In den Vereinigten Staaten ist Thanksgiving ausgebrochen, das Fest der Truthähne, Indianer und Missionare. Und der alljährliche Auftakt zur Weihnachtszeit.
In Krieg der Sterne-Land heißt das: Grabesstille. Womit uns die Wahl bleibt, den Gehsteig hochzuklappen oder auf das altbewährte Mittel Zeitreise zu setzen. Ab ins Jahr 1977 also, zur Time Magazine-Kritik von Krieg der Sterne:
Kino: Krieg der Sterne - Der beste Film des Jahres
Wir befinden uns vor langer Zeit, an einem weit, weit entfernten Ort. Die schöne Prinzessin Leia, Anführerin der Rebellion gegen das böse Galaktische Imperium, ist von einem imperialen Raumschiff abgefangen worden. Jetzt befindet sie sich auf der mobilen Kommandostation des Imperiums, dem undurchdringlichen Todesstern, der ganze Planeten mit einem einzigen Energiestrahl zerstören kann, wo sie in diesem Augenblick von Darth Vader, dem Dunklen Herrscher der Sith, und dem Großmoff Tarkin verhört wird - den zwei wohl gemeinsten Schurken der tausend Welten. Was, so fragen sie, hat die Prinzessin mit den gestohlenen geheimen Plänen des Todessterns gemacht? Wenn die computerisierten Blaupausen ihre Rebellenfreunde erreichen, könnte das korrupte Imperium fallen und der Galaxis die Freiheit wiedergegeben werden.
Aber Moment: Prinzessin Leia hat die Pläne nicht. Sie hat sie einem kleinen Roboter namens Erwzo-Dezwo anvertraut, der sie zu einem früheren General der Rebellion auf dem Planeten Tatooine bringen soll. Erzwo-Dezwo und sein empfindlicher Roboterfreund Dreipeo sind bereits auf Tatooine gelandet. Wie das Schicksal es will, hat ein attraktiver junger Bauer namens Luke Skywalker sie aufgelesen. Luke weiß es noch nicht, aber auch sein Vater hat einst gegen das Imperium gekämpft, bevor er von Darth Vader hinterrücks ermordet wurde. Luke, Erzwo-Dezwo und der unbeholfene Dreipeo werden nun von den allergemeinsten Bewohnern von Tatooine angegriffen, den Sandleuten, doch gerade so eben kann ein alter Einsiedler sie noch retten.
Doch, ach Du meine Güte: Er ist gar kein Einsiedler, sondern der Ex-Rebellengeneral Obi-wan Kenobi, nach dem sie gesucht haben. Gemeinsam machen sich die Vier nun auf, die geheimen Pläne zum Rebellenhauptquartier zu bringen, das viele Lichtjahre und Parsecs entfernt ist. Aber werden sie die liebliche Leia rechtzeitig retten können? Und was können ein einfacher Junge, ein Ex-General und ein Roboter-Komikerduo schon gegen die dunklen, grenzenlosen Mächte des Galaktischen Imperiums ausrichten?
Tatsache ist jedenfalls: Ein großes Universum erwartet sie, wie alle Zuschauer seit dieser Woche in Krieg der Sterne entdecken können, einem großen und wunderbaren Film, der gut und gerne der Publikumserfolg des Jahres 1977 werden könnte und der ganz ohne Zweifel der bislang beste Film des Jahres ist. Krieg der Sterne ist eine Mischung aus Flash Gordon, dem Zauberer von Oz, den Errol-Flynn-Abenteuerklassikern der 30er und 40er und so gut wie jedem Western, den es je zu sehen gab - und darüberhinaus nimmt er noch fröhlich Anleihen bei den Hardy Boys, Sir Gawain und dem Grünen Ritter und diversen epischen Gedichten.
Das Ergebnis ist eine erstaunliche Kreation: Unterschwellig die ganze Geschichte des Kinos, eingepackt in eine fesselnde Handlung voller Spannung und Abenteuer und verziert mit einigen der einfallsreichsten Spezialeffekte, die jemals für einen Film entwickelt wurden. Im Film gibt es weder eine große Botschaft, noch Sex, und es fließt auch so gut wie kein Blut. Er richtet sich an Kinder, will sagen: An das Kind in uns allen.
