Disneys Telefonkonferenz zu den Geschäftszahlen des 2. Quartals 2018 war in Sachen Star Wars nicht besonders aufschlussreich. Zwei Aussagen zur Planung für 2019 sind aber vielleicht doch ganz interessant.
Auf das Star-Wars-Land angesprochen, erklärte Disney-Chef Bob Iger, Star Wars: Galaxy's Edge werde in Disneyland und Disney World bis Ende des Kalenderjahrs 2019 eröffnet. Das klingt zumindest in der Tendenz eher nach Herbst oder Winter 2019 und wäre damit eine etwas genauere Aussage, als wir sie bisher hatten.
In ähnlicher Form gibt es „Neues” zum Disney-Streamingdienst: Von dem hieß es bislang, wie von Galaxy's Edge, er käme 2019. Auch hier hat Iger nun eine alternative Formulierung verwendet:
[In Sachen Disney-Streamingangebot] sind wir gerade dabei, viele neue Produktionen umzusetzen. Wir gehen Ende 2019 an den Start. Der Grund dafür ist, dass wir auf den Ablauf des Netflix-Deals warten wollen, damit uns einige unserer Filme zur Verfügung stehen. Außerdem gibt es uns Gelegenheit, mehr von unseren neuen Inhalten fertigzustellen, die wir speziell dafür entwickeln. Wir haben schon mehrfach gesagt, dass wir mit zunehmender Nähe zum Starttag konkreter werden wollen, aber was wir sagen können, ist, dass wir neue Inhalte erstellen, die zu unseren Marken Pixar, Marvel, Star Wars und Disney zählen.
Ich möchte außerdem betonen, dass wir in Contentfragen voll engagiert sind, und ich sage voll, weil es uns nicht darum geht, dieses Produkt an den Start zu bringen, sondern es langfristig erfolgreich zu machen. Langfristig ist hier das Hauptstichwort, denn es muss unser Ziel sein, dass dieses Angebot der Hauptkanal wird, über den Disney-, Marvel-, Star-Wars- und Pixar-Inhalte konsumiert werden. Was letztendlich heißt, dass wir uns von der Vorstellung befreien müssen, dass unsere Inhalte an irgendeinem anderen Ort verfügbar sind, mit Ausnahme der aktuellen linearen Kanäle, die sich bereits auf dem Markt befinden.
Fassen wir also zusammen: Sowohl das Star-Wars-Land, als auch die Realserie sind in der Tendenz erst Ende 2019 zu erwarten.
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@DerAlteBen
Bin ich voll bei Dir. Ich frage mich, ob man die Bauchbewertungen der Masse evtl. höher einstufen sollte als Analysen, die sich aus einer tiefergehenden intellektuellen Beschäftigung mit Filmkunst oder narrativen Medien i. A. ergeben. Filme wirken in der Masse ja primär psychologisch-emotional.
(zuletzt geändert am 09.05.2018 um 16:44 Uhr)
StarWarsMan
GWL: "SW ist ein Hybrid aus Kunst und Massenware. Letzteres meine ich garnicht abschätzig, auch wenn es immer so klingt. Die Kombination ist eigentlich auch nichts Ungewöhnliches, wird jedoch in Europa, und besonders im immer noch vom Idealismus des 19. Jahrhunderts, von einer Vorstellung von Hochkultur, und von einer angestrengten Suche nach Tiefe und Bedeutung in allem und jedem geprägten Deutschland stets herablassend behandelt."
Hitchcock wurde im europäischen Feuilleton als zu kommerziell verachtet, hatte aber mit Francois Truffaut einen Fürsprecher, der meinte, seht mal, was der Mann macht ist Kunst.
Leuten wie Bob Iger unterstelle ich gerne, dass die Star Wars nur als Gelddruckmaschine sehen.
Und ich glaube, der hätte da noch nicht mal was dagegen, solange man ihm zugesteht, dass er davon überzeugt ist, dass ein langfristig lukratives Produkt auch gewissen Qualitätskriterien genügen muss.
Wenn es um Kritik an der Verflachung des Niveaus und der reinen Kommerzialisierung eines einstigen Qualitätswerkes geht, dann sind das oft Filme wie Bladerunner, die anfangs von kaum einem Schwein geguckt worden waren, aber mit der Zeit immer populärer wurden, spätestens als der Director's Cut rauskam. Star Wars gehört ja zu den Werken, die von Tag 1 ein Massenphänomen waren.
Man hat den Eindruck, dass deshalb die Produzenten im Umkehrschluss denken, wenn ich mich von der Motivation treiben lasse, einen kommerziell erfolgreichen Film zu machen, kommt dabei automatisch etwas qualitätiv wertvolles raus.
Ein Beispiel dafür, wie das schief gehen kann, ist vielleicht, wie offensichtlich mit TFA und besonder TLJ versucht wurde, die Saga für den asiatischen Markt interessanter zu machen. Da hat man dann eine todesmutige Asiatin im Arbeiteroverall mit anitkapitalistischen Parolen in dem Film eingebaut und dachte, das finden die Chinesen doch bestimmt toll. Hat jetzt nicht sooo super funktioniert.
Snaggletooth
@Snaggletooth:
"Ein Beispiel dafür, wie das schief gehen kann, ist vielleicht, wie offensichtlich mit TFA und besonder TLJ versucht wurde, die Saga für den asiatischen Markt interessanter zu machen. Da hat man dann eine todesmutige Asiatin im Arbeiteroverall mit anitkapitalistischen Parolen in dem Film eingebaut und dachte, das finden die Chinesen doch bestimmt toll. Hat jetzt nicht sooo super funktioniert."
Erstmal war Rose keine Anbiederung an den asiatischen Markt sondern eine Repräsentation der astiatischen US-Bevölkerung, die einen recht großen Teil des Fandoms dort ausmacht.
Das fällt auch deutlich auf wenn man sieht wie Rose und Co. geschrieben und dargestellt sind. Es ist ja nicht so als hätten wir mit Iron Man 3 und Avengers 2 nicht sehr gute Beispiele wie es aussieht wenn Disney schamlos den chinesischen Markt ansprechen will. (Zum Glück sind diese Zeiten wieder vorbei).
Aber das in deiner Aufzählung Rogue One fehlt, wo man einem chinesischen Superstar eine eigene Figur in den Film schrieb um die Leute in China ins Kino zu locken, das wundert dann doch schon.
McSpain
@ DerAlteBen:
- "Früher übernahmen fachkundige Filmkritiker die Aufgabe der Beurteilung und Meinungsbildung, heute sind es größtenteils Exponenten der sozialen Medien, die diese Rolle eingenommen haben."
Mir fällt auf, dass ich lange suchen muss, wenn ich eine tatsächliche KRITIK, die ja auch Analsyse ist, lesen möchte. Das betrifft leider auch die Kritiken "vom Fach". Vieles von dem, was ich lese, ist entweder vorwiegend Meinung, oder dient als Vehikel für den Kritiker, der besonders blumige Wortschöpfungen ausstellen möchte. In Printmedien - und in sozialen Netwerken, youtube etc. schon garnicht - habe ich lange keine Kritiken mehr gefunden, die sich mit einem analytischen Instrumentarium am Film entlanghangeln. Es geht zu oft darum, sich selbst als Präsenz im Internet zu inszenieren, den Machern dies und jenes zu unterstellen, oder eine politische Agenda an den Mann zu bringen (von Rechts und Links). In so einem Biotop gedeiht dann auch die populäre Meinung, dass Kritik immer und nur subjektiv sei. Die Kanäle, die ich nutze, kann ich nicht mal an einer Hand abzählen. Dazu zählen "Die Filmanalyse" auf youtube und die Besprechungen im Podcast von Alastair Stephens, die ich hier ja schon beide mal erwähnt habe.
@ StarWarsMan:
- "Ich frage mich, ob man die Bauchbewertungen der Masse evtl. höher einstufen sollte als Analysen, die sich aus einer tiefergehenden intellektuellen Beschäftigung mit Filmkunst oder narrativen Medien i. A. ergeben. Filme wirken in der Masse ja primär psychologisch-emotional."
Man muss hier gar keinen Gegensatz aufmachen. Beides kann sich nämlich überlappen und tut dies auch oft. Jemand kann z.B. emotional von einer Mozart-Sonate berührt werden und sie lieben lernen, ohne von dem minutiösen und disziplinierten Handwerk zu wissen, oder es überhaupt wahrzunehmen, welches dahinter steckt. Es kann also sein, dass ein Rezipient etwas intuitiv erfasst, was jedoch keinesfalls zufällig, sondern das Ergebnis bewusster Planung und Durchführung ist. Im Falle von SW meine ich ein gestörtes Verhältnis zwischen durchaus realem Anlass zu Kritik einerseits, und ihrer Verbalisierung andererseits wahrzunehmen. Wieso wurde Episode I damals von einem Teil des Publikums so auseinander genommen? Die Kritik hat sich schnell um Schlagworte und Standard-Argumente herum verfestigt: Anakin, Jar Jar, blöde Dialoge, schlechte Schauspieler, "Kindheit zerstört", zu viel CGI etc. Man kann das auf den Hype zurückführen, aber das erfasst nicht die ganze Realität. Dem Publikum muss zugetraut werden, dass es durchaus gemerkt hat, dass die Geschichte nicht gut erzählt war und dass Figuren völlig unausgereift geblieben sind. Auch ein ungeschultes Publikum merkt, wenn ein Film strukturelle Schwächen hat, vor allem wenn diese grundlegendes Filmhandwerk betreffen. Insofern muss man seine Reaktionen schon ernst nehmen, ohne diese jedoch höher zu werten als fachliche, "intellektuelle" Kritik. Die kann dann zusätzlich analysieren, woran es lag. Ich denke, beide Seiten würden davon profitieren, wenn sie die jeweils andere ernst nehmen, gerade bei Popkultur wie SW.
@ McSpain:
Ich will nicht darüber urteilen, warum Rose in TLJ auftaucht. Ich will nur festhalten, dass der Vorwurf, sie sei nur als Anbiederung an den chinesischen Markt dort präsent, besonders leicht fällt, weil sie dort eigentlich keinen Platz hat. Sie macht inhaltlich kaum bis gar keinen Sinn, fällt im Finale durch eine idiotische Aktion auf, und dient bestenfalls als Anspielpartnerin für Finn. Das sorgt berechtigterweise für Missmut, der dann - je nachdem wen man fragt - in der China-Kritik münden kann. Mich selbst interessiert nur der Film und die Figur, und bei einer weißen Darstellerin wäre, wenn sonst alles gleich bleibt, meine Kritik exakt die selbe.
(zuletzt geändert am 09.05.2018 um 18:00 Uhr)
George W Lucas
StarWarsMan:
"Bin ich voll bei Dir. Ich frage mich, ob man die Bauchbewertungen der Masse evtl. höher einstufen sollte als Analysen, die sich aus einer tiefergehenden intellektuellen Beschäftigung mit Filmkunst oder narrativen Medien i. A. ergeben."
Gegen eine intuitive Empfindung und Beurteilung wäre - wie GWL richtig sagt - grundsätzlich auch nichts einzuwenden. Das eigentliche Problem, das ich gegenwärtig sehe, ist vielmehr der Umstand, dass sich viele gar nicht mehr auf ihren eigenen Verstand oder auf ihr Herz verlassen, sondern ihre Meinung von "Opinion Leaders" aus dem Netz beziehen, die ihren Wissensvorsprung und ihre exponierte Stellung im Netz zur Selbstdarstellung und zur Deutungshoheit nutzen. Empirische Untersuchungen zur Netzkultur haben ergeben, dass ein Großteil der Forennutzer sich ihr Urteil nicht selbst, sondern aus bereits vorgegebenen Meinungen bilden, die noch dazu nicht repräsentativ sind.
@Snaggletooth:
Der Vorwurf der "Anbiederung" (Ich würde es eher Gefälligkeit nennen) scheint mir eher auf Donnie Yen zuzutreffen, der noch am ehesten das Klischee des martialischen Kämpfers asiatischer Prägung verkörpert. Rose hingegen scheint mir - ganz unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit - ihre Rolle in TLJ einfach nur verfehlt zu haben. Bezüglich der subtilen Kritik am kriegstreiberischen Casino-Kapitalismus hatte ich eher den Eindruck, dass dieser augenzwinkernd an die eigenen Reihen gerichtet war. Die USA sind Spitzenreiter im weltweiten Rüstungsexport. Ich fand es gut, dass darauf in TLJ angespielt wurde, wenn auch nur am Rande.
(zuletzt geändert am 09.05.2018 um 18:45 Uhr)
DerAlteBen
"Man muss hier gar keinen Gegensatz aufmachen. Beides kann sich nämlich überlappen und tut dies auch oft."
Ja, das ist richtig.
"Jemand kann z.B. emotional von einer Mozart-Sonate berührt werden und sie lieben lernen, ohne von dem minutiösen und disziplinierten Handwerk zu wissen, oder es überhaupt wahrzunehmen, welches dahinter steckt."
Das ist wohl eher die Regel, meine ich. Nicht viele Menschen kennen sich mit diesen Themen wirklich aus. Müssen sie auch nicht. Kunst wirkt, so denke ich, vor allem auf einer unterbewussten, psychologisch-emotionalen Ebene. Es gibt natürlich auch Kunst, welche von vornherein intellektuell herausfordernd ist. Vielleicht ist auch eine Synthese von Kopf und Herz bereits beim Kunstwerk selbst ein erstrebenswerter Zustand. Die Einheit. Das hat man z. B. in der Musik, wo Rhythmus (Intellekt) und Harmonie (Herz, Gefühl) zu einem Ganzen verschmelzen.
"Wieso wurde Episode I damals von einem Teil des Publikums so auseinander genommen? Die Kritik hat sich schnell um Schlagworte und Standard-Argumente herum verfestigt: Anakin, Jar Jar, blöde Dialoge, schlechte Schauspieler, "Kindheit zerstört", zu viel CGI etc."
Das hängt auch damit zusammen, dass man durch diese standardisierte Kritik sich einer Gruppe zugehörig fühlen kann. Leute, die diese Kritik phrasen- und formelhaft bestätigen, ohne sie zu hinterfragen, ob eigentlich wirklich etwas dran ist oder wie sie selbst wirklich dazu stehen.
"Dem Publikum muss zugetraut werden, dass es durchaus gemerkt hat, dass die Geschichte nicht gut erzählt war und dass Figuren völlig unausgereift geblieben sind. Auch ein ungeschultes Publikum merkt, wenn ein Film strukturelle Schwächen hat, vor allem wenn diese grundlegendes Filmhandwerk betreffen."
Ich muss dazu sagen, dass mir diese validen PT-Kritikpunkte gefühlsmäßig nie in den Sinn kamen. Erst durch die intellektuelle Beschäftigung mit dem Medium Film wurden sie mir gewahr.
"Insofern muss man seine Reaktionen schon ernst nehmen, ohne diese jedoch höher zu werten als fachliche, "intellektuelle" Kritik."
Da ab einem bestimmten Kenntnisstand diese intellektuellen Kritikpunkte ebenso Realität sind: Ja! Aber auch auf den Bauch hören, was der einem sagt. Manchmal sagt er: "Toller Film!" aber der Kopf meint: "Na ja, hat viele Schwächen."
@DerAlteBen
"Das eigentliche Problem, das ich gegenwärtig sehe, ist vielmehr der Umstand, dass sich viele gar nicht mehr auf ihren eigenen Verstand oder auf ihr Herz verlassen, sondern ihre Meinung von "Opinion Leaders" aus dem Netz beziehen, die ihren Wissensvorsprung und ihre exponierte Stellung im Netz zur Selbstdarstellung und zur Deutungshoheit nutzen."
Richtig. Diesen Aspekt hatte ich gar nicht auf dem Schirm: Influencer und Opinion-Leader. Zeigt sich auch an Mainstream-Meinungen. Ingroup-Denken. Leider geht dadurch die Fähigkeit verloren, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Kant würde sich heute im Grabe umdrehen, wenn er die Netzkultur kannte.
(zuletzt geändert am 09.05.2018 um 20:46 Uhr)
StarWarsMan
Die Qualitätsdiskussion ist eine komplexe Angelegenheit.
In einem anderen Kommentarstrang habe ich mich erst kürzlich daran erinnert, wie der ernsthafte Diskurs diesbezüglich in den Kommentaren von SWU seinen Anfang nahm. Es stand im Raum, ob Qualität Ansichtssache sei. Eine Gruppe von Kommentatoren - zu denen auch ich gehörte - zeigte auf, dass eine entsprechende Bewertung nicht beliebig ist und dass sie durchaus benennbaren Kriterien unterliegt. Mit der Zeit nahm bei einigen jedoch die Vorstellung, dass man die Sache mit der Qualität "in den Griff" bekommen kann, ein Ausmaß an, dem ich mich dann wiederum entgegenstellen musste. Denn während man die Funktion grundlegender Elemente der Filmsprache recht sicher beurteilen kann, so ist es bei dem komplexen Zusammenspiel der zahlreichen Elemente eines Werkes schon schwieriger - selbst wenn man sich auf die eher technischen Aspekte der filmsprachlichen Mittel beschränkt. Und ungleich schwerer wird es, wenn wir die inhaltlichen Aspekte einer Geschichte zu ihrer Umsetzung in Bezug setzen. Dass dies so ist, zeigt uns nicht nur die Filmhistorie, sondern auch die viel ältere Tradition der Literatur-Kritik, in der ebenfalls intelligente Menschen vortrefflich darüber streiten, ob und warum ein Werk nun meisterlich ist - oder ob und warum es das eben nicht ist.
