Wie mein Kollege JM-Talon unlängst so richtig bemerkte, ist Star Wars aktuell nicht forever, wie von offizieller Seite so gerne betont, sondern der reinste Kadaver. Mit anderen Worten: Es tut sich nix, aber so überhaupt nix (mal davon abgesehen, dass Star Wars in Concert unlängst über Irland hineingebrochen ist und umfassend bejubelt wurde; Nächste Haltestelle: Großbritannien und danach Oberhausen und Hamburg).
Gehen wir also - für die etwa 3,5 Leser, die es interessiert ;-) - zum gefühlt 1138. Mal in die Vergangenheit zurück, als es noch Neuigkeiten gab. Heutiges Reiseziel: Der Mai 1980, als Das Imperium schlägt zurück bewies, dass Krieg der Sterne mehr war als nur ein One-Hit-Wonder und die Washington Post die vielleicht ehrlichste und bodenständigste Filmkritik veröffentlichte, die Krieg der Sterne je bekommen hat:
Das Imperium schlägt zurück
von Judith Martin
Das Imperium schlägt zurück einen guten Trashfilm zu nennen, ist keine Beleidigung, denn es gibt auch jede Menge schlechten Trash. Und wir wollen uns doch nicht der Versnobtheit hingeben, es sei undemokratisch zu behaupten, Kultur kenne keine Hierarchie oder es wäre gar unmöglich, dass ein und dieselbe Person sowohl die Erzeugnisse der oberen wie auch der unteren Qualitätsstufe mögen könnte.
Aber wenn seichte Unterhaltung gut gemacht ist, wird irgendwer mit Sicherheit die extravagante und unhaltbare Behauptung aufstellen, es handle sich in Wahrheit um große Kunst. Man wird hören, dass diese Fortsetzung von Krieg der Sterne Teil einer großen, neuen Mythologie wäre, als handelte es sich um die Orestie des Dichters Aischylos. Ihr Schöpfer George Lucas hat enthüllt, die beiden Filme seien in Wahrheit die Teile vier und fünf einer neunteiligen Saga, als ob die Zuschauer eines Tages auf die gleiche Weise zu einer Gesamtaufführung strömen würden wie Wagnerianer heute nach Bayreuth pilgern, um Wagners Ring von Anfang bis Ende zu erleben.
Alles Unfug! Das Imperium schlägt zurück ist kein monumentales künstlerisches Werk, sondern ein Science-Fiction-Film, der allerdings bissiger auftritt als die meisten, selbst als sein eigener Vorläufer. Ein Schokoriegel ist eine wunderbare Süßigkeit, auch ohne so zu tun, als ob er in Wahrheit eine Mousse au Chocolat wäre, Musicals bieten wundervolle Unterhaltung auch ohne sich mit Opern zu messen und Jeans sind perfekte Kleidungsstücke, die dennoch nichts mit der Haute Couture zu tun haben. Es gibt Zeiten, wo man einen wirklich guten Hot-Dog jedem Steak vorzieht, und trotzdem ist man sich dabei doch bewusst, dass es sich bei der einen Speise um Junk Food handelt und bei der anderen nicht.
Das Imperium schlägt zurück verfügt weder über eine Handlungsstruktur, noch über Charakterstudien, geschweige denn eine Charakterentwicklung, noch über eine emotionale oder philosophische Linie. Der Film bietet auch keine eigenständige Vision der Zukunft, sondern vielmehr ein Potpourri aus anderen Trashsubkulturen, darunter Western, Kostümfilme und Kriegsepen. Sein Alleinstellungsmerkmal sind "Spezialeffekte", visuelle Tricks, einige davon verspielt, kreativ und beeindruckend, andere hingegen klassische Weltraumfilmklischees.
Die Gesamtwirkung ist dennoch wild, reizvoll und manchmal auch amüsant. Wie ein guter Hot-Dog, ist das auf einem Feld durchaus eine Leistung, auf dem mehrheitlich ungenießbarer Schrott zu finden ist.
In diesem Film werden, genau wie in Krieg der Sterne, drei gut, aber durchschnittlich aussehende junge Leute (Mark Hamill als Luke Skywalker, Harrison Ford als Han Solo und Carrie Fisher als Prinzessin Leia) von einer finsteren Gestalt in schwarzer Maske und Mantel namens Darth Vader verfolgt. Es fällt schwer, Skywalker dabei nicht für einen Schwachkopf zu halten - aus verschiedenen Gründen hängt er die meiste Zeit kopfüber in der Gegend herum und muss ständig von anderen Leuten gerettet werden -, aber tapfere Helden sind traditionell nicht besonders helle.
Es gibt neue böse Roboter, sowie die guten Roboter C-3PO und R2-D2, deren menschliche Attitüde die Zuschauer im ersten Film bezaubert hat. Ein neue Puppe, die einen großen Guru darstellt, aber eher wie ein ältliches ostasiatisches Nagetier aussieht, ist ein großer Erfolg, ein Reittier, das dem hinteren Teil eines billigen Kamelkostüms gleicht, hingegen nicht. Die Mönchsfigur, die von Alec Guinness dargestellt wird, ist zurück und diesmal mit funkelnden Lichtern auf den Schultern und transparentem Körper unterwegs, beides Zeichen dafür, dass der Charakter in Krieg der Sterne gestorben ist.
Die Zukunft gehört nicht länger allein weißen Männern und einer Alibiprinzessin in einem weißen Kleid. Die Prinzessin hat sich für den Krieg passendere Kleider gesucht, und es gibt neben ihr noch eine weitere Frau im Universum, die man bei der Arbeit im Hauptquartier sehen kann. Es gibt einen Schwarzen, Billy Dee Williams, der als jemand zu sehen ist, der anscheinend vom Verband für kleine und mittelständische Betriebe einen Planeten zugewiesen bekommen hat und sich ständig darüber geklagt, dass er ja "keine Wahl" hätte, wenn er alle Leute in seinem Umfeld verrät.
Zu Anfang und Ende des neuen Films, steht es zwischen dem bösen Imperium und der guten Rebellion gleichermaßen unentschieden, denn Tatsache ist, dass es keinen Anfang und kein Ende gibt, sondern nur verschiedene Verfolgungsjagden, die in die Mitte eines Films passen würden - eine im Eis, verschiedene mit Raumschiffen in Weltraumkämpfen und einige klassische Duelle, bei denen die Schwerter durch Laserstrahlen ersetzt wurden und die Verwendung der mystischen "Macht" bedeutet, dass es möglich ist, sich seine Waffe zurückzuholen, nachdem sie einem aus der Hand geschlagen worden ist.
Was das Konzept der Macht angeht, ist sie ein Mischmasch aus verschiedenen Aspekten der aktuellen Sektenmode ohne ideelle Grundlage. Sie scheint weder an ethische Normen, noch an einen Verhaltenskodex geknüpft zu sein. Skywalker wird nie dafür gemaßregelt, dass er seinen Guru zunächst unfreundlich behandelt, als er noch nicht weiß, mit wem er es da eigentlich zu tun hat und dabei dem hungrigen Gnom sogar das Essen aus der Hand schlägt. Wieviele Religionen würden es dulden, dass sich ein Schüler weigert, mit seinem getarnten spirituellen Führer Essen zu teilen?
Andererseits sieht man sich Trashfilme allerdings auch nicht an, um philosophische oder religiöse Erkenntnisse zu gewinnen, oder?
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