Die Business Week hat der Lucasfilm-Übernahme einen großen Artikel gewidmet, in dem es um die Vorgeschichte der Übernahme und die aktuellen Pläne für Krieg der Sterne geht. Die interessantesten Punkte: Die Übernahme war seit Mai 2011 im Gespräch und Hamill, Ford und Fisher standen kurz vor der Übernahme offenbar vor einer Vertragsunterzeichnung. Die seither teilweise vielleicht schon vollzogen wurde, je nachdem, wie man Lucas' Äußerungen deuten will.
Hier die interessantesten Auszüge:
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Die Übernahme passte perfekt zu Robert Igers Plan für Disney. Der Disney-Chef will zu einer Zeit, in der die Komsumenten wegen der wachsenden Stärke der Kabelfernsehsender und der Allgegenwart des Internets förmlich in einem Meer aus Auswahlmöglichkeiten ertrinken, die kreative und wettbewerbstechnische Zukunft seines Unternehmens sichern. "Die Welt vergibt einem weniger denn je", meint er. "Damit es gut läuft, müssen die Dinge wirklich großartig stehen." Zu Igers Strategie gehört es, Unternehmen zu kaufen, die wie Mini-Disneys funktionieren, Unternehmen wie Pixar und Marvel mit einem breiten Spektrum an vermarktbaren Figuren, die in allen Geschäftsbereichen von Disney für frischen Wind sorgen können, von Filmen und Fernsehserien bis zu Freizeitparks, Spielzeug, usw.
Lucas' Bedürfnisse waren emotionaler: Mit 68 Jahren war er zwar bereit, sich in den Ruhestand zurückzuziehen und aus der Phantasiewelt zu entfliehen, die er geschaffen hatte, aber er wollte gleichzeitig nicht, dass jemand seine Welt entweiht.
"Ich war nie besonders auf Geld aus", sagt Lucas. "Ich bin eher der Film-Typ, und das meiste Geld, das ich verdient habe, habe ich verdient, um die kreative Kontrolle über meine Filme zu bewahren." Wir sprechen am Telefon mit Lucas, der uns nur ungern ein Interview über den Verkauf von Lucasfilm gibt. Er erzählt die bekannte Geschichte, dass er nie reich und mächtig werden wollte. Er habe stets nur experimentelle Filme wie THX 1138 drehen wollen, jenen Film, der in einer Zukunftswelt spielte, in der Sex illegal ist, Drogenkonsum hingegen obligatorisch und brutale Roboter dafür sorgen, dass sich die Menschen an diese Regeln halten.
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Nach der ersten Krieg der Sterne-Trilogie hatte Lucas das Geld, um zu tun, was immer er tun wollte. [...] Und er wollte eine Fernsehserie über die frühen Jahre von Indiana Jones produzieren, die sich - anders als Spielbergs Jäger des verlorenen Schatzes als Geschichtsunterricht verstand. [...]
In den frühen 1990ern stellte Lucas dieses Konzept Iger vor, der vom Wettermann bei einem New Yorker Sender zum Chef von ABC aufgestiegen war. Die Beiden trafen sich auf der Skywalker-Ranch. Iger behagte die Idee nicht, aber Indiana Jones war eine der beliebtesten Kinofiguren aller Zeiten. "Ich wollte wirklich, dass der Plan aufgeht", sagt Iger. "Ich meine, die Idee stammte von George Lucas." Iger gab der Serie grünes Licht und zeigte sie zwei Staffeln lang auf ABC, auch als es offensichtlich nicht gelang, ein Publikum für das Projekt zu finden oder es auf kreativer Seite auf eine stabilere Grundlage zu stellen. "Es war ein Kampf", meint Lucas über die Serie. "Aber [Iger] hat die ganze Sache stark unterstützt."
1999 brachte Lucas Die dunkle Bedrohung ins Kino. Insgesamt spielten die drei Filme seiner zweiten Trilogie 2,5 Milliarden US-Dollar ein, aber viele Fans empfanden sie als Katastrophe. [...]
Die Kritik ließ Lucas nicht kalt. Er fand es schwierig, kreativ zu sein, wenn er sich anhören musste, was für ein Trottel er doch wäre. "Vor dem Internet war alles okay", sagt er. "Mit dem Internet ist es gemein und sehr persönlich geworden. Man sagt sich irgendwann: Wieso tue ich mir das an?" Doch zur gleichen Zeit zögerte Lucas, sein Universum einem anderen anzuvertrauen. "Ich glaube, er fühlte sich wie ein Gefangener von Krieg der Sterne, und dieses Gefühl hat sich über die Jahre nur verstärkt", denkt Dale Pollock, Autor der Lucas-Biographie Skywalking.
