Maya Bohnhoff meldet sich zum 14. Mal mit ihrem Padawantagebuch und widmet sich heute einem wilden Vergleich: Schreiben und Achterbahnen:
Wenn Lewis Carroll fragt, inwieweit ein Rabe einem Schreibtisch ähnlich sei, könnte die Antwort lauten, dass diese beiden Dinge sich überhaupt gar nicht ähneln. (Wer gerade nicht weiß, wovon ich rede, sollte Alice im Wunderland lesen oder sich Vixy Dockreys Song Girl That's Never Been anhören). Im Falle von Krieg der Sterne-Romanen - eigentlich im Falle aller guten Romane - gibt es allerdings eine große Ähnlichkeit zwischen der Geschichte und einer guten Achterbahn.
In meinem Bücherregal steht das sehr hilfreiche Werk des amerikanischen Filminstituts AFI Writing Great Screenplays von Dona Cooper. Cooper führt den Vergleich eines guten Drehbuchs und einer guten Achterbahn mit einem Diagramm auf die Spitze, in dem sie das Drehbuch als Gleisstrecke darstellt, da es so aufgebaut ist, dass es seine Leser auf Kommando nach Luft schnappen, ächzen, schreien und in lautes, hysterisches Lachen ausbrechen lässt (mach Platz, Pawlow, Dein Hund will aufs Sofa).
Die fetzige Achterbahn dort oben (die ich auf der Seite des Discovery Channel selbst gemacht habe. Nett, oder?) stellt etwas dar, das der AFI-Text als "wichtige Augenblicke der Veränderung" bezeichnet. Das, meine Damen und Herren, sind die Punkte einer Achterbahnfahrt, an denen sich, wenn man sie mit 100 km/h entlangrast, einem vor lauter Aufregung fast der Magen umdreht und Purzelbäume schlägt. In einer Geschichte sollen diese Augenblicke einen ähnlichen Effekt erzeugen. Sie verändern die Sicht des Lesers auf die Ereignisse der Geschichte, indem sie neue Elemente, neue Figuren, neue Informationen und neue Standpunkte einführen (Und... Kopfstand! Wuuuuiiii!). Der Sinn der Sache? Der Leser soll am Ball bleiben. Die Spannung soll gesteigert werden, um sie dann in Romanmanier zu entladen. Um die Leser dazu zu bringen, nach Luft zu schnappen, zu lachen und manchmal auch zu weinen. Vor allem aber, um dem Leser das Gefühl geben, dass es sich gelohnt hat, das Ticket für diese Fahrt zu lösen.
Nun gibt es viele verschiedene Arten von Achterbahnen. Cooper erwähnt die Bergspitze, die Schlange, den Urknall... Der Name gefällt mir, denn er erinnert mich an meine Lieblingsachterbahn: Die Viper, eine der Größten im Six Flags Magic Mountain-Park in der Nähe von Los Angeles. Sie beginnt mit dem weltgrößten vertikalen Überschlag über 14 Stockwerke. Dazu kommen zwei weitere Überschläge über 9 und 6 Stockwerke und ein 4-Stockwerke-Korkenzieher. Ich denke an die Viper, wenn ich Romane entwickle und Szenen schreibe, aber auch an andere Arten von Achterbahnen wie den altehrwürdigen Grizzly in meiner Nachbarschaft. Diese Art Achterbahn baut langsam Spannung auf, und alle richtig großen "Wow"-Momente befinden sich am Ende der Fahrt.
Während ich die ersten Kapitel der Erstfassung von Holostar schreibe, frage ich mich, welche Art Achterbahn dieser Roman werden wird. Wie groß sollte der erste Überschlag sein, wie groß die erste Talfahrt. Das ist nicht einfach. Manche Autoren beginnen mit einem riesigen "Wow", das sie hinterher nicht mehr übertreffen können. Und wir alle haben unzähle Bücher gelesen, bei denen die Spannung irgendwann versickert ist, oder die gerade dort aufhörten, wo es anfing, interessant zu werden.
Gleichzeitig habe ich Autoren gesehen, die wohl der Meinung waren, dass dauernde Actionszenen das beste Mittel wären, eine gute Achterbahnfahrt zu gewährleisten und deren große Momente sich entsprechend allesamt in Form von Actionszenen abgespielt haben. Stimmt aber nicht. Zunächst einmal manifestieren sich einige der fesselndsten Momente in einem Buch in Form von Dialogen. Zum anderen sind die besten Achterbahnbücher diejenigen, die dem Leser Zeit geben, über den Überschlag, den er gerade erlebt hat, nachzudenken und gleichzeitig die 9 Stockwerke hohe Bergfahrt wahrzunehmen, die ihm bevorsteht. Edgar Allen Poe (noch mehr Raben) hat gesagt, dass die Tiefen einer Geschichte so wichtig seien wie ihre Höhen. Wenn eine Geschichte nur Höhen hat, meint Poe, wird sie flach und uninteressant, noch dazu in dünner Luft, den den Leser benebelt. Das ist nicht gut.
Bei Holostar denken Michael Reaves und ich deshalb über Formen nach: Gerade Strecken, kleine Hüpfer, Überschläge, Berg- und Talfahrten. Wir überlegen uns, welche Rolle Erwartungen, Überraschungen, Falschinformationen, Spannung, Actionflauten und -stürme, Heimlichkeiten und Enthüllungen in diesen "wichtigen Augenblicken der Veränderung" spielen werden. Wenn wir unsere Arbeit gut machen, werden die meisten unserer Leser unsere Achterbahn mit einem Seufzer der Befriedigung verlassen. Dem wir uns anschließen werden, denn wir lieben nichts mehr, als gute Achterbahnen zu bauen.
Seite 1
Seite 1
RSS-Feed für diesen Kommentarthread abonnieren
RSS-Feed für alle Kommentare