Und in der Tat ist genau der leidenschaftlich geführte Diskurs ein elementares Indiz für eine andere Form von Qualität - die letztlich höher einzustufen ist, als die der technischen oder narrativen, die wir an Kriterien festzumachen versuchen, die zum Teil auch einem steten Wandel unterliegen. Wenn ein Werk nicht "berührt", kann es noch so gut sein - es verschwindet trotzdem in der Bedeutungslosigkeit. Und damit meine ich nun nicht ein temporäres Strohfeuer - wie aktuell bei TLJ - bei dem sich zumindest jeder Fan in der einen oder anderen Weise "berührt" fühlte. Ich meine eine "berührt sein", das nachhallt und immer wieder zu einer Beschäftigung mit dem Werk führt. Das meint nun nicht, dass eine kontinuierliche Auseinandersetzung stattfindet, und auch nicht, dass der Diskurs von der Masse geführt werden muss. Wenn ich - was manchmal vorkommt - Liner Notes für BD-Veröffentlichungen schreibe oder dafür Audiokommentare einspreche, dann sind dies oft ältere Filme, die nicht immer durch extrem hohe Qualitäten bzgl. der technischen oder narrativen Elemente brillieren. Aber allein die Tatsache, dass jemand entsprechend viel zu einem Werk zu sagen hat und - noch mehr - dass es Rezipienten gibt, die das lesen und sich das anhören, zeugt von dieser anderen Qualität, die dem Werk zu eigen ist.
Bzgl. dieser Art von Qualität können wir im Hinblick auf das neue "Star Wars" noch nichts sagen. Und ich bin sehr gespannt, wie sich uns z.B. "The Force Awakens" in einigen Jahren präsentieren wird. Das ist ein Film, dem wir wohl mit recht prinzipiell gute technische und (zum Teil strittige) narrative Qualitäten attestieren können. Doch selbst in den zwei Jahren danach und nun insbesondere nach TLJ habe ich nicht das Gefühl, dass dieses Werk besonders nachhallt. Aber - wie gesagt - es ist noch zu früh. Warten wir mal die Situation nach Episode 9 ab.
Meine Ausführungen zu dieser anderen Form von Qualität möchte ich aber nicht als Abwertung des Diskurses bzgl. der technischen oder narrativen Qualitäten verstanden wissen, denn sie ergibt sich ja eben erst aus genau diesem Diskurs, der deshalb genauso weitergeführt werden sollte - wozu ich ja auch gerne meinen Beitrag leiste.
Und genau deshalb habe ich mit den immer häufiger geäußerten Apellen so meine Schwierigkeiten, dass SWU doch eine Fanseite sei, auf der man sich einfach an dem Angebot der SW-Macher erfreuen soll. Prinzipiell ist dies eine sympathisch-positive Einstellung und entspricht sicher der Vorstellung Igers von einem Publikum, das die Produkte mal mehr oder weniger begeistert wegkonsumiert. Ich sehe da jedoch erstrebenswerte und dennoch konstruktive Alternativen.
@(User) George W Lucas
Zitat:
"George Lucas ging diese Sicht zum Glück nichts an. Die Art und Weise, wie SW auf die Welt kam, macht seinen "Kunst-Anteil" aus; die Herangehensweise seines Erfinders, sein Verständnis von Kunst als Leiter für Emotionen und Vermittler von gesellschaftlichen Werten, ergänzt seinen massentauglichen Teil. SW ist massentauglich, weil es sich nicht an Kritiker, Feingeister und Bildungseliten richtet, sondern an die Masse - ohne dabei blöd und stumpfsinnig zu sein. Es behandelt sein Publikum nicht herablassend, sondern als Kinder im wörtlichen und übertragenen Sinne, die es mit etwas Gehaltvollem packen und unterhalten möchte. Wie ich schon einige Male schrieb, war Lucas mit Blick auf die Komposition seines SW sowie bei der Suche nach dem Adressaten der Shakespeare unter den Erzählern des Kinos. Und bei Shakespeare käme auch niemand auf die Idee, seine Werke als minderwertigere Kunst zu kritisieren, weil sie das einfache Publikum zu unterhalten suchten und für überfüllte Theater sorgten."
Wahre Worte!
Würdest du sagen, dass TLJ hier in die gleiche Kerbe schlagen kann. Ich habe viel Kontakt zu Kinder und Jugendlichen und entsprechend verfolge ich natürlich auch, wie sich ihr Verhältnis zu "Star Wars" entwickelt. Bei TFA konnte ich z.B. eine deutliche Begeisterung wahrnehmen, die ich natürlich nicht teilen konnte, bei der ich mir aber zugestehen musste, dass für eine Generation, die den ersten "Jurassic Park" als alt und behäbig inszeniert (vom Original-SW ganz zu schweigen) ansieht, dieser Film wohl wirklich die zeitgemäße Neuauflage von "Star Wars" sein könnte. Bei TLJ konnte ich dies jedoch nicht feststellen - und ich habe das Gefühl, dass gerade bei der jungen und ganz jungen Generation der Film nur wenig Resonanz auslöst. Ich rede hier gar nicht von Ablehnung - ich spreche hier eher von Gleichgültigkeit. Und da sind die durchaus noch bei dieser Gruppe anzutreffenden T-Shirts und SW-Accessoires kein Widerspruch, da diese heute nicht mehr zwangsläufig von einer tiefen Verbundenheit zum dahinter liegenden Inhalt künden.
Und noch ein ganz anderer Punkt:
Bei meiner erneuten Sichtung von TLJ auf BD ist mir ja wieder aufgefallen, welch künstlerisches Engagement Johnson in den Film eingebracht hat und wie vortrefflich er dies auch umgesetzt hat, was ich an anderer Stelle ja auch schon sehr gelobt habe. Und ich habe mich gefragt, warum diese Ebene, die ich prinzipiell so sehr zu schätzen weiß, nicht bei mir eine entsprechend positive Resonanz erzeugen konnte.
Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass auch diese nicht zu dem Gesamtwerk passt. Lucas hat "Star Wars" als eine Art moderne Mythologie angelegt - selbst beim ersten Film und den damals noch aktuellen Ideen zu einer simplen Space-Fantasy-Abenteuer-Reihe - die sich dann von Film zu Film noch mal deutlich komplexer ausgestaltet hat.
Johnson thematisiert in TLJ diesen mythologischen "Text" und seine "Helden" und dekonstruiert sie auch zu einem gewissen Grad. Prinzipiell kann dies ein spannendes Unterfangen sein, aber es darf nicht in der gleichen Werkgruppe stattfinden. Die Saga ist der mythologische Text. Wenn man nun in einer fiktional ansprechenden Geschichte diesen Text kommentieren will, dann muss dies außerhalb dieses Rahmens passieren.
Und es gibt ja diverse Beispiele, bei denen dies vortrefflich vorgemacht wurde und bei denen ich dies auch zutiefst schätze. Alan Moore hat sich in seinen Werken z.B. diversen fiktionalen "Helden" auf diese Art angenommen. Und in seinem jüngsten Großwerk macht er das extrem elaboriert mit dem von mir sehr geschätzten Cthulhu-Mythos. Und das ist wirklich großartig! Der Unterschied ist aber: Obwohl sein Werk oberflächlich ein Teil dieses Mythos' sein könnte, so ist es dies doch ganz klar nicht. Es ist ein eigenständiges, fiktionales Werk, das die referierte Vorlage kommentiert - und das sich so auch mit einem ganz eigenen und anderen Wert auflädt.
Darth Jorge
@Jorge:
Ich sehe in Johnson prinzipiell niemanden der gut darin wäre, die Kinder der heutigen Zeit langfristig anzusprechen. Dazu sind seine Filme entweder zu unter- oder zu überfordernd und ich habe auch nicht den Eindruck, dass das sein primäres Ziel ist. Seine Werke sind zu andersartig was Tempo, Länge, Struktur, emotionalen und geistigen Anspruch angeht. Kinder wiederum zu sehr konditioniert auf klassische Erzählmuster. Selbst viele Erwachsene, die sich mit Filmen etwas besser auskennen, geraten ja teilweise schon an ihre Grenzen.
Zugleich erkenne ich in seiner Arbeit aber auch einen zutiefst kindlichen Geist wieder. Aber es scheint eher der Geist eines Außenseiterkindes zu sein, dass mit seiner Art eher aneckt, sich dem aber auch bewusst ist und daran eine spielerische Freude zu empfinden scheint.
Ich denke, es bräuchte dafür noch etwas der Entwicklung und Angleichung von beiden Seiten. Seine SW Trilogie wird uns darüber sicherlich noch mehr Aufschluss geben und möglicherweise wird diese auch die Bewertung von TLJ noch beeinflussen.
(zuletzt geändert am 10.05.2018 um 07:40 Uhr)
OvO
@Darth Jorge
"Und genau deshalb habe ich mit den immer häufiger geäußerten Apellen so meine Schwierigkeiten, dass SWU doch eine Fanseite sei, auf der man sich einfach an dem Angebot der SW-Macher erfreuen soll."
Vielleicht solltest du dich auch mehr mit dem Kontext in dem diese "Appelle" gerichtet werden ansehen. Denn es kann ja nicht sein, dass man einerseits unter jeder News immer dieselben Kritikpunkte auffährt, unabhängig vom Kernthema der News, und damit ja vielleicht wirklich anderen erst mal den Spaß an der Sache verderben will, und das dann entsprechende Gegenkommentare immer so "abgefertigt" werden. Denn das plakative Wiederholen der immer gleichen Kritikpunkte, darf dann doch auch mal plakativ beantwortet werden, ohne das plötzlich die eine Seite sich immer den Vorwurf gefallen lassen muss, sich nicht tiefer damit beschäftigen zu wollen.
Als Einschub, ich mag diese "wenn es dir nicht gefällt, dann hau doch ab" Maxime auch nicht. Ich bin zwar anders gestrickt, und würde mich wahrscheinlich weniger zeitintensiv mit etwas beschäftigen, dass ich nicht mag. So habe ich mich mit TCW nie wirklich intensiv auseinander gesetzt. Ich habe es gesehen, fand ein paar Dinge gut, viele nicht so, und das war es dann. Genauso mit "Rebels". Ich denke man kann im Verhältnis meine Kommentare unter einer solchen News an einer Hand abzählen. Aber ich habe Verständnis dafür, dass dies mit einer Cartoonserie leichter ist, als mit dem "Big Game", den Sagaepisoden. Und auch wenn mir sicherlich solche Äußerungen aufgrund von Frust auch mal herausgerutscht sind, würde ich das gar nicht wollen, wenn wir hier uns im Extremfall zu kollektiven Ja-Sagern entwickeln würden.
Ich weiß, dass du von der Kritikerseite natürlich dazu neigst, eben dieser bei zu springen. Insofern sei mir verziehen wenn das mit der "I like" Seite ebenso tue.
Daher wäre meine Empfehlung, nicht immer zu versuchen ein Übergewicht für die eine oder andere Richtung zu gewinnen, da beide Seiten doch durchaus annehmbar hier vertreten sind. Und wenn jede Seite ihre Fürsprecher hat, und man gewillt ist sich auszutauschen (was bei beiden Seiten ja auch nicht immer der Fall ist), dann ist doch alles in Ordnung. Und wir könnten diese tendenziellen Spitzen endlich mal sein lassen. Denn unterm Strich ist ja nichts Neues, dass sich die eine Seite von der anderen Seite mal nicht ernst genommen fühlt. Das war und wird immer so sein.
"Wenn ein Werk nicht "berührt", kann es noch so gut sein - es verschwindet trotzdem in der Bedeutungslosigkeit."
Ich habe immer wieder auch die PT an so einer Stelle angeführt. Denn sie scheint, trotz all ihrer Schwächen die Menschen soweit berührt zu haben, dass man sich in den Jahren danach immer wieder damit beschäftigt hat. Wie intensiv das jetzt zwischen 2007 und 2012 der Fall war, kann ich zwar weniger beurteilen, da ich da schon eine gewisse "Star Wars Auszeit" hatte, aber ja, selbst ich habe schon eine positive Beziehung zu den Prequels, wobei da auch gewisse nostalgische Erinnerungen mit verknüpft sind.
Bei den Prequels wäre es halt nur die Frage inwieweit es halt der OT oder sogar den neuen Filmen geschuldet ist, dass sie immer wieder in besprochen wird, und daher ist es generell natürlich schwer bei einem Franchise wie Star Wars solche Maßstäbe anzulegen. Jemanden der die OT berührt hat, hat natürlich auch eine Beziehung zu den späteren Filmen. Und das kann schon reichen um in diesem Kontext immer wieder auch diese Filme mit zu besprechen. Das gilt für die ST und alle anderen nachfolgenden Werke genauso. Ich würde das aber auch nicht automatisch als Stärke für die neuen Filme werten.
"Ich meine eine "berührt sein", das nachhallt und immer wieder zu einer Beschäftigung mit dem Werk führt."
Finde ich zu eng gedacht. Immerhin gibt es Werke wie "Indiana Jones" oder "Ghostbusters" die, die Menschen auch heute noch berühren. Ich möchte aber behaupten das diese Werke jetzt nicht irre viel bieten, um darüber hinaus sich damit zu "beschäftigen". Es sind pure nahezu pure Unterhaltungsfilme, die es aber geschafft haben, immer wieder präsent zu sein, und das ganz ohne das dort laufend neue Filme produziert wurden.
"Und ich bin sehr gespannt, wie sich uns z.B. "The Force Awakens" in einigen Jahren präsentieren wird."
Wenn es tatsächlich so ist, und TFA wird in diesem Franchise eher als der "Unterhaltsame" zurückbleiben, dann kann ich damit leben. Warum auch nicht. Die Vielfältigkeit des Franchises, die wir jetzt schon haben, lässt es doch zu, ohne das dem Franchise Schaden zugefügt wird. Und ich sehe die Situation bei RO in der Hinsicht schlimmer. Der Film ist seit seinem Heimkinorelease nahezu völlig von der Bildfläche verschwunden.
Und ich kann mich nicht großartig erinnern, dass zwischen Episode II und III, Episode I ein großes Thema war. So hätte man Ende 2002 auch zu dem Schluss kommen können, dass Episode I ein Film ist, den Viele Jahre später vergessen würden.
"Aber - wie gesagt - es ist noch zu früh. Warten wir mal die Situation nach Episode 9 ab."
Ganz genau. Es ist meiner Meinung sogar viel zu früh vom heutigen Stand solche Prognosen ab zu geben. Der oder der Film wird vergessen werden usw.
Und wenn wir von Eindrücken sprechen, dann ist es sogar eher mein Eindruck, dass viele mit dem Release von TLJ auch erst Qualitäten von TFA erkannt haben, die sie dann vllt. in dem Film vermisst haben. Und da das Zusammenspiel, oder wie kritisch angemerkt wurde, dass eventuelle "Nicht-Zusammenspiel" der beiden Filme auch immer wieder Thema ist, weiß ich nicht wie sehr man überhaupt davon sprechen kann, dass TFA nicht in irgendeiner Form nach wie vor Thema ist. Klar, liegt das eben an den neuen Veröffentlichungen, aber bis irgendjemand Doktorarbeiten über die ST schreiben wird, ist es noch lange hin. Aber ich bin überzeugt, dass unser Fandom dazu in der Lage sein wird.
"Bei TLJ konnte ich dies jedoch nicht feststellen - und ich habe das Gefühl, dass gerade bei der jungen und ganz jungen Generation der Film nur wenig Resonanz auslöst."
Ich denke das war bei TESB recht ähnlich.
"Und da sind die durchaus noch bei dieser Gruppe anzutreffenden T-Shirts und SW-Accessoires kein Widerspruch, da diese heute nicht mehr zwangsläufig von einer tiefen Verbundenheit zum dahinter liegenden Inhalt künden."
Ist das nicht übertrieben? Als Kind habe ich Star Wars auch nur wegen seinen Raumschlachten geliebt. Die tiefe Verbundenheit kam erst sehr viel später. Und das Jugendliche natürlich mit einem düsteren RO mehr anfangen können, habe ich hier an anderer Stelle auch mal ausgeführt. Das weiß ich auch aus ganz eigener Erfahrung. Ich denke TLJ könnte dieser Film werden, denn vielleicht Fans Jahre später wieder entdecken können, wenn sie zum Zeitpunkt des Release ihn erst abgelehnt haben. Ich meine, wir alle haben das ja auch mit TESB so erlebt. Und nein, ich sage damit nicht automatisch das TLJ so gut ist wie TESB, aber vielleicht müssen dort gewisse Aspekte auch erst "überwunden" werden, wozu natürlich auch einige Faktoren mit rein spielen werden müssen.
"Johnson thematisiert in TLJ diesen mythologischen "Text" und seine "Helden" und dekonstruiert sie auch zu einem gewissen Grad. Prinzipiell kann dies ein spannendes Unterfangen sein, aber es darf nicht in der gleichen Werkgruppe stattfinden. Die Saga ist der mythologische Text. Wenn man nun in einer fiktional ansprechenden Geschichte diesen Text kommentieren will, dann muss dies außerhalb dieses Rahmens passieren."
