Heute, wie versprochen, der zweite und letzte Teil des großen Interviews mit George Lucas, das die Academy of Achievement 1999 mit dem Erfinder von Krieg der Sterne führte. Teil 1 findet ihr hier.
Sie haben viel über Ihre Fehlschläge geredet, hatten aber auch große Erfolge. Wie gehen Sie mit Erfolg um?
Erfolg ist eine ganz schwierige Sache. Sehr viel schwieriger, als man denken mag. Und als ich mit American Graffiti meinen ersten erfolgreichen Film herausgebracht hatte, war er glücklicherweise ein großer Erfolg, aber nicht so sehr in finanzieller Hinsicht. Das Geld kam so langsam herein, dass ich in der Lage war, mich anzupassen. Bei Krieg der Sterne war es weit schwieriger, und ich hatte viele Freunde, die sehr erfolgreich geworden waren und sagten, "Junge, pass auf! Wenn dieser Film einschlägt, wird er Dich so richtig durchschütteln." Und ich meinte: "Oh, nein, nein. Ich habe das bei American Graffiti erlebt, ich komme damit klar." Aber als Krieg der Sterne dann kam, als mir klar wurde, wie erfolgreich er war und wie erfolgreich die diversen Ablegerprodukte waren, war es psychologisch sehr, sehr schwierig, damit klarzukommen. Nach so einem Erlebnis braucht man viel Zeit - gerade wenn es so schnell passiert -, um sich daran zu gewöhnen, was einem da gerade passiert ist und wie alle anderen damit umgehen, und wie das eigenen Leben nun aussieht.
Es ist schwer zu erklären, was da psychologisch passiert, weil viele Schranken plötzlich wegfallen. Anstatt sich mühsam durchzukämpfen, um irgendwo die Möglichkeit zu bekommen, irgendwas zu machen, hat man plötzlich unendlich viele Möglichkeiten, buchstäblich alles zu tun. Und plötzlich muss man nicht mehr andere Leute dazu bringen, "ja" zu etwas zu sagen, sondern man selbst muss lernen, "nein" sagen zu können. Ich habe das bei vielen Leuten gesehen. Zuerst sagt man "ja" zu allem, weil einem all diese wundervollen Dinge angeboten werden.
Man hat sein Leben damit verbracht, nur zu betteln und jedes verfügbare Mittel einzusetzen, um andere Leute dazu bringen, "ja" zu einem Projekt zu sagen oder "ja, klar, machen wir". Und plötzlich sagen alle "ja." Plötzlich wollen alle, dass man alles tut, was man will. Und dann muss man lernen, "nein" sagen zu können. Es werden einem so viele Möglichkeiten geboten, aber alle kann man nicht wahrnehmen, denn täte man das, verlöre das Leben jeden Fokus, man würde überwältigt und bräche in jeder Hinsicht zusammen. Und aus dem Gefühl der Unbesiegbarkeit wird dann ein Sumpf der Depression. Ich habe das bei vielen Leuten gesehen und es auch selbst erlebt. Das gehört einfach zum Erfolg dazu. Und egal, wie gut man glaubt, mit so etwas fertigwerden zu können, man kann es einfach nicht.
Man braucht seine Familie in so einem Moment, viele Freunde, die einem Bodenhaftung geben. Man muss sich Zeit nehmen, ein Jahr Auszeit, und einfach mal den Gang rausnehmen. Man braucht Distanz zu diesem Erfolg und muss sich auf sich selbst konzentrieren. Sich irgendwo an einen Strand legen oder irgendetwas tun, das einen auf der Spur hält.
Ich habe es mir angewöhnt, mich nach einem Filmstart an einen Strand zurückzuziehen und dem ganzen Wahnsinn einfach auszuweichen, all dem Geschrei und dem Wahn und dem Erfolg, den Fragen nach den Einnahmen oder ob der Film gut oder schlecht ist. Ich verpasse das einfach, rede mit niemandem, und einige Wochen später komme ich zurück, und es ist schon vorbei. Ich erfahre die Ergebnisse, ohne sie durchleben zu müssen. Ich denke, das ist eine gesunde Methode, mit Erfolg umzugehen. Man sollte sich nicht darin wälzen, sondern ihn schön auf Abstand halten.
