebellen erreichen und gegen das Imperium eingesetzt würden. Er wird alles daran setzen, die Pläne in seine Hände zu bekommen, nicht um wirklich den Standort der Rebellen zu erfahren, das ist nur vordergründig für ihn wichtig. Die Rebellion und einen ganzen Planeten zu vernichten, berührt nicht sein Innerstes, ist nicht wesentlich für ihn. Aber Versagen, das ist es, wovor er sich fürchtet. Es ist für ihn das größte Grauen. So wie er einst versagt hat, rechtzeitig seine Mutter zu retten, oder seiner Frau Padmé weiter Vertrauen zu schenken und nicht für ihren Tod verantwortlich zu sein...
Nein, er will nicht versagen. Er will Leia brechen und über sie triumphieren.
Ich denke, selbst für den Fall, dass die gestohlenen Todessternpläne für die Rebellen verloren gegangen wären und Leia davon informiert würde, hätte dies ihren Widerstandswillen nicht gebrochen. Die oberste Priorität Leias konnte zu jedem Zeitpunkt nur sein, den geheimen Stützpunkt der Rebellen nicht Preis zu geben. Denn ohne die Pläne kann die Rebellion dennoch weiter existieren, doch ohne die Rebellion wäre überhaupt kein Widerstand gegen das Imperium mehr möglich.
Im Übrigen: Nie würde Vader über Leia triumphieren können, denn sie würde nicht versagen: Leia lebt ihren Idealismus mitleidlos gegen sich selbst. Auch Tarkin hat Leia nicht brechen können, obwohl er ihre Heimatwelt ausgelöscht hat. Leia ist stärker als Tarkin und stärker als Vader. Sie ist die Härteste.
Leias Widerstand rettet mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Roboter zusammen mit Ben und Luke, da die imperialen Truppen scheinbar nicht genau die Identität von R2-D2 für ihre Suche heranziehen können. Sicher aber rettet sie mit ihrem Schweigen erst einmal die Rebellion, die weiterhin den Standort ihrer Festung verborgen halten kann und verschafft den gestohlenen Plänen Zeit, ihren Weg zu den Rebellen zu finden.
Der leidvolle Widerstand Leias war nicht umsonst. Er war die entscheidende Voraussetzung für den Triumph der Rebellion über den Todesstern.
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