"[Krieg der Sterne] enthält all die kleinen Erinnerungen an die Zeit, als ich 12 Jahre alt war.", erklärt Regisseur George Lucas (33). "Alle Bücher und Filme und Comics, die ich als Kind mochte, sind darin enthalten. Die Geschichte ist ganz einfach - Gut gegen Böse -, und der Film soll all die spaßigen und phantastischen Dinge abbilden, an die ich mich erinnern kann. Man kann den Film mit einem einzigen Wort beschreiben: Spaß." Erstaunlicherweise sagt ein Regisseur hier einmal die Wahrheit über seine Arbeit. Krieg der Sterne hat den Spaß zurück ins Kino gebracht und beweist, dass es noch immer möglich ist, Filme so zu machen, wie in der guten, alten Zeit.
Krieg der Sterne läuft in 50 Kinos in den Vereinigten Staaten an, aber bereits jetzt genießt er - durch Vorpremieren und Mundpropaganda - einen hervorragenden Ruf unter Filmbegeisterten und Science-Fiction-Fans - zwei Gruppen, die gewöhnlich nur ihr erstaunlicher Enthusiasmus verbindet. In der ersten Aprilwoche kam es sogar dazu, dass 6000 Farbdias aus dem Produktionsbüro des Films gestohlen wurden. Inzwischen werden diese für über 5 Dollar pro Stück an Sci-Fi-Freaks weiterverscherbelt. Später wurden dann auch einige Raumschiffmodelle gestohlen, die für die Spezialeffekte des Films verwendet wurden, und auch sie werden inzwischen zum Weiterverkauf angeboten. "Krieg der Sterne ist der Kostümmonumentalfilm der Zukunft.", meint Ben Bova, Herausgeber von Analog, einer der führenden Science-Fiction-Zeitschriften des Landes. "Der Film ist quasi eine galaktische Version von Vom Winde verweht. Einfach die perfekte Kost, um über den Sommer in fremde Welten zu entschwinden."
Bei einer Sondervorführung Anfang des Monats in San Francisco, kreischten die jungen Zuschauer vor Begeisterung, als sie die phantastischen Spezialeffekte sahen. Und als am Ende der lange Abspann über die Leinwand flimmerte, brandete zwei bis drei Minuten lang Beifall auf. "Das Publikum hatten wir uns in einem Supermarkt zusammengesucht, das waren ganz normale Leute.", berichtet Lucas, der vor Ort war und die Reaktion immer noch nicht ganz fassen kann. "Nach so etwas sitzt man dort und denkt sich: 'Genau darum geht es doch.'"
Eine seltsame Vorstellung. Der Applaus mag umso süßer geklungen haben, weil zuvor viele Leute lange Zeit Zweifel an dem Film angemeldet hatten. Zum einen, weil der zierliche und schüchterne Lucas so gar nicht zum Bild passt, das man sich von einem Hollywood-Regisseur macht und vorher nur zwei weitere Filme gedreht hatte: THX 1138 und American Graffiti. Letzterer wurde zwar der elfterfolgreichste Film aller Zeiten, aber das Graffiti-Studio Universal glaubte wohl, Lucas sei wahnsinnig geworden, als er 1973 eine 12seitige Handlungsübersicht für Krieg der Sterne einreichte. "Für die Hollywood-Typen war ich immer ein Außenseiter.", meint er. "Sie glauben, ich mache nur seltsame Filme." Aber auch enge Freunde und Kollegen von der Filmhochschule hielten seine Pläne für Krieg der Sterne für etwas seltsam - wenn auch aus anderen Gründen. Sie fanden, Lucas hätte auf American Graffiti einen ernsthaften Film folgen lassen müssen, einen mit Tragweite, abstruser Symbolik und einem tieferen Sinn.
Und natürlich hatten sie alle recht: Es war ein seltsamer Gedanke, einen Film zu drehen, der nichts weiter erreichen will, als Freude zu verbreiten. Lucas dazu: "[Krieg der Sterne] ist kein Film über die Zukunft. Krieg der Sterne ist ein Phantasiefilm, der den Gebrüdern Grimm näher ist als 2001. Der Hauptgrund, wieso ich Krieg der Sterne machen wollte war, dass ich den jungen Leuten eine ehrliche und anständige Phantasiewelt eröffnen wollte wie meine Generation sie hatte. Wir hatten Western, Piratenfilme und alle möglichen tollen Sachen. Jetzt gibt es nur noch den Sechs-Millionen-Dollar-Mann und Kojak. Wo sind die Romantik, der Abenteuergeist und der Spaß geblieben, die es früher in fast jedem Film zu sehen gab?"