Wie gehen Sie in einer so öffentlichen Kunstform wie der Ihren mit Kritik um?
Als ich anfing, las ich, wie jeder andere auch, die Kritiken. Nicht nur die meiner Filme, sondern alle Kritiken. Wenn man anfängt, Filme zu drehen, lernt man die Kritiker auch direkt kennen. Aber mit der Zeit wurde mir klar, dass das Niveau der US-amerikanischen Kinokritik ziemlich niedrig war. Die Kritik ist nicht, was sie sein sollte, und als ich das erkannte, war mir klar, dass ich sie nicht ernstnehmen musste.
Es gibt im Ausland einige Kritiker, und manchmal schreibt einer von ihnen eine gute Analyse eines Films. Kritiken zu lesen, die etwas Intelligentes beizutragen haben, ist hilfreich, aber die Presse hierzulande existiert in einer Welt der Kurzkommentare und des Kommerzes: Es geht darum, Zeitungen und Bücher zu verkaufen, und das tun die Journalisten, indem sie Filme verreißen. Sie kritisieren sie nicht, und sie analysieren sie nicht, sondern schreiben einfach Verrisse, um eine gute Schlagzeile zu bekommen, oder um die Leute dazu zu kriegen zu kaufen, was immer sie gerade verkaufen wollen. Je älter man wird, desto weniger ernst kann man das nehmen. Ich bin an einem Punkt angelangt, wo ich die Kritiken komplett ignoriere. Das hat einfach keine Relevanz mehr für mich.
Man braucht natürlich ein dickes Fell, um mit Kritik klarzukommen. Ich bin ein selbstkritischer Mensch und habe viele Freunde, denen ich vertraue, Filmregisseure, Autoren, Leute aus dem Filmgeschäft. Ihnen traue ich zu, in ihrer Kritik gnadenlos zu sein, aber ich lege auf ihre Meinung wert, denn die ist durchdacht und fundiert. Außerdem kenne ich sie persönlich, also kenne ich auch den Blickwinkel, aus dem sie alles betrachten. Ich weiß, was sie mögen und kann sagen, "Okay, das ist toll für euch, aber nicht für mich". Technische Kritik ist sehr hilfreich, aber die bekommt man nur von seinen Kollegen.
Außerdem habe ich entdeckt, dass die meisten Filmkritiker filmische Analphabeten sind. Sie wissen nicht viel über Filme. Sie kennen die Geschichte nicht. Sie kennen die Technologie dahinter nicht. Sie wissen einfach nichts. Wenn sie also etwas analysieren sollen, sind sie hoffnungslos verloren. Aber meine Freunde wissen, was sie tun, und sie können die technische Seite kritisieren und sagen, "das funktioniert nicht. Du zäumst das Pferd vom Schwanz her auf". Solche Dinge. Der Rest ist eine Frage des persönlichen Geschmacks und liegt völlig im Auge des Betrachters. "Ich mag diesen Filmen, ich mag jenen Film nicht." Es gibt eine Menge Filme, die schlecht gemacht sind und die ich mag, und es gibt ebensoviele Filme, die wunderschön gemacht sind und die ich nicht mag. Kritiker haben die Tendenz, sich einzig darauf zu konzentrieren: "Ich mag den Film, ich mag den Film nicht, er ist gut, er ist schlecht." Aber so funktioniert das einfach nicht. Und deshalb kann man das ignorieren.
Beim Publikum ist es auch nicht anders. Ich habe Filme gemacht, die sich vielleicht 10 Leute angesehen haben. Niemand wollte diese Filme sehen. Und bei einigen Filmen gingen die Leute hin und sahen sie sich an, und der Film gefiel ihnen nicht. Vielleicht einem halben Dutzend Leuten gefiel der Film, aber das ist in Ordnung. Wenn mir ein Film gefällt, bin ich zufrieden. Und egal, was passiert, das muss man einfach akzeptieren. Wenn niemandem ein Film gefällt, wird man sich in diesem Geschäft nicht halten, weil man Ressourcen braucht, um weitermachen zu können. Also muss man sich sein Nischenpublikum suchen, ein Publikum, das die gleichen Vorlieben und Abneigungen hegt.