Ein sehr interessanter Aspekt. Gut, ich habe generell ein Problem mit den Rahmenbedingungen, die du für die Saga aufstellst, und das ist ja ganz oft der Punkt an dem unsere Meinungen und Gewichtungen auseinander gehen. Weil ich möchte behaupten das im gewissen Sinne, jeder Film, jede Trilogie die Rahmenbedingungen neu definiert hat. Die PT hat das getan, die ST jetzt auch. Von daher kann dies natürlich auch der Gewöhnungsprozess sein, von dem ich weiter oben geschrieben habe. Aber wenn die ST tatsächlich auch ein Kommentar des Phänomens ist, würde ich das erst mal nicht ablehnen. Abrams hat es auf einer plakativeren, und sehr viel positiveren Art getan, als Johnson, was insofern auch passen könnte zu einem Mittelstück, in dem Figuren und Themen ihren "Tiefpunkt" erlangen. Abrams könnte dann mit IX die ST mit einem positiven Kommentar ausklingen lassen.
Ja, ich denke aber auch, dass Johnsons Anliegen außerhalb des Episodenrahmens besser angenommen worden wären. Aber nur in diesem Sagarahmen ist es, zumindestens momentan, möglich die maximale Emotionalität aus dem Kommentar zu gewinnen. Ein gebrochener Jediheld xy fände ich auch spannend, aber es erreicht natürlich erst seine echte Wirkung wenn dies mit einer Figur passiert, die so beliebt und wichtig ist, wie die von Luke Skywalker.
Davon ab, wäre ich mir nicht mal sicher ob es wirklich eine grundlegende Intention von Johnson war, mit TLJ das Phänomen zu kommentieren. Vielleicht ist es auch das was passiert, wenn neue Leute in ein Franchise einsteigen, das Jahrzehnte hinweg hauptsächlich durch das Wirken einer Person geformt wurden.
(zuletzt geändert am 10.05.2018 um 11:22 Uhr)
@OvO
Stimme grundsätzlich zu. Alles andere muss die Zeit erweisen...
@Snakeshit
Zitat:
"Vielleicht solltest du dich auch mehr mit dem Kontext in dem diese "Appelle" gerichtet werden ansehen."
Das mache ich durchaus.
Zitat:
"Denn es kann ja nicht sein, dass man einerseits unter jeder News immer dieselben Kritikpunkte auffährt, unabhängig vom Kernthema der News, und damit ja vielleicht wirklich anderen erst mal den Spaß an der Sache verderben will, und das dann entsprechende Gegenkommentare immer so "abgefertigt" werden. Denn das plakative Wiederholen der immer gleichen Kritikpunkte, darf dann doch auch mal plakativ beantwortet werden, ohne das plötzlich die eine Seite sich immer den Vorwurf gefallen lassen muss, sich nicht tiefer damit beschäftigen zu wollen."
Das mit den immer gleichen Kritikpunkten kennen wir bis heute auch bei anderen SW-Filmen - aber ich will gar nicht grundsätzlich widersprechen. Nur denke ich doch, dass ich da differenzierter agiere. Wenn unbegründetes Bashing abgewatscht wird, kann ich damit gut leben. Erst wenn die Kritik an der Kritik zu verallgemeinernd geäußert wird, springe ich - und auch da nur manchmal - dazwischen. Und es sollte dir auch aufgefallen sein, dass sogar die konstruktiven Langdiskussionen immer wieder mal mit Häme bedacht werden. Das reicht von Bemerkungen, die sich abfällig über die spinnerte Verkopftheit präsentieren - bis hin zur Unterstellung, dass sich das Gegenüber wohl in einer Überlegenheitsposition wähnt, und manchmal wird auch eine allgemein ablehnenden Haltung gegenüber intellektuellen Auseinandersetzungen ergänzt und dies damit illustriert, dass ja schon die Textinterpretationen in der Schule unsinnig waren. Das sind alles Standpunkte, die man haben darf. Und natürlich ist "Star Wars" in erster Linie Unterhaltung - auch für mich. Wenn man jedoch zusätzlich Interesse an einer tiefergehenden Betrachtung hat - beschränkt sich dieses Werk dann doch nicht nur auf "Brot & Spiele".
Zitat:
"Als Einschub, ich mag diese "wenn es dir nicht gefällt, dann hau doch ab" Maxime auch nicht. Ich bin zwar anders gestrickt, und würde mich wahrscheinlich weniger zeitintensiv mit etwas beschäftigen, dass ich nicht mag. So habe ich mich mit TCW nie wirklich intensiv auseinander gesetzt. Ich habe es gesehen, fand ein paar Dinge gut, viele nicht so, und das war es dann."
Das sehe ich prinzipiell sehr ähnlich. Und wenn man mal die ersten Wochen nach TLJ betrachtet, kann man deutlich sehen, dass ich mich für meine Verhältnisse extrem zurückgehalten habe. Das wurde ja sogar durch eine Statistik dokumentiert.
Zitat:
"Ich weiß, dass du von der Kritikerseite natürlich dazu neigst, eben dieser bei zu springen. Insofern sei mir verziehen wenn das mit der "I like" Seite ebenso tue.
Daher wäre meine Empfehlung, nicht immer zu versuchen ein Übergewicht für die eine oder andere Richtung zu gewinnen, da beide Seiten doch durchaus annehmbar hier vertreten sind. Und wenn jede Seite ihre Fürsprecher hat, und man gewillt ist sich auszutauschen (was bei beiden Seiten ja auch nicht immer der Fall ist), dann ist doch alles in Ordnung. Und wir könnten diese tendenziellen Spitzen endlich mal sein lassen. Denn unterm Strich ist ja nichts Neues, dass sich die eine Seite von der anderen Seite mal nicht ernst genommen fühlt. Das war und wird immer so sein."
Auch hier stimme ich zu. Jedoch sehe ich hier nicht nur die immerwährende Wiederholung (die natürlich auch vorhanden ist) sondern auch den kontinuierlich voranschreitenden Diskurs, der mir mir lieb und teuer ist. Und nur wenn sich dies vermischt, wird es in den Diskussionen im besten Fall "nur" diffus und im schlechtesten Fall problematisch.
Aber vielleicht sollten wir diesen schönen Tag nicht mit einer müßigen Metakommunikation trüben. Insbesondere da wir da doch ziemlich auf einer Welle liegen...
Zitat:
"Finde ich zu eng gedacht. Immerhin gibt es Werke wie "Indiana Jones" oder "Ghostbusters" die, die Menschen auch heute noch berühren. Ich möchte aber behaupten das diese Werke jetzt nicht irre viel bieten, um darüber hinaus sich damit zu "beschäftigen". Es sind pure nahezu pure Unterhaltungsfilme, die es aber geschafft haben, immer wieder präsent zu sein, und das ganz ohne das dort laufend neue Filme produziert wurden."
Ich würde sehr wohl sagen, dass sich darin zeigt, dass auch diese Filme Entsprechendes zu bieten haben.
Zitat:
"Wenn es tatsächlich so ist, und TFA wird in diesem Franchise eher als der "Unterhaltsame" zurückbleiben, dann kann ich damit leben. Warum auch nicht. Die Vielfältigkeit des Franchises, die wir jetzt schon haben, lässt es doch zu, ohne das dem Franchise Schaden zugefügt wird."
Um das Ansehen des "alten" Star Wars mache ich mir in der Tat keine Sorgen. Ob das Franchise an sich jedoch langfristig schadlos bleibt, ist eine andere Frage. Aber nun, das müssen wir in der Tat abwarten.
Zitat:
"Und ich sehe die Situation bei RO in der Hinsicht schlimmer. Der Film ist seit seinem Heimkinorelease nahezu völlig von der Bildfläche verschwunden."
Da sehe ich aber einen Unterschied. Dass Disney eine höhere Schlagzahl vorgibt, darf man ihnen nicht verdenken. Sie hätten jedoch die Möglichkeit gehabt, mit Saga und Anthologie-Reihe unterschiedliche Kurse zu fahren. Und wie der User GWL weiter oben bereits ausgeführt hat, ist es bedauerlich, dass man die Saga auf die entsprechend überhastete Weise angegangen ist.
Zitat:
"Ganz genau. Es ist meiner Meinung sogar viel zu früh vom heutigen Stand solche Prognosen ab zu geben. Der oder der Film wird vergessen werden usw."
Ja, da sind wir ja ganz einer Meinung.
Zitat:
"Und wenn wir von Eindrücken sprechen, dann ist es sogar eher mein Eindruck, dass viele mit dem Release von TLJ auch erst Qualitäten von TFA erkannt haben, die sie dann vllt. in dem Film vermisst haben."
In gewisser Weise stimmt das natürlich. Auf die anfängliche TFA-Euphorie folgte Ernüchterung - und jetzt wünschen sich einige wieder zumindest das zurück, was sie am Vorgänger mochten. Aber das spricht nicht unbedingt für die Filme - mal abgesehen davon, dass es mir persönlich auch nicht so geht.
Zitat:
"aber bis irgendjemand Doktorarbeiten über die ST schreiben wird, ist es noch lange hin. Aber ich bin überzeugt, dass unser Fandom dazu in der Lage sein wird."
Ich bin gespannt, ob wir zukünftig in der Tat eine entsprechende Auseinandersetzung wie beim alten "Star Wars" bekommen werden - oder ob solche Arbeiten dann eher den Umgang mit einem Franchise thematisieren.
Zitat:
"Ich denke das war bei TESB recht ähnlich."
Nein, obwohl der Ton und inhaltliche Aspekte zwar zwiespältig aufgenommen wurden, nahm das prinzipielle Interesse der jungen Generation weiter zu und schlug sich auch eigentlich erst dann in der Entstehung eines Fandoms nieder. Dies kann man von TLJ natürlich nicht verlangen, denn das Fandom besteht ja bereits. Die Frage ist aber, ob der Film in einem vergleichbaren Maße neue Fans an "Star Wars" binden kann. Nach meinen Eindrücken ist dies nicht so, aber das ist natürlich keine Empirik.
Zitat:
"Ist das nicht übertrieben? Als Kind habe ich Star Wars auch nur wegen seinen Raumschlachten geliebt. Die tiefe Verbundenheit kam erst sehr viel später."
Nur auf den Verdacht hin, dass ich da falsch verstanden sein könnte: Mit der tiefen Verbundenheit im Kindesalter meine ich NICHT meine heutige kultur-analytische Beschäftigung mit "Star Wars". Ich sprach vielmehr davon, dass für mich - und viele andere - dies damals die liebste alternative Realität war - die Welt und ihre Bewohner. Um es auf den Punkt zu bringen: Als Kind war "Star Wars" für mich das absolut Größte - und nahezu eine quasi-religiöse Erfahrung.
Zitat:
"Ein sehr interessanter Aspekt. Gut, ich habe generell ein Problem mit den Rahmenbedingungen, die du für die Saga aufstellst, und das ist ja ganz oft der Punkt an dem unsere Meinungen und Gewichtungen auseinander gehen. Weil ich möchte behaupten das im gewissen Sinne, jeder Film, jede Trilogie die Rahmenbedingungen neu definiert hat."
Auch hier könnte ich falsch verstanden worden sein, weshalb ich nochmal konkretisiere: Ich meinte diesmal NICHT das komplexe Geflecht, das sich mit der Zeit ausbaute und das ich hier auch immer wieder in Diskussionen bzgl. der ST anführe. Diesmal meinte ich die schlichte Kodierung als quasi-mythologischer Text, die bereits im Ursprungsfilm vorhanden ist. Natürlich wurde diese mit den Folgefilmen deutlich überhöht, aber selbst wenn die Filme - wie ursprünglich angedacht war - nur eine Reihe von Space-Abenteuern gebildet hätten, so wären auch diese aufgrund der Erzählweise und der Ikonographie (sofern sie dem Ursprung treu geblieben wären) als moderner mythologischer "Text" erkennbar gewesen.
Zitat:
"Aber wenn die ST tatsächlich auch ein Kommentar des Phänomens ist, würde ich das erst mal nicht ablehnen. Abrams hat es auf einer plakativeren, und sehr viel positiveren Art getan, als Johnson, was insofern auch passen könnte zu einem Mittelstück, in dem Figuren und Themen ihren "Tiefpunkt" erlangen. Abrams könnte dann mit IX die ST mit einem positiven Kommentar ausklingen lassen."
Absolut! Und genau so könnte ich sie auch zu schätzen lernen. Doch dafür muss ich sie von der eigentlichen Saga trennen. Ich mache dies, indem ich die ST als "Infinities" betrachte. Wenn man es positiver rahmen möchte, könnte man auch sagen, dass die ST auf einer realistischeren Ebene die Legende der 6er-Saga kommentiert. Doch wie auch immer: Künstlerisch macht dies nur Sinn, wenn dies nicht innerhalb der gleichen Werkgruppe vollzogen wird, denn Episode 1-6 sind "Star Wars", während Episode 7&8 Meta-"Star Wars" sind.
Jetzt könnte man natürlich sagen: Herrje! Das ist doch nur eine formale Betrachtung!
Das stimmt sogar. Doch wenn man sich dem Werk aus der künstlerischen Perspektive annähert, ist dies recht bedeutsam. Zudem hätte ich mir gewünscht - und es wäre imho auch absolut erstrebenswert gewesen - wenn man den (modernen) mythologischen Text zunächst mit einer Synthese-Trilogie (auf gleicher Ebene!!) abgeschlossen hätte, bevor man sich an ein Meta-Werk gemacht hätte, das ich prinzipiell auch sehr schätzen kann.
Zitat:
"Davon ab, wäre ich mir nicht mal sicher ob es wirklich eine grundlegende Intention von Johnson war, mit TLJ das Phänomen zu kommentieren. Vielleicht ist es auch das was passiert, wenn neue Leute in ein Franchise einsteigen, das Jahrzehnte hinweg hauptsächlich durch das Wirken einer Person geformt wurden."
Ob es von Johnson intendiert wurde, ist letztlich völlig egal.
Darth Jorge
In meinem letzten Post hatte ich ein "@GWL" vergessen.
@Darth Jorge
" Wenn man es positiver rahmen möchte, könnte man auch sagen, dass die ST auf einer realistischeren Ebene die Legende der 6er-Saga kommentiert. Doch wie auch immer: Künstlerisch macht dies nur Sinn, wenn dies nicht innerhalb der gleichen Werkgruppe vollzogen wird, denn Episode 1-6 sind "Star Wars", während Episode 7&8 Meta-"Star Wars" sind."
Das meinte ich in etwa mit "die ST stellte sich selbst in den Schatten der OT". So langsam dämmert mir, dass es evtl. keine so gute Idee war, die OT fortzusetzen - zumindest nicht auf diese Art. Diese Rückwärtsgewandtheit, vor allem in TFA, ist schon recht stark ausgeprägt. Manchmal überlege ich, ob man nicht besser beraten gewesen wäre, hätte man z.B. einen RJ gleich eine von der OT abgekoppelte Saga machen lassen. Am Ende von TLJ entsteht zumindest der Eindruck, dass nun die neuen Helden endlich auf eigenen Füßen stehen und aus sich selbst heraus handeln können, ohne Unterstützung oder Kommentierung der alten Garde. "Das Alte hinter sich lassen" war ja auch eines der Leitthemen TLJs. Das hat der Film richtig gemacht.
(zuletzt geändert am 10.05.2018 um 15:03 Uhr)
StarWarsMan
@Darth Jorge
Die Prequels kommentierten auch schon die OT, obwohl sie davor spielten, mal wurden Dinge übernommen, mal wurde mit Erwartungen gebrochen ( Anakin/Vader ) und manchmal wurde auch etwas Neues hinzugefügt ( Midis ). Das sind für mich Kritikern die sich sowohl bei der PT wie bei der ST finden lassen. Das könnte man auch als Kommentar werten. Auch was die gegensätzliche Optik der PT betrifft, könnte man das als Kommentar gegenüber der OT werten. Eine Frage der Perspektive.
Ich denke das macht bei einer geteilten Geschichte auch durchaus Sinn und lässt sie auch dann dementsprechend wirken. Man baut ja auf vertrauten auf, muss aber trotzdem immer wieder eine gewisse Variation bringen.
(zuletzt geändert am 10.05.2018 um 14:21 Uhr)
Darth PIMP
Darth Jorge
@ Jorge:
- „Würdest du sagen, dass TLJ hier in die gleiche Kerbe schlagen kann. Ich habe viel Kontakt zu Kinder und Jugendlichen und entsprechend verfolge ich natürlich auch, wie sich ihr Verhältnis zu "Star Wars" entwickelt. Bei TFA konnte ich z.B. eine deutliche Begeisterung wahrnehmen, die ich natürlich nicht teilen konnte, bei der ich mir aber zugestehen musste, dass für eine Generation, die den ersten "Jurassic Park" als alt und behäbig inszeniert (vom Original-SW ganz zu schweigen) ansieht, dieser Film wohl wirklich die zeitgemäße Neuauflage von "Star Wars" sein könnte. Bei TLJ konnte ich dies jedoch nicht feststellen - und ich habe das Gefühl, dass gerade bei der jungen und ganz jungen Generation der Film nur wenig Resonanz auslöst. Ich rede hier gar nicht von Ablehnung - ich spreche hier eher von Gleichgültigkeit.“
Ich kann überhaupt nichts dazu sagen, wie TFA und TLJ bei jüngeren Zuschauern ankamen, weil ich im Gegensatz zu dir keinen Kontakt zu diesem Teil des Publikums habe. Meine Erfahrung beschränkt sich hier auf Freunde und Familienangehörige, von denen ich weiß, dass sie ein inneres Kind in sich tragen, das bei entsprechenden Gelegenheiten voll zum Ausdruck kommt. Und dies war ein Grund, warum sie an TFA ihre Freude hatten. Ich rechne es dem Film positiv an, dass er diese Reaktionen aus ihnen heraus kitzeln konnte. Denn ich schrieb ja, dass sich SW nicht nur an Kinder in wörtlichem, sondern auch im übertragenen Sinne richtet.