[...] Iger war inzwischen Chef von Disney geworden und hatte eine klare Vision für das Unternehmen: Er begriff, dass der Erfolg von Disney darauf beruhte, langfristig erfolgreiche Figuren zu entwickeln. Diese Strategie hatte Disney mit Micky Maus und den Grimmschen Märchenheldinnen Schneewittchen und Cinderella verfolgt. Erst kürzlich gelang es Disney, Der König der Löwen von einem erfolgreichen Trickfilm in eine langlebige Broadwayshow zu verwandeln. Die Freizeitparkattraktion Pirates of the Carribean wurde im Gegenzug zur Filmreihe und sorgte mit Ablegerbüchern und -videospielen für gute Verkaufszahlen.
[...] Doch nicht alles, was Disney sich vorgenommen hat, hat funktioniert: John Carter war im vergangenen Jahr ein kompletter Reinfall, und ähnliche Pleiten werden sich auch künftig nicht vermeiden lassen. Das ist eben das Filmgeschäft. Doch mit seinem breiten Spektrum verschiedener Marken mit starken Figuren und seinen filmfernen Profitbringern wie dem Sportsender ESPN ist Disney zur Ausnahme in Hollywoods ewigem Kreislauf aus Kassenschlagern und Reinfällen geworden: Ein breit aufgestelltes Unternehmen mit verlässlichem Wachstum. In den letzten drei Jahren sind die Umsätze und das Betriebseinkommen des Unternehmens stetig gestiegen, der Börsenkurs hat sich seit Igers Ernennung zum CEO im März 2005 glatt verdoppelt. Zudem hat der Erfolg der Pixar- und Marvel-Übernahmen Iger freie Hand für die Jagd auf weitere Mini-Disneys gelassen. Und Lucasfilm stand ganz oben auf seiner Liste.
Im Mai 2011 flog Iger in die Disney-World nach Florida, um bei der Eröffnung von Star Tours: The Adventures Continue dabei zu sein. Lucas war persönlich an der Entwicklung der Fahrattraktion beteiligt und überwachte die Fortschritte persönlich alle zwei Wochen über einen Zeitraum von mehreren Jahren.
Am Morgen der Star Tours-Eröffnung traf sich Iger mit Lucas zum Frühstück in einem Restaurant der Disney-World. Niemand sonst war zu diesem Zeitpunkt dort, sodass die Beiden ungestört miteinander sprechen konnten. Zunächst tauschte man Freundlichkeit aus. Dann fragte Iger Lucas direkt, ob er sich vorstellen könne, sein Unternehmen zu verkaufen.
Lucas antwortete, er habe erst vor kurzem seinen 67. Geburtstag gefeiert und überlege sich ernsthaft, in Rente zu gehen. Der Verkauf seines Unternehmens sei insofern vielleicht unausweichlich. "Ich bin noch nicht bereit, mich damit zu beschäftigen", sagte er Iger. "Wenn ich es bin, würde ich aber gerne mit Ihnen sprechen."
[...] Lucas hatte sich genau angesehen, wie Disney nach der Übernahme von Pixar verfahren war, das er noch immer als "mein Unternehmen" bezeichnet. Er hatte es 1979 als Computerabteilung von Lucasfilm gegründet und es sechs Jahre später an Steve Jobs verkauft. Disneys Entscheidung, bei Pixar keine Veränderungen zu erzwingen, nennt er "brillant". Er dachte sich, er könnte weiter Einfluss auf sein Universum ausüben, wenn er Lucasfilm an Disney verkaufte. Viel würde von seinem Nachfolger als Chef von Lucasfilm abhängen.
Er traf sich in New York mit Kathleen Kennedy zum Mittagessen. Mit Steven Spielberg hatte sie eine lange Reihe von Erfolgsfilmen produziert, darunter Jurassic Park und Schindlers Liste. Seit über zwei Jahrzehnten war sie eng mit Lucas befreundet. "Du wirst wohl gehört haben, dass ich in Rente gehen will", sagte Lucas ihr.
"Um ehrlich zu sein, nein", antwortete sie.
