SYFY Wire hat sich unlängst mit einem Kernelement des Star-Wars-Kanons näher beschäftigt: Der Zusammenarbeit der Story Group mit den diversen Autoren. Dazu hier zunächst das Selbstverständnis von Holocron-Hüter und Story-Group-Mitglied Leland Chee:
Wir haben heute mehr Inhalte, als ich je erwartet hätte. Bevor wir eine Story Group hatten, war das, was George mit den Filmen und The Clone Wars gemacht hat, so ziemlich sein Universum. Er hatte nicht wirklich viel Interesse daran, was wir in den Büchern und Spielen taten. Das Erweiterte Universum war also eine abgetrennte Geschichte, und unsere Aufgabe bestand darin, das EU ggf. anzupassen, wenn George etwas in den Filmen machte, das dem widersprach, was wir zuvor im Erweiterten Universum gemacht hatten.
Lichtschwerter konnten z.B. plötzlich nur noch blau, grün, lilafarben oder rot sein. Das bedeutete, dass wir unsere zuvor gelben Lichtschwerter loswerden mussten. Jedi können nicht mehr heiraten. Was machen wir mit diesem Jedi hier, der geheiratet hat? Es ging also in erster Linie darum, Retcons einzuführen, um uns an das anzupassen, was George in den Filmen machte.
Seitdem die Story Group alle Inhalte in Film, Fernsehen und anderswo betreut, müssen wir solche Änderungen nicht mehr rückwirkend vornehmen. Wir können Veränderungen stattdessen antizipieren. In einem Medium säen wir Ideen aus, in einem anderen [sehen wir sie wachsen]. Auf diese Weise können wir also Dinge in den Büchern oder im Fernsehen lostreten, die für die Öffentlichkeit vielleicht erst Jahre später wichtig werden. Und wenn die Leute wüssten, wie unsere Roadmap aussieht, wären sie einfach komplett baff.
Und wie funktioniert das in Zusammenarbeit mit den Autoren?
Ich hatte viel Freiraum, die Geschichte zu entwickeln und mitzugestalten; die Anleitung von Lucasfilm drehte sich darum, der Geschichte schärfere Konturen zu verleihen und meine Vision in Einklang mit der größeren Welt zu bringen. Es war so ziemlich die ideale Zusammenarbeit, und ich hatte nie das Gefühl, erstickt oder von oben kontrolliert zu werden.
Eine Sache, die sie abgeschossen haben, war eine Idee, die ich schon sehr früh bei unserer Zusammenarbeit hatte. Ich wollte aus der Sicht eines Jedi einem jungen Padawan nach Die Rückkehr der Jedi-Ritter diese Geschichte erzählen. Doch weil J. J. Abrams vertraglich zugesichert worden war, völlig freie Hand für Episode VII zu haben, konnte ich nicht einmal andeuten, dass es nach Episode VI überhaupt Jedi gibt.
Aus dieser Idee wurde so die Nacherzählung von Das Imperium schlägt zurück in der 2. Person.
Ich erinnere mich, wie nervös ich war, als ich meine Geschichte so unkonventionell erzählen wollte. Und dann waren wir auf der Skywalker Ranch, und ich war so nervös, dass sie es ablehnen würden, wenn ich vorschlagen würde, im Stil von James Tates Gedicht „Dear Reader” zu schreiben, und plötzlich sagt Adam [Gidwitz]: „Ich erzähle das Buch in der 2. Person!” Und dann sagte ich :„Oh, und ich mache es im Dear-Reader-Stil.” Und sie reagierten dermaßen positiv. Sie sagten: „Ab dafür!” Da wurde mir klar, dass sie wirklich wollten, dass wir experimentieren.
Wir wussten vorher, dass die Story Group sich unsere Ideen irgendwann ansehen musste. Wir wussten, dass wir nicht mit allem durchkommen würden, aber wir wussten auch, dass wir wenigstens versuchen durften, mit allem durchzukommen. Und ich kam mit ein paar lustigen Sachen davon.
Sie sagten mir, Adam würde in der 2. Person schreiben, und mir zeigte das, dass ich mit dem Stoff machen konnte, was ich wollte. Meine Herausgeberin erzählte mir, dass sie vor allem wollten, dass ich beim Schreiben jede Menge Spaß habe. Und anfangs hatte ich keinen Spaß daran, das Buch zu schreiben, weil ich so gestresst deswegen war. Dann fuhr ich zu Lucasfilm, und die Story Group sagte mir: Du kannst kleine Änderungen und Veränderungen vornehmen. Wir wollen nur nicht, dass du etwas widersprichst, was im Film selbst ist oder irgendetwas, das in star Wars: Das Erwachen der Macht vorkommen wird. Aber Du kannst kleine Szenenanpassungen vornehmen und die Dialoge ein wenig verändern, um ihn besser auf Deine Bedürfnisse abzustimmen.