Wie dies nun bei TLJ aussieht, kann ich nicht beantworten. Ich halte deine Schilderungen – mangelnde emotionale Resonanz; Indifferenz – beim jüngeren Publikum für wahrscheinlich. Rian Johnson hat einen für SW-Verhältnisse sehr intimen, figurenzentrierten, ja in seinen Dimensionen fast engen Film gemacht. Selbst epische Elemente, die Einschnitte in der Saga bedeuten und die Galaxis als ganze betreffen, entzünden sich an intimen, persönlichen Momenten. In einer Besprechung hieß es, Johnson finde das Kleine im Großen (Paige Ticos Tod in der eröffnenden Schlacht) und das Große im Kleinen (Konfrontation zwischen Luke und Kylo auf Crait). Diese Herangehensweise an SW ist ziemlich erwachsen und birgt potenzielle Probleme für jüngere Zuschauer, die vielleicht erst über visuelle Reize, aufregende set pieces und viel kindliche Fantasie geködert werden müssen, bevor sie sich auf Figuren und ihr Innenleben einlassen.
Ich habe den Verdacht, dass Rian Johnson selbst es als schwierig empfand, DEN Adressaten für seinen Film zu finden. Das könnte die tonalen Dissonanzen in TLJ erklären. Auf der einen Seite ziehen sich eine bittersüße Depression, Hoffnungslosigkeit, Selbstzweifel und Tod durch seinen Film; auf der anderen versucht er, diese dunklen Töne mit Porgs, zeitgemäßem „Marvel-Humor“ und prequelesken Albernheiten auf Canto Bight aufzulockern. Die Intention dahinter – einen möglichst vielfältigen Film zu schaffen – ist lobenswert, aber das Ergebnis ist weit weniger überzeugend, als TESB, der ja die finstere, Grimm’sche Art von SW-Märchen ist. Ich konnte TLJ neulich wieder sehen, und bei der Befreiung der Fathiere auf Canto Bight ist mir der Spielberg-Vibe, der in Kommentaren auf SWU schon hier und da genannt wurde, regelrecht ins Gesicht gesprungen. Die Mondnacht, Williams Musik sowie die kindlich-naive – in Kritiken liest man „plakative“ und „stumpfe“ – Moral sind bis ins Letzte durchtränkt von Spielbergs E.T.-Geist. Als ich das merkte, und mir dachte, dass ich in diesem Moment vielleicht nicht zum Zielpublikum gehöre, wurde mir klar, dass dieser Sequenz isoliert betrachtet nichts vorzuwerfen ist. Dass sie als störend empfunden wird, liegt am Zusammenspiel mit dem restlichen Film. Es will nicht recht zusammenpassen, und ich vermute, dass Johnson zwei verschiedene Typen von Zuschauer ansprechen wollte – mit dem Ergebnis, dass beide verwundert dreinschauen.
Nun habe ich es ja als Wesenszug von SW beschrieben, das Kind bzw. innere Kind im Zuschauer anzusprechen. Im Umkehrschluss müsste ich also sagen, dass TLJ bei diesem Kriterium durchfällt – vorausgesetzt es stimmt, dass er beim jungen Publikum für Indifferenz sorgte, bzw. dass deine Erfahrungen repräsentativ sind. Was das für TLJ als SW-Film bedeutet, ist aber noch mit einer anderen Frage verbunden: was genau ist es, das junge Zuschauer so an TFA begeistert hat? Entzündete sich die Begeisterung an einer Geschichte und Figuren, die emotional berührten, oder an eher oberflächlichen Dingen wie dem Humor, BB-8 oder den coolen Kostümen von Kylo Ren und Phasma? Wenn Letzteres überwiegt, kann Indifferenz in Bezug auf TLJ kaum verwundern; denn wenn der Vorgänger vornehmlich mit Zirkustricks begeisterte, ohne wirklich für seine Figuren und ihre Schicksale einzunehmen, fehlt natürlich die Grundlage für emotionales „Investment“, wenn die Fortsetzung sie durch ihr dunkles Tal führt. Das ist nur Spekulation meinerseits. Sollte aber etwas Wahres daran sein, könnte sich als richtig erweisen, was Snakeshit schreibt: nämlich dass man ab und zu einem SW-Film „entgegenreifen“ muss. Ich will damit nicht sagen, dass Bedenken hinsichtlich TLJ nicht begründet seien. Der Film hat Probleme, die Johnson sicher kannte, aber nicht lösen konnte. So ziehen die für mich emotionalsten Momente ihre Wirkung vor allem aus dem Vorwissen, dass ich aus der OT mitbringe – und nicht nur – und das ist entscheidend! – aus dem WISSEN, sondern auch aus der EMOTION, die mit jedem Jahr, das die OT älter wurde, an Tiefe, Festigkeit und Reife hinzugewann. So ist Lukes Dialog mit Leia auf Crait am stärksten, wenn man sozusagen als Zuschauer mit den beteiligten Figuren gealtert ist. Diese Grundlage fehlt dem jüngeren Publikum natürlich. Selbst wenn es die OT in- und auswendig kennt, kann nicht viel Zeit zwischen OT und TLJ vergangen sein, und die "SW-Melodie", zu der die zeitlichen Abstände zwischen den Filmen gehören und die TLJ am Ende anspielt, gerät durcheinander. TFA hatte ein sehr ähnliches Problem: auch da baute der Film ja stark auf Nostalgie auf, setzte also eine gereifte Beziehung zwischen Publikum und OT-Figuren voraus. Warum kam der Film, wie es scheint, bei jungen Zuschauern also trotzdem besser an? Vielleicht auch wegen der erwähnten populären „Oberflächlichkeiten“, die Johnson in geringerem Maße bietet, bzw. mit denen er als künstlerisch und in Bedeutungsebenen denkender Filmschaffender deutlich mehr Schwierigkeiten hat?
An der Stelle sehe ich die Gelegenheit, dir eine alte, bislang unbeantwortete Frage noch einmal zu stellen: was macht, deiner Ansicht nach, den Reiz von Episode I für Kinder aus, und was, glaubst du (oder vielleicht weißt du es), hat der Film Kindern zu sagen?
- „Bei meiner erneuten Sichtung von TLJ auf BD ist mir ja wieder aufgefallen, welch künstlerisches Engagement Johnson in den Film eingebracht hat und wie vortrefflich er dies auch umgesetzt hat, was ich an anderer Stelle ja auch schon sehr gelobt habe. Und ich habe mich gefragt, warum diese Ebene, die ich prinzipiell so sehr zu schätzen weiß, nicht bei mir eine entsprechend positive Resonanz erzeugen konnte.“
Das konnte sie bei mir durchaus. Es kann gut sein, dass das an meinem eigenen Alter liegt und ich erstmal positiv reagiere, wenn sich SW auf eine Art und Weise vor mir entfaltet, die mich auf meiner eigenen Wellenlänge erreicht. Johnsons künstlerischer Blick auf einen altbekannten Stoff hat das geschafft. Ich räume aber ein, dass SW auch danach zu bewerten ist, wie es bei anderen Altersgruppen ankommt. Ich habe zwar vom kindlichen Wesen von SW gesprochen – aber ich bin der Meinung, dass dies von Infantilität zu unterscheiden ist, und nicht jeder SW-Film einer Regression unterliegen muss, nur um das Kriterium der Kindlichkeit zu erfüllen, oder, wie Lucas sagen würde, für „Zwölfjährige“ zu sein. Das hat – und ich weiß du wirst mir widersprechen – Episode I nämlich getan, und das nachdem die Saga mit TESB bereits bewiesen hat, dass sie das kindlich-naive Abenteuer als Starthilfe für reiferes, dunkleres Erzählen nutzen kann. Kinder können mit SW reifen, und es ist erstmal nicht verwerflich, wenn ihnen dafür Anreize gegeben werden. Ich kann das künstlerische Engagement Johnsons also wirklich nicht negativ sehen, weil es für mich eine spannende, reizvolle Perspektive in die Saga hineinbringt. Aber du sprachst an der Stelle ja garnicht von verschiedenen Altersgruppen, sondern vom Werk selbst...
- „Johnson thematisiert in TLJ diesen mythologischen "Text" und seine "Helden" und dekonstruiert sie auch zu einem gewissen Grad. Prinzipiell kann dies ein spannendes Unterfangen sein, aber es darf nicht in der gleichen Werkgruppe stattfinden. Die Saga ist der mythologische Text. Wenn man nun in einer fiktional ansprechenden Geschichte diesen Text kommentieren will, dann muss dies außerhalb dieses Rahmens passieren.“
Da will ich mal deine Entgegnung an DarthPIMP zitieren:
- „Referenzen sind noch lange kein Meta-Kommentar und sind für ein Gesamtwerk, das aus mehreren Teilen besteht, unerlässlich. Insofern müsstest du mir das näher erläutern, denn ich kann deinen Ausführungen nicht entnehmen, inwiefern die PT als ein Meta-Werk zur OT gesehen werden kann.“
Die Bitte hätte ich auch an dich bzgl. TLJ. Findest du nämlich wirklich, dass das Meta-Element in TLJ so ausgeprägt ist, dass sich der Film wie ein Fremdkörper in der eigenen Erzählung anfühlt – er kommentiert stärker als seine Vorgänger, aber auch in einem derart störenden Ausmaß? Einige der Kommentare sind ja in die Erzählung eingeflochten, womit sie selbst zur neuen Erzählung werden. So spricht Luke z.B. von der eigenen Hybris als Jedi-Lehrer und seiner Blutlinie, der sie, aus seiner Sicht, entsprungen ist und an der er so nagt. Wenn man das denn heraushören möchte, kann man hier ein Echo der häufig geäußerten Kritik vernehmen, dass Lucas mit der PT die Skywalker-Geschichte auf eine materialistische Ebene reduziert habe. Zwar glaube ich nicht, dass Johnson dies als PT-Fan beabsichtig hat, aber er bringt die Erzählung mit diesem kurzen Satz dennoch (in seinem Sinne) weiter: die Erneuerung kann von einem Außenseiter kommen, und tut es in Gestalt von Rey auch (ich könnte dazu noch etwas mehr schreiben, aber ich möchte an der Stelle keine thematische Ausfahrt nehmen). Alle anderen Stellen, die man jetzt noch als SW- oder TFA-Kommentar auslegen mag, werden mit der Zeit vermutlich an Auffälligkeit verlieren und eher im restlichen Film aufgehen. Dass wir jetzt noch über TLJ als kommentierenden Film sprechen, ist vielleicht nur dem Moment geschuldet, in dem wir uns innerhalb seiner Rezeptionsgeschichte befinden.
Dieser letzte Punkt – Rezeptionsgeschichte – ist gleichwohl differenziert zu betrachten; und weil ich, wie ich gleich ausführe, der Meinung bin, dass Verweise auf Rezeptionsgeschichte kein stichhaltiges Argument sind, muss ich natürlich auch einräumen, dass die von dir geäußerte Kritik bezüglich des Fremdkörpercharakters von TLJ in der Saga gut begründet und damit völlig legitim ist. Aber zum eigentlichen Punkt. Du schreibst:
- „Und in der Tat ist genau der leidenschaftlich geführte Diskurs ein elementares Indiz für eine andere Form von Qualität - die letztlich höher einzustufen ist, als die der technischen oder narrativen, die wir an Kriterien festzumachen versuchen, die zum Teil auch einem steten Wandel unterliegen.“
Du hast in der Vergangenheit öfter vom Wandel (vermeintlich) objektiver Kriterien geschrieben, was dazu führe, dass eine objektive Bewertung von Qualität in der Kunst nicht absolut möglich sei. Ebenso verweist du immer wieder darauf, dass ein aktuell negativ besprochener Film irgendwann positiv bewertet werden kann, und umgekehrt. Das ist prinzipiell richtig, ich sehe allerdings ein Problem: mit Verweisen auf Zukunft, und Vergangenheit, verwässert man die Diskussion. Sie wird bedeutungslos, und der Austausch über Kunst, in welcher Form auch immer sie sich zeigt, beliebig. So kann ich unter Rückgriff auf ein bestimmtes analytisches Instrumentarium, und auch mit Verweis auf Konventionen, im Hier und Heute darlegen, warum ein Drehbuch schlecht oder unzureichend geschrieben ist, oder warum Schauspieler hölzern agieren – du wirst stets entgegnen können, dass das ja so sein mag, in Zukunft aber möglicherweise keine Rolle mehr spielt, weil sich dann die Bewertungskriterien geändert haben werden. Das ist ein Phantomargument, denn weder kannst du belegen, noch kann ich widerlegen, dass es so kommen wird. Deshalb ist unsere Gegenwart, auch wenn sie nur ein historischer Ausschnitt sein wird, im Sinne einer sinnvollen Diskussion alles, was wir haben, und alles, mit dem wir arbeiten sollten. Ich verweise dabei auf meine Kommentare zu SW als Populärerzählung, denn als solche steht sie erst recht in der Pflicht, dem Publikum der Gegenwart etwas zu bieten, d.h. sich an gegenwärtige Konventionen der Erzählung zu halten; so zu erzählen, dass es berührt und mitnimmt – und zwar das Publikum heute, nicht das in 20, 30 Jahren. Ich habe dabei ganz grundlegende Erwägungen im Sinn: Figuren sorgsam aufbauen; Widersprüche in der Charakterzeichnung vermeiden; die richtigen Mittel für ein gesetztes Ziel wählen; eine Spannungskurve konstruieren etc. – dies alles muss weder meisterhaft noch revolutionär sein, im Gegenteil: gerade bei SW reicht in der Regel eine Befolgung und Erfüllung der basics. Findet diese nicht statt und hat Irritation und Kritik zur Folge, ist das ein ernstzunehmendes Problem, und es reicht nicht, mit in ein paar Jahrzehnten eventuell anders lautenden Meinungen eines dann u.U. anders geprägten Publikums zu argumentieren.
Zu Kriterien der qualitativen Bewertung noch zwei Punkte: erstens ist ihr historischer Wandel nicht gleichzusetzen mit Subjektivität. Sie sind, auch wenn sie einer Konvention entspringen, objektiv in dem Sinne, dass sie außerhalb meiner Selbst liegen und ich im Austausch mit anderen auf sie deuten kann. Sie haben somit eine Gültigkeit, die durch den Verweis auf womöglich künftige Verschiebungen nicht außer Kraft gesetzt und auch nicht relativiert wird. Wenn ich mich mit Leuten über einen Film unterhalte, bewege ich mich ja mit ihnen gemeinsam durch die Zeit; ich kommuniziere mit ihnen auf der Grundlage derselben Konventionen, über einen Film der wiederum mit uns kommuniziert. Das führt mich zum zweiten Punkt: ich kann nicht im Austausch mit künftigen Generationen stehen – und auf der anderen Seite ist das Kino als Erzählform noch zu jung, dass ältere Generationen von substanziell anderen Erzählkonventionen und Qualitätskriterien in der Vergangenheit berichten könnten. Gerade bei SW haben wir es mit einer Erzählung zutun, die zumindest in unserem Kulturkreis universell verständlich und zeitlos ist. Sie ist dies auch, weil die Konventionen, innerhalb derer die Geschichte erzählt wird, sowie die Kriterien, mit denen wir sie bewerten, im Kern so simpel und über Jahrzehnte hinweg gültig sind, dass der Verweis auf historischen Wandel nicht wirklich überzeugt. Wie groß kann so ein Wandel in gerade mal 120 Jahren Kino auch sein?
Vorbeugend möchte ich noch hinzufügen, dass ich dich keineswegs missverstanden habe: ich weiß, dass du Diskussionen zu narrativen Techniken nicht abwerten möchtest. Du schreibst ja:
- „Meine Ausführungen zu dieser anderen Form von Qualität möchte ich aber nicht als Abwertung des Diskurses bzgl. der technischen oder narrativen Qualitäten verstanden wissen, denn sie ergibt sich ja eben erst aus genau diesem Diskurs, der deshalb genauso weitergeführt werden sollte - wozu ich ja auch gerne meinen Beitrag leiste.“
So ist es – das „Mehr“ ergibt sich aus einem Stoff, dem man sich über konkrete Kriterien nähern kann. Es ist deshalb jedoch nicht höher zu werten (du schreibst ja, dass dir dieses „Mehr“ wichtiger sei), sondern stellt nur eine andere Facette dar. Anders ausgedrückt: jeder Inhalt braucht eine Form, und dieses gehört ebenso einem Test unterzogen wie jenes. Ich zweifle oft daran, ob es legitim sei, eine Hierarchie zu erstellen, in der Inhalt über der Form steht. Das ist etwas, das man als geistig veranlagter Mensch gerne tut. Wäre es aber nicht möglich, von beidem als Einheit zu sprechen? Ich denke, das „Mehr“, von dem du sprichst, manifestiert sich nämlich außerhalb des betreffenden Filmes. Was man z.B. aus Episode I für sich mitnimmt, spielt sich größtenteils gar nicht im Film ab, sondern ist der Nachhall einer Note, die dieser kurz spielt. Dadurch wird der Mehrwert nicht weniger wert, aber er verlagert sich in das Innere des Zuschauers, und wir dann umgekehrt wieder auf den Film zurückprojiziert. Und so wird z.B. Anakin zum träumenden Sklaven, der seinem Leben auf Tatooine entfliehen will – obwohl sein Leben auf Tatooine gar nicht so schlimm ist, dass er ihm entfliehen wollen müsste. Hier arbeiten Inhalt und Form, Intention und Mittel aneinander vorbei, und das wird auch in zwei Jahrzehnten noch so sein, auch wenn die Diskussion darüber dann vielleicht nicht mehr so im Mittelpunkt steht.
