Uns wurde in Zusammenarbeit mit NetGalley ein englischsprachiges Rezensions-Exemplar vom heute offiziell erschienenem Roman Star Wars: Shadow of the Sith zur Verfügung gestellt. Passend zum Verkaufsstart präsentiere ich euch an dieser Stelle meine Gedanken zum Buch von Adam Christopher, welches in vielerlei Hinsicht nicht als Episode-IX-Source-Roman anzusehen ist, sondern mehr als Weichensteller für die gesamte Sequel-Trilogie.
Wie ich an anderer Stelle schon mal erwähnt habe, bin ich an sich eigentlich nicht der große Romanleser in Sachen Krieg der Sterne, welchen ich in der Regel weit lieber in Film-, Serien- und Videospiel-Form konsumiere, ferner noch in Comics und Illustrierten Enzyklopädien …
Bevor ich mich jetzt hier aber völlig als ungeeigneten Kritiker für dieses Thema deklassifiziere, möchte ich anmerken, dass ich tatsächlich schon seit Ankündigung des Romans eine gewisse Neugierde und Vorfreude auf diese Story verspürt habe. Weswegen ich mich auch freiwillig für diese (inhaltlich größtenteils(!) Spoiler-freie) Review gemeldet habe.
Dennoch sind kleinere Vorwegnahmen hier unvermeidbar; insofern, seid gewarnt!
Je nun; um es mit den Worten Lama Sus zu sagen:
Und nun zum Geschäftlichen …
Es ist eine Zeit des Friedens. Als die Asche des Galaktischen Imperiums abkühlt, arbeitet die Neue Republik daran, eine neue Ära des Friedens und der Zusammenarbeit zu etablieren, während Jedi-Meister LUKE SKYWALKER die nächste Generation von Jünglingen in seinem Tempel trainiert.
Doch in der Macht gedeiht ein dunkler Schatten. Während der frühere General der Rebellen-Allianz LANDO CALRISSIAN die Suche nach seiner entführten Tochter fortsetzt, arbeiten Kultisten von der geheimen Welt Exegol darauf hin, einen vor Generationen geschmiedeten Plan in die Tat umzusetzen.
Zur selben Zeit unternimmt eine verängstigte Familie in den Tiefen des Wilden Raums eine verzweifelte Reise, auf der Flucht vor Agenten einer bösen Präsenz, welche die Galaxis seit Langem für tot hält….
... mit diesem (frei übersetzten) Lauftext beginnt die eigentliche Geschichte, und im Wesentlichen sind die Leser hiermit bereits solide gerüstet für das, was sie erwartet: Eine anfängliche Ansammlung verschiedener kleiner Storystränge, die zu Beginn in keinerlei direkter Verbindung stehen, bevor sie dann aufgrund der Wirkung von Macht und Gevatter Zufall miteinander verknüpft werden.
Aus einer Familien-Flucht wird eine Odyssee, während der die Flüchtigen lernen müssen, ihr Misstrauen gegenüber Dritten auch zu überwinden, ohne zu vergessen, sich im Fall der Fälle auf sich selbst zu verlassen. Aus einer im Sande verlaufenen Suche eines einstigen Entrepreneurs nach Sinn und Erlösung entsteht die Hoffnung auf Wiedergutmachung und die Aufnahme einer neuen Fährte. Und eine ursprünglich archäologische Entdeckung entwickelt sich im Zusammenspiel mit düsteren Visionen zu einem Katz-und-Maus-Spiel mit Adepten der Dunklen Seite.
Leider wird nicht am Ende alles in einem einzelnen großen Strang zusammengeführt, sondern spaltet sich doch in zwei relativ separate Handlungen mit jeweiligem Ende auf.
Wirklich überraschend sind die Enden dieser Stränge natürlich nicht, da uns von vornherein natürlich klar ist, wo die Protagonisten am Ende des Buches stehen müssen - es geht um die Frage, wie sie da hinkommen. Dabei hat sich der Autor meiner Meinung nach unnötigerweise zu sehr darum bemüht, gewisse Türen gar nicht erst aufzustoßen; so durften seiner Vorstellung nach etwa Lando & Luke wohl nie in direkten Kontakt zu Reys Eltern kommen, wobei das meiner Ansicht nach durchaus im Bereich des Möglichen gewesen wäre. Was mitunter auch ein Grund dafür sein dürfte, dass die Handlungsmuster sich wiederholen und abnutzen.
Etwas schade ist zudem, dass die anfänglich durchaus präsente große Bedrohung im Hintergrund in Form der wiedererstarkenden Sith und des auferstandenen Palpatine zunehmend in den Hintergrund rückt.