Ich glaube, einer der Gründe, weshalb Steven [Spielberg] und ich so erfolgreich gewesen sind, ist der, dass wir Filme mögen. Wir gehen gerne ins Kino. Wir mögen Filme, und wir wollen Filme machen, die denen ähneln, die wir selbst mögen. Wir wollen die Zuschauer unterhalten. Wir wollen sie überraschen, sie umhauen. Wir wollen, dass sie das Kino verlassen und sagen: "Wow, das war phantastisch, das hat mich wirklich bewegt." Darin liegt der ganze Spaß. Und man will die Leute zum Nachdenken anregen. Man will sie emotional bewegen. Und in der Erzählkunst steckt eine Theorie dahinter, die seit Tausenden von Jahren existiert. An dem Punkt ist eine Theatervorführung oder eine andere Livevorführung sehr hilfreich, weil man von seinem Publikum eine direkte Reaktion bekommt und sofort erfährt, was funktioniert und was nicht. Das ist der Vorteil, den die griechischen Erzähler und Shakespeare hatten, und für uns im Filmgeschäft ist es schwieriger, an so etwas heranzukommen. Wir sehen die Zuschauer ja nicht, wir können unsere Arbeit nicht vor Ort anpassen. Also müssen wir auf unsere Erfahrungen als Kinogänger zurückgreifen.
Ich selbst sehe mir einen Film nie alleine an, sondern immer mit anderen, weil ich wissen will, was funktioniert. Ich will wissen, wann die Leute lachen, wann sie nicht lachen und was sie hinterher denken, weil das mein Metier ist. Meine Arbeit besteht darin, mit den Menschen auf effektive Weise zu kommunizieren und eine Reaktion zu bekommen. Ich kann mein Publikum also nicht ignorieren.
Sie haben anderen Regisseuren neue Technologien zur Verfügung gestellt, um Bild und Ton besser zu kontrollieren. Was treibt Sie an, die technischen Grenzen immer weiter auszuweiten?
Viele Leute betrachten die Technologie als bloßes Mittel zum Zweck, aber in bestimmten Fällen ist das nicht der Fall. Im Filmgeschäft, ist der schöpfende Akt in der Kunstform Film, die Technik des Filmemachens also, eine komplett technische Angelegenheit. Es ist eine riesige technische Sache, im Gegensatz zum Bücherschreiben, das nur teilweise technisch ist. Beim Schreiben war es die Auswahl verschiedener Stifte und Papiertypen, die wichtig war. Die ersten Druckerpressen, die Kunst des Buchbindens, Taschenbücher, billige Bücher für jedermann, das alles ist Technik, die es dem Autor ermöglicht, sein Publikum besser zu erreichen. Oder sich klarer auszudrücken, bei Malern zum Beispiel. Viele Maler wie Michelangelo waren sehr gut darin, Farben zu mischen und neue Farben zu entwickeln, um Dinge auf neue Weise auszudrücken. Der Pinselstrich und solche Techniken waren bei der Anwendung ihres Handwerks sehr wichtig. Im Film ist es genauso, nur hundertfach verstärkt.
Bei den ersten Filmen haben sie einfach eine Kamera aufgestellt, die auf einen Zug gerichtet, und der fuhr in den Bahnhof ein. Das hat alle umgehauen. Die Technik hat alle umgehauen. "Seht euch diese Technik an!" Aber als sich der Film zu einer Kunstform entwickelte, wurde alles komplexer. Seither haben wir den Ton hinzugefügt, die Farbe und nun die digitale Technik. All das hat nur der Erweiterung unserer Möglichkeiten gedient. Wir haben jetzt neue Farben, mit denen wir arbeiten können. Am Anfang hatten wir eine Art Höhlenmalerei, und die war schön und wichtig, aber im Laufe der Zeit hat sich die Technik weiterentwickelt. Es gab Leinwände, die Bildhauerei, neue Materialien, und plötzlich ist man an einem Punkt, wo es sehr anspruchsvoll wird. Man kann interessantere Geschichten erzählen und sich klarer ausdrücken. Das geschieht heute, und deshalb treiben Künstler in allen Medien ihre Technik immer weiter voran: Um ihrer Vorstellungskraft immer mehr Spielraum zu verschaffen.