Am Ende kaufte 20th Century-Fox Lucas' Konzept, nachdem das Studio mit einem anderen seltsamen, aber guten Film - Planet der Affen - bergeweise Geld verdient hatte, und Lucas warf seine Schreibmaschine an. Vier Drehbuchfassungen und zwei Jahre später, war er mit seiner Geschichte zufrieden.
Damit begann die eigentliche - oder zumindest die sichtbare - Arbeit. Anfangs wollte Lucas Tatooine, wo ein Großteil der Handlung abläuft, zu einem Urwaldplaneten machen, und Produzent Gary Kurtz reiste auf die Philippinen, um nach Drehorten Ausschau zu halten. Doch der Gedanke, monatelang in einem Dschungel drehen zu müssen, behagte Lucas überhaupt nicht, und mit einem Federstrich wurde Tatooine zur Wüste umdeklariert. Kurtz machte sich erneut auf die Suche und fuhr dieses Mal nach Tunesien, das schließlich auch tatsächlich zu Tatooine wurde.
Der Großteil der Ausrüstung und die Hälfte der Schauspieler kamen aus Großbritannien. Für Erzwo-Dezwo, den dicken, kleinen Roboterhelden, fand Szenenbildner John Barry mit Kenny Byker (1,11 m) den "kleinsten Mann in England". Um ihn herum wurde eine Maschine gebaut, die wie ein kompakter Bodenstaubsauger aussieht, deren Lichter Baker an- und ausschalten konnte, und in deren Beine seine eigenen hineinpassten. Darüber hinaus wurden weitere Erzwo-Modelle mit Funksteuerung gebaut. In einige Szenen sieht man nun drei oder vier Versionen.
Erzwo-Dezwos treuer Roboterfreund Dreipeo sollte entfernt menschlich aussehen, ein wenig wie der Blechmann aus dem Zauberer von Oz. Dazu wurde ein Gipsabdruck des britischen Schauspielers Anthony Daniels angefertigt, der am Ende im Kostüm stecken sollte. Auf Basis dieses Abdrucks konstruierte Barry aus Plastik, Gummi, Fiberglas, Stahl und Aluminium einen goldenen Kunstmenschen. Als Dreipeo beim Dreh in Tunesien enthüllt wurde, glänzte und strahlte er förmlich. Für Schauspieler Daniels war das ein echtes Problem, denn dadurch wurde es im Kostüm so heiß, dass Daniels beinahe ohnmächtig wurde. Dem Kostüm ging es übrigens auch nicht viel besser, denn die Gummi/Plastik-Gelenke waren ständig drauf und dran, den Weg alles Irdischen zu gehen.
Dazu kamen weitere Probleme: Am ersten Drehtag taten die Roboter noch genau das, was sie tun sollten. Bis zum Ende des Drehs passierte das aber nie wieder. Seltsame Funksignale schienen vom tunesischen Sand auszugehen, und der funkgesteuerte Erzwo drehte völlig durch, als wäre ihm Alkohol in den Tank geraten. Barry berichtet dazu: "Ich habe Gott auf Knien gedankt, wann immer Erzwo richtig funktionierte." Dabei machte es keinen Unterschied, ob Baker nun in Erzwo-Dezwo steckte oder nicht, denn der kleine Schauspieler konnte durch Erzwos Scheinwerfer hindurch kaum sehen, wohin er gerade lief und rannte deshalb regelmäßig den unbeweglichen Dreipeo über den Haufen, der kaum in der Lage war, sein Gleichgewicht zu halten. Auch Daniels sah durch Dreipeos Augen hindurch nur wenig, waren diese doch mit echtem Gold bedeckt, um die Korrosion des Anzugs zu verhindern. Ihm blieb deshalb nichts anderes übrig, als möglichst viel Abstand zu Erzwo zu halten, egal, wer den kleinen Roboter nun gerade (nicht) steuerte.
