Am 1. Dezember erscheint Carrie Fishers Autobiographie "Wishful Drinking". Die britische Zeitung Daily Mail hat auf ihrer Website unlängst einen umfassenden Auszug aus Fishers - sehr offen geschriebenem und damit vielleicht nicht gerade leichtverdaulichem - Buch veröffentlicht. Hier ein Auszug aus dem Auszug:
Ich bin wirklich das Ergebnis von Inzucht in Hollywood. Wenn sich zwei Prominente paaren, kommt jemand wie ich dabei heraus.
Ich wurde am 21. Oktober 1956 in Burbank, Kalifornien geboren. Mein Vater, Eddie Fisher, war ein berühmter Sänger. Meine Mutter, Debbie Reynolds, war ein Filmstar. Ihre bekannteste Rolle war in Singin' in the Rain - Du sollst mein Glücksstern sein.
In den 50ern waren meine Eltern als "Amerikas Traumpaar" bekannt. Ihre Bilder schmückten die Titelbilder aller Zeitungen. Sie waren der Brad Pitt und die Jennifer Aniston ihrer Zeit.
Als ich geboren wurde, verabreichten die Ärzte meiner Mutter eine Vollnarkose, weil es damals noch keine Epiduralanästhesie gab. Als Folge davon war sie bewußtlos.
Nun ist meine Mutter eine wirklich schöne Frau. Sie ist heute in ihren Siebzigern schön, also sah sie damals, mit 24, aus wie die junge Morgenröte. Alle Ärzte schwirrten um ihren schönen Kopf herum und sagten: "Oh, seht euch Debbie Reynolds an - ist sie nicht schön?"
Und mein Vater wurde während meiner Geburt bewußtlos. Also eilten die Schwestern an seine Seite und sagten: "Oh, seht nur, da liegt der Schlagersänger Eddie Fisher. Sehen wir ihn uns an."
Als ich geboren wurde, beachtete mich also niemand. Diese Tatsache habe ich seither auszugleichen versucht.
[...]
Ich war 13, als ich zum ersten Mal Drogen nahm. Meine Familie hatte ein Ferienhaus in Palm Springs, etwa zwei Stunden von Beverly Hills entfernt, wo ich großwurde.
Ab und zu vermietete meine Mutter das Haus in Palm Springs an irgendwelche Leute, die einmal eine Tüte Marijuana dort vergaßen.
Meine Mutter kam zu mir und meinte: "Liebes, ich dachte mir, bevor Du das Gras rauchst, wo man Dich dabei erwischen kann und Du Ärger bekommst, könnten wir gemeinsam damit experimentieren."
Damals - und offengestanden selbst heute - konnte ich mir nichts Seltsameres vorstellen. Aber meine Mutter verschwand wieder im Wirbelwind ihres Lebens und vergaß ihren Vorschlag.
Nachdem klar geworden war, daß ihr unser Experiment entfallen war, stahl ich das Gras aus ihrem Wäscheschrank und experimentierte mich in meinem Baumhaus um meinen Verstand.
Ich muß das wirklich genossen haben, denn ich experimentierte die nächsten sechs Jahre lang mit Marijuana, bis es plötzlich zurückschlug.
Am Anfang stand unkontrolliertes Kichern und das Schweben in einem angenehmen Schleier, aber plötzlich wurde es unheimlich, dunkel und furchteinflößend.
Ich brauchte eine Ersatdroge. Damals war ich etwa 19 und drehte gerade Krieg der Sterne. Nachdem ich mich also sorgfältig nach einem Ersatz umgesehen hatte, entschied ich mich für Halluzinogene und Schmerzmittel.
Man sagt ja immer, Religion sei das Opium der Massen. Nun, ich nahm mit religiösem Eifer massenweise Opiate.
Irgendwann in meinen frühen Zwanzigern, begann sich meine Mutter Sorgen um meinen offenbar ständig steigernden Drogenkonsum zu machen. Also tat sie, was jede besorgte Mutter getan hätte. Sie rief Cary Grant an.
In den 60ern nahm Grant bekannterweise unter ärztlicher Aufsicht LSD. Meine besorgte und liebende Mutter erzählte ihm also, daß ihre Tochter ein Problem mit LSD habe und er mich anrufen solle.
Einen Filmstar darum zu bitten, in meinem Leben eine Intervention durchzuführen, schien meiner Mutter das normalste von der Welt.