Das Gebiet mit den derzeit umfassendsten Möglichkeiten, ist wohl die Literatur, und das war sie schon immer, weil sie ein Schlüssel zum Geist ist und sehr direkt arbeitet. Und da hat man nur Feder und Papier, und es geht einzig darum, mit Worten richtig umzugehen. Aber im Theater, bei Shakespeare zum Beispiel, hat sich vieles um die zur jeweiligen Zeit aktuelle Technik gedreht. Die Sachen werden auf bestimmte Weise aufgeführt und auf bestimmte Weise geschrieben, um mit den Beschränkungen der Bühne klarzukommen, mit dem flackernden Kerzenlicht, mit gnadenlosen und brutalen Zuschauern, mit der Frage, wie man die Schauspieler ohne Vorhang von der Bühne bekommt oder neue hinauf. Shakespeare war von den Grenzen seines Mediums also stark eingeschränkt. Und im Film ist der Künstler, aufgrund der technischen Natur des Mediums, noch viel stärker eingeschränkt. Die digitale Technik und die neuen Methoden, mit denen wir heute arbeiten und die wir verbreiten, ermöglichen es uns, eine größere Geschichte zu erzählen und unserer Vorstellungskraft mehr Raum zu geben als früher.
Was erträumen Sie sich für die nächsten 10 oder 20 Jahre?
Mein Leben dreht sich ums Filmemachen. Ich erzähle gerne Geschichten, und ich habe noch viele Geschichten im Kopf, die ich erzählen möchte, bevor meine Zeit abläuft. Für mich geht es nur darum, in der begrenzten Zeit, die mir bleibt, all diese Geschichten zu erzählen. Mein Traum ist es, das zu schaffen.
Schon als ich jünger war, war das mein Traum. "Werde ich die Chance haben, Filme zu drehen? Werde ich tun können, was ich tun will?" Ich habe viel Zeit damit verbracht, das zu tun, was ich tun möchte, und ich habe diverse Unternehmen aufgebaut und Technologien entwickelt und andere Dinge getan, um die Filme zu machen, die ich machen will. Ich bin einfach nur meinen Interessen gefolgt, wie immer die auch jeweils aussahen. Ich hatte nie einen großen Plan. "Ich will von hier nach da kommen, und dazu muss ich dies oder das tun." Mein Plan war immer bloß, "ich habe einen Haufen von Filmen, die ich machen möchte, und jetzt mache ich den, und danach diesen hier". Und dann konzentriere ich mich auf mein jeweils aktuelles Projekt.
Was bedeutet Ihnen der amerikanische Traum?
Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. Das ist eine sehr, sehr komplexe Frage.
Ich würde gerne erleben, dass unsere Gesellschaft reifer wird, rationaler, wissensorientierter und weniger emotional. Ich würde gerne erleben, dass Erziehung und Ausbildung eine größere Rolle in unserem täglichen Leben spielen, dass die Leute sich ein umfassenderes Verständnis unseres Platzes in der Welt und im Universum aneignen. Dass wir nicht unbedingt an uns selbst denken, sondern an andere.
Ich bin nicht sicher, dass wir das je erreichen werden. Die Leute haben viele verschiedene Träume für Amerika, für seinen Platz in der Welt. Wenige davon passen zusammen, sehr wenige davon fügen sich in die Gesetze der Natur. Ein Teil der menschlichen Natur ist der ewige Kampf zwischen der totalen Ich-Orientierung und dem Versuch, ein Gemeinschaftswesen zu sein. Die Natur macht uns zu Gemeinschaftswesen. Die eigennützige, egoistische Kreatur ist eine Krebszelle. Und wir bestehen mehrheitlich nicht aus Krebszellen.
Wenn man das auf eine größere Skala überträgt, muss man anerkennen, dass wir in einer kooperativen Welt leben, nicht nur was unser Zusammenleben mit der Natur betrifft, sondern auch hinsichtlich unserer Mitmenschen. Wenn wir nicht kooperieren können, wenn wir nicht miteinander daran arbeiten können, den Gesamtorganismus am Laufen zu halten, stirbt die Welt, und alles Leben in ihr. Das ist das Gesetz der Natur, das schon seit Anbeginn der Zeit existiert. Wir gehören zu den wenigen Wesen, die eine Wahl haben. Wir können uns diesem Prozess intellektuell nähern.