Trotz dieser Schwierigkeiten, liefern die beiden bemannten Roboter eine großartige Vorstellung als Dick und Doof des kybernetischen Zeitalters ab. Mit seinem englischen Akzent und seinem kleinlichen Getue, ist Dreipeo der ernsthafte Teil des Duos, eine Idealversion eines Butlers, mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass er es nie in den ersten Stock oder zurück ins Erdgeschoss schaffen würde. "Wir sind verloren.", deklamiert er regelmäßig völlig panisch. "Die werden uns bestimmt einschmelzen oder uns zu sonstwas verschrotten!"
Erzwo-Dezwo ist auf der anderen Seite eine tapfere kleine Maschine. Er reagiert auf Dreipeos Beschwerden mit einer Vielzahl ungeduldiger Piepser und Pfeifgeräusche und gluckert und zirpt wie eine mobile Kaffeemaschine, wenn er etwas zu tun bekommt. Der Augenblick, in dem er von Darth Vader abgeschossen wird, ist für Kinder mit Sicherheit fast so traumatisch wie der Moment, in dem Bambis Mutter getötet wurde. Glücklicherweise - für Erzwo-Dezwo nicht minder denn für die Kinder - sind Ersatzteile auf Lager.
Zusammen mit seinen Robotern hat Lucas eine ganze Menagerie von Ungeheuern und Phantasiefiguren um sich versammelt. Für eine Szene, die in einer gut besuchten Raumhafenbar spielt, fuhr der Besetzungsleiter zu einer Londoner Firma namens Uglies Limited, die, ihrem Namen getreu, auf groteske Darsteller spezialisiert ist. Dort fand er die richtigen Schauspieler für die Ganoven aus allen Teilen der Galaxis. Mit Hilfe des Maskenbildners Stuart Freeborn wurden grotesk aussehende Darsteller noch grotesker oder aber gleich zu wahren Albträumen der Gentechnik, die an riesige Fliegen, Schlangen oder Wesen von 20.000 Meilen unter dem Meer erinnern.
Doch nicht alle Außerirdischen sind automatisch bösartig. Einer der Guten ist Chewbacca, der zweieinhalb Meter große Wookie [sic]. Chewie ist ein gelenkiger und eleganter Menschenaffe und Kopilot des Rasenden Falken, jenes aufgemotzten Raumfrachters, der die furchtlosen Rebellen in die Schlacht gegen den gefürchteten Todesstern trägt. Genau wie Erzwo-Dezwo ist auch Chewie ein redegewandter Zeitgenosse, selbst wenn er im eigentlichen Sinne nicht reden kann. Stattdessen äußert er sich mit einer Mischung aus einem heiseren Löwengebrüll und dem Schreien eines wütenden Esels, wann immer er den kleinen Erzwo lautstark in seine Schranken weisen oder kleinlaut den Rückzug antreten will. In dem wandelnden Pelzmantel steckt Peter Mayhew, der im Londoner Mayday-Krankenhaus als Portier arbeitet. Schon von Natur aus ist er um 2 Meter groß, aber Dank dicker Sohlen und einer großen Kopfmaske sieht er noch einmal größer aus.
Das wahre Wunder von Krieg der Sterne sind aber nicht die Roboter oder die Ungeheuer, so gut sie auch gemacht sein mögen. Wahre Wunder sind die geradezu magischen Spezialeffekte, wie sie nie zuvor in Angriff genommen wurden und wie nie zuvor möglich waren. Erzwo-Dezwo spielt seine Nachricht von Prinzessin Leia beispielsweise ganz nebenbei mit einem etwa 30 cm hohen Hologramm ab, das sich dreidimensional bewegt und redet, direkt im jeweiligen Raum. Später spielen Erzwo und der Wookie in einer der witzigsten Szenen des Films eine Art Schach mit holographischen Figuren. Statt eines Läufers, der hier einen Springer schlägt, springt hier ein kleiner Dinosaurier auf ein kleines, ektoplasmatisches Ungeheuer mit Insektenaugen und verpeist es genüsslich (wobei es Wookies ernsthaft auf den Magen schlägt, wenn sie verlieren, weshalb Erzwo der weise Ratschlag erteilt wird, Chewbacca gewinnen zu lassen).