(zuletzt geändert am 10.05.2018 um 17:24 Uhr)
George W Lucas
@(User) George Lucas
Ich muss vorweg schicken, dass ich erst nach Mitternacht nach Hause gekommen bin - und geistig Trank leicht Wirkung zeigt. Und nein, das hat nichts mit Vater- oder Herrentag zu tun. Einfach ein nettes Beisammensein mit Freunden. Ich bin also nicht völlig auf der Höhe und nun mit deinem Opus hier konfrontiert. Das stimuliert mich aber so, dass ich mich trotzdem an eine Antwort setze, statt mich in Morpheus Arme zu stürzen, was wohl ratsamer wäre. Ich hoffe, ich kann dir gerecht werden...
Zitat:
"An der Stelle sehe ich die Gelegenheit, dir eine alte, bislang unbeantwortete Frage noch einmal zu stellen: was macht, deiner Ansicht nach, den Reiz von Episode I für Kinder aus,"
Zunächst einmal: Dem großen Teil deines Textes, der VOR diesem Zitat steht, habe ich nichts Wesentliches hinzuzufügen und würde - von wenig bedeutsamen Differenzierungen abgesehen - zustimmen. Daher mache ich bei deinen Fragen weiter...
Ich würde denken, dass Ep.1 zunächst einfach ein tolles "Weltraummärchen" ist. Natürlich legt der Film auch wichtige Ausgangspunkte für die Trilogie und die Saga fest, doch die sind - wenn man das Einzelwerk betrachtet - nicht offensichtlich. Als ich den Film zum ersten Mal sah, dachte ich: Tja, ok - aber sollte er nicht mehr sein? Und auch wenn er innerhalb der Saga mehr ist, so hat die Frage immer noch ihre Berechtigung - insbesondere wenn man sich - wie wir es ja oft diskutiert haben - an anderer Stelle (z.B. bzgl. der Beziehung von Anakin und Obi-Wan zwischen Ep.2 und 3) mehr gewünscht hätte. Bzgl. des quasi-mythologischen Gesamt-Textes erfüllt er aber seine Position innerhalb der Saga. Doch zurück zur separaten Betrachtung als "Weltraummärchen". Ich würde vermuten, dass auch TFA aus den gleichen Gründen ein sehr junges Publikum begeistern kann, für die tatsächlich dieser neue Film zunächst alleine steht. Wenn man - wie ich - TFA jedoch als Episode 7 einer Saga sieht, reicht die "Märchen"-Struktur nicht aus, um mich ausreichend abzuholen.
(nebenbei: ich werde bei den zwei Kindern einer Kollegin die Gelegenheit haben, deren SW-Sozialisation mitzuerleben und werde ihre Eindrücke nach jedem Film dokumentieren. Dann dazu mehr...)
Zitat:
"Ich habe zwar vom kindlichen Wesen von SW gesprochen – aber ich bin der Meinung, dass dies von Infantilität zu unterscheiden ist, und nicht jeder SW-Film einer Regression unterliegen muss, nur um das Kriterium der Kindlichkeit zu erfüllen, oder, wie Lucas sagen würde, für „Zwölfjährige“ zu sein."
Das sehe ich 100%ig genauso.
Zitat:
"Das hat – und ich weiß du wirst mir widersprechen – Episode I nämlich getan, und das nachdem die Saga mit TESB bereits bewiesen hat, dass sie das kindlich-naive Abenteuer als Starthilfe für reiferes, dunkleres Erzählen nutzen kann."
Nein, ich widerspreche nicht wirklich und würde lediglich differenzieren. Zunächst muss ich anführen, dass wir beide bzgl. der Saga-Rezeption eine andere Philosophie vertreten. Während du die OT als einen Text-Block siehst, den man vor der PT "lesen" sollte (und bei einer filmhistorischen Betrachtung würde ich dem ja sogar zustimmen), verstehe ich die Saga als einen Text, den man in der vorgegebenen Weise von 1 nach 6 (bzgl. der Denotation sowie auch der Konnotation) zu "lesen" hat. Insofern macht es durchaus Sinn, dass Ep.1 der "infantilste" Film der Reihe ist bzw. sein darf. Aber du weißt ja hoffentlich, denn das habe ich häufig geäußert, dass ich damit längst nicht jede Albernheit des Films entschuldige: Kackhaufen-Humor, Eopiefurz-Witze, aber auch die allgemeine Darstellung der anderen Gungans (denn gar nicht mal so sehr die von JarJar) und der Neimoidianer sind auch mir ein Dorn im Auge!
Zitat:
"Die Bitte hätte ich auch an dich bzgl. TLJ. Findest du nämlich wirklich, dass das Meta-Element in TLJ so ausgeprägt ist, dass sich der Film wie ein Fremdkörper in der eigenen Erzählung anfühlt – er kommentiert stärker als seine Vorgänger, aber auch in einem derart störenden Ausmaß?"
Meine Frage an Darth PIMP rührte ja daher, dass ich nicht sehe, wie die PT als Meta-Text zu lesen ist - was wahrscheinlich in einem anderen Verständnis dieses literatur-/filmwissenschaftlichen Begriffes begründet liegt. Deinen Ausführungen entnehme ich aber, dass du bzgl. der ST-Filme die Metatext-Ebene durchaus ebenfalls sehen kannst. Inwiefern sie störend ist, wäre eine ganz andere Frage. Für mich hebt diese Ebene die ST-Filme - selbst wenn ihre pure Narration eine Fortsetzung der bisherigen Werke ist - aus der Natur eines quasi-mythologischen Textes heraus. In einem quasi-mythologischen Text ist der "Held" (in unserem Fall Luke) eine Legende für den Rezipienten dieses Textes. Er selbst hat sich nicht als Legende zu begreifen oder wie in TLJ mit der In-Universe-Bürde zu hadern, um dann letztlich zu erkennen, dass er diese "Funktion" für andere In-Universe-Figuren dann doch erfüllen muss. Und diese Anderen sind bei Johnson dann wieder Metakommentar auf die Rezipienten, da die Stallburschen - wie wir früher - die Heldentaten von Luke Skywalker mit "Action-Figuren" nachspielen. Johnsons Film ist als Metatext großartig! Und ich schrieb ja schon, dass ich ihn als abgetrenntes Werk dafür abfeiern kann (dazu gleich noch mehr), aber er sollte nicht in der gleichen Werkgruppe mit der Saga verortet werden, da er aufgrund der unterschiedlichen Natur von Text und Metatext gar nicht dazu passen kann.
Wenn ich das richtig verstehe, wünschst du dir für meine Sicht eine umfangreichere Untermauerung. Diesem Wunsch will ich gerne nachkommen, doch da mir das Formulieren gerade schwer fällt, muss ich das verschieben. Und ich würde es wohl auch an einer Stelle machen, die nicht so schnell wieder in der Versenkung verschwindet und auf die man auch später noch verweisen kann - vielleicht wieder in den RT-Kommentaren, so wie bei dem Text zu den Lucas-Treatments.
Zitat:
"Einige der Kommentare sind ja in die Erzählung eingeflochten, womit sie selbst zur neuen Erzählung werden."
So sollte es im besten Fall ja auch sein. Ein guter Meta-SW-Film erzählt eine eigenständige Geschichte. Die Geschichte verweist auf das zu kommentierende Thema und die Elemente der Geschichte und deren Komposition kommentieren das entsprechende Thema, während (!) sie die eigene Geschichte erzählen. Die Frage ist nur - kann das dann noch ein quasi-mythologischer Text sein? Darüber kann man natürlich in Zukunft vortrefflich "streiten". Willkommen im Diskurs!
Zitat:
"Alle anderen Stellen, die man jetzt noch als SW- oder TFA-Kommentar auslegen mag, werden mit der Zeit vermutlich an Auffälligkeit verlieren und eher im restlichen Film aufgehen. Dass wir jetzt noch über TLJ als kommentierenden Film sprechen, ist vielleicht nur dem Moment geschuldet, in dem wir uns innerhalb seiner Rezeptionsgeschichte befinden."
Da sind wir natürlich wieder bei der Unsicherheit des Zukünftigen. Ich gehe aber davon aus, dass der Kommentar-Charakter mit der Zeit sogar noch deutlicher thematisiert werden wird.
Zitat:
"Ich kann das künstlerische Engagement Johnsons also wirklich nicht negativ sehen, weil es für mich eine spannende, reizvolle Perspektive in die Saga hineinbringt. Aber du sprachst an der Stelle ja garnicht von verschiedenen Altersgruppen, sondern vom Werk selbst..."
Genau, hier ging es nicht mehr um das Alter. Und auch ich habe sein künstlerisches Engagement ja sehr gelobt. Ich kann (für mich) daraus aber keine Berechtigung dieser Geschichte innerhalb der Saga ableiten. Die Saga hätte imho erst befriedigend abgeschlossen werden müssen, um sie dann zu kommentieren. Ich habe ja schon mehrfach erwähnt, dass ich mir durchaus eine vierte Epilog-Trilogie nach einer anderen dritten Trilogie vorstellen könnte, die genau dies macht. Diese würde aber (in-universe) in einer entfernteren Zukunft zur Drei-Trilogien-Saga liegen, in der die Helden in der Tat so sehr Legenden für die dann aktuellen Protagonisten sein könnten, wie für uns. Selbst dann würde diese Trilogie - zu Recht - eine deutliche Abgrenzung in ihrer Natur zum Rest aufweisen, aber dies wäre ja auch "nur" ein künstlerisch überhöhtes Ende des vorangegangenen Endes der eigentlichen Saga. So wie wir beim "Herr der Ringe" am Ende erkennen, dass wir die (Lebens-)Geschichte lesen, die Bilbo und später dann Frodo ins "Rote Buch" schreiben.
Jetzt kann man natürlich anführen, dass nun eben schon die aktuelle ST diese Funktion erfüllt und deshalb berechtigt das quasi-mythologische Feld verlässt. Damit hätte ich dann aber immer noch zwei Probleme.
1. Ich hätte es für erstrebenswert gehalten, wenn wir zunächst eine dritte Trilogie bekommen hätten, die die Dreischritt-Saga auf der quasi-mythologischen Ebene abschließt. Gut, diesen Wunsch muss man nicht teilen.
2. Halte ich so ein Vorgehen nur als Abschlussschnörkel für einen mythologischen Text als legitim. Wenn die aktuelle ST aber nur der Übergang zu einer weiteren ist (wie es langsam ja den Anschein hat), empfinde ich diesen Zwischen-Kommentar als unsinnig. Natürlich darf man die ST dann als den Wandel vom Legenden-"Star Wars" zum Realo-"Star Wars" ansehen, aber künstlerisch empfinde ich es dann immer noch nicht als sonderlich ästhetisch, wenn man dies innerhalb der gleichen Werkgruppe tätigt. Und persönlich empfinde ich es sogar als höchst bedauerlich, da die Saga-Episoden imho immer als quasi-mythologischer Text erzählt werden sollten. In anderen Werkgruppen bin ich dagegen für recht viel offen.
Zitat:
"Das [eine positive Resonanz-Erzeugung durch Johnsons künstlerisches Engagement] konnte sie bei mir durchaus. Es kann gut sein, dass das an meinem eigenen Alter liegt und ich erstmal positiv reagiere, wenn sich SW auf eine Art und Weise vor mir entfaltet, die mich auf meiner eigenen Wellenlänge erreicht. Johnsons künstlerischer Blick auf einen altbekannten Stoff hat das geschafft."
Wahrscheinlich habe ich es nun genügend ausgeführt, aber nochmal als Fazit: Prinzipiell bringt das auch eine Saite in mir zum Klingen - wie du dir sicher denken kannst. Nur dass ich sie nicht in dieser Werkgruppe angeschlagen haben will - aus den erläuterten Gründen. Gerne andernorts, weshalb ich mir denken könnte, dass ich die aktuelle ST als "Infinities"-Trilogie absolut zu schätzen lerne.
Zitat:
"Du hast in der Vergangenheit öfter vom Wandel (vermeintlich) objektiver Kriterien geschrieben, was dazu führe, dass eine objektive Bewertung von Qualität in der Kunst nicht absolut möglich sei. Ebenso verweist du immer wieder darauf, dass ein aktuell negativ besprochener Film irgendwann positiv bewertet werden kann, und umgekehrt. Das ist prinzipiell richtig, ich sehe allerdings ein Problem: mit Verweisen auf Zukunft, und Vergangenheit, verwässert man die Diskussion. Sie wird bedeutungslos, und der Austausch über Kunst, in welcher Form auch immer sie sich zeigt, beliebig."
So möchte ich es natürlich nicht verstanden wissen. Ich will versuchen, das im Nachfolgenden gerade zu rücken...
Zitat:
"So kann ich unter Rückgriff auf ein bestimmtes analytisches Instrumentarium, und auch mit Verweis auf Konventionen, im Hier und Heute darlegen, warum ein Drehbuch schlecht oder unzureichend geschrieben ist, oder warum Schauspieler hölzern agieren – du wirst stets entgegnen können, dass das ja so sein mag, in Zukunft aber möglicherweise keine Rolle mehr spielt, weil sich dann die Bewertungskriterien geändert haben werden. Das ist ein Phantomargument, denn weder kannst du belegen, noch kann ich widerlegen, dass es so kommen wird."
Da packst du mir jetzt zu viele Aspekte rein die ich - so dachte ich zumindest - differenzierter aufgeführt hatte.
Natürlich gibt es Aspekte, die man gut und recht sicher bewerten kann. Ein Plothole ist prinzipiell ein Plothole. Manchmal wird aber auch zu Recht darüber diskutiert, ob man einen Aspekt als solches ansehen darf. Nehmen wir z.B. Lukes Motivation in TLJ. Ist die ausreichend begründet, um nachvollziehbar zu sein? Hierzu haben wir schon vortrefflich "gestritten". Gibt es einen objektiven Gradmesser dafür? Wohl nicht. Und natürlich sind hölzerne Dialoge auch als solche recht klar auszumachen. Im Falle von Ep.2 haben wir jedoch auch schon darüber diskutiert, ob diese in ihrer Hölzernheit eine Funktion erfüllen. Und wie damals würde ich hier auf jeden Fall sagen, dass Lucas im besten Fall aus "seiner" Not eine Tugend gemacht hat, weshalb sie immer noch kritikwürdig bleiben.
Es gibt also Aspekte, die man recht einfach "in den Griff" bekommen kann. Andere sind jedoch deutlich komplexer und wiederum andere geradezu problematisch. Bei meinen Ausführungen ging es mir nur darum, einer Tendenz zur Milchmädchen-Rechnung, die ich bei einigen in den Diskussionen wahrgenommen habe, entgegen zu wirken. Selbst wenn man alle recht sicher ausmachbaren Qualitäten und Mängel beisammen hat, so kann man die nicht einfach addieren und subtrahieren, um ein prozentuales Ergebnis über die Gesamtqualität eines Filmes zu erhalten. Ein Kunstwerk ist dann doch mehr als die Summe seiner Teile.
Die Sache mit dem Wandel der Zeit erhält in deinem Zitat eine besondere Gewichtung, die ich so gar nicht vorgesehen hatte. Ich habe sie lediglich als einen weiteren Aspekt angeführt, den man nicht außer Acht lassen darf - und insbesondere war dies dadurch motiviert, dass es hier immer wieder zu Diskussionen kommt, in der manche Kommentatoren der Meinung sind, dass gewisse Aspekte nun ausdiskutiert sind und nun auch bitte unwidersprochen zu bleiben haben.
Aber ich trage bei dir eh nur Eulen nach Athen, da ich recht sicher bin, dass wir bzgl. der Quali-Diskussion nicht wirklich weit auseinanderliegen und meine Block-Relativierung im Vorgangspost nur für kurze Irritation bei dir gesorgt hat.
Zitat:
"Deshalb ist unsere Gegenwart, auch wenn sie nur ein historischer Ausschnitt sein wird, im Sinne einer sinnvollen Diskussion alles, was wir haben, und alles, mit dem wir arbeiten sollten."
Da bin ich 100%ig deiner Meinung! Und deshalb zitiere ich mich selbst:
"Meine Ausführungen zu dieser anderen Form von Qualität möchte ich aber nicht als Abwertung des Diskurses bzgl. der technischen oder narrativen Qualitäten verstanden wissen, denn sie ergibt sich ja eben erst aus genau diesem Diskurs, der deshalb genauso weitergeführt werden sollte - wozu ich ja auch gerne meinen Beitrag leiste."
Zitat:
"Figuren sorgsam aufbauen; Widersprüche in der Charakterzeichnung vermeiden; die richtigen Mittel für ein gesetztes Ziel wählen; eine Spannungskurve konstruieren etc."