Die meisten Organismen passen sich entweder an und werden Teil des Systems, oder sie werden ausgerottet. Die einzige Methode für uns, uns dem System anzupassen, ist unser Gehirn zu benutzen. Benutzen wir es nicht, passen wir uns nicht schnell genug an, überleben wir nicht.
Sie haben vom Gemeinschaftswesen und von Zusammenarbeit gesprochen. Alle führenden Filmemacher Ihrer Generation scheinen Freunde zu sein. Wie haben Sie in einem so umkämpften Geschäft zusammenhalten können?
Ich glaube, das ist ein Vorteil meiner Generation. Als wir an der Filmakademie waren und im Filmgeschäft einstiegen, waren uns alle Türen verschlossen. Eine hohe Mauer war vor uns errichtet worden, und keiner kam hinüber. So standen wir wie Bettler und Schnorrer vor dem Tor und beschlossen, dass wir nur überleben könnten, wenn wir zusammenhielten. Wenn einer von uns hineinkommt, hilft er allen anderen. Und danach helfen wir einander weiter. So haben wir uns zusammengefunden. So haben die Höhlenmenschen begonnen. Jede Gesellschaft beginnt so. Jede Gesellschaft nimmt ihren Anfang, wenn sie erkennt, dass sie gemeinsam, durch gegenseitige Hilfe, besser überleben kann, als wenn man einander bekämpft und miteinander konkurriert.
Die alten Bauernkulturen haben so begonnen, und die ersten Jägerkulturen. In den Stadtstaaten hat es so begonnen. Wir verlieren, wenn wir vergessen, dass wir als Gruppe stärker sind denn als Individuen. Wir glauben dann, wir wollen alles für uns selbst und wollen niemand anderem helfen. Wir wollen Erfolg, aber wir wollen nicht, dass irgendwer anders auch welchen hat. Wir wollen die Sieger sein. Wenn man einmal so denkt, verliert man, und leider denkt ein Großteil der Gesellschaft so. So kann man unmöglich gewinnen. Ein Grund, wieso meine Freunde und ich so erfolgreich geworden sind, ist der, dass wir einander immer geholfen haben.
Wenn ich Arbeit hatte, habe ich einem Freund geholfen, auch welche zu finden. Wenn jemand erfolgreicher war als ich, war das zum Teil auch mein Erfolg. Mein Erfolg hat nicht darauf beruht, alle in meinem Umfeld unten zu halten, sondern darauf, wie sehr ich allen anderen nach oben helfen konnte. Am Ende hatten sie auf die gleiche Weise Erfolg. Und haben mich dabei wieder nach oben gezogen. So haben wir es gehalten, und so halten wir es noch immer. Und auch wenn wir im Grunde konkurrierende Unternehmen besitzen, sehen wir es so, dass der Erfolg des Einen ein Erfolg Aller ist. Das ist der Schlüssel: Erfolg für alle, anstelle von Schadenfreude über die Fehlschläge der Anderen.
Heute machen wir das untereinander noch immer und handeln so auch gegenüber jüngeren Filmemachern. Ohne die Hilfe von Freunden, kann man keine Herausforderung meistern. Und wer auf Teufel komm raus die Spitzenposition einnehmen will, hat letztlich schon verloren. Man braucht Kollegen, man braucht Leute, die sich auf dem gleichen Niveau wie man selbst bewegen. Man weiß nie, wann man im Leben Hilfe braucht, und man weiß auch nie, von wem.
Das ist ein Motiv, das sich durch alle Märchen zieht: Man findet die Armen und Unglücklichen am Straßenrand, und sie betteln um Hilfe. Hilft man ihnen, hat man am Ende Erfolg, hilft man ihnen nicht, wird man in einen Frosch verwandelt. Seit Tausenden von Jahren existiert diese Vorstellung, und heute ist sie wichtiger denn je, weil die Leute sich mehr dafür interessieren, immer mehr Macht und Reichtum anzuhäufen, anstatt anderen zu helfen. Ich glaube nicht, dass es irgendwen gibt, der eine erfolgreiche Karriere hingelegt hat, ohne zu verstehen, wie wichtig es ist, Teil einer größeren Gemeinschaft zu sein und anderen Leuten in einer größeren Gemeinschaft zu helfen. Der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Und damit fängt man nicht an, wenn man ganz oben ist. "Ich bin jetzt kann oben. Ich kann mein Selbstwertgefühl und meine Lebensfreude steigern, indem ich den armen Teufeln unter mir helfe." Nein, damit fängt man an, wenn man ganz unten ist und sich hochkämpft.
