In wenigen Tagen wird George Lucas mit dem Kennedy-Preis ausgezeichnet, der "außergewöhnliche Beiträge zur amerikanischen Kultur" ehrt. Er tritt damit an die Seite der größten darstellenden Künstler des 20. Jahrhunderts, denn die Liste der bisherigen Preisträger liest sich wie ein Who is Who der jüngeren Populärkultur und reicht von A wie Arthur Miller über S wie Sammy Davis, Jr. bis Z wie Led Zeppelin.
"Unsere Preisträger vertreten die Stimmen, Musik und Geschichten unseres Lebens und unserer Erinnerungen", fasst es der Leiter des Kennedy Centers zusammen, und da passt George Lucas natürlich nicht nur dank des Kriegs der Sterne blendend ins Bild. Die Washington Post hat dem Produzenten, Regisseur und Geschichtenerzähler nicht nur anlässlich der Preisverleihung ein Porträt gewidmet, in dem Lucas auch persönlich zu Wort kommt:
Ich spiele jetzt in den Schatten. Sobald man das heiße Zentrum der Flamme erst einmal hinter sich gelassen hat, wird man vergessen - und das ist auch gut so.
Auf Episode VII angesprochen, wiederholt Lucas noch einmal sein Trennungsgleichnis:
Es ist letztlich wie bei einer Scheidung, denn über die Schulter eines anderen zu arbeiten, geht einfach nicht. Entweder man ist der Diktator oder man ist es eben nicht. Da ersteres nie funktionieren würde, habe ich eben gesagt: Schön, ich lasse mich scheiden. Mir war klar, dass ich nicht beteiligt sein konnte. Ich würde sie nur unglücklich machen und mich selbst auch. Am Ende käme eine kaputte Vision dabei heraus, denn J. J. hat eine Vision, und es ist seine eigene.
Mit Blick auf den Film erweitert er seine Metapher und spricht von der anstehenden Premiere wie von der Hochzeit eines Kindes nach der Scheidung der Eltern:
Ich muss zur Hochzeit gehen. Meine Ex wird da sein, meine neue Frau wird da sein, und ich werde tief durchatmen, brav sein, es ertragen und den Moment genießen, denn der ist, was er ist, und dahinter steht eine Entscheidung, die ich bewusst getroffen habe.
Vorfreude schwingt dennoch mit:
Ich habe nie selbst erleben dürfen, wie das Raumschiff über unseren Köpfen auftauchte. Diese Erfahrung, die jeder andere gemacht hat, hatte ich nie. Ich hatte nie die Chance, Krieg der Sterne zu erleben. Diesmal werde ich es tun.
Und wo wir bei diesem Raumschiff sind, das einst über unseren Köpfen auftauchte: Der Rückschau widmet die Post den Kern ihres Porträts.
Mitte der 70er Jahre hoffte Lucas, wieder experimentelle Independent-Filme drehen zu können, doch Alan Ladd Jr. und Twentieth Century-Fox kauften sein verrücktes Konzept für eine Science-Fiction-Weltraumsaga.
Lucas wollte damit einen Film machen, der Kindern die ethischen Grundwerte - Richtig und Falsch, Gut und Böse - näherbrachte.
Ich wollte schauen, ob es mir nicht gelingen könnte, ihr Leben an dem Punkt, an dem sie noch beeinflussbar waren, in die richtige Richtung zu drehen. Ich wollte ihnen die Dinge mitgeben, die Kindern seit Anbeginn der Geschichte mitgegeben worden sind. Der letzte derartige Versuch war der Western gewesen, und als der Western verschwunden war, gab es nichts mehr, das den Menschen etwa klarmachen konnte, dass man niemandem jemals in den Rücken schießt.
Vor allem wollte Lucas aber "einen richtigen" Film drehen.
Alles, was ich gemacht hatte, war Low-Budget gewesen: Billig, auf der Straße gedreht. Ich hatte nie in einem Studio gearbeitet. Ich wollte Kulissen bauen, mit echten Filmarchitekten zusammenarbeiten, Szenenbildner in Aktion erleben.
Das liegt nun fast 30 Jahre hinter ihm, die Zukunft widmet er zunächst seinem Museum:
Für mich ist Kunst die Vermittlung von Emotionen. Mehr ist es nicht. Das ist Kunst. Wenn etwas keine Gefühle kommunziert, ist es eine intellektuelle Spielerei oder ein Bauplan, zu dem das Gebäude fehlt.
Das Großartige an der Kusnt ist, dass sie einem ein Gefühl für etwas vermittelt: Man erfährt etwas über etwas, aber man weiß nicht, wieso. Wenn man die sixtinische Kapelle beschreiben soll, ist das sehr schwierig. 'Ich habe da diese spirituellen Gefühle und Gedanken, die ich nie zu vor hatte.' Schön, aber was heißt das genau? 'Ich weiß es nicht, man muss es mit eigenen Augen sehen.' Auch Krieg der Sterne war so: Die Leute konnten es nicht wirklich in Worte fassen, sie sagten einfach nur: 'Sieh es Dir an, sieh es Dir unbedingt an.' Jetzt haben wir ein ähnliches Phänomen mit [dem Musical] Hamilton: Seht es euch an! Wieso? Das zu beschreiben, ist schwierig.
Lucas' Museum wird vom Stadtrat und dem Parlament von Illinois unterstützt. Ein Bundesrichter hat einer Umweltschutzgruppe unlängst bis Februar Zeit gegeben, zu dem Antrag der Stadt Stellung zu nehmen, der darauf gerichtet ist, das Verfahren gegen den Bau des Museums einzustellen.
Mir ist erst bei der Planung des Museums klargeworden, dass die meisten Städte kein Interesse an Museen haben. Sie wollen sie einfach nicht. Für die meisten Leute sind sie zu esoterisch, und sie sehen sie auch nicht als Bildungseinrichtungen.
Aber ich bin optimistisch. Ich bin immer optimistisch.
Lucas' positive Weltsicht, so erweist es sich, war auch entscheidend für eine zentrale Änderung der Special Edition: Die Han-Greedo-Szene.
Han Solo sollte am Ende Leia heiraten, und dann blickt man zurück und fragt sich: Sollte er wirklich ein kaltblütiger Mörder sein? Denn ich fragte mich, rein mythologisch betrachtet, ob er nicht eigentlich ein Cowboy sein sollte: Sollte er nicht John Wayne sein? Und ich sagte mir: Ja, das sollte er. Und wenn er John Wayne ist, erschießt er nicht einfach irgendwelche Leute. Man lässt ihnen den ersten Schuss. Das ist eine mythologische Realität, die unsere Gesellschaft hoffentlich beherzigt.
Das komplette Porträt findet ihr auf WashingtonPost.com.
Danke an Michael für den Hinweis.
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