Aber der Teufel liegt im Detail. Wie schon angeführt: Wurde Luke in TLJ sorgsam aufgebaut? Über diese Frage konnten wir hier noch keine Einigkeit erzielen. Und woran mache ich fest, dass die richtigen Mittel für ein gesetztes Ziel verwandt wurden?
Nehmen wir doch noch mal unsere erst kurz zurückliegende Diskussion zur "Slow Chase"-Passage. War es storytechnisch sinnvoll Finn und Poe zu trennen? Wurden zumindest für Poes Handlungsbogen die richtigen Mittel ins Feld geführt? Das One-Trip-Pony "Holdo" war für mich ein eher lausiges Story-Instrument - du hast dies positiver beurteilt. Die Antwort auf die Frage, wodurch wir festmachen können, ob die richtigen Mittel verwand wurden, wäre bzgl. der Story oftmals: durch gute Argumente! Aber es kann für verschiedene Sichtweisen gute Argumente geben. Deshalb landen wir noch lange nicht in der Beliebigkeit, denn es begegnen uns auch manchmal schlechte oder gar keine Argumente für eine Meinung. Aber auch mit guten Argumenten kann man nicht zwangsläufig die Allgemeingültigkeit einer Sichtweise festzurren.
Ich würde behaupten, dass ich umfänglich und hoffentlich recht nachvollziehbar aufgezeigt habe, warum TLJ kein guter Sagafilm sein kann. Trotzdem bleibt dies nicht unwidersprochen. Zu recht! Denn man kann verschiedene Aspekte unterschiedlich gewichten, und was für mich lausig etabliert ist, ist für einen Anderen immer noch solide genug. Dafür gibt es in der Tat keinen objektiven Gradmesser.
Und dies ist auch nicht das Ziel meiner Beschäftigung mit Kunst. Es liegt nicht in meinem Interesse, Kunstwerke in einer Vergleichsskala einzuordnen. Ich trage hier meine Beobachtungen zusammen und ziehe argumentativ begründet Schlüsse, die natürlich einen wertenden Charakter haben. Ich hoffe, dass mancher Leser etwas für sich daraus zieht und es seine eigene Sicht bereichert. Und wenn ich etwas aus den Texten Anderer ziehen kann, was meine Sicht bereichert, freut mich dies besonders.
Der "Wert" von Kunst schlägt sich im Diskurs dazu nieder - er ist nicht in einer Tabelle ablesbar. Und ein kunst-/kulturwissenschaftlicher Diskurs wird natürlich nur ernsthaft mittels Kriterien und Paradigmen geführt. Doch da die untersuchten Elemente nicht in einen Messbecher zu füllen sind, kann die Erfüllung oder Nicht-Erfüllung häufig nur argumentativ beurteilt werden. Und bei dieser Beurteilung wird es bisweilen schwierig. Das ist der große Unterschied zwischen Natur- und Geisteswissenschaften. Und wohlgemerkt: Ich sagte schwierig - nicht beliebig!
Zitat:
"Zu Kriterien der qualitativen Bewertung noch zwei Punkte: erstens ist ihr historischer Wandel nicht gleichzusetzen mit Subjektivität."
Würde ich auch nie behaupten.
Zitat:
"Sie sind, auch wenn sie einer Konvention entspringen, objektiv in dem Sinne, dass sie außerhalb meiner Selbst liegen und ich im Austausch mit anderen auf sie deuten kann. Sie haben somit eine Gültigkeit, die durch den Verweis auf womöglich künftige Verschiebungen nicht außer Kraft gesetzt und auch nicht relativiert wird."
Ein Künstler schafft jedoch auch Stilmittel, die erst zu einer neuen Konvention werden. Diese neuen filmsprachlichen Mittel müssen natürlich erst zu lesen gelernt werden. Sie vorher als Makel zu sehen - ohne ihnen ein Potential zuzugestehen, würde ich ablehnen.
Zitat:.
"Wenn ich mich mit Leuten über einen Film unterhalte, bewege ich mich ja mit ihnen gemeinsam durch die Zeit; ich kommuniziere mit ihnen auf der Grundlage derselben Konventionen, über einen Film der wiederum mit uns kommuniziert."
Prinzipiell richtig, aber auch hier liegt der Teufel im Detail. Der Achsensprung wird z.B. als allgemeingültige Verfehlung angesehen, wenn er jedoch als Element zur Verwirrung angewandt wird, kann er absolut Sinn machen. Trotzdem wurde dieser bewusste Einsatz zunächst nicht gutgeheißen und wird es zum Teil heute noch nicht. Es macht also Sinn, Konventionen und Kriterien zu hinterfragen, statt sich ausschließlich auf den Status Quo zu beziehen (Stichwort: Avantgarde). Aber - wie gesagt - grundsätzlich widerspreche ich all deinen Ausführungen zur Objektivität von entsprechenden Kriterien nicht! Strittig kann (!) aber sein, wodurch sich die grundsätzliche oder der Grad der Erfüllung oder Nichterfüllung des einzelnen Kriteriums darlegen lässt.
Zitat:
"Das führt mich zum zweiten Punkt: ich kann nicht im Austausch mit künftigen Generationen stehen"
Absolut richtig!
Zitat:
"und auf der anderen Seite ist das Kino als Erzählform noch zu jung, dass ältere Generationen von substanziell anderen Erzählkonventionen und Qualitätskriterien in der Vergangenheit berichten könnten."
Das sehe ich ganz anders. Als z.B. "Star Wars" 1977 in die Kinos kam, war in einigen Kritiken zu lesen, dass die Montage viel zu hektisch ausfallen und dass den Charakteren dadurch nicht genug Entfaltung eingeräumt würde. Die heute junge Generation und auch die Lehrkräfte an Filmhochschulen würden so eine Montageweise wohl eher als behäbig beurteilen.
Aber ich denke, dass wir hier unnötig ins Detail gehen. Im Hinblick auf die Sinnhaftigkeit und die Objektivität von Kriterien bzgl. der eher technischen Aspekte von Filmsprache gehen wir wahrscheinlich eh konform. Und wir beide werden einem Film wie TLJ sicher kaum filmsprachliche Mängel attestieren. Da bewegt uns - zumindest mich - doch eher die Dramaturgie (siehe meine beispielhaften Ausführungen zur Motivation von Luke oder zur "Slow Chase"-Passage) und da zeigen unsere Diskussionen - obwohl wir beide aus einer filmwissenschaftlichen Perspektive agieren - dass es nicht so einfach ist.
Jetzt sehe ich gerade, dass du meine Passage, die ich extra oben nochmal gebracht hatte, selbst zitierst.
"Meine Ausführungen zu dieser anderen Form von Qualität möchte ich aber nicht als Abwertung des Diskurses bzgl. der technischen oder narrativen Qualitäten verstanden wissen, denn sie ergibt sich ja eben erst aus genau diesem Diskurs, der deshalb genauso weitergeführt werden sollte - wozu ich ja auch gerne meinen Beitrag leiste.“
Gut, dann war die ja doch nicht untergegangen...
Zitat:
"So ist es – das „Mehr“ ergibt sich aus einem Stoff, dem man sich über konkrete Kriterien nähern kann. Es ist deshalb jedoch nicht höher zu werten (du schreibst ja, dass dir dieses „Mehr“ wichtiger sei), sondern stellt nur eine andere Facette dar. Anders ausgedrückt: jeder Inhalt braucht eine Form, und dieses gehört ebenso einem Test unterzogen wie jenes."
OK, gleich 1:45 Uhr, und bin wahrlich nicht mehr sicher, ob ich bei deinem letzten Textblock noch die richtige Lesart gefunden habe. Wenn ich deine Worte völlig missdeute, weise mich bitte sachte drauf hin und ich werde in ein paar Stunden für Korrektur sorgen.
Also, salomonisch würde ich wohl sagen, dass die Beschäftigung mit den Kriterien eine Betrachtung der Teile ist, während dieses "mehr" aus dem Satz "Das Werk ist mehr als die Summe seiner Teile" stammt. Ist das wertneutraler und trotzdem sinnig? Nicht sicher...
Zitat:
"Ich zweifle oft daran, ob es legitim sei, eine Hierarchie zu erstellen, in der Inhalt über der Form steht. Das ist etwas, das man als geistig veranlagter Mensch gerne tut. Wäre es aber nicht möglich, von beidem als Einheit zu sprechen?"
Ich zweifele nicht nur daran - ich lehne so eine Hierarchie sogar strikt ab. Gerade bei der Kunstform Film (also nicht nur bei "Star Wars" ) muss z.B. die Narration nicht über der Performanz stehen - und ich habe so meine Last damit, dass häufig Filme eher wie Schriftsprache behandelt werden anstatt als audio-visuelle Werke.
Zitat:
"Ich denke, das „Mehr“, von dem du sprichst, manifestiert sich nämlich außerhalb des betreffenden Filmes. Was man z.B. aus Episode I für sich mitnimmt, spielt sich größtenteils gar nicht im Film ab, sondern ist der Nachhall einer Note, die dieser kurz spielt. Dadurch wird der Mehrwert nicht weniger wert, aber er verlagert sich in das Innere des Zuschauers, und wir dann umgekehrt wieder auf den Film zurückprojiziert."
Ich weiß zwar nicht, ob wir beide dies wirklich identisch verstehen, aber genau so sehe ich es in der Tat. Es ist für mich sogar ein wichtiger Teil meiner großen SW-Theorie - und insofern würde ich dies nicht speziell für Ep.1 geltend machen, sondern für alle SW-Filme der Lucas-Ära. Wenn man den Original-"Star Wars" betrachtet, ist dies eigentlich eine simple "Gut gegen Böse"-Geschichte. Das war nichts Neues. OK, es spielt im Weltraum und mit den technischen Innovationen, die der Film bot, könnte man vielleicht den bahnbrechenden Erfolg erklären - jedoch nicht, dass das Phänomen "Star Wars" an sich so lange währt. Ich glaube, dass die Stärke von "Star Wars" darin liegt, dass es Saiten in uns zum Klingen bringt, die so virtuos angeschlagen werden, dass sie intensiv nachhallen. Dass Räder angeschoben werden, die eine vom Film unabhängige Maschinerie in uns in Gang bringt, die uns zum weiterträumen anregt...
Natürlich kann man auch hier die Elemente ausmachen, deren Melange dafür verantwortlich ist: Sicher gehört dazu auch die Geschichte, aber es sind auch die ikonischen Bilder, die Musik, die Geräusche, die performativen Elemente etc.pp. - und die Komposition all dessen. Das ist große Kunst!
Zitat:
"Und so wird z.B. Anakin zum träumenden Sklaven, der seinem Leben auf Tatooine entfliehen will – obwohl sein Leben auf Tatooine gar nicht so schlimm ist, dass er ihm entfliehen wollen müsste. Hier arbeiten Inhalt und Form, Intention und Mittel aneinander vorbei, und das wird auch in zwei Jahrzehnten noch so sein, auch wenn die Diskussion darüber dann vielleicht nicht mehr so im Mittelpunkt steht."
Erst jetzt erkenne ich den perfiden Aufbau deines Mammut-Textes, der letztendlich auf eine PT-Kritik hinausläuft...
Nein! Das war ein Scherz!!!
Ernsthaft:
Ich weiß nicht, ob ich da mitgehen kann. Immerhin sind Anakin und Shmi Leibeigene, die nicht über ihr Leben und nicht mal über ihren Aufenthaltsort entscheiden können. Anakin muss zudem Kinderarbeit für Watto leisten. Gut, das ist besser als in Ketten von Jabba abgeleckt zu werden, aber es gab auch DDR-Bürger, die - ohne körperliche Not - den nachvollziehbaren (!) Drang verspürten, den Umständen entfliehen zu wollen.
Da läuft nichts aneinander vorbei. Ich sehe darin bewusste Auslassungen, die vom Zuschauer gefüllt werden können. So auch bei der Politik-Nummer. Du hattest mal geschrieben dass die PT hier ein prinzipiell löbliches Ziel verfolgt, das jedoch einen Anspruch erfordert, den die Filme nicht erfüllen können. Im Hinblick auf meine jüngsten Theorie-Ausführungen würde ich es jedoch anders sehen. Man präsentiert uns genau das richtige Maß: Palpatine/Sidious ist für Kinder entweder ein Bösewicht (wie der Schwarze Mann, der Teufel etc.pp) oder vielleicht schon einfach ein böser Politiker, da sie am Abendbrottisch mitgehört haben, dass man Politikern nicht unbedingt trauen kann. Und der Erwachsene legt in diesen Charakter, was er aus der Weltgeschichte zu solchen Figuren sedimentiert hat. Ich würde sagen, dass diese Offenheit des narrativen Hintergrunds für einen quasi-mythologischen Text geradezu ideal ist.
So, jetzt muss ich aber ins Bett...
Darth Jorge
@Darth Jorge
"Nur denke ich doch, dass ich da differenzierter agiere. "
Das stand für mich auch nicht zur Debatte. Mir ging es eher um viele andere denen du prinzipiell "bei gesprungen'" bist, mit deinen Ausführungen zur Qualitätsdiskussion.
"Und es sollte dir auch aufgefallen sein, dass sogar die konstruktiven Langdiskussionen immer wieder mal mit Häme bedacht werden."
Naja gut, ist aber jetzt auch nichts Neues. Aber bei TLJ habe ich diese Erfahrung auch schon gemacht, vor allem wenn wir tiefer in Plot und Motivation gingen, wurde vieles bereits im Vorfeld abgewunken. Das ist kein Problem das die Kritikerseite für sich gepachtet hat.
Aber ich stimme dir natürlich zu. In der Vergangenheit gab es hier auch immer wieder Diskussionen die mich in Thematik oder Intention irgendwann verloren haben. Dann halte ich mich halt fern, und lasse den Leuten ihren Spaß, aber hau da nicht mit der "Es ist nur ein Film" Keule dazwischen.
"Und wie der User GWL weiter oben bereits ausgeführt hat, ist es bedauerlich, dass man die Saga auf die entsprechend überhastete Weise angegangen ist."
Finde ich prinzipiell auch. Und das Aspekte der ST genau darunter gelitten haben ist unbestreitbar.
"Auf die anfängliche TFA-Euphorie folgte Ernüchterung(...)"
Das bringst du nicht zum ersten Mal vor, aber mein Eindruck ist auch anders gelagert. Natürlich gibt es einige die den Film zuerst mochten, dann weniger... Diesen Eindruck hatte ich aber schon nach der PT, RO und TLJ genauso. OvO ist hier bei uns z.B. ein prominentes Beispiel bei TLJ, der glaube ich statistisch den Rekord hielt beim Hauptthread, in denen er sich Kritikern regelrecht entgegen warf, während ich jetzt von ihm nur noch kritische Worte dazu lese.
Ich glaube eher, dass die kritische Auseinandersetzung nach einer anfänglichen Euphorie immer das ist, was uns stärker beschäftigt, und deswegen auch deutlicher im Fokus steht. Und davor ist auch keiner gefeit, dass Werke nach einem genaueren Blick auch wieder auf dem Boden der Tatsachen landen.
Es war ja auch nicht so, dass TFA als Meisterwerk gefeiert wurde, und man dann feststellte: "Oh, doch nicht...". Ja, ich glaube viele waren froh darüber, dass gewisse grundlegende Qualitäten nach der PT zu Star Wars zurückgekehrt sind. Figuren und Inszenierung sind einnehmender, charmanter. Das TFA in der Hinsicht ein wenig wie ein Heiratsschwindler agieren konnte ( ), obwohl er eigentlich mit völlig selbstverständlichen Qualitäten warb, ist eine Erkenntnis die erst später gereift ist. Aber nochmal, ich sehe die "Ernüchterung" nicht unbedingt stärker ausgeprägt als bei anderen erfolgreichen Hypefilmen, bei denen nach der anfänglichen Euphorie auch zuerst die kritische Analyse ihren Raum bekommt.
Aber für mich ist das auch kein großes Thema. Ich versuche so gut wie möglich meinen eigenen Blick auf diese Werke unabhängig von solchen Trends zu halten. Ich bin da sicher auch nicht immer vor gefeit, und ich glaube schon, dass es seine Wirkung haben kann, wenn man lange genug hört, dass ein Film Dies oder Jenes sein soll. Und genau deswegen ist es ja auch so wichtig sich seiner Begründung sicher zu sein. Und es gibt auf jeden Fall Aspekte an TLJ, womöglich sogar noch an TFA, derer ich mir auch nicht sicher bin, vielleicht auch nie sein werde.
Zu Beginn steht für mich eigentlich immer die allererste Entscheidung gefällt mir das? Ja oder Nein. Und wenn man das Glück hat, dass man eine eindeutige Antwort findet (bei RO z.B. hatte ich das lange nicht), dann kann man sich auch auf die Spurensuche begeben Warum das so ist. Ich finde es schade, dass viele offensichtlich bereits mit der Beantwortung der Frage aufhören, und deswegen klage ich hier sehr gerne Ausführungen ein, was nicht immer auf Gegenliebe stößt.
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"Wenn man es positiver rahmen möchte, könnte man auch sagen, dass die ST auf einer realistischeren Ebene die Legende der 6er-Saga kommentiert."
So sehe ich das. Schon im Vorfeld zu TFA, bei denen einige Gerüchte thematisiert wurden, habe ich das Gefühl gewonnen, dass die "menschlicheren" Dimensionen von den Machern wichtiger geworden sind. Und ja, womöglich leiden die mythologischen Aspekte darunter. Denn natürlich kann mehr Realismus auch bedeuten, dass gewisse Elemente profaner wirken als vorher.