Als sie zu mir kamen dachte ich, dass sie mir vorgeben würden, was ich schreiben sollte. Das war aber nicht der Fall. Ich hatte viele Freiheiten. Mein Konzept musste abgesegnet werden, aber es war mein Konzept und sie ließen mich wirklich die Geschichte erzählen, die ich erzählen wollte. Es war wunderbar.
Bereits vor 2014 hatte Lucasfilm sein Story-Team, das alle Geschichten las und genehmigte. Damals funktionierte das aber eher wie die Flugverkehrskontrolle. Sie waren sich all der anderen Dinge bewusst, die vor sich gingen und herauskamen, und wollten einfach nur sicherstellen, dass Dinge, die wir taten, nicht mit Dingen kollidierten, die andernorts vor sich gingen.
Jetzt ist es nicht so viel anders, wobei es nicht so sehr darum geht, uns Autoren Inhalte vorzugeben, sondern sie geben uns eher eine Figur, die wir eräwhnen sollen. In meiner Kurzgeschichte Bottleneck sollte ich z.B. eine Figur einbauen, die später in Alexander Freeds Battlefront: Twilight Company vorkommen würde.
Das lief nicht etwa so unbeholfen, wie wenn sie gesagt hätten, „das hier ist es, worum es bei dieser Geschichte geht”, sondern es war Führung in dem Sinne, dass ich auf etwas hingewiesen wurde, was weit später passieren würde, und wenn wir jetzt darauf hinarbeiten, wirkt es später so, als wäre alles im voraus geplant gewesen.Und ich meine, irgendwie war es das ja so tatsächlich! In der Vergangenheit war es für Charaktere in einem Medium möglich, in einem anderen Medium aufzutauchen, aber es geschah irgendwie eher zufällig und war nicht so bewusst vorhergeplant.
Ich habe mein Buch geschrieben, bevor Episode VII in die Kinos kam. Wir wussten nicht, was passieren würde, und niemand durfte etwas wissen. In meinem Buch steckten Dinge, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie wusste. Ich schrieb einen Rahmen für die Geschichte und dann kamen [die Herausgeber] und warem kleine Dinge hinein. So irgendwie funktionierte das. Ich wusste, dass Leia ihre Erinnerungen in einen Droiden speichern würde. Also nannte ich den Droiden einfach irgendwie, und sie sagten, nein, nein, der Droide heißt PZ-4CO. Weil sie wussten, dass er im Film landen würde. Und er ist dort, man hört seinen Namen. Ich war wahrscheinlich die einzige Person, die sich darüber gefreut hat. Es war irgendwie so, als würdest du dein Ding durchziehen, und dann kommen andere Leute rein und nehmen kleine Kurskorrekturen vor.
Wir hatten so viele Freiheiten. Es ist absolut das Buch, das wir schreiben wollten. Ich würde sagen, es gibt keine Kontrolle, aber Führung, und genau das sollte es auch sein, was ein Herausgeber tut. Was die Story Group einem als Autor vor allem bietet, ist ihr Wissen darüber, was in jedem Winkel des Star-Wars-Universums vor sich geht. Diese Leute sind wirklich gut darin, ein Manuskript zu lesen und dann genau zu sagen, diese oder jene Art von Droiden kannst Du nicht benutzen, weil sie 30 Jahre nach Die Rückkehr der Jedi-Ritter nicht mehr benutzt wird. Wie wäre es stattdessen mit dieser Art von Droiden? Oder, anstatt diese Art von Nichtmensch zu benutzen, erfinde doch einfach eine neue, damit es keine Bezüge zu irgendetwas hat und Du Dir Dein Stück vom Star-Wars-Universum bauen kannst. Das war sowohl wirklich cool, als auch überraschend.
Bei Star-Wars-Projekten, die dem Sachbuchbereich zuzuordnen sind, variiert die Freiheit, die ich habe, ein wenig von Projekt zu Projekt. Mein Hauptziel ist es, innerhalb des bestehenden Kanons zu arbeiten und Dinge so zu erzählen, wie sie etabliert wurden. Aber manchmal gibt es auch Lücken, die gefüllt werden müssen. In diesen Fällen geben mir die Leute von der Story Group viele Freiheiten, neue Elemente zu erfinden, solange ich diese jeweils zur Genehmigung vorlege. Das sind eher Hintergrunddetails als Handlungsstränge, obwohl diese Details gelegentlich eine kleine Geschichte suggerieren, die nur darauf wartet, erzählt zu werden.
Als ich an den Guides für die animierte Serie Star Wars Rebels gearbeitet habe, war die Serie neu, also gab es viele Fahrzeuge und Technologien, die Namen und Statistiken brauchten. Es macht Spaß, Zahlen und Droiden-Namen zu erfinden, vor allem, wenn man sie mit etwas Bedeutungsvollem verbinden kann. Wenn ich Fragen zu obskuren Details habe, kann ich mich bei Lucasfilm an Leland Chee oder Pablo Hidalgo wenden. Und eines oder mehrere Mitglieder der Story Group wird meine Manuskripte lesen, die Fakten überprüfen und mir Feedback liefern, sowohl zu In-Universe-Inhalten, als auch zu allem anderen.