Darüber hinaus ist der Roman von zahlreichen Querverweisen auf andere Star-Wars-Geschichten durchzogen. Die Bandbreite reicht dabei von simplen Namedroppings bis hin zur Einbeziehung in die Story - darunter auch die Enthüllung des Planeten, auf dem Luke seine neue Akademie errichtet hat, welche einst niedergebrannt werden wird: das uns vom Namen her altbekannte Ossus.
Nicht außen vorzulassen ist noch die Tatsache, dass in diesem Roman gelegentlich mit zwei Zeitebenen gearbeitet wird, worauf man bei jedem Kapitel aufmerksam gemacht wird. Während der Großteil des Buches in der Jetzt-Ebene stattfindet, gibt es zwischendurch den einen oder anderen Ausflug in die (Datum-technisch nicht näher definierte) Vergangenheit. Beim ersten dieser Rückblicke wurde interessanterweise Präsens als Schreibform gewählt, wenngleich sich mir die Notwendigkeit dafür nicht wirklich erschließt.
Das Buch geizt in jedem Fall nicht mit aus Film und EU bekannten Figuren, so viel steht fest - ein gewichtiger Unterschied liegt in ihrer Runtime und ihrem Anteil an der Geschichtsentwicklung. Bei einigen fällt dieser mitunter größer aus und trägt zumindest zum nächsten Schritt in der Story bei; andere hingegen schauen primär als Cameo kurz vorbei.
In Sachen Hauptprotagonisten haben wir ein Dreier-Podium zu besetzen - mit Luke Skywalker, Lando Calrissian und Reys Eltern Dathan & Miramir.
Auf welchen Platz man diese Parteien jeweils zuweist, bleibt am Ende des Tages jedem selbst überlassen … ich würde momentan tatsächlich zu Lando tendieren: Er ist derjenige, der für andere Charaktere wie Luke erst der richtige Anstoß zum Aufbruch ist. Er ist derjenige, in dessen emotionaler Gedankenwelt wir mitunter die meiste Zeit verbringen. Er ist derjenige, der uns am ehesten hier eine Seite von sich präsentiert, die wir so von ihm noch nicht wirklich kannten und nur äußerlich scheinbar in altbekannter Form seinen Einstieg in die Geschichte hat. Und er ist derjenige, der die Geschichte mit seinen Worten zum Ende erzählt - wortwörtlich, da hier mit den Calrissian-Chroniken in nostalgischer Manier ein Schmankerl aus Solo - A Star Wars Story wieder aufgegriffen wird.
Doch auch Fans von Luke Skywalker dürften hier auf ihre Kosten kommen: Der einstige hitzköpfige Farmjunge tritt hier als bedächtiger Meister seines jungen Ordens auf (welcher hier jedoch maximal im Hintergrund verweilt), der es an sich vorzieht, sich den großen Gefahren dieser Reise allein zu stellen, dabei jedoch nicht darauf verzichtet, nach kundigem Rat zu fragen, wenn die Gelegenheit richtig ist.
Und dann liegt natürlich noch großes Augenmerk auf den Eltern von Rey (die als 6-jähriges Kind natürlich nur eine untergeordnete Rolle einnimmt), welche die ersten Figuren sind, denen wir hier begegnen. Hier wurde vor allem in Bezug auf Miramirs Hintergrundgeschichte von Adam gute Arbeit geleistet, da wir nach einiger Zeit rückblickend mehr Fleisch für ihren Background bekommen und unter anderem erleben, wie sie ihren Mann kennengelernt hat. Etwas dürftiger fällt der Blick in die Vergangenheit von Dathan aus (oder sagen wir, hierzu hätte ich mir etwas mehr Handfestes gewünscht), wobei wir immerhin erfahren, dass dies eigentlich gar nicht sein Name ist, sondern er sich diesen von seinem “einzigen Freund” auf Exegol geliehen hat. Denn einen echten eigenen Namen hat man ihm nie zugestanden …. Leider wird auf dieses Detail später nicht mehr eingegangen und es wird auch nicht aufgelöst, was genau es mit dieser Person auf sich hatte und ob die Flucht von Exegol eigentlich ungeplant war oder bewusst zugelassen wurde.
Ansonsten bietet diese Geschichte viel Platz für allerlei bekannte Gesichter …
So treffen wir beispielsweise recht früh für die Dauer von rund zwei Kapiteln auf die Figur des Beaumont Kin aus Der Aufstieg Skywalkers wieder, welcher hier seinen im Film maximal angedeuteten archäologisch-wissenschaftlichen Hintergrund mit Interesse an der Dunklen Seite ausleben darf. Ebenso können sich Leser und Leserinnen auf ein Wiedersehen mit Shriv, den alten zynischen Duros-Kampfgefährten Landos aus EAs Battlefront II freuen, welcher recht früh zu Beginn von seinem alten Kriegskameraden um informative Hilfe beim Startschuss zu dieser Rettungsmission gebeten wird.