Als wir an der Filmakademie waren, waren wir alle arm wie die Kirchenmäuse. Wir alle haben uns abgeschuftet, wir alle haben verzweifelt nach Arbeit gesucht. Und wenn einer von uns eine Stelle nicht bekommen hat, haben wir einen anderen Freund hingeschickt, in der Hoffnung, dass bloß irgendeiner von uns es schaffen würde. Man muss von Anfang an richtig handeln, und man kann jeden Tag damit anfangen, egal, ob man nun seinem Bruder oder seiner Schwester hilft, seinen Klassenkameraden oder seinen Mitbürgern. Aber es ist nicht nur eine Frage des Diensts an der Allgemeinheit, es ist eine Lebenseinstellung.
Und dann merkt man, wie gut sich das anfühlt und wie man selbst mehr erreicht, weil man anderen hilft. Es ist sehr viel logischer und intelligenter, anderen zu helfen, das allgemeine Niveau zu erreichen, anstatt nur zu meckern oder sich lustig zu machen, denn so kommen alle weiter. Und wenn man dauernd so handelt, hilft es einem persönlich. Außerdem ist es eine gute Geschäftsentscheidung, um es mal so zu sagen. Im Endeffekt geht es aber darum, dass man sich selbst besser fühlt und ein glücklicherer Mensch ist.
Wenn es in Amerika um Streben nach Glück geht, ist die beste Methode dorthin zu gelangen, anderen Menschen zu helfen. Denn nichts anderes macht einen glücklich. Man kann reich und berühmt sein, so mächtig wie man gerade will, und man ist trotzdem nicht glücklich. Natürlich hört man das dauernd, es ist ein Klischee sondergleichen geworden, und man muss es eigentlich gar nicht wiederholen, aber viele Leute verstehen nicht, dass es wirklich wahr ist. Es gibt so viele reiche, mächtige, berühmte Leute, die unglücklich sind. Und es gibt Leute, die entdeckt haben, dass es wirklich das Einander-Helfen ist, eine mitfühlende Lebenseinstellung anderen Menschen gegenüber, die einen glücklich macht. Die spirituelle Vollkommenheit ermöglicht. Und so etwas kann man nicht kaufen. Der Gedanke ist 5000 Jahre alt, und jeder Prophet und jeder intelligente, vernunftgeprägte, erfolgreiche Mensch hat ihn verbreitet. Ein sehr, sehr einfacher Gedanke, aber, was viel wichtiger ist, die Wahrheit.
Sie haben drei Oscars gewonnen. Gibt es Augenblicke, wo Sie fühlen, dass sie es geschafft haben und sich einfach nur zurücklehnen und Ihren Erfolg genießen wollen?
Ich sehe das etwas anders. Ich habe viele Ideen, und ich will arbeiten. Für mich ist das wie eine dieser Gameshows, wo man in einem Supermarkt fünf Minuten Zeit hat, um alles, was man möchte, in seinen Wagen zu stopfen. So sehe ich meine Arbeit. Ich habe einen Supermarkt voller Ideen, und die Herausforderung besteht darin, vor meinem Ableben möglichst viele von ihnen in meinen Wagen zu stopfen. Wenn man so arbeitet, konzentriert man sich nicht auf Erfolge. Das ist keine Frage der Bescheidenheit, sondern man versucht einfach nur, all das in seinem Leben zu tun, was man tun möchte.
Bringt Ihr Erfolg Verpflichtungen mit sich?
Wenn man erwachsen wird, stellt man fest, dass es im Leben Verpflichtungen gibt, als Staatsbürger und als Mensch. Die Verpflichtung, anderen Menschen zu helfen, seinem Land zu helfen, der Welt zu helfen. Als ich anfing und noch recht erfolglos war, habe ich bei mehreren wohltätigen Organisationen mitgearbeitet, war in diversen Programmen engagiert und so weiter.