Einige Jahre später war ich in London und gerade auf dem Weg zur Hochzeit meiner Mutter mit Richard Hamlett, ihrem dritten Ehemann (ich verpasse nur ungern eine Hochzeit meiner Eltern). Sie rief mich in meinem Hotel an und machte sich sorgen, als ich nicht ans Telefon ging.
Also ließ sie das Telefon klingeln und bekam es schließlich mit der Angst zu tun. Sie wußte, daß ich dort war, also dachte sie wohl, daß es nur einen Grund geben konnte, wieso ich nicht ans Telefon ging - eine Überdosis.
Also tat sie, was jede normale sich sorgende Mutter tun würde, wenn sie Angst um das Wohlergehen ihrer Tochter hat. Sie rief Ava Gardner an. Und bat Ava, sicherzugehen, daß ich nicht tot war.
Jedenfalls liebte ich Herrn Grant. Er war vielleicht der einzige berühmte Mensch, vor dem ich echte Ehrfurcht hatte. Er bot dieses Superpaket, das über bloße Attraktivität hinausging: Er hatte eine lässige Klasse, ein kühles Selbstvertrauen und Charme.
Als also das Telefon klingelte und mir eine bekannte Stimme mitteilte, das sie zu Cary Grant gehörte - wenn auch bloß zu einem Cary Grant, der mir eine "keine Macht den Drogen"-Standpauke halten wollte -, war ich erst einmal völlig sprachlos.
Aber dann fingen wir, über meine LSD-"Abhängigkeit" zu sprechen, und nach sehr kurzer Zeit, plapperte ich unbekümmert drauf los. Ich glaube, ich konnte ihn am Ende davon überzeugen, daß ich wirklich kein LSD-Problem hatte (was im Großen und Ganzen auch stimmte). Ich hatte ein Problem mit Beruhigungsmitteln.
Am Ende unseres einstündigen Gesprächs sagte ich Grant dankbar auf Wiederhören, erzählte all meinen Freunden von meinem Problem, und Ende der Geschichte. So dachte ich zumindest.
Einige Jahre später war mein Vater auf der Beerdigungsfeier von Fürstin Gracia Patricia. Mein Vater hatte die Frau nie getroffen, aber er hatte gute Gründe, trotzdem hinzugehen. Publicity.
Jedenfalls war er auf der Beerdigung einer wenigen schönen Frauen seiner Generation, mit denen er nicht geschlafen hatte, als er Herrn Grant entdeckte. Etwas in seinem Kopf machte Klick, und er erinnerte sich düster an eine Geschichte, die man ihm erst kürzlich erzählt hatte.
Was war das noch gleich? Ah, richtig - es hatte mit seiner ältesten Tochter zu tun. Er ging zu meinem Helden hinüber und sagte das Erste, was ihm durch den Kopf schoß, etwas in der Art wie: "Meine Tochter Carrie ist LSD-abhängig, und ich mache mir große Sorgen. Könnten Sie vielleicht mit ihr reden?"
Der arme Herr Grant kommt also von der Beerdigung zurück und ruft mich nach einigen Tagen an, um wieder über mein Drogenproblem zu sprechen.
Beim ersten Mal war mir das bloß peinlich, aber diesmal war es erniedrigend.
Nachdem ich Grant gedankt hatte, erklärte ich ihm, daß meine Mutter wohl besser beurteilen könnte, ob ich täglich Drogen nahm oder nicht als mein Vater, mit dem ich pro Jahr vielleicht einen Tag verbrachte.
Jedenfalls sprachen Grant und ich über eine Stunde miteinander. Es war großartig. Ich kaufte ihm sofort eine Flasche Wein aus seinem Geburtsjahr - 1907 oder etwas in der Art -, und er rief mich dann wieder an, um mir zu danken. Während dieses letzten Telefonats sagte er, glaube ich: "Ich mag eigentlich gar keinen Wein."
Wir reden hier über nicht weniger als drei Anrufe von Cary Grant. Der Mann verfolgte mich förmlich.
Einige Monate später war ich auf einer Benefizgala und entdeckte ihn ein paar Meter entfernt. War ich eingeschüchtert? Oh ja.
Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich ihm auf den Rücken tippte und sofort meine Hand wegzog, als ob ich mir die Finger verbrannt hätte.
Grant drehte sich um, und ich ging gleich ein paar Schritte auf Abstand. "Hi. Ich bin die Tochter von Debbie Reynolds. Wir haben miteinander telefoniert? Ich wollte nur Hi sagen."
"Oh, ja hallo. Wie geht es Dir?" Ich wich immer weiter zurück.