Alle Science-Fiction-Filme müssen sich dieser Tage an Stanley Kubricks monumentalem Epos 2001 - Odyssee im Weltraum (1968) messen lassen, aber selbst bei diesem Vergleich schlägt sich Krieg der Sterne mit Bravour. Lucas hatte sich die Dienste des Experten John Dykstra gesichert, um die photographischen Spezialeffekte zu realisieren. Für seine Weltraumszenen hatte Kubrick ein System namens "optische Fotomontage" verwendet: Dabei wird ein Teil einer Szene - beispielsweise ein Raumschiff - gefilmt, und der Hintergrund wird ausgeblendet. Im nächsten Schritt wird das Raumschiff ausgeblendet, der Film läuft erneut durch die Kamera, und ein weiterer Teil der Szene wird dazugedreht, zum Beispiel der Mond hinter dem Raumschiff. Und so geht das immer weiter. Dieses Prozess war allerdings nicht nur enorm teuer und zeitaufwendig, sondern geriet auch schnell an seine Grenzen.
2001 hatten Lucas und Dykstra nun ein Jahrzehnt der Computerentwicklung voraus. Sie konnten ihre Kamera an einen ausgeklügelten Rechner anschließen, der sich die Kamerabewegungen merken konnte. Mit ihm konnten sie in viel kürzerer Zeit als noch Kubrick neue Elemente zu bestehenden Szenen hinzufügen. Das Resultat ist eine atemberaubende Reihe von Weltraumaufnahmen, wie man sie noch nie in einem Science-Fiction-Film sehen konnte. Dykstra meint dazu: "Bei uns kreuzen ständig Raumschiffe über Planeten hinweg, was man bei Kubrick nie gesehen hat. Seine Schiffe bewegen sich fast immer linear und sind nur aus einem Blickwinkel zu sehen. Unsere sieht man in verschiedensten Varianten aus allen Blickwinkeln." Und wo Kubrick noch froh war, etwa 35 verschiedene Effekte einzusetzen, klotzte Lucas mit 363. Diese Leistung erscheint noch beeindruckender, wenn man sich klar macht, dass ihm ein kleineres Budget zur Verfügung stand. 2001 kostete 10 Millionen Dollar, und das zu einer Zeit, als der Dollar noch mehr wert war. Krieg der Sterne wurde hingegen mit lumpigen 9,5 Millionen realisiert, und das mit der schwächelnden 70er-Jahre-Währung.
Allerdings wurden nicht alle Effekte von Computern inspiriert oder gesteuert. Für die Modellaufnahmen schlachteten Lucas' Mitarbeiter über 300 Modellbausätze aus und verwendeten dabei Teile alter Panzer und Militärflugzeuge. Als sie ihre Fundstücke zusammensetzten, ließen sie sie zudem etwas angeschlagen aussehen. Resultat: Eine eingelebte, etwas kaputte Weltraumwelt.
Um die Kampfsequenz auf dem Höhepunkt des Films zu realisieren, in der Weltraumkämpfe und Torpedoangriffe auf den Todesstern gezeigt werden, nahm sich Lucas alle alten Kriegsfilme vor, die er finden konnte und schnitt daraus Luftkampfsequenzen zusammen. "Das haben wir gemacht, um uns eine Vorstellung davon zu machen, wie wir diese Szenen konstruieren könnten.", erklärt Lucas. "Es war äußerst kompliziert, sowohl was die Spezialeffekte angeht, als auch hinsichtlich des Tons und der Tonmischung." Lucas und seine Mitarbeiter brauchten ganze acht Wochen, um die virtuose 10minütige Sequenz zusammenzuschneiden (zum Vergleich: In der gleichen Zeit schneidet Lucas normalerweise zehnmal so viel Material zusammen).
Angesichts all dieser wunderbaren Illusionen und Filmtricks, fühlten sich die Schauspieler - die aus Fleisch und Blut, soll das heißen - manchmal selbst wie Roboter. "Es gibt leider keinen Schauspielkursus für Science-Fiction-Filme.", meint die 20jährige Carrie Fisher, die als Prinzessin Leia zu sehen ist. "Ich sollte einmal auf die Zerstörung meines Planeten reagieren. Sie wissen schon: Meine Eltern sterben da, meine Schallplattensammlung ist ruiniert, alles ist kaputt. Und was bekomme ich zu sehen? Sie winken mir zu, wohin ich gucken soll." Und Mark Hamill, der 25jährige Darsteller des Luke Skywalker, fügt hinzu: "Das Schauspielern in diesem Film fühlte sich in etwa so an, als wäre man in einem riesigen Obstsalat eine kleine Rosine. Und dabei weiß man noch nicht einmal, wer die Kokusnüsse oder die Melonenstückchen spielt."