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@Pepe Nietnagel:
Ich wüßte nicht wo ich das Interview verdrehe. Du hast behauptet es ginge nicht um Empire und Jedi in der Aussage obwohl er selbst davon spricht. Du fragst wer "They" ist obwohl es Lucas selbst klar sagt. Du verknüpfst die Folgefrage nach "Abrams" mit einem völlig anderen Gesprächsthema davor und ziehst da eine Schlussfolgerung draus. Und du machst weiter aus der Aussage "Zum Glück ist Person X kein Strukturist" eine gezielte Anspielung.
Ich wäre dir wirklich verbunden, wenn du mir aufzeigen würdest wie die Aussage "Wenn ich versuche zurückzutreten, dann Ende ich immer als Hintermann so stark involviert, da kann ich es gleich selbst machen" von mir verdreht wurde und wieso daraus folgt, dass er gerne bei TFA beraten hätte?
Das ganze Interview und alles was wir wissen ist, dass Lucas am Anfang noch mit Autoren (evtl. Arndt) arbeitete und das nach seiner Aussage in dem Interview nicht gut klappte. Die Schlussfolgerung ist also doch eher die: Er wollte sich zurückziehen, aber noch die Treatments und Rahmenpunkte mitgeben und dann weit weg sein um nicht wieder am Ende alles selbst zu machen. Alles was Lucas je kritisierte war ja auch letztlich der Richtungswechsel hin zum "Retro-Fanfest" und weg von seinen vorgearbeiteten Ideen.
Ich kann mich nicht erinnern mal gelesen zu haben, dass Lucas sich darüber geärgert hat nicht als Berater stark involviert gewesen zu sein.
"Wenn nun aber Disney selbst für die Retro-Ausrichtung von Episode VII verantwortlich ist, dann wäre Abrams auch bei mir als Autor wieder rehabilitiert."
Was mich wundert, da die Möglichkeit, dass Disney für das "Play it safe" von TFA verantwortlich ist, ist ja nicht wirklich neu. Das war eigentlich schon vor Kinostart schon regelmäßig im Raum.
"Und ich hoffe, dass er bei Episode IX als Autor wieder kreativer ist. Das gleiche erhoffe ich mir auch schon bei Rian Johnson bei Episode VIII ..."
Das wird auch stark davon abhängen wie Episode 8 ankommen wird. Bleibt der Film an den Kassen und bei den Kritiken zu weit unter den Erwartungen, dann wird man eher dazu neigen von Abrams wieder ein sicheren Film zu produzieren. Wird Episode 8 als langersehnter frischer Wind und für seinen Mut gelobt werden, dann wird man sicher weiter (und ganz besonders in der RJ-Trilogie) auch weiter diesen Weg gehen wollen.
McSpain
@ McSpain:
Meiner Meinung verdrehst du das Interview: In diesem Interview geht es primär um Episode VII. Nicht umsonst wurde das Interview im Dezember 2015 veröffentlicht.
Es ging am Ende darum, warum Lucas Lucasfilm verkaufte, warum die neuen Filme keine Lucas-Versionen mehr sein werden und wie Lucas allgemein dazu steht.
Es geht nicht darum, dass Lucas Disney deshalb verkauft hat um "loslassen" zu können. Lucas wäre gerne noch bei der Produktion der Sequel-Trilogie dabei gewesen. Deshalb hat er auch die Treatments geschrieben und war ursprünglich als Berater dabei.
Vielleicht habe ich dich missverstanden, aber Lucas wollte mit diesem Interview primär darstellen, dass die neuen Filme nicht mehr auf seinen Ideen beruhen und wie es zu dieser Entscheidung kam.
Und dieses Interview finde ich als Quelle zum gesamten Disney-Deal schon ziemlich interessant. Und die Aussagen sind nicht weniger wert als die Aussagen von Kennedy, Abrams oder Kasdan ...
Pepe Nietnagel
@Pepe Nietnagel:
Ein Interview funktioniert so aber nicht. Es wird nicht ein Thema ausgemacht und alles dreht sich darum. Natürlich geht es bei Fragen um bestimmte Punkte, aber dennoch sind da Aussagen dabei die sich um andere Dinge drehen. So eben auch seine Mitarbeit bei Empire und Jedi, die größer wurde als er damals geplant hat. Und in diesem Interview wird an mehreren Stellen deutlich, dass Lucas schon klar war er würde nicht mehr so stark involviert sein bzw. auch nicht so stark involviert seien wollen. Sein Problem damit wie es gelaufen ist ist, dass Disney seine Ideen nicht so toll fand wie er selbst. Zum Zeitpunkt des Interviews war er daher in so einer "Schade, dass man mich nicht würdigt, aber vielleicht ist es auch gut so, dass ich jetzt einen klaren Schnitt machen muss"-Haltung.
McSpain
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