"Oh, mir geht es gut.", flüsterte ich. "Alles ist toll. Wiedersehen!" Und ich flüchtete.
1986 drehte ich einen schrecklichen Film in Australien, als ich aus dem Radio erfuhr, daß Grant gestorben war. Und ich erinnere mich an diesen Schmerz - als hätte ich einen Schlag in die Magengrube erhalten.
Als ich versehentlich eine Überdosis nahm, machte ich mir selber angst und ging zu einer Gruppentherapie in 12 Schritten. Ich gehe noch immer jede Woche zu den Sitzungen. Seit ich damals mit 28 begann, zu Selbsthilfegruppen zu gehen, hatte ich vier oder fünf Rückfälle.
Heute lebe ich im Haus neben dem meiner Mutter. Sie ist noch immer etwas exzentrisch.
Wenn sie anruft, meldet sie sich immer mit: "Hallo, Liebes, hier ist Deine Mutter Debbie." (im Gegensatz zu meinen Müttern Wladimir und Jean-Jacques). Mein Bruder und ich reden jetzt auch so miteinander. "Hallo Liebes, hier ist Dein Bruder Todd."
Ein weiteres Beispiel für ihre Exzentrizität: Sie hat mehrfach vorgeschlagen, daß ich mit ihrem letzten Ehemann Richard ein Kind haben sollte, weil "es schöne Augen haben würde". Daß dies seltsam sein könnte, scheint ihr nicht in den Sinn gekommen zu sein. Ich glaube, sie dachte wohl nur, meine Gebärmutter sei gerade frei und es bleibt in der Familie.
Etwas, das das Leben als Kind von Berühmtheiten mit sich bringt, ist, daß das "reale Leben" für uns ein Fremdwort ist. Wir haben immer versucht herauszufinden, was an diesem fernen, unverständlichen Ort vor sich ging. "Surreales Leben" wäre eine passendere Bezeichnung gewesen.
Nachdem mich mein zweiter Ehemann, Bryan Lourd, verlassen hatte, wurde ich in eine psychiatrische Klinik eingeladen, und da man schließlich nicht unhöflich sein möchte, ging ich hin.
Mir wurde diagnostiziert, daß ich manisch depressiv sei - heute nennen sie so etwas eine Bipolare Störung. Manchmal merkt man gar nicht, daß etwas mit mir nicht stimmt - ich habe nur einfach zuviel Persönlichkeit für eine Person und nicht ganz genug für zwei.
In regelmäßigen Abständen, explodiere ich. Diese Explosionen sind über die Jahre kleiner geworden, und die Erholungszeit kürzer.
Symptome sind Promiskuität, exzessives Geldausgeben und Drogenmißbrauch (ich weiß, für viele hört sich das nach einem tollen Wochenende in Las Vegas an).
1997 blieb ich sechs Tage lang wach, als meine Ärzte meine Medikamente absetzten, nachdem zwei schlecht miteinander harmoniert hatten.
Als Folge entwickelte ich eine Psychose. Ich dachte, alles im Fernsehen drehte sich um mich. Ich wurde in die geschlossene Abteilung des Cedars-Sinai-Krankenhauses in Los Angeles eingewiesen.
Als ich offen über meine Geisteskrankheit sprach, brachte mir das große Anerkennung ein. Mein ganzes Leben hatte ich darauf gewartet, einen Preis für irgendetwas zu bekommen - okay, nicht für das Schauspielen, aber vielleicht ein kleiner Autorenpreis? Nein, ich bekomme jetzt Preise dafür, eine geistige Krankheit zu haben.
Ich stehe sogar im Lehrbuch für Psychopathologie. Meine Familie ist sowas von stolz darauf. Als ich davon erfuhr, erzählte man mir, es sei auch ein Bild von mir dabei. Allerdings hat mich nie jemand angerufen und gefragt: "Haben Sie einen Schnappschuß von sich selbst, auf dem Sie manisch oder depressiv aussehen?" Ich fragte mich jahrelang, was für ein Bild sie wohl genommen hätten.
Vor kurzem fand ich es heraus. Jeder, der so eine Frisur trägt, muß wohl verrückt sein. Richtig?
George Lucas hat mein Leben ruiniert. Und ich meine das auf die nettest mögliche Art und Weise.
Selbst heute, viele Jahre danach, fragen mich die Leute immer noch, ob ich damals wußte, daß Krieg der Sterne ein so großer Erfolg werden würde. Ja, natürlich wußte ich es. Wir alle wußten es.