Bei dem Versuch, Lucas' Dialoge aufzusagen, verknoteten sich alle beinahe die Zunge. "Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich pflege in einem normalen Gespräch normalerweise nicht Dinge zu sagen wie 'Ich habe Euren fauligen Gestank schon erkannt, als ich an Bord gebracht wurde.'", meint Fisher. "Es gab Zeiten, wo ich George drohte, ihn irgendwo festzubinden und ihn zu zwingen, seine eigenen Dialoge vorzutragen.", erklärt Harrison Ford (35), der im Film als Han Solo zu sehen ist, der zynische Söldnerpilot des Rasenden Falken. "Ich sagte zu ihm: 'Du kannst dieses Zeug nicht sagen, Du kannst es nur tippen.' Aber ich hatte Unrecht. Es hat funktioniert." Der einzige Schauspieler, dem Lucas gestattete, etwas an seinem Text zu ändern, war Alec Guinness, alias Obi-wan Kenobi. Ursprünglich sollte der alte Obi-wan zunächst als Halbwahnsinniger auftreten, der sich erst langsam in den weisen, alten Zauberer des Guten verwandelt. Guinness fand allerdings, dass diese Verwandlung nicht zu seiner Schauspielmethode oder zu seiner Figur passte, und Lucas gab nach. Jetzt ist Obi-wan von Anfang bis zum Ende weise.
Die meiste Zeit gab Lucas den Schauspielern allerdings sowieso keine Anweisungen, und am Anfang stieß das einigen von ihnen auch sauer auf. "George führt so Regie wie einst John Ford.", mein Francis Ford Coppola, der sowohl Lucas' Mentor ist, wie auch sein bester Freund. "Er arbeitet nicht viel mit seinen Schauspielern und schreibt ihnen auch nicht viel vor. Aber er konstruiert seine Szenen sehr genau, als ob er eine Eisenbahnstrecke bauen würde, und auf die Weise sieht am Ende so gut wie alles so aus, wie er sich das ausgemalt hat."
Coppola hält Lucas für einen "reinen Filmemacher. Er will einfach nur alles, was er liebt, zu Filmen machen. Dabei hat er nicht den Anspruch, 'großartige Filme' oder 'großartige Kunstwerke' zu schaffen, und deshalb kommt er beidem näher als die meisten anderen Regisseure. Allerdings finde ich es sowohl traurig, als auch unnötig, wie er sich quält, wenn er Filme dreht."
Das Leiden scheint allerdings ein Grundbaustein von Lucas' Naturell zu sein. Es hat ihm keinen Spaß gemacht, Krieg der Sterne zu einem Spaß werden zu lassen. Seine ersten beiden Filme drehte er mit wenig Geld und noch weniger Schauspielern. An Krieg der Sterne arbeiteten 900 Menschen, und deshalb musste er zu dem werden, was er am meisten hasst: Ein Hollywood-Regisseur der Königsklasse. "Für mich war die Produktion unerträglich schmerhaft.", berichtet er. "Ich habe dabei genau das an mir entdeckt, was ich schon immer gewusst habe: Ich bin kein Filmregisseur. Ich bin ein Filmemacher. Ein Regisseur ist jemand, der Menschen anleitet - ein Manager großer Unternehmungen. Ich sitze hingegen gerne hinter einer Kamera, drehe nette Bilder, schneide sie zusammen und sehe währenddessen dabei zu, wie aus der Verbindung von Bildern und dem Erzählen von Geschichten Magie entsteht." Aus seiner Sicht ist ein Regisseur ein General, der in seinem Kommandobunker sitzt und andere Leute in die Schlacht schickt. Ein Filmemacher ist für ihn hingegen ein Leutnant, der seine Männer persönlich hinter die feindlichen Linien führt.