Lucas fragte, ob sie Interesse hätte, Lucasfilm zu übernehmen. Die Neuigkeiten mögen Kennedy überrascht haben, aber sie willigte aus ganzem Herzen ein. "Als Kathy einstieg, fingen wir an, über einen Neustart der Saga zu sprechen", erzählt er. "Ich war schon im Aussteigen begriffen und sagte, 'na schön, ich muss dieses Unternehmen aufbauen, damit es ohne mich funktionieren kann, und wir brauchen etwas, das es attraktiv macht'. Also sagte ich: 'Okay, machen wir einfach diese Filme.'"
Lucas und Kennedy heuerten den Drehbuchautor Michael Arndt an, der für Little Miss Sunshine einen Oscar gewonnen hatte und nun das Drehbuch für Episode VII schreiben sollte. Sie stellten Lawrence Kasdan an, der die Drehbücher für Das Imperium schlägt zurück und Die Rückkehr der Jedi-Ritter geschrieben hatte und als Fachberater dienen sollte. Lucas begann, mit den Schauspielern seiner ersten Krieg der Sterne-Filme über einen Auftritt in den neuen Filmen zu sprechen, darunter mit Mark Hamill, Carrie Fisher und Harrison Ford. Im Juni 2012 rief er Iger an.
Es folgten fünf Monate, in denen verhandelt wurde und in denen Lucas argumentierte, dass die besten Leute für die nächste Krieg der Sterne-Trilogie seine altgedienten Mitarbeiter von Lucasfilm seien. "Ich hatte eine Gruppe sehr talentierter Leute um mich, die seit langen, langen Jahren für das Unternehmen gearbeitet hatten und wussten, wie man Krieg der Sterne vermarktet, das Lizenzgeschäft betreut und Filme dreht", erklärt Lucas. "Ich sagte, 'es wäre weise, etwas davon intakt zu lassen. Wir brauchen ein paar Leute, um die Marke zu betreuen, die sich durch ihre Hingabe auszeichnen, damit alles richtig läuft'."
Iger verstand Lucas' Bedenken. "George sagte mir einmal, dass es bei seinem Tod heißen wird, 'Krieg der Sterne-Erfinder George Lucas'", erzählt Iger. Dennoch wollte er sicherstellen, dass Lucas, der bis dato jeden Aspekt von Krieg der Sterne kontrolliert hatte, begriff, dass Disney und nicht Lucasfilm letztlich bei künftigen Filmen das letzte Wort haben würde. "Wir mussten zu einem Übereinkommen gelangen, bei dem wir letztlich - trotz all der kollegialen Gespräche und der Zusammenarbeit - diejenigen sein würden, die das Sagen haben", beschreibt es Alan Horn, der Chef von Walt Disney Studios.
In der Theorie stimmte Lucas zu. Dennoch fiel es ihm nicht leicht, seine Kontrolle aufzugeben. Bevor Kennedy am Ende jeder Woche nach Hause nach Los Angeles flog, fragte sie Lucas, wie der sich fühle. Manchmal schien er seinen Frieden mit der Entwicklung gemacht zu haben. Und manchmal auch nicht. "Ich bin davon überzeugt, dass er sich manchmal die Frage stellte, ob er wirklich bereit war, Abschied zu nehmen", meint sie.
Zunächst war Lucas nicht einmal bereit, seine Konzepte für die nächsten drei Krieg der Sterne-Filme herauszugeben. Als die Disney-Chefs sie sehen wollten, versicherte er ihnen, dass sie großartig wären und sagte, sie sollten ihm nur vertrauen. "Letztlich muss man einfach sagen: Ich weiß, was ich tue. Als Teil der Übernahme, kauft ihr meine Geschichten. Ich habe 40 Jahre daran gearbeitet und bin damit ziemlich erfolgreich gewesen", beschreibt es Lucas. "Ich meine, ich hätte auch sagen können: Schön, verkaufe ich das Unternehmen eben an jemand anderen."
Doch als Lucas schriftlich die allgemeine Linie der Übernahme garantiert wurde, erklärte er sich bereit, seine Konzepte preiszugeben - allerdings nur an Iger, Horn und Kevin Mayer, den leitenden Vizepräsidenten für Unternehmensstrategie bei Disney. "Wir versprachen es ihm. Und unterschrieben eine Vereinbarung.", berichtet Iger.
Als Iger die Konzepte schließlich las, war er begeistert. "Wir fanden, dass die Konzepte in Punkto Erzählweise großes Potential hatten", erklärt er.