Aber macht es nicht innerhalb einer Saga auch Sinn, wenn sich die Helden der zentralen Erzählung (OT), für die nachfolgende Generation überhöht werden, und sich dann der Mensch hinter der Legende offenbart? Was dann dazu genutzt wird, dass die neue Generation über die Alte hinaus wachsen kann. Ich meine, ist das nicht auch ein Motiv klassischer Erzählungen?
Der Zufall will es natürlich, dass außerhalb dieser Filme die Figuren natürlich auch Popkulturlegenden sind. Ich sehe es eher so, dass die Mythologie und reale Welt hier Hand in Hand gehen, und würde das als Stärke ansehen. Es eröffnet die Chance für eine Betrachtung über die Leinwand hinaus, aber es ist kein unbedingtes Muss zum Verständnis.
Und GWL hat es anhand von TLJ ganz gut ausgeführt, welche Stärken sich daraus ebenso ergeben:
"So spricht Luke z.B. von der eigenen Hybris als Jedi-Lehrer und seiner Blutlinie, der sie, aus seiner Sicht, entsprungen ist und an der er so nagt. Wenn man das denn heraushören möchte, kann man hier ein Echo der häufig geäußerten Kritik vernehmen, dass Lucas mit der PT die Skywalker-Geschichte auf eine materialistische Ebene reduziert habe"
Denn bringt nicht gerade auch dieser Aspekt die Widersprüche aus PT und OT zusammen ("Diese Waffe ist dein Leben" vs. "Nicht diese rohe Materie")? Und ist es nicht genau das was von der ST erwartet wird?
Johnson hält sich zwar noch mit einer eindeutigen Antwort zurück, und nur Abrams kann am Ende die Antwort darauf geben, welche Schlüsse Rey ziehen wird, aber allein die Fragestellung ist doch schon wichtig. Und anders als GWL glaube ich auch nicht, dass dies ein Zufall ist.
"Künstlerisch macht dies nur Sinn, wenn dies nicht innerhalb der gleichen Werkgruppe vollzogen wird, denn Episode 1-6 sind "Star Wars", während Episode 7&8 Meta-"Star Wars" sind.
(...)
Ob es von Johnson intendiert wurde, ist letztlich völlig egal."
Das stimmt, wobei es dann natürlich nicht uninteressant ist, wenn wir darüber diskutieren, ob Johnson für seine Intention sich nicht einfach das "falsche" Star Wars Projekt ausgesucht hat. Und es ist natürlich auch interessant, ob es wirklich eine klare Motivation ist, oder ob es nicht eine ganz organische Entwicklung ist, wenn neuen Leuten ein Phänomen wie Star Wars anvertraut wird. Für George Lucas befand sich Star Wars erstmal nur in seinem Kopf, bzw. in mythologisch-, klassischen Vorgängern. Für Johnson, Abrams und co. ist Star Wars darüber längst hinaus gewachsen. Es ist in der Welt und es ist beispiellos. Sie sind genau wie wir damit aufgewachsen und es ist längst ein eigenes Ding. Während George Lucas mit der PT seinen mythologischen Unterbau, anders als in der OT, auf die Spitze trieb, und damit sogar, und der Meinung bist du ja auch, sogar gegen gewisse Konventionen verstieß, dann ist es doch gar nicht verwerflich wenn eine dritte Trilogie jetzt das Gegenteil unternimmt.
Somit wäre die OT die perfekte Balance aus moderner Erzählung und mythologischer Text, während die PT sich eher Zweiterem zuwendet, und dann die ST halt Ersterem. Daraus könnte sich ja auch eine interessante Struktur ergeben, war man sich ja auch bewusst (George Lucas wie die heutigen Macher), dass man den Idealfall (OT) gar nicht wiederholen kann.
(zuletzt geändert am 11.05.2018 um 09:16 Uhr)
@Snakeshit
Zitat:
"Mir ging es eher um viele andere denen du prinzipiell "bei gesprungen'" bist, mit deinen Ausführungen zur Qualitätsdiskussion."
Bin ich das? Inwiefern?
Zitat:
"Naja gut, ist aber jetzt auch nichts Neues. Aber bei TLJ habe ich diese Erfahrung auch schon gemacht, vor allem wenn wir tiefer in Plot und Motivation gingen, wurde vieles bereits im Vorfeld abgewunken. Das ist kein Problem das die Kritikerseite für sich gepachtet hat."
Richtig. Das ist mir auch bei so mancher PT-Verteidigung entgegengeschlagen. Ist auch keine große Sache, aber gehört halt erwähnt, wenn man über das Gesamtbild redet.
Zitat:
"Finde ich prinzipiell auch. Und das Aspekte der ST genau darunter gelitten haben ist unbestreitbar."
Jupp...
Zitat:
"Das bringst du nicht zum ersten Mal vor, aber mein Eindruck ist auch anders gelagert."
Da kannst du auch recht haben. Ist ja auch nicht ausreichend zu belegen. Aber gut, das ist auch etwas, was mich nicht sonderlich umtreibt.
Zitat:
"Ich finde es schade, dass viele offensichtlich bereits mit der Beantwortung der Frage aufhören, und deswegen klage ich hier sehr gerne Ausführungen ein, was nicht immer auf Gegenliebe stößt."
Da stimme ich vollends zu!
Zitat:
"Aber macht es nicht innerhalb einer Saga auch Sinn, wenn sich die Helden der zentralen Erzählung (OT), für die nachfolgende Generation überhöht werden, und sich dann der Mensch hinter der Legende offenbart? Was dann dazu genutzt wird, dass die neue Generation über die Alte hinaus wachsen kann. Ich meine, ist das nicht auch ein Motiv klassischer Erzählungen?"
Über Vorbilder hinauszuwachsen, gehört dazu. Das hatten wir aber auch schon bei Luke in der OT. Wenn Rey nur über ihren "Meister" hinauswachsen würde - wäre dies zunächst einmal nur eine wenig inspiriert-variierte Neuauflage. Dass man Luke hierfür noch demontiert, ist dann noch eine andere Sache - und die Thematisierung des Legenden-Status' hebt es dann völlig aus der quasi-mythologischen Ebene heraus.
Das man grundsätzlich so einen Film machen kann, der dann auch höchst interessant sein kann, steht außer Frage. Nur in dem von mir erläuterten Kontext ist es wenig sinnig.
Und dann wäre da ja noch die Frage, ob die dritte Trilogie einer Drei-Trilogien-Saga nicht etwas "Wertvolleres" hätte bieten können - aber diese Frage ist natürlich müßig...
Zitat:
"Der Zufall will es natürlich, dass außerhalb dieser Filme die Figuren natürlich auch Popkulturlegenden sind. Ich sehe es eher so, dass die Mythologie und reale Welt hier Hand in Hand gehen, und würde das als Stärke ansehen. Es eröffnet die Chance für eine Betrachtung über die Leinwand hinaus, aber es ist kein unbedingtes Muss zum Verständnis."
Nun, ich sagte ja: Als Meta-"Star Wars"-Film ist TLJ grandios. Nur als bereichernde Fortführung des quasi-mythologischen Textes, der zudem auf einen sinnvollen Abschluss hätte zusteuern können, funktionier er imho (!) nicht.
Zitat:
"Und GWL hat es anhand von TLJ ganz gut ausgeführt, welche Stärken sich daraus ebenso ergeben:
"So spricht Luke z.B. von der eigenen Hybris als Jedi-Lehrer und seiner Blutlinie, der sie, aus seiner Sicht, entsprungen ist und an der er so nagt. Wenn man das denn heraushören möchte, kann man hier ein Echo der häufig geäußerten Kritik vernehmen, dass Lucas mit der PT die Skywalker-Geschichte auf eine materialistische Ebene reduziert habe" "
Ja, und das ist dann Metatext par excellence.
Zitat:
"Denn bringt nicht gerade auch dieser Aspekt die Widersprüche aus PT und OT zusammen ("Diese Waffe ist dein Leben" vs. "Nicht diese rohe Materie" )? Und ist es nicht genau das was von der ST erwartet wird?"
Bzgl. der Widersprüche würde ich dir ja im Sinne der von mir gewünschten Synthese zustimmen, aber ich sehe nicht, wo dies hier passiert. Luke hat über die Verfehlungen der alten Jedi erfahren und zieht diese Schlüsse?!? Er hat selbst noch Vertreter der alten Ordnung kennengelernt. Diese waren zwar geläutert, aber den alten Mustern immer noch verhaftet (du musst Vader töten - es steckt nichts Gutes mehr in ihm etc.). Luke war es, der dies überwunden hat!
Er ist jemand, der an das Gute in seinem Vater geglaubt hat - und wir reden hier von einem Massenmörder, den er nie wirklich kennengelernt hat und dessen Gesicht er nicht mal kannte - der sich seit Jahrzenten im Griff der Dunklen Seite befand. Trotzdem glaubt er an diesen Menschen und macht sogar die Erfahrung, dass dieser Glaube bestätigt wird.
Und dieser Luke hat nun einen blutjungen Neffen, den er seit seiner Geburt kennt, der noch nicht den entscheidenden Schritt auf die Dunklen Seite vollzogen hat, der noch keine unfassbar böse Tat begangen hat, in dem er lediglich etwas extrem Dunkles (was ja nachweislich nicht aus Ben allein gewachsen ist, sondern auch - wie bei Anakin - durch andere mitverschuldet wurde!) spürt. Und bei dieser Person denkt er in einem schwachen Moment darüber nach, ob er ihn vielleicht vorsorglich ins Jenseits befördern sollte - und der Moment geht ja sogar so weit, dass er mit seinem Lichtschert am Bette seines schlafenden Neffens steht (Palpatine vs. Plagueis anyone?).
Und selbst wenn ich diesen kurzen Moment als mögliche menschliche Schwäche akzeptiere (was mir aufgrund seiner Erfahrung aus der OT sehr schwer fällt) dann wird es aber richtig schwer, wenn ich mir ansehe, welche Konsequenzen er daraus zieht. Er sieht nicht, dass seine menschliche Schwäche dafür verantwortlich ist und dass er die entsprechende Rechnung dafür vorgelegt bekommen hat - er stellt alles, nicht nur sich selbst, sondern auch das Jeditum an sich und auch die Möglichkeit, dass es eine Nachfolgerin erneut richten könnte, in frage. Er rappelt sich nicht von selbst wieder auf, er lässt seine Familie, seine Freunde und die Galaxie im Stich und dem Bösen freien Lauf. Das ist die Konsequenz einer Person, die seinen Arc in der OT hinter sich hat?
Jetzt kann man immer noch sagen: Njaaaaa, ist nicht naheliegend, aber letztlich kann doch alles möglich sein. Und auch wenn ich wahrlich nicht bereit bin das zu akzeptieren (und schließlich ist es eine künstlerische Entscheidung, die man auch anders hätte treffen können), so muss man sich doch fragen: Wofür das alles? Dafür, dass wir einen demontierten Helden haben, der sich im Verlauf des Filmes an das erinnern kann, was er in der ganzen OT bereits als seine größte Erkenntnis errungen hat (und natürlich dass Rey ebenfalls eine Variation dieser alten Lektion mitnehmen kann) - und wenn ich dann noch bedenke, wie er diese Erkenntnis letztlich zurückgewinnt (Hallo McFly -toc-toc-toc- jemand zu Hause?) hört für mich alles auf.
Sorry, wo kommt denn da PT und OT zusammen? Hier wird mit einem höchst bedenklichen Kunstgriff eine Figur in ihrer Entwicklung auf Null (oder vielmehr auf -10) zurückgedreht, um eine - prinzipiell vielleicht sogar interessante - Variation der OT zu realisieren. Und wenn man dies nicht als schlecht bezeichnen will, so ist es eine bedauernswerte Nullschleife, vor deren Hintergrund man zwar einen grandiosen Metatext aufspannen kann, die aber letztlich verhindert, dass die ST zu einer wertvollen Bereicherung einer Drei-Trilogien-Saga werden kann. Und um mal alle Relativierung außen vor zu lassen: Es ist ein skandalöser Umgang mit dem Vermächtnis und dem Potential der Saga.
Zitat:
"wobei es dann natürlich nicht uninteressant ist, wenn wir darüber diskutieren, ob Johnson für seine Intention sich nicht einfach das "falsche" Star Wars Projekt ausgesucht hat."
Ja, denn ich stehe den kommenden Projekten von Johnson immer noch positiv gegenüber.
Zitat:
"Und es ist natürlich auch interessant, ob es wirklich eine klare Motivation ist, oder ob es nicht eine ganz organische Entwicklung ist, wenn neuen Leuten ein Phänomen wie Star Wars anvertraut wird."
Ob es eine klare Motivation ist, kann ich nicht sagen. Er hat sich die richtigen Fragen gestellt und ich würde vermuten, dass er am Anfang nur unbemerkt falsch abgebogen ist und seine "Verfehlung" auch später nicht wahrgenommen hat, weil am Ende ein elaboriertes Kunstwerk (und das würde ich ja bestätigen!) dabei herauskam. Dass es eine organische Entwicklung - im Sinne einer Zwangsläufigkeit - war, würde ich persönlich verneinen. Da wäre auch Anderes möglich gewesen.
Zitat:
"Während George Lucas mit der PT seinen mythologischen Unterbau, anders als in der OT, auf die Spitze trieb, und damit sogar, und der Meinung bist du ja auch, sogar gegen gewisse Konventionen verstieß, dann ist es doch gar nicht verwerflich wenn eine dritte Trilogie jetzt das Gegenteil unternimmt."
Ich will dir da nicht deine Meinung ausreden, aber für mich sage ich ganz klar: Doch, das ist es.
Abschließend möchte ich noch anmerken, dass ich all deine Ausführungen hierzu absolut zu schätzen weiß. Und meine leidenschaftliche Gegenrede geht wahrlich nicht gegen dich und deine Meinung. Sie ist lediglich der vehemente Ausdruck meiner Perspektive, von der ich hoffe, dass auch du sie schätzen kannst - wenn du sie auch sicher nicht teilen wirst.
Darth Jorge
@Darth Jorge
"Bin ich das? Inwiefern?"
Hiermit:
"Und genau deshalb habe ich mit den immer häufiger geäußerten Apellen so meine Schwierigkeiten, dass SWU doch eine Fanseite sei, auf der man sich einfach an dem Angebot der SW-Macher erfreuen soll."
"Wenn Rey nur über ihren "Meister" hinauswachsen würde - wäre dies zunächst einmal nur eine wenig inspiriert-variierte Neuauflage."
Finde ich nicht, weil es bei Rey um mehr als das geht. Es geht für sie darüber hinaus ihren Platz in der Geschichte selbst zu definieren. Bei Luke ist es bereits in ANH klar. Sein Vater war ein großer Jedikrieger, und dies war Lukes Erbe. Rey hat diesen Kompass erst gar nicht. Und deswegen macht Lukes Demontage auch Sinn, weil er seine ganz eigenen Probleme überwinden muss und Rey gar nicht wirklich helfen kann, bzw. soll. Und auch wenn Luke in TLJ wichtig ist, ist dies nicht seine Geschichte. Es ist Reys, und deswegen erfüllt Lukes Rolle auch Funktionen für Rey. Rey braucht den zweifelnden und zauderlichen Meister, weil sie nur so die Erkenntnis gewinnen kann, dass niemand ihr wirklich sagen kann was zu tun ist. Das ist schon eine Weiterentwicklung zu der OT, bei denen die Mentoren so viel wichtiger waren, auch wenn sie dort ebenso überwunden werden mussten.
Überhaupt finde ich die Überwindung von Lehren ein so universelles, und wahrscheinlich auch essentielles Erzählelement das ich diese "Wiederholung" auch gar nicht als das ansehe. Es ist eine Erzählkonvention die auch die OT nicht erfunden oder für sich gepachtet hat.
"(...)und die Thematisierung des Legenden-Status' hebt es dann völlig aus der quasi-mythologischen Ebene heraus.
(...)
Als Meta-"Star Wars"-Film ist TLJ grandios. Nur als bereichernde Fortführung des quasi-mythologischen Textes, der zudem auf einen sinnvollen Abschluss hätte zusteuern können, funktionier er imho (!) nicht."
Gut, ich bin mit den "Regeln" eines mythologischen Textes wohl nicht vertraut genug um das wirklich so verifizieren und bewerten zu können. In dem Fall der Diskussion befinden wir uns dann nicht mehr auf Ballhöhe. Ich frage mich nur ob du der ST nicht Regeln und Grenzen auferlegst, die weder fair sind, noch wirklich messbar.
Es ist generell ein Gefühl, dass ich bei der ST habe. Es werden immer wieder Grenzen gezogen, und für mich steckt da oft eine gewisse Willkür darin. Jedes mal wenn die Sequels etwas anders machen als zuvor, lese ich, dass dies die falsche Stelle dafür war. Lieber hätte das soundso sein müssen. Das betrifft dich natürlich weniger, weil du natürlich in der Lage bist das vernünftiger zu begründen. Doch selbst da steckt für mich oft genug ein Hintergrund für eine andere Lesart von Star Wars dar, die ich nicht teile, und sicherlich auch nicht die Macher der neuen Filme. Daher ist es für mich immer die Frage ob es dabei wirklich ein Richtig oder Falsch gab.