Der Einzige, der es nicht wußte, war der Regisseur, George Lucas. Wir behielten es für uns, weil wir wissen wollten, wie er mit einem anderen Gesichtsausdruck aussehen würde.
Denn in jenen Tagen lief er nicht nur mit praktisch ausdrucklosem Gesicht herum, sondern sprach auch fast gar nicht. Seine einzigen Regieanweisungen im ersten Film lauteten "schneller" und "intensiver".
Kurz nach meiner Ankunft, verordnete er mir diese unglaublich idiotische Frisur. Mit seiner leisen Stimme fragte er: "Nun, was denkst Du?"
Ich hatte schreckliche Angst, rausgeschmissen zu werden, weil ich zu dick war, also antwortete ich nur: "Das ist toll." Ja. Sicher doch.
Als ich diesen Job bekam, der allen Jobs ein Ende bereiten sollte und von dem ich nie geglaubt hatte, daß ich ihn überhaupt bekommen würde, weil sich all diese anderen wunderschönen Mädchen darum beworben hatten - Amy Irving, Jodie Foster, Teri Nunn - , wurde mir gesagt, daß ich 10 Pfund abnehmen müsse.
Was lag da näher, als mir eine Frisur zu verpassen, die mein ohnehin schon breites Gesicht noch mehr verbreitert?
Erinnert sich jemand an dieses weiße Kleid, das ich den ganzen Film hindurch trug? Am ersten Drehtag kam George zu mir, sah sich das Kleid an und meinte: "Du kannst unter diesem Kleid keinen BH tragen."
"Okay, ich passe.", antwortete ich. "Wieso nicht?" Und er sagte: "Weil... es im Weltraum keine Unterwäsche gibt."
Er sagte das im Brustton der Überzeugung. Als wenn er im Weltraum gewesen wäre, sich umgesehen hätte und nirgendwo BHs oder Slips entdecken konnte.
Er erklärte es mir. "Wenn Du in den Weltraum fährst, wirst Du schwerelos. Dein Körper bläht sich auf, aber Dein BH nicht, also wirst Du von Deiner eigenen Unterwäsche erdrosselt."
Ich glaube, das wäre die Grundlage für einen phantastischen Nachruf. Meinen jüngeren Freunde erzähle ich immer, daß über meinen Tod, wie immer er sich auch ereignen mag, berichtet werden soll, ich sei bei Mondlicht ertrunken, erdrosselt von meinem eigenen BH.
Und was trug ich, so intergalaktisch, statt eines BHs? Schwarzes Klebeband.
Ich fand immer, es hätte einen Wettbewerb darum geben soll, welches Crewmitglied mir am Abend beim Auswickeln hilft.
George ist ein Sadist. Aber obwohl ich einen metallenen Bikini tragen, mich an eine riesige Schnecke (Jabba der Hutte) ketten und häufig beinahe sterben mußte, kam ich immer wieder zurück.
Wieso, mag man sich da fragen. Nun, George ist ein Visionär, richtig? Der Mann hat Zuschauer auf der ganzen Welt begeistert und Mark Hamill und Harrison Ford und mir selbst genug Fanpost - und sogar eine kleine Gruppe Stalker - verschafft, um uns für den Rest unseres Lebens zu beschäftigen.
Außerdem sollte man nicht vergessen, daß George mich in eine kleine Puppe verwandelt hat. Eine Puppe, in die ein Ex von mir kleine Nadeln stechen konnte, wenn er sich über mich geärgert hat (ich habe die Puppe in einer Schublade gefunden).
Außerdem hat er mich in eine Flasche für Haarwaschmittel verwandelt, deren Kopf man abnehmen konnte, um Flüssigkeit aus meinem Hals zu gießen. Carrie Fisher für Dr. Freud, bitte!
Und dann gab es diese Seife mit der Werbung: "Seif Dich mit Leia ein, und Du wirst Dich wie eine Prinzessin fühlen."
Die netten Leute bei Burger-King haben mich zur Uhr gemacht. Und ich bin ein kleines, stämmiges Lego-Ding. Und jetzt gibt es sogar eine Briefmarke, was total cool ist.
Zu Georges zahlreichen Besitztümern, gehört auch mein Gesicht, und jedesmal wenn ich in den Spiegel sehe, muß ich ihm ein paar Dollar rüberschicken. Das ist einer der Gründe, wieso er so reich ist.
Den gesamten Auszug in englischer Sprache findet ihr auf den Seiten der Daily Mail.
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