Weitere im Verlauf der Story auftretende, bekannte Figuren (mal mit mehr, mal weniger Handlungsrelevanz) sind Lor San Tekka, D-O, Ben Solo, Unkar Plutt und Enric Pryde. Mehr noch, per (inhaltlich leider eher belanglosem) Rückblick in Ochis Tage als Jedi-Jäger dürfen einmal ganz kurz die Jedi-Meister Windu und Bilapa vorbeischauen; und last but not least spendiert der Autor uns immerhin einen Dialog zwischen Luke und keinem Geringeren als seinem Vater Anakin, welcher in Form eines zwischen Heller und Dunkler Seite hin- und hergerissenen Machtgeistes präsentiert wird - ein Konzept, dass den meisten von uns aus dem “Art-of-Force-Awakens”-Buch bekannt vorkommen dürfte.
Es gibt zudem auch ein paar Nebenfiguren, deren Charakterisierung nicht sonderlich in die Tiefe geht oder gar stark in Erinnerung bleibt - da diese jedoch eigentlich ohnehin nur kurze, rein zweckdienliche Rollen erfüllen, wie etwa Kommandantin Blacwood (nein, da fehlt kein “k”!) von der Neuen Republik, fällt das an der Stelle nicht wirklich ins Gewicht.
Zum Glück kann man das nicht von der recht wichtigen Nebenfigur Komat sagen, mit der wir ab einem gewissen Punkt viel Zeit verbringen. Sie wird zu einer Stütze für sowohl Luke (in Sachen Information und sogar Lichtschwert-Unterstützung) als auch Lando (in Hinblick auf seelischen Beistand und das Treffen wichtiger Entscheidungen in drastischen Situationen) und der Roman nimmt sich viel Zeit uns ihre spirituelle, ruhige Art näherzubringen.
Den Helden und deren Helfern gegenüber stehen in erster Linie zwei Widersacher …
Zum Einen haben wir hier Ochi von Bestoon, der jedoch nicht nur gegenüber den Lesern gewisse Schwierigkeiten hat, sich als vollkommen ernstzunehmender Bösewicht zu etablieren, sondern auch in der Geschichte selbst bei mehr als einer Gelegenheit nicht so recht von seinen Gegenübern ernst genommen wird. Seine Bedrohung beruht mehr auf den Ressourcen und Mitteln, die ihm zur Verfügung gestellt werden, sowie auf den Sith-Ewigen, welche allerdings nur anfangs in direkte Erscheinung treten. Ochi selbst zeichnet sich in erster Linie durch seinen krankhaften Wahn, seinen Jähzorn und seinen Blutdurst aus - schurkische Qualitäten zweifelsohne, aber nicht gerade von der originellen, packenden Sorte.
Und zum Anderen haben wir die mysteriöse, maskierte, Lichtschwert-schwingende Gestalt, welche sich als Kiza von Corellia herausstellt, Mitglied der “Acolytes of the Beyond” und bekannt aus der Aftermath-Trilogie. Hier muss man lange auf Informationen über sie warten. Gegenüber Luke stellt sie im direkten Kampf scheinbar keine wirkliche Bedrohung dar, was mitunter daran liegen mag, dass sie selbst nur eine Puppe ist, die an den Fäden einer höheren dunklen Macht hängt; kaum mehr als ein Werkzeug.
Zu Gute halten kann man hier allerdings, dass Lukes Versuche, sie von dem zerstörerischen Einfluss zu heilen und auf den Pfad des Guten zurückzuführen, in einer Erfahrung münden, die seinem Werdegang in Richtung Episode VIII mehr Rippenfleisch verleiht. Zudem werden Comic-Kenner sich über die kleine thematische Ähnlichkeit freuen, die Lando zwischen ihr und einem gewissen Lord Momin knüpft, mit dessen verderblichen Einfluss jener bereits einmal konfrontiert war.
Unter den neuen Gesichtern ist Zargo Anaximander an dieser Stelle noch zu benennen, ein Charakter, dessen beschriebenes farbenfrohes Erscheinungsbild im puren Kontrast zur durch und durch grauen Natur seiner Persönlichkeit steht. Der Zeltroner gibt anfangs den Part des eher undurchsichtigen, scheinbar zwielichtigen Verbündeten, welcher sich aber alsbald von einer mehr skrupellosen, gewinnorientierten Seite zeigt.