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Zur der ganzen Luke-Thematik ein paar Gedanken
"Bzgl. der Widersprüche würde ich dir ja im Sinne der von mir gewünschten Synthese zustimmen, aber ich sehe nicht, wo dies hier passiert. "
Nun, es ist noch nicht final, und ich würde eher sagen TLJ bringt erst mal nur die Standpunkte zusammen, und es wäre an Abrams, bzw. an Rey daraus die Synthese zu formulieren. Ich weiß zwar nicht ob Abrams der richtige Regisseur dafür ist, der natürlich seine Charaktere voll im Vordergrund sieht, und weniger solche Subtexte, aber warten wir es ab.
OT und PT kommen dahingehend zusammen, dass Luke das Jeditum in TLJ aufgibt, und weiß das es durch etwas Anderes ersetzt werden muss (Die Macht ist nicht das Eigentum der Jedi). Aber da er weiterhin ein Erbe dieser Tradition ist, ist er nicht der richtige Mann dafür. Seine extreme Lösung dafür ist sein Rückzug. In der OT war es noch nicht möglich dieses System, welches sein Schwächen in der PT offenbart, zu überwinden, weil er halt ein direkter Erbe dieser Tradition ist (Stand jetzt hat Rey diese Fesseln ja nicht). Und dann kann man sogar einen Nutzen daraus ziehen, dass Rey ein Niemand ist, der den Kreislauf durchbrechen kann.
Ich denke du siehst in der PT Errungenschaften bei dieser Thematik, die mit denen der OT kombiniert werden müssen, und dann ein Ergebnis in der ST ergeben soll.
Ich sehe es eher als eine Entwicklung an, die in der PT beginnt, und jetzt in der ST beendet werden kann. Also weniger Dialektik, sondern eher Evolution, auch wenn das jetzt als Begriff schwer zu vergleichen ist.
Für mich ist die PT einfach zu negativ besetzt (hinsichtlich ihrer Thesen), um da ein entsprechendes Gegengewicht zur OT zu erkennen, welches es ermöglicht aus beiden(!) ein Ergebnis zu gewinnen. Denn das Ergebnis wäre ja in jeder Hinsicht ausschließlich zur OT geneigt, und wäre dann ja nicht automatisch ein ganz neuer Erkenntnisgewinn. Das ist es wahrscheinlich auch was eine Fortsetzung sowieso schon so schwierig macht, weil die Messe mit den Episode I-VI in dieser Hinsicht ja schon gelesen ist. So wäre Lukes Entscheidung sein Lichtschwert in ROTJ weg zu schmeißen ja sogar schon die Synthese aus den Lehren der PT und der OT?
Die Frage wäre dann sowieso schon, inwieweit es möglich ist, den Trilogien diese Grundlagen der Dialektik überhaupt aufzuerlegen, oder ob man nicht andere Herangehensweisen an die Thematik finden muss(?).
-Warum lässt Luke alle im Stich?
Nun, er will den Kreislauf aufhalten, der sich daraus ergibt das ein Jedi zur Dunklen Seite übertreten kann. Und ganz Unrecht hat er damit nicht, vor allem nach dem erlebt das Rey sich widerstandslos der Dunkelheit hingegeben hat auf der Insel. Seine "Lösung" ist das Raushalten aus dem Konflikt, auch wenn es bedeutet Freunde und Familie im Stich zu lassen.
-Warum Vader bekehren wollen und Kylo Ren nicht?
Ich glaube Luke war dies bei Vader nur möglich weil er eine Perspektive von außen hatte. Die hatte Obi Wan weniger bei Vader, und Luke bei Kylo auch nicht. Im Gegenteil ist Kylos Wandel zur Dunklen Seite mit Luke sehr viel mehr verknüpft, als Obi Wan mit Anakins Wandel. Anakin wurde von außen manipuliert, und als Obi Wan und Anakin final aufeinander treffen, war der Wandel vollzogen. TLJ macht deutlich das es am Ende Luke war, der Kylo Ren erschuf, auch wenn wir darüber spekulieren können, dass irgendwann doch so gekommen wäre.
Und Kylo Rens Konflikt ist anders gelagert als der von Vader. Es war Lukes gewisse Naivität und die Familienbande die ihm seine Erkenntnis und Errungenschaft ermöglichte. Bei Kylo war aber er der primäre Verursacher, und das Kylos Konflikt anders gelagert ist, als der von Vader wird in TFA schon klar. Wir haben hier jemanden der aus zutiefst persönlichen Antrieb der Dunkelheit anheim fallen möchte, und sich dem Licht regelrecht erwehrt. Es war seine Entscheidung das zu wählen. Er hat es nicht wie Anakin aus der Not heraus gewählt, sondern es war eine Entscheidung aus Überzeugung.
Und selbst Rey will ihn nicht bekehren aus persönlicher Überzeugung, sondern weil sie glaubt das dies die FO aufhalten könnte, wenn ihr das gelingt (so sagt sie es ja zu Luke). Snokes Manipulation hat ihr diese Idee in den Kopf gesetzt. Aber spätestens nach Snokes Tod sollte klar werden, dass Kylos Story nicht die Story von Erlösung ist. Und ich gehe davon aus, dass Episode IX das auch klar machen wird. Eben deswegen ist Kylo Rens Motiv für sein Wandel zur Dunklen Seite auch gar nicht so wichtig, weil das der Weg ist für den er sich einfach entschieden hat, und nicht den er wegen irgendwelcher Umstände wie bei Anakin wählen musste (Padme).
Lange Rede, kurzer Sinn. Luke hat deswegen Kylo aufgegeben weil er damit Recht hatte ihn aufzugeben. Kylo ist unbekehrbar, und selbst seine Mutter sieht das am Ende von TLJ ein.
@ Jorge:
Ich muss meiner Antwort etwas vorweg schicken: unser Augenmerk fiel ja wieder auf Luke in der ST, du hast dich darüber auch mit Snakeshit ausgetauscht. Wie schon im bereits geschlossenen Thread - in dem ein Beitrag von dir steht, auf den ich eine Antwort vorbereitet hatte – sprichst du von „Nullschleife“. Dies und die deutlichen Worte in deiner Antwort auf Snakeshit hier (in der du TLJ ohne Relativierungen als misslungene Saga-Fortsetzung bezeichnest) ließen wieder meine Finger jucken, die bei solchen Gelegenheiten am liebsten in einem einzigen Zug das ganze Haus „tapezieren“ möchten. Hier bot sich also die Gelegenheit, meine vorbereitete Antwort endlich mal zu copy and pasten. „Bot“, nicht „bietet“, weil ich den Text erneut verloren habe – ja. Und über mein mangelndes Geschick bin ich gerade so verärgert, dass mir die Geduld fehlt, ihn zu rekonstruieren. Es wird also wieder warten müssen.
Zunächst Danke für die (wie immer) ausführlichen und spannenden Erläuterungen. Es gibt Punkte, in denen werden wir immer anderer Ansicht bleiben – z.B. wenn es um die narrative Dienlichkeit des hölzernen Schauspiels und der stocksteifen Dialoge in Episode II geht, oder auch die Sinnhaftigkeit einer infantilen Episode I. Einen anderen Punkt aber verstehe ich jetzt, und darüber freue ich mich, besser, nämlich deine Einstufung der ST als Meta-Kommentar zur Lucas-Saga. Tatsächlich beschreibst du etwas, was mir von Anfang an, seit TFA, klar war, und was ich ja selbst des Öfteren thematisiert hatte: die selbstreferenziellen Züge, die SW seit Episode VII annimmt. Mir war nur nicht klar, dass man dies derart kritisch als formale Dissonanz im Gesamtwerk sehen kann. Also auch hier wieder: klar dargelegt und nachvollziehbar, auch im negativen Urteil. Ich sehe es trotzdem anders, wie du dir denken wirst. Die Selbst-Bewusstwerdung von OT-Figuren als Kriegshelden und Legenden, und im selben Zug die Inkorporation des SW-Fans in das Werk in Gestalt der neuen In-Universe-Generation, stellt für mich eine große Stärke der (bisherigen) ST dar. Wie gesagt, dein Standpunkt ist völlig einleuchtend: Lucas-Saga als mythologischer Text, der auch als solcher fortgesetzt werden sollte. Da du narrative, formale und Werktreue betreffende Argumente ins Feld führt, ist das auch objektiv verständlich und nicht nur als Ausdruck von persönlichen Präferenzen zu verstehen. Gleichzeitig frage ich mich – wie du ja bei TLJ unter umgekehrtem Vorzeichen auch – warum ich anders auf die Filme reagiere, und zwar hier deutlich anders: ich empfand die Meta-Komponente von TFA von Anfang an als Geniestreich, weil der Film auf diesem Wege sofort, in einem einzigen, simplen Zug, sein Fundament zementiert hat. Es mag in der Rückschau nur ein Urlaubsflirt gewesen sein, aber als bloßer Kniff nötigt es mir Bewunderung ab, vor allem wenn ich die Umstände berücksichtige, unter denen der Film entstanden ist. Wir wissen aus der Vergangenheit von SW, dass pragmatische ad-hoc-Lösungen mit der Zeit zu einem festen dramaturgischen Bestandteil der Erzählung werden können; und so, wie sich die ST unter Rian Johnson entfaltet hat, sehe ich eine derartige Entwicklung auch diesmal eintreten. Ich finde, diese Trilogie darf innerhalb ihrer eigenen Erzählung die OT als „Text im Text“ behandeln. Es handelt sich ja bei der Meta-Ebene nicht um ihre einzige, sondern eine zusätzliche Ebene. Dass sie unterschiedliche Reaktionen provoziert, ist ein völlig natürlicher Vorgang. Den einen entfremdet das von SW, den anderen zieht es hinein, bietet ihm eine zusätzliche Möglichkeit, emotional anzudocken. Noch einmal: ich kann deine, die kritische, Seite gut nachvollziehen. Ich merke ja selbst, dass SW mit der ST sein Wesen verändert hat. Waren die Lucas-Filme ein Fenster in eine fiktive, aufregende Welt, die den Zuschauer zum Sich-davon-träumen und auch (wie Luke auf Tatooine) Nach-vorn-blicken und schmachten einluden, ist die ST eine permanente Auseinandersetzung mit dem Gewicht der eigenen Erzählung und der Bedeutung der Figuren darin; im ersten Teil auf eine fröhliche Art und Weise, im zweiten grimmig und belastet. Das muss man der ST nicht verzeihen, und man kann sich etwas anderes wünschen. Mir gefällt diese Ebene, ich finde sie spannend, und die Geschichte, die sich in diesem Rahmen entfaltet, hat für mich Relevanz. Auch mit ihrer Meta-Komponente macht sie noch In-Universe Sinn.
Zur Rolle der ST innerhalb der Saga. Du schreibst:
-„Die Saga hätte imho erst befriedigend abgeschlossen werden müssen, um sie dann zu kommentieren.“
Die Saga ist mit Episode VI bereits befriedigend abgeschlossen. Wie ich sehe, unterscheiden wir uns gar nicht in unseren Ansichten, wenn es um die Legitimität einer „kommentierenden“ Zusatzerzählung geht. Wir können über den Zeitpunkt diskutieren, zu dem diese ansetzen kann/darf/muss.
-„1. Ich hätte es für erstrebenswert gehalten, wenn wir zunächst eine dritte Trilogie bekommen hätten, die die Dreischritt-Saga auf der quasi-mythologischen Ebene abschließt. Gut, diesen Wunsch muss man nicht teilen.“
Und ich teile ihn nicht, denn ich tue mich schwer, den Dreischritt als zwingend notwendig zu begreifen. Also für mich selbst; deine Gedankengänge dahinter verstehe ich.
- „2. Halte ich so ein Vorgehen nur als Abschlussschnörkel für einen mythologischen Text als legitim. Wenn die aktuelle ST aber nur der Übergang zu einer weiteren ist (wie es langsam ja den Anschein hat), empfinde ich diesen Zwischen-Kommentar als unsinnig. „
Ich weiß nicht, ob man ihn als unsinnig bezeichnen kann. SW handelt auch vom Übergang der Generationen, und dieser kann sich vielfältig gestalten. Zwischen PT und OT war es die Lehrer-Schüler-Beziehung, diesmal handelt es sich um Legenden und ihre Verehrer (bzw., auf der dunklen Seite, ihre Verächter). Ich fasse meine Sicht mal vereinfacht zusammen: ich finde das zu gut, um es schlecht zu finden.
- „Aber der Teufel liegt [bezügl. Einführung von Figuren etc.) im Detail.“
Im Detail liegt er vor allem dann, wenn wir es mit einem mindestens soliden Werk zu tun haben, bei dem man sich streiten kann, inwiefern Figuren, Figurenmotivationen und Handlungen befriedigend ausgearbeitet sind. Es geht dann um Schattierungen und Gewichtungen: hier fehlt etwas, dort hätte es mehr gebraucht, etc. Das ist jedoch eine Debatte auf einem anderen Niveau. Im Detail liegt der Teufel hingegen nicht, wenn wir ziemlich klare Lücken und Versäumnisse vorliegen haben. Du nennst selbst ein gutes Beispiel: das Fundament für Obi-Wans und Anakins Freundschaft. Wo ist dieses in den Filmen zu finden? Nicht nur ist es nicht vorhanden, mit Obi-Wans sarkastisch-abschätziger Bemerkung über Anakin ("nutzlose Lebensform") wirkt ihm Lucas sogar noch aktiv entgegen. Wie kann ich also verschiedene Sichtweisen berücksichtigen oder annehmen, wenn es nichts zu betrachten gibt?
- „Ich würde behaupten, dass ich umfänglich und hoffentlich recht nachvollziehbar aufgezeigt habe, warum TLJ kein guter Sagafilm sein kann."
Mir gefällt diese Formulierung nicht, ich habe aber verstanden, wie und warum du zu deinem Urteil gekommen bist.
- „Ein Künstler schafft jedoch auch Stilmittel, die erst zu einer neuen Konvention werden. Diese neuen filmsprachlichen Mittel müssen natürlich erst zu lesen gelernt werden. Sie vorher als Makel zu sehen - ohne ihnen ein Potential zuzugestehen, würde ich ablehnen.“
Ich merke, warum unsere Perspektiven oft auseinander gehen: ich stimme dir nämlich prinzipiell absolut zu; finde aber, dass – entschuldige, wenn ich immer wieder darauf zurückkomme – Episode I, und, wenn auch in geringerem Maße, II und III für diese im Allgemeinen wahre Aussage sehr, sehr ungeeignete Beispiele sind. Ich komme darauf zurück, weil sich unsere kunsttheoretischen Ausflüge ja ursprünglich an SW und besonders der PT entzündet haben, und es daher auch angebracht ist, sie wieder darauf zurückzuführen. Ich bin nicht damit einverstanden, die PT im Sinne des obigen Zitates als „ihrer Zeit voraus“ zu betrachten. Wie wenig sie als Anschauungsmaterial für diesen Aspekt kunsttheoretischer Erwägungen geeignet ist, wird mir noch einmal deutlich, wenn du die Avantgarde als Beispiel aufführst. Die PT ist vieles, aber nicht avantgardistisch. Ich weiß, das hast du nicht behauptet, zumindest nicht explizit oder vielleicht nicht bewusst. Ich ermahne nur dazu, aufzupassen: nicht alles wird zur Kunst, weil man es mit einem bestimmten Vokabular und diskursiven Habitus umstellt.
-„Es macht also Sinn, Konventionen und Kriterien zu hinterfragen, statt sich ausschließlich auf den Status Quo zu beziehen (Stichwort: Avantgarde)“
Auch hier gebe ich dir prinzipiell (!) recht. Meine Frage an dich: hat George Lucas bei seiner Arbeit an der PT mit Konventionen gebrochen, oder es nicht geschafft, sie zu erfüllen? Als beim Test-Screening von Episode I die Gesichter lang und finster wurden, was war da authentischer? Ben Burtts Bedenken (“In a space of about 90 seconds, you go from lamenting the death of a hero to escape to…” etc.) und Lucas Reaktion (“I may have gone too far”) - oder Lucas Versuch, das Gesehene zu seinen Gunsten umzudeuten (sinngemäß, “It´s bold”)?
-„Erst jetzt erkenne ich den perfiden Aufbau deines Mammut-Textes, der letztendlich auf eine PT-Kritik hinausläuft...“
Execute Order 66
-"Du hattest mal geschrieben dass die PT hier ein prinzipiell löbliches Ziel verfolgt, das jedoch einen Anspruch erfordert, den die Filme nicht erfüllen können. Im Hinblick auf meine jüngsten Theorie-Ausführungen würde ich es jedoch anders sehen. Man präsentiert uns genau das richtige Maß: Palpatine/Sidious ist für Kinder entweder ein Bösewicht (wie der Schwarze Mann, der Teufel etc.pp) oder vielleicht schon einfach ein böser Politiker, da sie am Abendbrottisch mitgehört haben, dass man Politikern nicht unbedingt trauen kann. Und der Erwachsene legt in diesen Charakter, was er aus der Weltgeschichte zu solchen Figuren sedimentiert hat. Ich würde sagen, dass diese Offenheit des narrativen Hintergrunds für einen quasi-mythologischen Text geradezu ideal ist.“
Guter Punkt. Wir werden uns (noch) über die Ausführung streiten, aber im Prinzip stimmt es, was du schreibst. Die simplifizierende Aufbereitung eigentlich komplexer Themen und Vorgänge kann man bei SW als Stilmittel erachten und insofern der PT erstmal wenig vorwerfen.
(zuletzt geändert am 12.05.2018 um 22:14 Uhr)
George W Lucas
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