Trotz seiner hundeähnlichen Traurigkeit ist Lucas aber im Kern Romantiker - und noch dazu ein unschuldiger Romantiker. Diese Unschuld und dieses Gefühl für Romantik machen Krieg der Sterne so frisch, so fröhlich und letztlich so phantastisch. Lucas hat all das geglaubt, was er in diesen Film gesteckt hat, und unter dem Zelluloid ist er Luke Skywalker, der auszieht, seinen Drachen zu töten, seine Prinzessin zu retten und den Heiligen Gral zu finden. Schwarz ist Schwarz, Weiß ist Weiß, und das Gute besiegt das Böse, zumindest im Kino.
Diese einfache Moral dürfte so manchem "wahren" Science-Fiction-Fan nicht gefallen, und Krieg der Sterne ist ganz ohne Zweifel totale Softie-Sci-Fi. Dabei ist Lucas selbst Fan und hat seine Bilderwelten von einigen der besten Autoren des Genres übernommen. Tatooine ähnelt beispielsweise dem trostlosen Planeten Arrakis in Frank Herberts berühmter Dune-Trilogie. Die Ähnlichkeit ist offensichtlich nicht nur zufällig, sieht man in einer Szene doch das Skelett eines von Herberts riesigen Sandwürmern im Hintergrund. Die Barsequenz, mit ihrer erstaunlichen Melange extravaganter Außerirdischer, erinnert wiederum an Werke von Robert Heinlein und Samuel Delaney. Lucas und sein Produzent Gary Kurtz erteilen solchen Vergleichen allerdings eine rasche Abfuhr und erklären, dass Krieg der Sterne keine Science-Fiction sei, sondern Weltraum-Fantasy. "Weltraum-Fantasy ermöglicht es einem, sehr viel uneingeschränkter zu sagen, was man sagen möchte.", erklärt Kurtz. "Deshalb verwenden wir diesen Begriff."
Krieg der Sterne wird in diesem Jahr mit einer Reihe großer Filme um die Aufmerksamkeit der Zuschauer buhlen müssen, wobei die meisten dieser Streifen mit einem weit höheren Budget unterwegs sind als Lucas' Film. So starten in den nächsten Monaten gleich zwei große Kriegsfilme, MacArthur – Held des Pazifiks und Die Brücke von Arnheim (der fast dreimal soviel gekostet hat wie Krieg der Sterne), die beide ihre eigenen Sterne ins Feld führen, wenn auch in Form altmodischer Hollywood-Sternchen. Dazu kommen der Unterwasserabenteuerfilm Die Tiefe und der Thriller Atemlos vor Angst (Williams Friedkins Neuauflage des wunderbaren französischen Films Lohn der Angst von 1953), sowie der teuflische Horrorstreifen Exorzist II - Der Ketzer.
Trotz der Talente und der finanziellen Mittel, die gegen Krieg der Sterne antreten, hat der Film allerdings einen klaren Pluspunkt: Er ist schlicht, ursprünglich und damit einzigartig. Seine Geschichte nimmt ein glückliches Ende, was dieser Tage eine Seltenheit ist. Prinzessin Leia wird gerettet, der Todesstern wird zerstört - oh, kommt schon, ihr wusstet es doch die ganze Zeit über -, und Luke Skywalker, Han Solo, Erzwo-Dezwo und Dreipeo ernten den Dank aller Freiheitsfreunde im ganzen All. Das einzig Traurige am Ende dieses Films, ist, dass der Film überhaupt endet und nicht immer weitergeht. So schnell sind 2 Kinostunden wohl noch nie vergangen.
Aber Moment! Darth Vader ist entkommen, mit finsterem Gemüt und voller Rachedurst, und noch hat das Galaktische Imperium 1000 Sonnensysteme in Ketten gelegt! Welche Hoffnung bleibt unseren edlen Abenteurer gegen solch unermessliche und dunkle Kräfte? Ein weiteres, phantastisches Universum voller Hoffnung natürlich, und Lucas plant bereits, seine Helden in einer Weiterführung von Krieg der Sterne zurückzubringen. Kein Film für ein "Ende" also, sondern ein klarer Fall für "Fortsetzung folgt"...
Angesichts der Nachrichtenflaute dürfte das auch für unsere Zeitreisen gelten. ;-)
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loener
Redakteur
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