Eine der enormen Stärken dieses Buches liegen in den beschriebenen Locations, welche wir im Laufe der Geschichte besuchen. Das schließt nicht nur uns bereits bekannte Ortschaften wie die Ruinen um den Sehenden Stein auf Tython ein, sondern beruht vor allem auf völlig neuen Welten und deren Gestaltung.
Beispielhaft anzugeben ist hierbei etwa die von Anaximander kontrollierte Nightside-Station, deren struktureller Aufbau sehr verständlich und zugleich fantasievoll beschrieben ist. Dies half mir dabei, mir das Konstrukt im All, gebunden an den Asteroiden-/Eis-Ring des Planeten, bildlich gut vor meinem geistigen Auge zu haben. Und dankenswerterweise werden hier auch gesellschaftlicher Status und die Bevölkerung der Station umrissen.
Auch Komats Zuflucht auf dem Planetoiden Polaar hebe ich hier deutlich hervor. Eine Welt, deren schlichte, reine Erscheinung die Tatsache Lügen straft, dass sie eigentlich im Sterben liegt, als Konsequenz eines im Galaktischen Bürgerkrieg abgestürzten Kriegsschiffes.
Diese und weitere Settings (wie ein gestrandetes Kernschiff der Handelsföderation oder die Ausgrabungsstätte von Torrenoteer Minor, welche sich als antikes gestrandetes Raumschiff herausstellt) sorgen dafür, dass die imaginäre Visualisierung des Buch-Inhalts immer recht abwechslungsreich daherkommt. Schade nur, dass dabei gesellschaftliches oder politisches Worldbuilding vergleichsweise eher auf der Strecke bleibt.
An wen richtet sich dieser Roman in erster Linie? Natürlich kommen Fans der Sequels hier auf ihre Kosten, wo sie doch mit zahlreichen Locations und Figuren aus ebendieser wieder in Berührung kommen und vor allem mehr in die bisher nahezu unberührte Background-Lore von Reys Herkunft eintauchen können.
Doch darüber hinaus würde ich sagen, dass sich dieser Roman vor allem an Fans von Luke und noch mehr an die von Lando richtet. Dies ist meiner Interpretation nach vor allem seine Geschichte, ein Bericht seiner Selbstfindung in einer Zeit persönlicher Hilflosigkeit und Selbstzweifel.
Aufgrund der mit Querverweisen gespickten Geschichte dürften auch Komplettisten des Erweiterten Universums hier mehr als einmal anerkennend mit dem Kopf nicken.
Was bleibt am Ende?
Eine eher kleine Geschichte, erzählt aus drei verschiedenen Perspektiven (mit ihren jeweiligen Vorzügen), die sich in zwei nur noch sporadisch zusammenhängende Endakte aufteilt. Das Buch glänzt vor allem durch seine Einblicke in die Gedankenwelten der Hauptfiguren, der Einbindung zahlreicher bekannter Gesichter & Begebenheiten sowie eine Vielfalt an diversen Schauplätzen, von denen man nicht wenige gerne einmal visuell adaptiert sehen möchte. Dafür krankt es aber an eher mittelprächtig ausgearbeiteten Antagonisten, und einer doch gestreckten, oft vom Zufall abhängigen Handlung. Große Schlachten und Handlungsverläufe/Dramen von direkter, galaktischer Relevanz sollte man sich hier zudem auch nicht erhoffen.
Dennoch weiß der Roman in seinen besten Abschnitten durchweg spannend und lebhaft seine Story zu erzählen und dabei der sonst allgemein sehr kurz gekommenen Beziehung zwischen Luke und Lando mehr Saft zu verleihen. Und immerhin liefert er die eine oder andere Antwort auf so manche (dringende und nebensächliche) aufgeworfene Frage - wie die, warum Ochi nach dem Mord an ihren Eltern nicht direkt auf Jakku nach Rey sucht; warum Luke die Suche nach Exegol nicht zu Ende brachte oder wie Lando am Ende auf Pasaana gelandet ist und woher seine Taloraansiche Windräuber-Rüstung stammt. Persönlich fand ich es sehr schön, dass dabei so mancher in den Enzyklopädien gestreuter Brotkrumen nicht einfach links liegen gelassen wurde. Doch wie befriedigend diese Antworten für euch ausfallen, könnt ihr nur für euch selbst beurteilen.
Shadow of the Sith, geschrieben von Adam Christopher und verlegt von Del Rey, erscheint heute, am 28. Juni, offiziell im Handel. Wenn eure Neugierde entfacht ist oder ihr das Werk ohnehin schon auf dem Radar hattet, könnt ihr euch das Buch hier über Amazon oder auch bei Thalia.de bestellen, falls noch nicht geschehen.
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