Als ich sehr, sehr erfolgreich wurde, hatte ich nicht mehr die Zeit, auf diese Weise mitzuwirken. Ich bin da in dieses Verhaltensmuster hineingeraten, wo ich mir sagte: "Wenn ich alt bin, spende ich diesen Organisationen mein ganzes Geld." Da war ich Mitte, Ende 20. Und dann hatten alle möglichen Leute und Schulen und Institutionen Probleme, und ich sagte: "Nein, tut mir leid, wartet, bis ich 50 bin. Ich kann das nicht mit 20."
Aber nachdem ich mit mir gerungen und intensiv darüber nachgedacht hatte, kam ich zu dem Punkt, wo mir klar wurde, dass jetzt die Zeit ist, sich zu engagieren, egal wie alt man ist. Man muss sich einfach von dieser Vorstellung lösen: "Was, bin ich schon so alt? Ich bin einer von ihnen. Einer dieser alten Knacker, die Bibliotheken stiften. Ich bin gerade 20 oder 27." Und ich habe viele Leute erlebt, denen es so ergangen ist. Sie arbeiten hart und wachen eines Tages auf, um festzustellen, dass sie einmal gesagt haben: "Eines Tages mache ich das. Ich mache das. Eines Tages." Nun, dieser Tag ist heute. Und wenn man die Mittel hat, zu helfen, dann ist jetzt die Zeit dafür. Und es ist schwierig, wenn man gerade sein Nest gebaut hat, seinen sicheren Kokon. Den dann aufzugeben, das ist nicht leicht. Aber wenn man keine Zeit opfern kann, sollte man, denke ich, einige seiner Ressourcen opfern.
Die Verpflichtung hat man, etwas zurückzugeben, egal, was passiert. Wenn man jung ist, ist es einfacher, als wenn man erst einmal Erfolg hat. Plötzlich stellt man fest, dass man auf einer ganz anderen Ebene der Philanthropie gelandet ist. Man arbeitet nicht mehr gratis mit, sondern weiht Gebäude ein und hilft Kindern am anderen Ende der Welt.
Worin sehen Sie Ihren Beitrag zu Ihrem Beruf und zum Medium Film?
Das Wichtigste ist mir im Endeffekt, dass ich drei Kinder großgezogen habe. Das wird immer meine wichtigste Lebensleistung bleiben, und es ist diejenige, die man am einfachsten haben kann, weil man einfach nur Aufmerksamkeit aufbringen muss. Es ist harte Arbeit, und die meisten Menschen erkennen nicht, dass dies in Punkto Ziele und Erfolg und Errungenschaften das wahre Geschenk ist.
In beruflicher Hinsicht habe ich mitgeholfen, das Kino von einem chemischen in ein digitales Medium zu verwandeln. Das ist und bleibt ein Meilenstein. Und ich werde diese Geschichten hinterlassen, diese kleinen Geschichten, die in diesem Medium festgehalten bleiben und für die Menschen der Zukunft von Interesse sein könnten oder eben auch nicht. Ich habe mein Bestes gegeben. In meiner Lebenszeit haben sie einen ziemlichen Eindruck hinterlassen, aber wer Geschichte studiert weiß, dass man in einem Leben viel erreichen kann, und eine Generation später ist all das vergessen.
Und dann kann man in seinem Leben etwas tun, das man selbst für unbedeutend hält, und das überdauert dann 1000 Jahre. Man kann sich nicht zu sehr auf diesen Aspekt konzentrieren, weil man nicht weiß, welche Maßstäbe die Geschichte anlegen wird.
Man muss bei allem, was man tut, einfach sein Bestes geben. Ich hoffe, ich kann das Bildungssystem etwas verändern. Ich glaube, ich habe die Arbeitsweise der Filmindustrie ein wenig verändert, und ich denke, dramatischere Änderungen stehen noch an. Ich freue mich darauf. Ich glaube, das wird ein Teil meines Vermächtnisses sein.
Herr Lucas, vielen Dank für dieses Gespräch.
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