Ende Oktober flog Lucas ins Disney-Hauptquartier nach Burbank, um die Übernahme zu unterzeichnen. Iger kam Lucas melancholisch vor. "Als er den Stift nahm, um zu unterschreiben, zögerte er meines Erachtens ein wenig", meint Iger. "Es war sehr emotional für ihn. Er nahm Abschied."
[...]
Igers Bereitschaft, Lucasfilm im Ganzen zu übernehmen und mit Kennedy an der Spitze zu arbeiten, zahlte sich praktisch sofort aus. Noch bevor die Übernahme Ende Dezember rechtskräftig wurde, hatte sie sich an den Agenten von J.J. Abrams gewandt, um ihm den Regieposten von Episode VII anzubieten. "Er sagte sofort: 'Nein, ich glaube nicht, dass ich das machen will'", erzählt Kennedy. "Er steckte gerade in den letzten Arbeiten an [Star Trek 2] und fand, dass sich die beiden Filme zu sehr ähneln könnten."
Doch Kennedy gab nicht auf. Sie besuchte Abrams in der Zentrale seiner Produktionsfirma Bad Robot in Santa Monica und brachte Arndt und Kasdan mit. "Am Ende dieses Treffens, also nach einigen Stunden, hatte sich seine Meinung um 180 Grad geändert", berichtet sie.
"Am nächsten Teil von Krieg der Sterne beteiligt zu sein, ist spannender, als ich in Worte fassen kann", beschreibt es Abrams.
Im Januar gab Lucas seine Verlobung mit Mellody Hobson bekannt, in deren Heimatstadt Chicago er seither viel Zeit verbringt. Dennoch nahm er an Handlungskonferenzen für den neuen Film teil und trat dort als Sachverständiger in Fragen der physikalischen Gesetze und Feinheiten des Krieg der Sterne-Universums auf. "Ich sagte meistens: 'Das kann man nicht tun, das kann man tun'", so Lucas. "Sachen wie: 'Die Autos haben keine Räder, sie fliegen mit Antigravitationskraft.' Es gibt Millionen kleine Teile. Oder ich sage so etwas wie: 'Er hat nicht die Macht, das zu tun oder er muss jenes machen.' Ich kenne mich da aus."
Auf die Frage, ob Schauspieler seiner ersten Krieg der Sterne-Reihe in Episode VII zu sehen sein werden und ob er sie angerufen hat, bevor die Übernahme über die Bühne ging, sagt Lucas: "Wir hatten Mark und Carrie und Harrison bereits unter Vertrag genommen, bzw. wir waren in der letzten Verhandlungsphase. Ich rief sie also an und sagte: 'Hört mal, das hier wird jetzt passieren.'" Er hält inne. "Vielleicht sollte ich das nicht sagen. Ich denke, sie wollen das mit Pauken und Trompeten bekanntgeben, aber wir verhandeln mit ihnen." Und dann fügt er hinzu: "Ich werde Ihnen nicht sagen, ob die Verhandlungen erfolgreich waren oder nicht."
Iger arbeitet inzwischen daran, die Maschinerie vorzubereiten, die für die Produktion von Krieg der Sterne-Spielzeug, -Freizeitparkattraktionen und was immer Disney sonst für sinnvoll hält zuständig sein wird. Er erklärt, er wolle den Verkauf von Krieg der Sterne-Produkten in Übersee ankurbeln. Außerdem sprechen ABC und Lucasfilm über eine Realfernsehserie. Gleichzeitig erklärt Iger, er wolle nichts tun, das von den kommenden Filmen ablenken könnte. "Ich will hier nichts überkommerzialisieren oder über-hypen", so Iger. "Meine Aufgabe besteht darin, genau das zu verhindern."
Die Lucasfilm-Übernahme könnte Igers letzter großer Wurf bei Disney gewesen sein. Er will 2015 als CEO zurücktreten. Bis dahin rechnen Branchenkenner mit keinen weiteren großen Übernahmen, sondern damit, dass Disney erst einmal aus den bisherigen Profit schlagen wird.
Iger scheint genau das vorzuhaben. In seinem Büro steht ein Tisch voller Disney-Devotionalien, darunter zwei Lichtschwerter. "Mir wurden haufenweise davon geschickt", meint er lachend. Er ergreift eines davon und schwingt es gegen einen unsichtbaren Feind. "So langsam werde ich besser darin."
Danke an Maximilian für den Hinweis!
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